Jul. Adolf, Agrikulturchemiker, geb. 4. Jan. 1809 zu Röhrsdorf bei Meißen, studierte in Berlin Pharmacie,
wurde 1839 Lehrer an der Gewerbeschule in Chemnitz und 1847 Professor der Agrikulturchemie an der Akademie für Forst- und Landwirte
in Tharandt, wo er 1. Juni 1886 starb. S.s größtes Verdienst liegt in der Popularisierung der Chemie, namentlich
der Agrikulturchemie. Seine Schriften sind weit verbreitet, z. B. «Schule
der Chemie» (19. Aufl., Braunschw. 1881),
«Chem. Feldpredigten für deutsche Landwirte» (2 Tle., 3. u. 2. Aufl., Lpz. 1854-55),
«Guanobüchlein» (4. Aufl., ebd. 1856) und «Zeitschrift
für deutsche Landwirtschaft», die er seit 1840 mit Schober herausgab. Von 1855 bis 1875 gab er, als eine
Fortsetzung der «Chem. Feldpredigten», eine selbständige agrikulturchem. Zeitschrift «Der
chem. Ackersmann» (Leipzig) heraus.
Jul., Sänger (Baritonist) und Gesanglehrer, geb. 22. Juli 1826 zu Paris als der älteste Sohn des Harfenisten
und Komponisten Franz S., war Schüler von Manuel Garcia in London und trat 1848 in Basel
zum erstenmal vor die
Öffentlichkeit. Seinen Ruf begründete er in der Mitte der fünfziger Jahre durch wiederholte Konzertreisen in Deutschland
und Österreich. Nachdem er 1863-69 in Hamburg als Dirigent der Philharmonischen Konzerte und der Singakademie thätig gewesen
war, nahm er 1869 seinen Wohnsitz in Cannstatt und ging von hier 1874 als Dirigent des Sternschen Vereins
nach Berlin.
Diese Stellung gab er 1878 auf, da er als Gesanglehrer an das Hochsche Konservatorium nach Frankfurt a. M. berufen wurde. Das
Konservatorium verließ er jedoch nach zwei Jahren, um eine eigene Schule zu gründen. S. war einer der ersten, die
den Versuch durchführten, ausschließlich im Konzertgesang thätig zu sein, er hat nur vorübergehend einmal in Mannheim
und einmal in Paris der Oper angehört. Auf sein Beispiel ist die große Ausdehnung zurückzuführen, die gegenwärtig der Stand der
Konzertsänger gewonnen hat. In seiner Glanzzeit war er, obwohl nicht mit großen Stimmmitteln begabt,
durch Vollendung der Technik und des Ausdrucks einer der besten Sänger, so wie er heute als Vortragsmeister noch einer der
gesuchtesten und besten Lehrer ist. S. veröffentlichte eine ausgezeichnete «Gesangmethode»
(2 Bde., Lpz. 1885).
Haupt- und Residenzstadt Schwedens, liegt unter 59° 20' nördl. Br. und 18° 3' östl. L.
am Mälarsee (s. d.), wo dieser durch den kurzen Norrström und einen Kanal mit einer Schleuse (Slussen) in einen inselreichen
Busen der Ostsee (Saltsjön) abfließt. Die Durchschnittstemperatur ist +5,37 °C., am höchsten im Juli, +16,7°, am niedrigsten
im Januar, -4°; die jährliche Regenmenge beträgt 428 mm. Das nördl. Ufer des Mälarsees ist hier waldreich
und hügelig mit breiten Thälern, das südliche dagegen steil aufsteigend und höher mit engen Thalküsten; der Steingrund
besteht gewöhnlich aus Granit und grauem Gneis und ist auf großen Strecken unbedeckt. In hygieinischer Beziehung ist die
Lage sehr vorteilhaft, obwohl der Wasserabfluß an gewissen Stellen erschwert ist.
Der Verwaltungsbezirk ist 3118 ha groß, wovon 1688 ha zu dem Weichbilde gehören. Die Einwohnerzahl
soll bei Karls XII. Tode (1718) nahezu 50000 betragen haben; 1780 war
sie auf 75000 gestiegen, nahm dann wenig zu, so daß
S. noch 1850 nur 93000 Seelen zählte. Seitdem ist die Zunahme wieder bedeutender, besonders in den letzten
Jahrzehnten. 1880 hatte S. 168 775, 1890: 246 454, 1895: 271 638 E. 1881-90 betrug die jährliche Anzahl lebend Geborener
33, die Sterblichkeitsziffer 23 auf 1000 E.;
trotz starker Auswanderung nach Amerika belief sich der jährliche Zuwachs auf
über 41 Promille.
Der Taxwert sämtlicher Grundstücke wurde Ende 1896 auf 604 Mill. Kronen geschätzt.
(Hierzu ein Stadtplan mit Verzeichnis der Straßen, Gebäude u. s. w.)
^[Abb.]
Anlage und Bauten. S. besteht aus drei Hauptteilen:
1) der eigentlichen Stadt, 2) den Stadtteilen auf dem nördl. Mälarufer und 3)
dem Stadtteil auf dem südl. Mälarufer. Die eigentliche Stadt (Staden) auf zwei Inseln zwischen Mälarsee
und Saltsjön, der älteste, von Birger Jarl 1255 gegründete Stadtteil, jetzt mit 12000 E., hat nur beschränkte Plätze,
enge, unregelmäßige Straßen, aber durchweg massive und hohe Häuser. Dieser Stadtteil wird immer mehr von dem Geschäftsleben
in Besitz genommen. Die nördl. Stadtteile bestehen aus: Norrmalm oder Nordstadt, mit 100000 E., schönen
Plätzen, geraden Straßen und zahlreichen palastartigen Häusern;
Östermalm oder Oststadt, in den letzten Jahren zum größten
Teil umgebaut und jetzt der vornehmste Stadtteil mit gegen 60000 E., und Kungsholmen (Königsinsel), der nordwestl.
Teil der
Stadt (30000 E.), eine große Menge Fabriken und die meisten Krankenanstalten der Stadt enthaltend. Der
Stadtteil auf dem südl. Ufer, Södermalm oder Südstadt (gegen 80000 E.), ist das ärmste Quartier,
bietet aber, weil hoch und steil gelegen, die herrlichsten Aussichten über die Stadt; berühmt ist besonders der Blick von
Mosebacke und der dahin führenden langen Brücke des Katarinaelevators. Von wichtigsten Straßen seien genannt: Westerlånggatan,
eine lebhafte, mitten durch die City gehende, nur Läden enthaltende Straße;
Skeppsbron (die Schiffbrücke) längs der Ostseite
der City;
Drottninggatan, die erste Handelsstraße im Norrmalm;
die neuen stattlichen Straßen Birger Jarlsgatan, Wasagatan
und Kungsgatan in demselben Stadtteil;
Karlavägen in Östermalm, eine breite Esplanade mit schönen Anpflanzungen und ausschließlich
elektrischer Beleuchtung;
Sturegatan und Strandvägen in demselben Stadtteil, Götgatan und Hornsgatan,
die Hauptstraßen Södermalms, u. a. Von den Parkanlagen sind hervorzuheben: Humlegården in Östermalm, mit der Reichsbibliothek
und dem Linnédenkmal (kolossales Bronzestandbild von Kjellberg; s. Tafel: Skandinavische Kunst III,
Fig. 6);
Kungsträdgården
in Norrmalm, mit Statuen Karls XII. und Karls XIII.;
Berzelii-Park mit der Statue des Berzelius, zwischen Norrmalm
und Östermalm;
Strömparterren unter der Brücke Norrbro und der außerordentlich schöne Tiergarten (Djurgården), auf einer
östl. Insel, wo 1897 eine skandin.-russ. Ausstellung war. In architektonischer Beziehung bietet S. nicht viele Bauten aus dem
Mittelalter, wohl aber aus dem 16. bis 18. Jahrh., hauptsächlich vom 17. Jahrh.,
der Großmachtzeit Schwedens.
Von den neun größern Kirchen sind bemerkenswert: Storkyrkan (die große Kirche) oder St. Nikolai,
dicht beim Schloß, begonnen im 13. Jahrh., aber
mehr
mehrmals um- und angebaut;
Riddarholmskyrkan (die Ritterholmskirche, s. Taf. I,
Fig. 4), nunmehr ausschließlich
als Begräbnisstätte für die Königsfamilie benutzt, mit prachtvoller Grabkapelle und Kriegstrophäen;
Katarinakyrkan,
schöne griech. Kreuzkirche ohne Pfeiler, von allen Teilen der Stadt sichtbar;
Tyska kyrkan (die deutsche Kirche), ein interessanter
Bau in deutscher Renaissance, kürzlich restauriert, und Johanniskyrkan (die Johanneskirche), neu
erbaut (1890) in got. Stil.
Von weltlichen Gebäuden sind hervorragend: das königl. Schloß, eins der schönsten in der Welt,
gebaut von Nikodemus Tessin
dem Jüngern (gest. 1728), ein fast quadratischer Bau (120 m) in ital. Renaissance, und Riddarhuset (das
Ritterhaus), sowie der Palast des Oberstatthalters, beide aus dem 17. Jahrh.;
von modernen Bauten sind
anzuführen das Nationalmuseum im Südosten von Blasieholmen, die königl. Bibliothek (Reichsbibliothek), die Technische Hochschule,
die Synagoge, die neue Akademie der freien Künste, der Neubau der königl. Oper zwischen dem Gustav-Adolfs- und dem Platz Karls
XII. am Norrström, und der des Nordischen Museums (Nordiska museet) im Tiergarten. S. war im Mittelalter,
als das Stadtgebiet auf die kleine Insel Stadsholmen beschränkt war, stark befestigt.
Gegenwärtig verteidigen Barholm und
Oskar-Fredriksborg je einen der beiden Zugänge von der Ostsee her.
Verwaltung. S. bildet einen eigenen selbständigen Verwaltungsdistrikt, gleichgestellt mit den Län. An der Spitze steht
der von der Regierung ernannte Oberstatthalter, welcher auch der gesetzliche Wortführer der Stadtrepräsentation (10 Stadtverordnete)
ist. Kirchlich zerfällt die Stadt in acht Gemeinden, welche in gewissen Beziehungen eigene Verwaltungsdistrikte bilden, und
in 21 Tribus (Rotar). Die Polizei besteht aus einem Polizeimeister, 14 Kommissarien und 490 Polizeidienern.
Seit Organisation (1875) der Feuerwehr (127 Mann) haben die früher oft verderbenbringenden
Feuersbrünste einen ungefährlichern Charakter angenommen. Die Wasserleitung hat (Ende 1896) 172 845 m Leitungsröhren,
der Gaskonsum beträgt 9½ Mill. cbm. Die elektrische Beleuchtung hat große Verbreitung (Länge der Leitungen der städtischen
Werke 1896: 118 502 m). Die vielen Straßenregulierungs- und andere Arbeiten zur Verschönerung und Erweiterung
haben die Stadt mit einer ziemlich großen Schuld belastet, welche sich Ende 1895 auf 60,9 Mill. Kronen belief. In derselben
Zeit betrugen die Aktiva 71,2 Mill. Kronen und sämtliche Ausgaben 17 Mill. Kronen. Die Garnison besteht aus ungefähr 3000 Mann,
größtenteils Gardetruppen.
Bildungswesen. Es besteht eine 1886 neu organisierte mediz. Fakultät (Karolinska mediko-kirurgiska Institutet)
mit 40 Docenten, 313 Studierenden und mehrern Kliniken, und eine Privatuniversität (Stockholms Högskola), 1878 aus Sammlungen
und Stiftungen begründet, die bis jetzt hauptsächlich mathem.-naturwissenschaftliche Fächer berücksichtigt (mit 21 Lehrern,
Seminar und Bibliothek). An Gymnasien (Allmänna läroverk) giebt es drei höhere (neunjährige) und außerdem
zwei private, ferner auch drei niedere (fünfjährige); die Gesamtanzahl der Schüler in diesen 10 Lehranstalten beträgt
etwa 3000. Außerdem giebt es drei höhere Mädchenschulen.
Die Volksschulen sind gut ausgestattet und zählten (1895) 614 Lehrer und Lehrerinnen und
24 084 Schüler. Von Fachschulen sind
zu nennen: die Technische Hochschule (332 Hörer, 33 Docenten), eine größere technische Schule (Gewerbeschule),
die Kriegsschule, die Artillerie- und Ingenieurschule, die Kriegsschule in Karlberg, die Seekriegsschule, die Navigationsschule,
das Forstinstitut, das Gymnastische Centralinstitut, gegründet 1813 von P. H. Ling, das Pharmaceutische Institut, das Veterinärinstitut
u. a. Von Akademien sind wichtig: die Svenska Akademien (s. Akademien), die der Wissenschaften mit naturwissenschaftlichen
Sammlungen, astron.
Observatorium und Meteorolog. Centralanstalt; Vitterhets- Historie- och Antiquitetsakademien besitzt ein vorzügliches histor.-ethnogr.
Museum; auch Landtbruksakademien (Landwirtschaftliche Akademie), gestiftet 1811, Akademien för de fria konsterna (für freie
Künste), gestiftet 1735, womit eine Lehranstalt vereinigt ist, und Musikaliska Akademien, gestiftet 1771, mit einem Musikkonservatorium,
sind hier zu nennen. Reiche Kunstsammlungen (prähistor.Gegenstände, Skulpturen [s.Tafel: Skandinavische Kunst
III,
Fig. 4 und 5], Möbel, Porzellane, Fayencen, Gemälde [s. Taf.
II,
Fig. 4, 5, 6] sind im Nationalmuseum verwahrt; das sog. Nordische
Museum, gestiftet 1872 von Hazelius, enthält mustergültige Sammlungen ethnogr. Gegenstände der nordischen Völker. Von
den Bibliotheken ist die königl. Bibliothek (300000 Bände) die wichtigste. Feste Theater sind fünf, davon
zwei mit Staatsunterstützung: die königl. Oper und das sog. Dramatische Theater. Sommerbühnen liegen im Tiergarten. - Über die
Zeitungen und Zeitschriften s. Schweden.
Wohlthätigkeitsanstalten. Unter den Krankenhäusern sind wichtig: Sabbatsbergs Krankenhaus, Serafimerlazarett, ein Neubau,
das Hospital für Gemütskranke in Konradsberg u. a. An öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten
giebt es zwei größere Armenhäuser in Sabbatsberg und auf Södermalm und mehrere kleinere; die Privatwohlthätigkeitsanstalten
und die Stiftungen für wohlthätige Zwecke verfügten 1890 über ein Kapital von etwa 6,2 Mill. Kronen. Die Ausgaben der öffentlichen
Armenpflege betrugen 1895: 1½ Mill. Kronen.
Industrie, Handel und Verkehr. Von der Bevölkerung finden ungefähr 55 Proz. ihr Brot in der Industrie oder
im Handwerk, ungefähr 30 Proz. durch Handel oder Transportarbeit und ungefähr 15 Proz. im Staats- oder Kommunaldienst oder
durch litterar, oder künstlerische Beschäftigungen u.s. w. S. ist neben Göteborg die größte Industriestadt Schwedens; 1895 gab
es 400 Fabriken mit 14 516 Arbeitern und einem Produktenwert von 49 Mill. Kronen. Wichtig sind Gießereien
und mechan. Werkstätten, Maschinenbau, Zuckerfabriken, Tabakfabriken und Bierbrauereien; berühmt
ist Röhrstrands Porzellanfabrik, wie auch die Fabrik Separator. Ferner sind zu nennen: Tischlerei, Öl-, Seifefabrikation,
Baumwollspinnerei und Schiffbau. - S. ist auch der größte Importhafen in Schweden, wogegen es als Exporthafen
zurücktritt.
Die Einfuhr besteht vornehmlich in Kolonial- und Fabrikwaren (Geweben), Steinkohlen, Getreide, Mehl, Fischen, Maschinen; die
Ausfuhr aus Eisen, Hafer, Planken, Zündhölzern u. s. w. S. ist Sitz des Hauptcomptoirs der Schwedischen Reichsbank, daneben
bestehen: Stockholms Enskilda Bank (Stockholmer Privatbank) und Filialcomptoire für verschiedene Provinzial-Privatbanken, Skandinaviska
Kreditaktiebolaget (Skandinavische Kredit-Aktiengesellschaft),