356 und der Muleta, einem kleinen
Stabe mit einem
Stück glänzendem Seidenzeug, in der linken
Hand.
[* 2] Sobald der Vorsteher des
Magistratskollegiums das Zeichen giebt, wird der
Stier aus dem Behälter gelassen. Die
Picadores nehmen den ersten
Angriff an,
suchen den
Stier mit der Lanze ein wenig in die Schulter zu stechen und retten sich, wenn ihr
Pferd
[* 3] von
ihm verwundet wird, durch schnelle Flucht. Hierauf, oder wenn ein Picador zu
Sturze kommt, erscheinen, um ihn zu retten, die
Chulos, werfen dem
Stier ihre Schärpen über den
Kopf und retten sich im Notfall durch einen
Sprung über die bretterne
Wand,
welche den
Cirkus
[* 4] einschließt.
Durch Zurufen wendet zugleich ein anderer Picador den
Stier von seiner
Beute ab und auf sich hin.
Wenn derStier durch den
Angriff
auf 10–12
Picadores zu ermüden beginnt, ziehen sich die
Picadores zurück und es greifen nun die Chulos zu den
Banderillas,
kleinen, 60 cm langen, mit
Bändern und Papierschnitzeln umwundenen
Stäben, an deren
Enden kleine Widerhaken
angebracht sind, um sie dem
Stier anzuhängen: sie lassen den
Stier anspringen, weichen aber dem
Angriff aus und stecken die
Stäbe dem
Stier in den
Nacken.
Ist ein
Stier sehr feig, so hängen ihm die Chulos
Banderillas de Fuego an, d. h.
Wurfspieße mit ausgehöhlten
und mit
Schwärmern gefüllten
Stäben. Im
Moment des Einsteckens in das Fell des
Stiers entzünden sich die aus dem einen Ende
der
Stäbe hinausfahrenden
Schwärmer; der
Stier, durch die Explosionen scheu gemacht, läuft dann wütend im
Cirkus herum und
stürzt sich nun gewöhnlich auf den ersten
Kämpfer, den er sieht.
Endlich tritt der Espada hervor, um
den letzten
Stoß dem
Stier beizubringen, der beim Erblicken der Muleta mit verschlossenen
Augen dagegen rennt.
Während aber der
Stier unter dem linken
Arme durchrennt, stößt ihm der Espada das Schwert in die
Brust. Oft wird an einem
Tage mit 8–10
Stieren gekämpft.
Kämpfer büßen dabei selten das Leben ein.
Wenn derStier vom Espada
nicht tödlich getroffen wird, aber niedersinkt, so kommen Cirkusknechte, die nicht zu den Stierkämpfern zählen, und geben
dem
Stier mit einem
Nickfänger den Gnadenstoß. Diese Knechte heißen deshalb
Matadores (d.i.
Schlächter). –
Vgl. Lozano,Manual de la tauromquia (Sevilla
[* 5] 1882);
«Wittelsbacher
Briefe aus den J.
1590–1610» (Heft 1–7, ebd. 1885–93),
«Der oberösterr. Bauernaufstand des J. 1626» (2 Bde.,
ebd. 1891) und
«Briefe und
Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen
Krieges», Bd. 4–6 (enthaltend: «Die
Politik
Bayerns 1591–1607», 2 Bde.,
Münch. 1878–83, und «Vom
Reichstage des J. 1608 bis zur Gründung der Liga», ebd. 1894).
jede mit Vermächtnissen und geistlichen
Rechten ausgestattete, ursprünglich zu kirchlichen und religiösen
Zwecken bestimmte und einer geistlichen Körperschaft anvertraute Anstalt mit allen dazu gehörigen
Personen,
Gebäuden und
Besitzungen. Die ältesten solcher Anstalten sind die Klöster, nach deren Vorgange sich das gemeinsame Leben
der Geistlichen an
Kathedralen und Kollegiatstiftskirchen bildete. Diese letztern
Vereinigungen der Geistlichen werden, wie
die ähnlichen der Kanonissinnen und
Stiftsdamen, am gewöhnlichsten S. genannt.
Erst im 14. Jahrh. fingen die
Kapitel der
S. (s. Domkapitel) an, sich auf eine bestimmte Anzahl
Kapitulare zu beschränken,
um den zudringlichen Empfehlungen der Päpste und Fürsten und den willkürlichen Verleihungen und
Teilungen
der Präbenden, die sich die
Bischöfe zu Gunsten ihrer Schützlinge erlaubten, Einhalt zu thun. So entstanden die Capitulaclausa oder geschlossenen
Kapitel von festgesetzter Anzahl von
Kapitularen, die bei den reichsunmittelbaren deutschen Hoch-
und Erzstiftern von altem
Adel sein und ihreStiftsfähigkeit durch 16
Ahnen beweisen mußten.
Während nun diese adligen
Kapitulare sich den Genuß aller
Rechte ihrer Kanonikate vorbehielten, wurden ihre Pflichten den
regulierten Chorherren, deren mönchsartige
Vereinigungen schon seit dem 12. Jahrh. blühten, aufgelegt. Daher schreibt sich
der Unterschied der weltlichen Chorherren
(Canonicisaeculares), welche die eigentlichen
Kapitulare sind, von
den regulierten Chorherren
(Canoniciregulares), welche die Mönchsgelübde leisten und entweder förmlich in
Klöstern zusammenleben
und nach Art der geistlichen
Orden
[* 17]
Kongregationen bilden, oder zur Verrichtung des Kirchendienstes bei den
Kathedralen gebraucht
werden, aber auch dann weder an den Präbenden noch an dem
Stimmrechte der
Kapitel Anteil haben.
abgefallenen S. immer noch wieder in den Schoß der Kirche zurückzubringen hofften, sicherte ihnen sogar im Westfälischen
Frieden den Genuß ihrer Güter und Rechte, mit Ausnahme der mit der evang. Konfession unverträglichen bischöfl. Würde
und der Landeshoheit, welche evang. Fürsten zufiel. Nur das ganz prot. Bistum Lübeck
[* 42] und das gemischte,
aus kath. und prot. Kapitularen zusammengesetzte Domkapitel zu Osnabrück, dessen Bischof abwechselnd ein Katholik und ein
evang. Prinz aus dem Hause Hannover
[* 43] sein sollte, behaupteten auch die Reichsunmittelbarkeit
und die Bischofswahl.
Gegenwärtig sind aber alle S. mittelbar, d. h. in bürgerlichen und Stiftsangelegenheiten
der Landeshoheit derjenigen Fürsten untergeben, in deren Gebiet ihre Güter liegen. Die Kapitulare der
säkularisierten Güter wurden infolge jenes Reichsdeputationshauptschlusses, wie ihre auf das geistliche Amt eingeschränkten
Bischöfe, auf Pensionen gesetzt. Mehrere der deutschen Hochstifter hatten schon vor derReformation akademische Lehrer unter
ihre Pfründner aufzunehmen, wie z. B. Meißen
[* 44] und Merseburg
[* 45] Leipziger Professoren der Theologie und Jurisprudenz; noch
jetzt bestehen solche Vorschriften für die Domkapitel in Breslau und Münster.
Die Kanonikate und Präbenden der evang. Kollegiatstifter (s. d.),
z. B. in Zeitz
[* 46] und in Wurzen,
[* 47] erhalten bürgerliche Gelehrte entweder als akademische Lehrer oder zufolge einer durch Familienverbindungen
und Einkaufsgelder motivierten Wahl, oder gelangen kraft landesherrlicher Verleihung an sonst verdiente Personen,
wie z. B. in Preußen,
[* 48] wo der König als oberster Bischof der prot. Kirche gewisse Kanonikate zu vergeben hat. Evang. Domherren
und Kanonici sind an kein Gelübde gebunden.
Außer diesen Erz-, Hoch- und Kollegiatstiftern giebt es auch weibliche Stifter, welche, wie die männlichen, von zweifacher
Gattung, entweder geistliche oder freie weltliche sind. Die geistlichen weiblichen S. entstanden durch
die Vereinigung regulierter Chorfrauen und gleichen ganz den Klöstern. Die freien weltlichen weichen in ihrer Verfassung dadurch
von den klösterlichen ab, daß die Kanonissinnen bloß das Gelübde der Keuschheit und des Gehorsams gegen ihre Obern ablegen,
sich jedoch zur Armut und Klausur nicht verpflichten und die Freiheit haben, die ihnen vom S. zufließenden
Einkünfte zu verzehren, wo sie wollen.
Nur die Pröpstin pflegt sich im Stiftsgebäude aufzuhalten. Da der stiftsfähige Adel seinen Töchtern das ausschließliche
Recht auf die Pfründen dieser Stifter zu verschaffen gewußt hat, werden sie insgemein freie weltadlige Damenstifter und ihre
Kanonissinnen Stiftsdamen genannt. Außer der Beobachtung der Ehelosigkeit haben sie keine Pflichten zu erfüllen (s. Fräuleinstift).
Einige S. machen sich dadurch gemeinnützig, daß die Stiftsdamen adlige Mädchen erziehen. Wirkliche kirchenrechtliche Bedeutung
haben nur noch die Domkapitel (s. d.) der kath.
Kirche.