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Spannwalzen a aufgezogenen Stoffes zwei Stickwagen, der Vorderwagen V und der Hinterwagen H, angeordnet. Beide Wagen lagern mit Laufrädern b so auf horizontalen Laufschienen c, daß sie normal zur Stoffebene bewegt werden können. Die hierzu dienenden Bewegungsmechanismen bestehen für jeden Wagen aus zwei Riementrieben d, e, f, deren Treib- und Leitscheiben (d, e) an den Enden der Wagenführungen gelagert sind. Der Antrieb geht bei der Handstickmaschine von einer Kurbel [* 2] aus, die der den Pantographen führende Sticker dreht, und wird von dieser mittels auswechselbarer Radvorgelege auf die Triebscheiben d so übertragen, daß stets nur ein Wagen sich von dem Stoff entfernt und sich diesem wieder nähert, während der andere dicht am Stoff steht. Die Lineale g der Wagen, die horizontal und gleichlaufend zur Stofffläche gerichtet sind, tragen reihenweise angeordnete kleine Zangen h, welche die kurzen doppelspitzen Sticknadeln [* 1] (Fig. 2) erfassen. Die Anzahl der gleichzeitig arbeitenden Nadeln [* 3] schwankt bei den üblichen Maschinengrößen in einer Maschine [* 4] zwischen 200 und 700 Stück, so daß bei jeder Wageneinfahrt je ein Stich in einer gleichen Anzahl einzelner Musterfiguren gebildet wird. Da ferner ein geübter Sticker in der Stunde etwa 200 Stiche oder Wageneinfahrten machen kann, so vermag eine derartige S. in dieser Zeit im Mittel etwa 100000 Einzelstiche zu liefern.
Die Zangen werden einzeln durch kleine Blattfedern geschlossen, dagegen reihenweise geöffnet durch Rundstäbe i, die oberhalb der obern Zangenschenkel excentrisch gelagert sind und bei entsprechender Drehung die Zangenschenkel abwärts drücken. Das Öffnen und Schließen der Zangen geschieht stets, wenn beide Wagen dicht am Stoff stehen, derart, daß mit dem Offnen der Zangen des einen Wagens gleichzeitig der Schluß der Zangen im andern Wagen erfolgt. Hierdurch findet ein Austausch der bei dieser Wagenstellung im Stoff steckenden Sticknadeln statt, so daß sie vom Vorderwagen an den Hinterwagen oder umgekehrt übergeben werden.
Der Impuls für die Zangenöffnung geht gleichzeitig mit dem Umstellen des Treibscheibenvorgeleges für die Wagenbewegung von dem Fuße des Arbeiters aus und wird mittels Zugstangen k auf die Excenterwellen i übertragen. Bei dem Einfahren des Vorderwagens V werden die in den Zangen desselben festgeklemmten Nadeln sämtlich zu gleicher Zeit bis zum Öhr durch den Stoff gestoßen. Sie treten hierbei in die offenen, dicht am Stoff stehenden Zangen des Hinterwagens H ein und werden nach erfolgter Übertragung auf dieselben bei der nun stattfindenden Ausfahrt dieses Wagens nebst den an ihnen befestigten Stickfäden durch den Stoff gezogen.
Durch Gewichte belastete Drähte m, die vor den Zangen ausgespannt sind, regeln hierbei die Endspannung der Fäden, also den Anzug der Stiche. Auf die jetzt stattfindende Verschiebung des Stickrahmens R in der Richtung und um die Länge eines Stiches folgt die Einfahrt des Hinterwagens H und das Durchstechen des Stoffes an der neu eingestellten Stichstelle. Hiermit gleichzeitig findet aber auch das Einlegen der Nadeln in die offenen Vorderzangen statt, so daß nach dem Wechsel des Zangenschlusses diese die Nadeln erfassen und wahrend der nun folgenden Ausfahrt des Vorderwagens V nebst den Fäden durch den Stoff ziehen.
Die Plattstichstickmaschine dient in erster Linie zur Herstellung von verzierenden Streifen für Damenkleider und Wäsche, von Tüllspitzen und Kragen, Manschetten u. s. w., findet aber auch zum Besticken von Tischdecken, farbigen Kleiderstoffen, Hausschuhen, Hosenträgern u. s. w. ausgedehnte Verwendung. In neuester Zeit ist das Arbeitsgebiet der Maschine durch die Herstellung der sog. Ätzspitzen (s. d.) erheblich erweitert worden. Die Maschinen werden, um größere Vielseitigkeit der Muster zu erzielen, mit einem sog. Festonnierapparat und mit einem Bohrapparat versehen. Ersterer dient dazu, den zum Umrändern von Zackenmustern erforderlichen Festonstich zu erzeugen; mit dem letztern werden die durch das Muster verlangten Durchbrechungen im Stoff hergestellt. In den [* 1] Fig. 4-6 ist die Bildung des Festonstichs veranschaulicht. Während durch die Verschiebung des Stoffrahmens der Stichpunkt a [* 1] (Fig. 4) in die Nadelbahn eingestellt wurde und der den Faden [* 5] f haltende Vorderwagen einführt, senkt sich die Festonniergabel g, dem Wege 1, 2, 3 folgend, herab und gelangt dadurch, den Stickfaden in der Nähe des Stoffes nach rechts ablenkend, in die durch [* 1] Fig. 5 dargestellte Stellung. Der Vorderwagen sticht die Nadel bei a durch den Stoff und, während sie der Hinterwagen durchzieht und der Stoffrahmen so verstellt wird, daß der neue Stichpunkt b [* 1] (Fig. 6) in die Nadelbahn zu liegen kommt, folgt die Gabel g dem Wege 3, 4, 5. Sie gelangt hierdurch, den Stickfaden zu einer Schleife legend, in die Stellung der [* 1] Fig. 6 und steigt nun nach dem Ausgangspunkt 1 empor, während der Hinterwagen den Stoff bei b durchsticht und der durch den ausfahrenden Vorderwagen angezogene Faden die Fadenschleife fängt und bindet.
Der Bohrapparat [* 1] (Fig. 3) besteht aus je einer längs der Nadelreihe liegenden Schiene a, welche mit vierschneidigen Stahlspitzen (Bohrern) b versehen und mittels Scharniers so angebracht ist, daß durch Vorklappen der Schiene vor jede Nadel ein solcher Bohrer [* 6] zu liegen kommt. Um ein Zurückweichen des Stoffes zu verhüten, liegt hinter dem Stoff, den Bohrern gegenüber, eine zur Aufnahme der letztern mit Vertiefungen versehene Schiene c (Bohrlatte). Sobald der Vorderwagen mit den Bohrern gegen den Stoff fährt, werden an den durch den Storchschnabel [* 7] fixierten Stellen die gewünschten Durchbrechungen hergestellt, die dann noch umstickt werden müssen. Durch Zurückklappen der beiden Schienen ist der Bohrapparat außer Thätigkeit zu setzen.
Die durch Elementarkraft angetriebenen Maschinen ähneln in ihrer Konstruktion den mit Schiffchen arbeitenden Doppelsteppstich-Nähmaschinen. Eine solche Schiffchenstickmaschine führt auf einem Wagen in zwei Reihen je 112 Nähmaschinennadeln und auf der andern Seite des Stoffes an feststehenden Trägern ebenso viele Schiffchen, welche die Bindung der von den Nadeln in den Stoff eingeführten Fäden auf der hintern Stoffseite zu bewirken haben. Wie bei den S. für Handbetrieb, ist auch hier der zu verzierende Stoff in einem senkrecht stehenden Rahmen ausgespannt und wird vom Sticker durch einen Storchschnabel bewegt. Die Bewegung des Nadelwagens erfolgt mittels Excenter, [* 8] die an einer längs der ganzen Maschine liegenden Welle sitzen. Die Schiffchen werden durch zwei Excenter und ein Hebelwerk dirigiert und zwar so, daß je nach Wunsch durch Einrücken des betreffenden Excenters Plattstich oder Steppstich gebildet wird. Die Schiffchenstickmaschine, die 6-10 mal so rasch als die Handmaschine arbeitet, eignet sich besonders ¶
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zum Besticken von Tüll zur Herstellung von Tüllspitzen. Mit der Handstickmaschine kann sie in Bezug auf Schönheit, Feinheit und Genauigkeit der Arbeit nicht konkurrieren; auch können echte Festons auf derselben nicht hergestellt werden.
Bei den mit Öhrnadeln arbeitenden Tambouriermaschinen wird die Bewegung, die zur Einstellung eines neuen Stichpunktes in die Arbeitsrichtung notwendig ist, vielfach den stichbildenden Werkzeugen, der Nadel und dem Greifer, erteilt. Derartige Maschinen wurden zuerst Ende der sechziger Jahre von A. Voigt in Chemnitz [* 10] angegeben, später von Billwiller in St. Gallen u. a. verbessert. Sie eignen sich besonders zum Besticken großer Zeugflächen und finden daher vorzugsweise in der Tüll- und Mullgardinenstickerei Anwendung.
Leistungsfähiger sind die mit Hakennadel versehenen Tambouriermaschinen, von denen die von dem Franzosen Antoine Bonnaz 1866 erfundene namentlich in der Hausindustrie am meisten verbreitet ist, da dieselbe sowohl hinsichtlich der Arbeitsgeschwindigkeit (1800 Stiche in der Minute, gegen 20-25 einer Handstickerin) als in der Mannigfaltigkeit der erzeugten Stickarbeiten von keiner andern Tambouriermaschine erreicht wird und durch Weglassung des Rahmens sowie durch zweckmäßige Einrichtung des Stofftransports eine kompendiöse Anordnung ermöglicht, ohne daß sie dadurch für das Besticken großer Flächen weniger brauchbar wird. Zahlreiche Hilfsapparate machen diese Maschine zur Ausführung besonderer Zierstiche, zum Aufnähen von Litzen und Schnüren (Soutachieren), zur gleichzeitigen Herstellung mehrerer Kettennähte aus einem Faden u. s. w. vorzüglich geeignet.
Von der durch diese Maschine verwirklichten Stichbildung geben die [* 9] Fig. 7-9 einen Begriff; [* 9] Fig. 7 zeigt, wie die oberhalb des Stoffes senkrecht geführte Hakennadel N beim Abwärtsgang innerhalb der zuletzt gebildeten Kettenschleife a den Stoff s durchdringt und hierbei in den Schwingungsbereich des oscillierenden Fadenführers F gelangt, durch den der von einer Spule ablaufende Stickfaden f dem Stoff zugeleitet wird. Durch Drehung dieses Führers in der durch die [* 9] Fig. 8 angegebenen Pfeilrichtung legt sich der Faden um den Nadelschaft und wird nun bei der Aufwärtsbewegung der Nadel von dem Haken derselben erfaßt und durch das Stichloch mit über den Stoff emporgezogen. Während nun der Fadenführer wieder zurückschwingt und der Stoff in der Richtung des Pfeiles p [* 9] (Fig. 9) verschoben wird, bleibt die gebildete Kettenschleife b auf dem Haken der Nadel hängen, so daß diese bei erneutem Senken jetzt innerhalb dieser Schleife den Stoff zum Zweck neuer Fadenaufnahme durchdringt u. s. w. Die auf- und absteigende Bewegung der Nadel vermittelt ein im Maschinengestell gelagerter Schieber, der von einem Excenter der Antriebwelle bewegt wird und die Nadelstange am obern Ende bei d [* 9] (Fig. 10) erfaßt.
Von der gleichen Antriebwelle wird die für das Umlegen des Fadens um den Nadelschaft zum Zweck der Stichbildung erforderliche Drehung des Fadenführers F abgeleitet und auf letztern mittels der Schraubenräder O übertragen. Eine Kurbel a dient zur Einstellung der Stichrichtung. Räderpaare b und c und Zwischenwellen übertragen die Kurbeldrehung gleichzeitig so auf die Nadelstange und den Fadenführer, daß die Haken der Nadel und des Führers die für das Einschlingen des Fadens erforderliche gegenseitige Lage bewahren. Die gleichen Übertragungsmechanismen vermitteln die Einstellung des an einem Schieber q mittels Universalgelenkes r angeschlossenen Stoffrückers p, während die Schwingbewegung von dem Schieber i abgeleitet und durch k, h, n und o auf den Rücker übertragen wird. Die Hülse [* 11] m preßt beim Aufsteigen der Nadel N den Stoff gegen die Stichplatte S. Der von der Spule R ablaufende Faden wird durch das Auge [* 12] T dem Fadenführer F zugeleitet. -
Vgl. H. Fischer, Die S. (im «Civilingenieur», Bd. 23, 24 u. 25);
E. Müller, Neuerungen an S. (in Dinglers «Polytechnischem Journal», Bd. 254, 265).