anthropogeographisch wichtig als Wiege der größten Eroberervölker, in deren Ruhelosigkeit Wasserarmut eine große Rolle
spielt. Je stärker diese ausgeprägt ist, um so mühseliger wird der Ackerbau, um so besser gedeiht der Nomadismus, wie dies
besonders die Geschichte Innerasiens lehrt. -
Vgl. A. von Humboldt, über die S. und Wüsten (in den «Ansichten
der Natur»);
Nehring, über Tundren und S. der Jetzt- und Vorzeit (Berl. 1890).
(russ. Stepnoje generalgubernatorstvo), Verwaltungsgebiet
in Russisch-Centralasien, umfaßt die Gebiete Akmolinsk, Semipalatinsk und Semirjetschensk und hat 1467 250,6 qkm mit (1897) 2 362 603 E.,
d. i. 1,6 auf 1 qkm. Die Hauptstadt
ist Omsk.
oder Faust Huhn (Syrrhaptes paradoxus Illig.;
s. Tafel: Hühnervögel II,
[* ]
Fig. 2), ein schöner, gegen 40 cm langer und 66 cm klafternder Hühnervogel
von rotgrauer und lehmgelber Grundfarbe mit dunkeln Fleckchen oberhalb und schwarzer Unterseite. An den Beinen sind die Füßchen
bis an die Spitzen der drei Zehen mit Federn bedeckt, die erste Schwungfeder ist in eine lange feine Spitze
ausgezogen, auch die beiden mittelsten Steuerfedern sind spitz verlängert.
Das S. legt in eine wenig ausgekleidete Vertiefung des Bodens drei, höchstens vier Eier von rein elliptischer Form, bräunlichgrüner
Grundfarbe mit dunklern Flecken, die mehr an Trappeneier als an solche irgend eines Hühnervogels erinnern.
Das S. bewohnt die Steppen und Wüsten östlich vom Kaspischen Meer bis zur Mongolei und hat sich ein besonderes Interesse erworben,
weil es 1863 einen Einwanderungsversuch nach Westen bis Spanien und bis England herüber unternahm. 1888 wurde dieser Versuch
erneuert, indem vom April bis Mai viele Tausend dieser schönen Vögel Deutschland überschwemmten, rastlos
weiter westwärts zogen, um schließlich in großen Mengen im Atlantischen Ocean zu Grunde zu gehen. Ein sehr kleiner Teil,
wie das bei der ersten Einwanderung (1863) auch der Fall war, machte sich an verschiedenen Stellen, die einem
Wüstenvogel geeignet erscheinen konnten, seßhaft. So brüteten S. in Dänemark, Friesland, Holland u. a. Orten, aber die Hoffnungen,
die man sich auf eine dauernde Bereicherung der europ. Fauna machte, sind unerfüllt geblieben.
(frz. stère; vom grch. steréos, hart, fest),
im franz. metrischen Maßsystem die Einheit des Körpermaßes, insbesondere des Maßes für Bau- und Brennhölzer.
Das S. ist
ein Kubikmeter (mètre cube) = 29,1739 alte Pariser Kubikfuß.
Man teilt das S. in 10 Decister;
10 S.
bilden das Dekaster.
Das Hektoster (= 100 S.) und das Kiloster (= 1000 S.) kommen nur selten in Anwendung.
Eine amtlich vorgeschriebene
Abkürzung für S. giebt es nur in der Schweiz (S).
(auch Begräbnis-, Leichenklassen, Sterbeladen), genossenschaftliche Lebensversicherungskassen im
kleinsten
Maßstabe. In der Regel gewähren sie unter dem Namen Sterbegeld nur so viel, daß die Kosten der Beerdigung bestritten
werden können, höchstens aber 300-600 M. Der Versicherte zahlt entweder einen gewissen Betrag, so oft ein Mitglied der
Kasse stirbt (wegen der Unregelmäßigkeit solcher Beiträge nicht zu empfehlen), oder einen periodischen
(wöchentlichen, monatlichen) Beitrag.
Das Sterbegeld wird an die Erben des Mitgliedes ausgezahlt, mangels solcher besorgt die Kasse selbst die Beerdigung. Versicherungen
fremder Leben mit Ausnahme desjenigen der Frau und der Kinder sind selten, in manchen Ländern auch verboten, weil sie zu Verbrechen
Anlaß gegeben haben. Neuerdings haben besonders in England, dann auch in Deutschland und andern Ländern
große Aktiengesellschaften ausschließlich oder neben andern Lebensversicherungen die Versicherung von Sterbegeld unternommen,
zum Teil mit großem Erfolge, wie die Londoner Prudential mit mehrern Millionen Versicherter, von denen die Beiträge wöchentlich
durch Kollektoren abgeholt werden.
Häufig und zweckmäßig sind die S. mit Krankenkassen verbunden. So gestattet in Deutschland das Reichsgesetz
über die eingeschriebenen Hilfskassen vom in §. 12, in Österreich das Gesetz vom über die registrierten
Hilfskassen in §. 1 denselben die Gewährung eines mäßigen Begräbnisgeldes, und das Reichskrankenversicherungsgesetz
vom schreibt in den §§. 20, 64, 72, 73, 74 die Gewährung eines Sterbegeldes für die «organisierten
Kassen», die Orts-, Betriebs- (Fabriks-), Bau-, Innungs- und Knappschafts-Krankenkassen verbindlich vor. (Ähnlich §. 6 des
Österr. Krankenversicherungsgesetzes vom
(Mortalitätsstatistik), neben der Ehe- und der Geburtsstatistik einer der wichtigsten Teile
der Darstellung der sog. Bewegung der Bevölkerung (s. d.). Als Grundlage dienen ihr in erster
Linie diejenigen Nachweise über die Gestorbenen, welche den Aufzeichnungen der Kirchenbücher oder den von den Standesbeamten
geführten Civilstandsregistern (s. o.) entnommen werden. Für die Darstellung der Sterblichkeit in der menschlichen Gesellschaft
ist neben der Gesamtzahl der Verstorbenen namentlich das Geschlecht, der Familienstand und das Alter wichtig. In Bezug auf
den Familienstand ist die Frage nach der Dauer der durch den Tod gelösten Ehe und der Zahl der Kinder für
die Feststellung der Dauer der Ehe (s. Ehestatistik) und der ehelichen Fruchtbarkeit (s. Geburtsstatistik) von hohem Wert. Die
statist. Aufzeichnung des Alters der Verstorbenen sollte nach einjährigen Altersklassen, bei den Kindern
auch nach Karl Beckers Vorgang für jedes Sterbejahr nach einzelnen Monaten erfolgen. Um ein möglichst brauchbares Material
zur Herstellung der Sterbetafeln zu gewinnen, ist die gleichzeitige
mehr
Berücksichtigung des Geburtsjahres der Verstorbenen erforderlich, obwohl dem in der Praxis bisher nur ausnahmsweise entsprochen
worden ist. Weitere Nachweise über die Gestorbenen beziehen sich auf die Sterblichkeit in den einzelnen Monaten, den Beruf
und die sociale Stellung der Gestorbenen sowie auf die Todesarten und Todeskrankheiten. Die Fragen in betreff der
Totgeborenen werden zweckmäßiger von der Geburtsstatistik erledigt.
Unter den von der S. zu lösenden Aufgaben nimmt die Feststellung der Zahl der in jedem Jahre Verstorbenen das nächste Interesse
in Anspruch. Die neuesten im Deutschen Reiche angestellten Ermittelungen ergeben folgendes Bild:
Jahre
Mittlere Bevölkerung
Gestorbene (einschließlich Totgeborene)
Auf 1000 E. entfallen Gestorbene
1879
44639000
1214643
27,21
1830
45093000
1241126
27,52
1881
45426000
1222928
26,92
1882
45717000
1244006
27,21
1883
46014000
1256177
27,30
1884
46334000
1271859
27.45
1885
46705000
1268452
27,16
1886
47132000
1302103
27,64
1887
47628000
1220406
25,67
1888
48166000
1209798
25,19
1889
48715000
1 218 956
25,13
1890
49239000
1260017
25,59
1891
49738000
1227409
24,66
1892
50287000
1272430
25,31
1893
50710000
1310756
25,81
1894
51301000
1207423
23,50
1895
51970000
1215854
23,40
In dem hier berechneten Verhältnis der Gestorbenen zur Gesamtbevölkerung findet die Sterblichkeit (Mortalität) der
Bevölkerung einen ziffernmäßigen Ausdruck. Diese «allgemeine Sterblichkeitsziffer» entspricht der Heirats-
und Geburtsziffer in der Ehestatistik (s. d.) und Geburtsstatistik (s. d.). Sie hat jedoch wegen der Nichtberücksichtigung
der Altersunterschiede für die Erforschung der Mortalitätsverhältnisse nur sehr geringe Bedeutung. So wird allein schon
eine starke Zunahme der Geburten, infolge der hierdurch veranlaßten größern Kindersterblichkeit, die Ziffer beträchtlich
steigern, ohne daß der Gesundheitszustand der Bevölkerung ein anderer geworden ist. Immerhin ist es
von Interesse zu erfahren, daß die Sterblichkeitsziffer für das Gebiet des Deutschen Reichs 1841-50: 28,2, 1851-60: 27,8,
1861-70: 28,4, 1871-80: 28,8 und 1881-90: 26,5 auf 1000 E. betragen hat. Überhaupt machen sich bei Betrachtung größerer
Zeiträume in demselben Lande jene Bedenken weniger geltend als bei einem internationalen Vergleich. Auf 1000 E.
entfielen Gestorbene (ausschließlich Totgeborene) in:
Länder
1891
1892
1893
1894
1895
Deutsches Reich
23,4
24,1
24,6
22,3
23,1
Frankreich
22,9
22,8
22,6
21,3
--
Großbritannien
20,3
19,0
19,2
16,7
18,8
Irland
18,4
19,4
18,0
18,2
18,4
Italien
26,3
26,4
25,4
25,2
--
Niederlande
20,7
21,0
19,2
18,5
18,7
Schweiz
20,7
19,3
20,5
20,9
19,7
Österreich
28,0
28,7
27,2
27,9
--
Ungarn
33,1
35,0
31,1
--
--
Belgien
21,1
21,7
20,2
18,8
--
Eine größere oder geringere Sterblichkeit ist unter allen Umständen ein ungünstiges oder günstiges Zeichen und
giebt
deshalb für die Beurteilung des Wohlbefindens einer Nation eine weit sicherere Grundlage ab als die
Heirats- und Geburtenfrequenz.
Die Monate des Jahres gefährden das menschliche Leben nicht in gleich starkem Maße. Während des Zeitraums 1872-88 kamen
im Deutschen Reich bei einem Tagesmittel von 1000 Gestorbenen (mit Einschluß der Totgeborenen) für das ganze Jahr auf die
Monate: Januar 1038, Februar 1079, März 1102, April 1061, Mai 1015, Juni 943, Juli 961, August 998, September
978, Oktober 920, November 933, Dezember 977. Hiernach erweisen sich der Winter, insbesondere der Übergang von diesem zum
Frühling, in geringerm Maße auch der Spätsommer als gesundheitsschädlich, und zwar ist jene Jahreszeit vornehmlich den
Greisen, diese den Kindern gefährlich.
Das Alter ist überhaupt von tiefgreifendstem Einfluß auf die Sterblichkeit. Unter 100 Gestorbenen (mit Ausschluß der Totgeborenen)
standen
Im Alter von Jahren
Preußen (1876-85)
Italien (1872-85)
Frankreich (1875-85)
Schweden (1878-85)
0-1
31,01
26,61
18,68
19,88
1-5
16,52
20,93
9,56
13,92
5-10
4,35
4,47
2,64
5,50
10-15
1,71
1,95
1,62
2,47
15-20
1,85
2,13
2,30
2,51
20-30
4,75
5,26
6,24
5,50
30-40
5,37
4,90
6,18
5,06
40-50
5,78
5,24
6,86
5,90
50-60
7,38
6,68
9,04
8,24
60-70
9,59
9,04
13,45
11,27
70-80
8,27
8,87
15,31
12,05
80 und mehr
3,42
3,92
8,12
7,70
Hieraus erhellt die große Bedeutung der Kindersterblichkeit für die Mortalitätsverhältnisse eines
Landes; in Preußen und Italien besteht fast die Hälfte, in Frankreich und Schweden etwa ein Drittel aller Verstorbenen aus Kindern
unter 5 Jahren.
Nur die Sterbetafeln können ein hinreichend befriedigendes Ergebnis liefern. Die wissenschaftlichen Bestrebungen auf diesem
Gebiete sind verhältnismäßig alt. Schon E. Halley brachte 1693 das allmähliche Absterben einer bestimmten
Anzahl Neugeborener dadurch zur Darstellung, daß er die Gesamtheit aller Gestorbenen einer Periode mit Unterscheidung ihres
Alters seiner Rechnung zu Grunde legte, die indes schon deshalb sehr mangelhaft sein mußte, weil sie von einer stillstehend
gedachten Bevölkerung ausging und auf die Vermehrung der Bevölkerung keine Rücksicht nahm.
Mit in der Hauptsache unerheblichen Verbesserungen sind seither eine Reihe von Sterbetafeln aufgestellt worden. Einen wesentlichen
Erfolg stellte aber die ungleich zuverlässigere, von Hermann in den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts eingeschlagene sog.
direkte Methode dar, nach der die in einer Periode Geborenen bis zu ihrem Absterben statistisch verfolgt
werden. Die Schwierigkeiten dieser Methode liegen teils in der langen Beobachtungszeit, teils in den durch die Wanderungen
hervorgerufenen Fehlerquellen, welche Umstände sie nur als auf die jugendlichsten Altersklassen anwendbar erscheinen lassen.
Eine neue, jetzt vorzugsweise angewendete sog. indirekte Methode, die zuerst von Karl Becker theoretisch begründet und
praktisch durchgeführt, nachher von andern, wie Knapp und Zeuner, weiter ausgebildet wurde, ist sehr umständlich und leidet
an dem Mangel, daß die Berechnung der Sterbenswahrscheinlichkeit nach Beschaffenheit der Unterlagen nicht ganz einwandfrei
sein kann; sie hat aber der Hermannschen gegenüber den Vorzug der vollständigen Durchführbarkeit nach verhältnismäßig
nur wenigen Beobachtungsjahren und der Geltung für die
mehr
Gegenwart (nicht wie bei dem direkten Verfahren, wenn nämlich der Tod in hohem Alter, also weit von der Geburt entfernt erfolgt,
für eine zum Teil längst vergangene Zeit). Die indirekte Methode zieht sowohl die Lebenden wie die Gestorbenen auf den verschiedenen
Altersstufen heran und berechnet daraus die Sterbenswahrscheinlichkeit für jedes Lebensalter, einen Bruch,
dessen Nenner die Zahl der in das Lebensalter eingetretenen, und dessen Zähler die Zahl derjenigen Personen bedeutet, die das
nächste Lebensjahr nicht erreicht haben.
Diese für alle Lebensjahre von der Geburt bis zur äußersten Grenze berechneten Sterbenswahrscheinlichkeiten bilden die Grundlage
der Absterbeordnung des Landes, worin die von einer bestimmten Zahl (z. B. 1000, 100000 u. s. w.)
Lebendgeborener am Schlusse der einzelnen Lebensjahre Überlebenden in eine Reihe gestellt sind. Während das durchschnittliche
Alter der Gestorbenen durch das Zusammenzählen der von sämtlichen Gestorbenen (überhaupt oder nach Erreichung eines
bestimmten Alters) erlebten Jahre und Teilung der Summe durch die Zahl der Gestorbenen gewonnen wird, ist
für alle feinern Arbeiten der polit.
Arithmetik die Kenntnis der wahrscheinlichen Lebensdauer (Lebenserwartung, vie probable), d. h. desjenigen Alters nötig, welches
verfließt, bis die Hälfte der vorhandenen Altersgenossen gestorben ist, desgleichen die der mittlern (durchschnittlichen)
Lebensdauer (Vitalität, vie moyenne), d. h. die Anzahl Jahre, welche durchschnittlich
von Personen eines bestimmten Alters noch durchlebt wird. Beide Größen werden aus der Absterbeordnung hergeleitet.
Eine übersichtliche Zusammenstellung der genannten Werte bildet die Sterbetafel. Übrigens ist die Frage nach der zweckmäßigsten
Konstruktion von Sterbetafeln noch nicht endgültig entschieden und hat erst neuerdings wieder den Gegenstand lebhafter Erörterungen
der Fachmänner gebildet. (Vgl. Litteratur.) Folgende Daten sind einer auf die deutsche Reichsbevölkerung
bezüglichen, für die J. 1871-81 berechneten Sterbetafel entnommen:
^[img]
Die Unterschiede in der Sterblichkeit der beiden Geschlechter sind beträchtlich und lassen eine getrennte Behandlung des
Geschlechtsverhältnisses der Gestorbenen durchaus geboten erscheinen. Im allgemeinen ist die Sterblichkeit beim männlichen
Geschlecht größer als beim weiblichen. Eine Ausnahme bildet insbesondere etwa das Alter von 30 J., in der
die Entbindungen zu einer dem weiblichen Geschlecht ungünstigen Verschiebung beitragen. Letzteres würde bei Unterscheidung
des Familienstandes noch deutlicher hervortreten, die aber nur bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Altersstufen vorgenommen
werden sollte.
Günstiger als bei den auf die Gesamtbevölkerung eines Landes bezüglichen Sterbetafeln stellen sich die
Mortalitätsverhältnisse
nach den Beobachtungen der Lebensversicherungsgesellschaften, weil bei diesen die mit chronischen
Krankheiten und sonstigen schweren Leiden behafteten Personen nicht aufgenommen werden, zudem auch die ärmere, gewöhnlich
bedrohtere Bevölkerung nicht beteiligt zu sein pflegt. Über die wichtige Frage der Lebensgefährlichkeit der Berufsarten
sind bereits viele wertvolle Einzeluntersuchungen angestellt worden, ohne daß es bis jetzt gelungen
wäre, eine einheitliche Darstellung zu liefern (s. Unfallstatistik).
Die menschliche Lebensdauer ist unter verschiedenen Verhältnissen verschieden. Im allgemeinen leben die Wohlhabenden länger
als die Armen (Berufskrankheiten, schlechte Ernährung), die Verheirateten länger als die Ledigen. Die geistigen Berufsarten
Angehörigen weisen eine hohe Lebensdauer auf, namentlich wenn sich mit ihrer Beschäftigung eine gewisse
Behaglichkeit verbindet, wie bei Geistlichen, Professoren u. dgl. Weniger günstig gestaltet sich die Lebensdauer bei solchen
geistig Thätigen, die großen Aufregungen ausgesetzt sind, weniger geordnet leben (Politikern, Schriftstellern, Künstlern,
Schauspielern), am ungünstigsten unter diesen bei Ärzten und Lehrern. Am größten ist die Lebensdauer
bei solchen, die sich bei mäßiger Muskelanstrengung viel im Freien aufhalten (Bauern, Soldaten im Frieden, Fuhrleuten, Landwirten,
Forstleuten).
Auch das Klima ist von Einfluß auf die Lebensdauer; in hochgelegenen, mäßig kalten und trocknen Ländern (Schottland, Dänemark,
Schweden, südl. Rußland) finden sich verhältnismäßig mehr alte Leute als in Gegenden mit häufigem
Wechsel von Wärme und Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit. Ob die Lebensdauer des Menschen gegen früher zu- oder abgenommen
hat, darüber sind die Ansichten der Statistiker geteilt; nach Engels eingehenden Untersuchungen scheint die menschliche Lebensdauer
in den letzten Jahrzehnten unsers Jahrhunderts eher eine Abnahme erlitten zu haben, sicher aber hat sie
gegenüber frühern Jahrhunderten zugenommen; nur die Zahl der Langlebigen hat abgenommen.
Um für rechtliche Verhältnisse, in denen die voraussichtliche Lebensdauer von erheblicher Bedeutung wird, eine sichere Grundlage
zu gewinnen, haben einzelne Rechte hierfür feste Regeln aufgestellt, so das röm. Recht für die Berechnung der Falcidischen
Quart (s. d.) inL. 68 pr. D. 35,2, welche dann auch in der Praxis auf andere
Fälle angewandt wird. Diesem Vorgange folgend, hat das Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch im §. 35 ganz allgemein eine von jener
wesentlich abweichende Tabelle aufgestellt. Das Preuß. Erbschaftssteuergesetz vom enthält im §. 14 für
die Berechnung der Steuer eine ähnliche Tabelle. Andere Gesetze, so auch das Deutsche Bürgerl. Gesetzbuch, haben davon
mehr
abgesehen; das Preuß. Allg. Landr. 1,12, §. 348 verweist für die Berechnung des Beitrags eines Vermächtnisnehmers zu den
Erbschaftslasten auf die Grundsätze der nächsten inländischen Witwenverpflegungs-, Leibrenten- oder Tontinenanstalt.
Vgl. neben der unter «Bevölkerung» aufgeführten Litteratur Moser, Die Gesetze der Lebensdauer (Berl. 1839): Casper, Die wahrscheinliche
Lebensdauer des Menschen (ebd. 1843);
Engel, Sterblichkeit und Lebenserwartung im preuß. Staate (in der
«Zeitschrift des königlich preuß. Statistischen Bureaus», Jahrg. 1861 fg.);
Österlen, Handbuch der mediz.
Statistik (2. Aufl.,
Tüb. 1874);
Oldendorff, Der Einfluß der Beschäftigung auf die Lebensdauer der Menschen (Berl. 1877-78);
Weismann, Über die
Dauer des Lebens (Jena 1882);
Westergaard, Die Lehre von der Mortalität und Morbilität (ebd. 1882);
Movimento
dello stato civile.
Anno XII-1883. Confronti internazionali per gli anni 1865-83 (Rom 1884);
Deutsche Sterbetafel, gegründet
auf die Sterblichkeit der Reichsbevölkerung in den 10 J. 1871/72 bis 1880/81, nebst Vergleichungen mit andern Sterbetafeln
(in den «Monatsheften zur Statistik des Deutschen Reichs», Jahrg. 1887, 2. Teil, Berl. 1887);
Bortkewitsch,
Die mittlere Lebensdauer (Jena 1893);
Artikel Sterblichkeit und Sterblichkeitstafeln im «Handwörterbuch der Staatswissenschaften»,
Bd. 6 (Jena 1894), und Sterblichkeitstafeln im 1. Supplementband (Jena 1895);
Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin, 19. und 20. Jahrg.
(Berl. 1894 u. 1895).