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Frankreich gewonnen, und das franz. Vorbild ist auch für Belgien [* 2] und Italien [* 3] maßgebend gewesen.
Im Deutschen Reich werden die Börsensteuer (s. d.), der Spielkartenstempel (s. Spielkartensteuer), die Statistische Gebühr (s. d.) und der Wechselstempel (s. d.) für Rechnung des Reichs (daher der Name Reichsstempelabgaben) erhoben.
In Württemberg [* 4] besteht schon seit langer Zeit, in Baden [* 5] seit 1888 kein Stempel mehr. In Bayern [* 6] werden Stempel nur in beschränktem Umfange unter der Bezeichnung Gebührenmarke verwandt, wie bei Zeugnissen, Anstellungsurkunden, Legitimationsscheinen, bei den vom Gerichtsvollzieher zu entrichtenden Verkehrssteuern (für Möbelversteigerungen, zuzustellende Cessionsurkunden, Wechselproteste), bei Quittungen über Zahlungen aus öffentlichen Kassen und bei Lombarddarlehen (bei letztern sind auch gestempelte Formulare zu verwenden). Für Quittungen der genannten Art sind 20 Pf. bis 7 M. je nach dem Wert, für Möbelversteigerungen 1 Proz., bei Lombarddarlehen zwei Zehntel vom Tausend der Darlehnssumme zu entrichten u. s. w.
In Sachsen [* 7] tritt der Stempel (abgesehen von Versicherungsverträgen und Versteigerungsprotokollen) nur dann ein, wenn die Urkunde von einer öffentlichen Behörde oder einem Notar aufgenommen oder ausgefertigt ist oder da vorgelegt oder eingereicht wird. Der Stempel beträgt 1/10 Proz. bei Kauf-, Tausch-, Lieferungs-, Bau-, Leibrenten, Pacht-, Miet-, Darlehns- und Anerkenntnisverträgen, Ehestiftungen, Vergleichen, Abtretungen, Quittungen, Nachlaßverzeichnissen, Versteigerungen, Lebensversicherungen, Schenkungen; 1/20 Proz. bei Verbürgungen, Verpfändungen und andern Sicherheitsleistungen: 3 Proz. bei Familienanwartschaften und Familienstiftungen;
1/50 vom Tausend (multipliziert mit der Zahl der Jahre der Versicherungsdauer) bei andern Versicherungen als den Lebens- und den stempelfreien Transportversicherungen.
Urkunden über weniger als 150 M. sind stempelfrei.
In Elsaß-Lothringen [* 8] beruht das Stempelwesen noch auf der franz. Gesetzgebung; neuerlich ist für gerichtliche Angelegenheiten, für Hypothekenwesen und im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten die bare Entrichtung der Gebühren angeordnet worden.
Das, nachher vielfach abgeänderte, preußische Stempelsteuergesetz ist durch das Gesetz vom gründlich umgestaltet. Danach zahlen Lebens- und Rentenversicherungsverträge 1/20 Proz. der Versicherungssumme, Verträge über Unfall- und Haftpflichtversicherung mit mehr als 40 M. Jahresprämie ½ Proz. der Gesamtprämie, Verträge über andere Versicherungen mit mehr als 3000 M. Versicherungssumme jährlich 1/1000 Proz. der Versicherungssumme.
Rück- und Transportversicherungsverträge sind frei. Außerdem werden belastet: Beurkundungen über Sicherstellung von Rechten, Urkunden über Abtretung von Rechten, Verträge über Annahme an Kindesstatt, Eheverträge, Entlassungen aus der väterlichen Gewalt, Erbrecesse. Apothekerkonzessionen zahlen ½ Proz. des Wertes der Konzession (mindestens 50 M.). Für Erlaubnisscheine zum Gewerbebetrieb werden 1,50, 5, 15, 50, 100 M. und für Genehmigungen zum Betrieb eines Dampfschiffs- oder Kleinbahnunternehmens 3, 10, 25, 60 und 100 M. erhoben, je nach der Gewerbesteuerklasse, zu der der Betrieb gehört.
Genehmigungspflichtige, gewerbliche Anlagen und solche zum Betriebe von Privatanschlußbahnen zahlen 1, 5, 10, 20, 50, 75, 100 M., je nach den Anlagekosten. Bei Errichtung von Aktien- und Kommanditaktiengesellschaften werden gezahlt 1/50 Proz. des Stammkapitals, von Gesellschaften mit beschränkter Haftung 1/50, 1/10, ½, 1 Proz. des Stammkapitals, je nach dessen Größe. Stempelsteuerpflichtig sind ferner: Kauf- und Tauschverträge über unbewegliche Sachen, Miet-, Pacht- und antichretische Verträge, deren Mietswert oder Nutzung mehr als 300 M. jährlich beträgt, Schiedssprüche, Schuldverschreibungen, Vollmachten, Standeserhöhungen, Genehmigungen zum Betrieb einer Versicherungsgesellschaft, Gewerbelegitimationskarten, Konzessionen zum Pfandleihgeschäft, Maklerkonzessionen, Genehmigung einer Namensänderung, Naturalisationsurkunden, Verleihung des Bergwerkseigentums, Eisenbahn- oder Auswanderungsunternehmen, Auktionen, Leibrenten- und Rentenverträge, Familienfideïkommißstiftungen u. s. w. In den meisten übrigen Fällen wird 1,50 M. erhoben. Der Ertrag der (bisherigen) preuß. Stempelsteuer (einschließlich der als Gerichtskosten verrechneten S.) war 1893/94 31,9 Mill. M. -
Vgl. Hummel und Specht, Das Stempelsteuergesetz vom nebst Ausführungsbestimmungen (Berl. 1897).
In England werden gegenwärtig namentlich Vertrags- und andere Urkunden, Wechsel, Anweisungen, Banknoten, Lebens- und Seeversicherungspolicen (zumeist in der Form des Wertstempels) der Stempelsteller unterworfen; ferner Quittungen und verschiedene andere Urkunden des Geschäftsverkehrs und persönlicher Verhältnisse (Pennystempel), Arzneimittel, Spielkarten, Gold- und Silberwaren; auch Erfindungspatente und gewisse Amtsgebühren ressortierten bis vor kurzem vom Stempelamt u. s. w. Die Erhebung der Erbschaftssteuer ist ebenfalls dem Stempelamt übertragen. Die Gesamteinnahmen des Stempelamtes (ohne Erbschaftssteuer) waren 1895/96: 7 320000 Pfd. St. 1894/95 war der Ertrag rund 5,9 Mill. Pfd. St.;
davon entfielen auf Verträge und andere Urkunden 2,87 Mill. Pfd. St., auf Quittungsstempel 1,2 Mill. Pfd. St., auf Wechsel 626000 Pfd. St.
Frankreich erhebt den allgemeinen, von ½ bis 3 Frs. steigenden Flächenstempel bei öffentlichen Urkunden unter Privatunterschrift, namentlich Vertragsurkunden u. s. w., die vor Gericht vorgelegt und hier zur Beweisführung gebraucht werden können; besonders festgestellte Flächenstempel kommen bei Straßenanschlägen und Versicherungspolicen in Anwendung, können aber bei letztern durch Abonnements ersetzt werden, bei deren Aufhebung dann ein fester Stempel von 50 Cent. für jede Police zu zahlen ist.
Einem festen, bisweilen nach dem Wert abgestuften Stempel unterliegen Schlußnoten und Rechnungsabschlüsse der Wechselagenten und Makler (½ Frs. für Beträge bis 10000 Frs., 1½ Frs. für höhere, mit 20 Proz. Zuschlag seit dem Kriege 1870), Frachtbriefe, Konnossemente, Empfangbescheinigungen für zu versendende Waren u. s. w. (verschiedene feste, nicht unerhebliche Sätze), Pässe (früher 2 Frs. für Inlands-, 10 Frs. für Auslandspässe, seit 1888 allgemein ½ Fr. mit 20 Proz. Zuschlag), Jagdscheine (28 Frs. einschließlich Zuschlag, davon 10 Frs. für die Gemeinden), Fabrikmarken (feste Stempel von 2 Cent. bis 1 Fr., mindestens aber 5 Cent., höchstens 5 Frs.), Checks (im Orte 10 Cent., zwischen verschiedenen Orten ¶
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20 Cent.), Quittungen öffentlicher Kassen oder an solche (25 Cent.), sonstige Quittungen, Empfangsbescheinigungen, Entlastungen und andere befreiende Akte (10 Cent.). Ein Proportionalstempel wird erhoben von Handelseffekten, d. h. verhandelbaren und für den Handelsverkehr bestimmten Effekten, wie Wechseln, Orderbillets u. s. w., von nicht verhandelbaren Schuldscheinen, Schuldanerkenntnissen, Zahlungsanweisungen auf Frist und von Platz zu Platz (50 Cent. für jede angefangene 1000 Frs. der Wertsumme) sowie von Börseneffekten (s. Börsensteuer). Der Gesamtertrag der franz. Stempelabgaben war 1881: 155,36, 1892: 158,14 Mill. Frs. und nach dem Etat von 1896: 188,4 Mill. Frs.
In Holland bestehen sowohl feste als auch proportionale Stempel. Von allen Effekten und öffentlichen Fonds ist ein Proportionalstempel von 5 Cents für je 50 Fl. zu zahlen.
In den Budgets folgender Länder ist der Ertrag der Stempelsteuer veranschlagt: Belgien 1895: 6,05 Mill. Frs., Italien 1895/96: 70 Mill. Lire, Rußland 1895: 27,35 Mill. Rubel.
Vgl. Schönberg, Handbuch der polit.
Ökonomie, Bd. 3 (3. Aufl., Tüb. 1891); Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 6 (Jena [* 10] 1894).