mehr
Jahrestemperatur 6,2, in Aussee 5,8, in Graz [* 2] 9,3, in Cilli 9,9, in Pettau 10,1° C. Der südl. Teil hat bei kalten Wintern sehr heiße Sommer. Die jährliche Regenmenge beträgt in Graz 582, in Cilli 1059, in Aussee sogar 1460 mm. Die Zahl der jährlichen Gewitter betrug in Admont 32, Graz 23, Gleichenberg 21, Pettau 14, Alt-Aussee 9.
Bevölkerung. [* 3] Die Einwohnerzahl betrug 1830: 885948, 1850: 1005944, 1869: 1131099, 1880: 1213597, 1890: 1282708 (635967 männl., 646741 weibl.) E., d. i. seit 1881 eine Zunahme von 69111 Personen oder 5,7 Proz. Die Bevölkerung vermehrt sich in S., wie in den Alpenländern überhaupt, ziemlich langsam. Dem Religionsbekenntnis nach waren 1269768 (99 Proz.) Katholiken, 10556 (0,8 Proz.) Evangelische und 1979 Israeliten; der Nationalität nach 847923 (67,8 Proz.) Deutsche [* 4] und 400480 (32,2 Proz.) Slowenen; letztere hauptsächlich im südl. Teil des Landes.
Dem Beruf nach gehörten an: 813525 der Land- und Forstwirtschaft, 252456 der Industrie und dem Bergbau, [* 5] 72395 dem Handel und Verkehr und 144332 dem öffentlichen und Militärdienst, den freien Berufen und keinem Berufe. 1893 gab es 1554 Ortsgemeinden, 3868 Ortschaften mit 195147 Häusern und 257257 Wohnparteien. Von je 1000 über 6 J. alten Personen konnten 181 männliche und 215 weibliche weder lesen noch schreiben. Die Zahl der Eheschließungen betrug 1895: 9474, der Lebendgeborenen 42366, der Totgeborenen 1802 (darunter zusammen 10098 Uneheliche), der Sterbefälle 31973.
Land- und Forstwirtschaft. Ungeachtet seiner Gebirgsnatur ist S. eins der bestangebauten Länder der Monarchie. Von der produktiven Bodenfläche (2088660 ha, d. i. 93,1 Proz. des Gesamtflächenraums) sind 18,87 Proz. Acker, 11,90 Wiesen, 1,06 Gärten, 1,52 Weingärten, 5,61 Hutweiden, 6,14 Alpen [* 6] und 47,94 Proz. Waldungen. Es wird viel Mais und Hafer [* 7] gebaut, dann Roggen, Weizen, Gerste, [* 8] Kartoffeln und Heidekorn, von Handelsgewächsen Hanf (besonders bei Radkersburg) und viel Karden. Im Durchschnitt der 10 Jahre 1882-91 wurden geerntet 856000 hl Weizen, 1047800 Roggen, 249600 Gerste, 1578800 Hafer, 1089000 Mais, 131400 Hülsenfrüchte, 1792000 hl Kartoffeln und 1435600 t Heu.
Eine Haupterwerbsquelle, besonders für Obersteiermark, ist die Hornviehzucht, die mit einer lebhaften Alpenwirtschaft verbunden wird. Am wurden gezählt 66871 Pferde, [* 9] 700012 Rinder, [* 10] 162416 Schafe, [* 11] 42238 Ziegen, 637607 Schweine [* 12] und 100573 Bienenstöcke. Die Geflügelzucht ist vorzüglich in der untern S. von großer Bedeutung. Die steir. Kapaune sind weit und breit berühmt. Ein wichtiger Kulturzweig ist der Weinbau, der in der Gegend von Luttenberg, Radkersburg und Pettau die vorzüglichsten Sorten liefert. 1882-91 wurden durchschnittlich 487700 hl Wein geerntet. Von nicht geringerer Wichtigkeit ist der Hopfen- und der Obstbau, sowohl was den Handel mit Obst wie die Ciderbereitung betrifft. Kastanien gewinnt man in Südsteiermark in Menge. Der Waldstand betrug 1892: 1074230 ha, zumeist Nadelwald. Die Jagd auf Rotwild und Gemsen, die Fischerei [* 13] auf Forellen und Salmlinge ist sehr ergiebig.
Bergbau. S. ist reich an Mineralien; [* 14] die wichtigsten Produkte sind Eisen, [* 15] Kohlen und Salz. [* 16] Die Güte des steir. Roheisens war schon im Altertum bekannt. Die reichsten und ältesten Eisensteingänge befinden sich am Erzberge zwischen Vordernberg und Eisenerz, und es sollen die seit dem 18. Jahrh. hier betriebenen Ausschlußbauten Vorräte von mehr als 750 Mill. t Schmelzgut nachweisen. Auch der Kohlenbergbau ist einer der ältesten im österr. Kaisertum. 1892 wurden gewonnen 214 t Steinkohle, 2171185 Braunkohle, 522315 Eisenerz, 31 silberhaltiges Bleierz, 1065 Zinkerz, 720 Schwefelerz, 139 Manganerz und 3020 t Graphit im Gesamtwert von 7,97 Mill. Fl. Auch gewinnt man Torf-, Farben- und Walkererde, Marmor-, Mühl-, Bau- und Schleifsteine. Die Hüttenproduktion betrug 1892: 135266 t Frischroheisen, 2839 t Gußeisen und 1841 t Zink im Gesamtwerte von 6,22 Mill. Fl. An Salz wurden 259 t Stein-, 17939 t Sud- und 997 t Industrialsalz gewonnen im Wert von 1,73 Mill. Fl.
Industrie, Handel und Verkehrswesen. Die Industrie hat ihren Hauptsitz in Obersteiermark und beschäftigt sich vorzugsweise mit der Verarbeitung von Eisen, insbesondere in den Gebirgsthälern der obern Mur bis in die Nähe von Graz. Stabeisen, Schienen, Eisenblech und Eisendraht werden in großer Vollkommenheit erzeugt, und der steir. Stahl erfreut sich eines großen Rufs. Einen hohen Aufschwung hat ferner die Verfertigung von Eisen- und Stahlwaren genommen. 1890 wurden von 34 Unternehmungen mit 1423 Arbeitern 163432 t Eisen und Stahl, 19224 t Draht [* 17] und 6840 t Drahtstifte und Nieten, 20887 t Blech, 30484 t Schienen, 2553 t Radkränze, 3470600 Stück Sensen und 1200000 Sicheln u. s. w. erzeugt.
Ferner wurden in 14 Etablissements von 2106
Arbeitern 626 t
Kessel und 8138 t
Maschinen hergestellt. Ferner
sind hervorzuheben: die Fabrikation von
Glas,
[* 18]
Cellulose und Holzstoff
[* 19] (19 Fabriken mit 9600 t Produktion) und Papier (29138
t), von
Tabak
[* 20] und Cigarren (in Fürstenfeld 2112
Arbeiter, 2001 t Tabakfabrikate, 1892 für 4,59 Mill.
Fl.), die Erzeugung von
Schaumwein (in Graz), von Liqueur,
Branntwein (1892: 4981
Brennereien mit einer Produktion von 1,27 Mill.
Hektolitergrad
Alkohol) und
Bier (64
Brauereien mit 869250 hl Produktion), die Leinweberei, die aber mehr als Nebenbeschäftigung
bei der
Landwirtschaft denn als eigentlicher Gewerbszweig betrieben wird, die Erzeugung von Loden (Schafwollstoff) u. s. w.
Bedeutend ist die Ausfuhr von Obst,
Wein, Schnitt- und
Bauholz, Hornvieh,
Eisen und
Stahl und den Waren aus
diesen
Stoffen, ferner von
Braunkohlen, Papier und andern Erzeugnissen. In S. bestehen 10
Aktiengesellschaften mit 14,05 Mill.
Fl. Als Anstalten für
Handel und Kreditwesen bestehen eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen
Bank in Graz, die
Steiermärkische
Escomptebank daselbst, mehrere gewerbliche Aushilfskassenvereine, (1892) 53
Sparkassen mit 138,6 Mill.
Fl. Einlagskapital, von denen die steiermärk.
Sparkasse in Graz unter den drei in der Stadt bestehenden
Sparkassen eine Hypothekenbank
(Pfandbriefanstalt) besitzt. In S. bestanden 1892: 4786,3 km, darunter 780,5 km vom
Staate unterhaltene
Straßen, 170 km schiffbare
und 402 km flößbare Wasserstraßen, 1210,4 km Eisenbahnen (s.
Steiermärkische Landesbahnen), 2114,4
km Telegraphenlinien und 7271,5 km
Drähte, 378 Postanstalten und 163
Telegraphenbureaus.
Unterrichtswesen. Die Karl-Franzens-Universität Graz (s. d.), die Technische Hochschule mit (1892) 54 Lehrern und 189 Hörern, die Akademie für Handel und Industrie und die Zeichenakademie, alle in Graz, 2 theol. Diöcesanlehranstalten, die Bergakademie ¶
mehr
in Leoben, 5 Obergymnasien, 3 Untergymnasien, 2 Ober-, 1 Unterrealschule, 1 städtisches Mädchenlyceum in Graz, 2 Lehrer- und 2 Lehrerinnen-Bildungsanstalten, 1 Staatsgewerbeschule in Graz, 2 gewerbliche Fachschulen und 16 gewerbliche Fortbildungsschulen, 1 höhere und 7 niedere Handels- und 1 Bergschule, 4 niedere land- und forstwirtschaftliche Schulen, 22 Gesang- und Musikschulen, 1 Hebammenschule, 8 weibliche Arbeitsschulen, 17 sonstige besondere Lehr- und Erziehanstalten und (1892) 851 Volks- und 10 Bürgerschulen mit 173992 schulbesuchenden Kindern (93,8 gegen 74,2 Proz. der schulpflichtigen Kinder im J. 1875). Außerdem bestehen: das landschaftliche Joanneum in Graz mit vortrefflichen Sammlungen, je ein histor., geognostisch-montanistischer, naturwissenschaftlicher und juridischer Verein, eine Landwirtschaftsgesellschaft, je ein Gartenbau-, Seidenbau-, Forstverein, ein Verein zur Beförderung der Industrie, sämtlich in Graz, mehrere Musik- und Gesangvereine.
Verfassung und Verwaltung. Die Verfassung beruht auf der Landesordnung und Landtagswahlordnung vom Der steiermärk. Landtag, der vom Kaiser jährlich nach Graz berufen wird, ist zusammengesetzt aus den beiden Fürstbischöfen von Seckau und Lavant, dem Rektor der Universität Graz und aus 60 auf sechs Jahre gewählten Abgeordneten, nämlich 12 vom großen Grundbesitz, 19 von den Städten und Märkten, 6 von den Handels- und Gewerbekammern zu Graz und Leoben und 23 von den Landgemeinden. Der Vorsitzende (Landeshauptmann) wird vom Kaiser ernannt. S. sendet nach dem neuen Wahlgesetz (1896) 27 Abgeordnete in das österr. Abgeordnetenhaus, und zwar 4 Vertreter des Großgrundbesitzes, 8 der Städte und Märkte, 2 der Handels- und Gewerbekammern in Graz und Leoben, 9 der Landgemeinden, 4 der Allgemeinen Wählerklasse (gewählt durch allgemeines Stimmrecht).
An der Spitze der Verwaltung steht der Statthalter, zugleich Vorsitzender des Landesschulrates in Graz. Ihm unterstehen 4 Städte mit eigenem Statut und 20 Bezirkshauptmannschaften (1890):
Städte mit eigenem Statut und Bezirkshauptmannschaften | qkm | Häuser | Wohnparteien | Einwohner | Einw. auf 1 qkm |
---|---|---|---|---|---|
Städte: | |||||
Graz | 21,56 | 4637 | 25472 | 112069 | 5198 |
Cilli | 1,68 | 319 | 1141 | 6264 | 3729 |
Marburg | 7,03 | 867 | 3948 | 19898 | 2830 |
Pettau | 2,71 | 307 | 754 | 3924 | 1448 |
Bezirkshauptmannschaften: | |||||
Bruck a. d. Mur | 2155,71 | 7543 | 12871 | 65877 | 31 |
Cilli (Umgebung) | 2001,22 | 23849 | 27186 | 129457 | 65 |
Feldbach | 987,88 | 13373 | 15474 | 84340 | 85 |
Graz (Umgebung) | 1145,54 | 10892 | 16123 | 82273 | 71 |
Gröbming | 1877,73 | 6378 | 5704 | 29116 | 16 |
Hartberg | 988,94 | 8874 | 9248 | 52890 | 53 |
Judenburg | 1675,03 | 6414 | 10532 | 56326 | 34 |
Deutsch-Landsberg | 802,01 | 9016 | 10707 | 51896 | 65 |
Leibnitz | 743,07 | 10848 | 12478 | 63981 | 86 |
Leoben | 1094,82 | 4813 | 9707 | 47570 | 43 |
Liezen | 1397,30 | 4245 | 4404 | 23416 | 17 |
Luttenberg | 316,12 | 5892 | 6001 | 26672 | 84 |
Marburg (Umgebung) | 1186,23 | 16364 | 18375 | 88659 | 75 |
Murau | 1385,10 | 4337 | 4649 | 26735 | 19 |
Pettau (Umgebung) | 984,77 | 18613 | 17362 | 79150 | 80 |
Radkersburg | 449,09 | 6477 | 7680 | 39547 | 88 |
Rann | 612,85 | 9264 | 10074 | 48010 | 78 |
Voitsberg | 675,95 | 5124 | 8003 | 41216 | 60 |
Weiz | 1080,29 | 9681 | 10876 | 61156 | 57 |
Windischgraz | 836,76 | 7020 | 8488 | 42266 | 51 |
Die Finanzverwaltung besorgt die Finanz-Landesdirektion in Graz, unter ihr drei Finanz-Bezirksdirektionen für den indirekten und die Steueradministration in Graz sowie 6 Haupt- und 57 Steuerämter für den direkten Steuerdienst. Die Salinenverwaltung in Aussee untersteht direkt dem Finanzministerium in Wien. [* 22] Für die Rechtspflege bestehen das Oberlandesgericht in Graz (zugleich für Kärnten und Krain) [* 23] als zweite Instanz, ein Landesgericht in Graz und zwei Kreisgerichte in Cilli und Leoben sowie 72 Bezirksgerichte als erste Instanz.
Dritte Instanz ist der Oberste Gerichts- und Kassationshof in Wien. Militärisch gehört S. zu dem Gebiet des Korpskommandos in Graz, welches außer S. auch Kärnten, Krain und das Küstenland umfaßt. Das Landeswappen zeigt einen Feuer speienden aufrechten, rotgehörnten, silbernen Panther mit vierfachem Schwanze in Grün. Auf dem Schilde ein Fürstenhut. [* 24] (S. Tafel: Wappen [* 25] der Österreichisch-Ungarischen Kronländer, [* 21] Fig. 4, Bd. 12, S. 726.) Die Landesfarben sind Grün-Weiß.
Geschichte. Unter röm. Herrschaft gehörte der östl. Teil von S. zu Pannonien, der westliche zu Noricum. Schon damals war das von den kelt. Tauriskern bewohnte Land seines Eisens und Stahls wegen berühmt und auch seiner Viehzucht [* 26] halber bekannt. Nach den Stürmen der Völkerwanderung, während deren es von den verschiedensten Stämmen durchzogen wurde, ließen sich in der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. auch hier Winden [* 27] oder Slowenen nieder, und das Land bildete einen Teil Karantaniens (s. Kärnten), mit dem es in Abhängigkeit vom Herzog von Bayern [* 28] und dann unter die Herrschaft Karls d. Gr. und seiner Nachfolger kam.
Als Otto I. nach dem Siege auf dem Lechfelde (955) die Verteidigung der Ostgrenze Deutschlands [* 29] gegen die Ungarn [* 30] organisierte, errichtete er auch eine «Kärntner Mark», die das Gebiet an der mittlern Mur und obern Raab [* 31] umfaßte und vom Röthelstein südlich von Bruck bis Radkersburg reichte. Der erste Markgraf, der 970 erwähnt wird, ist Markward, der Stammvater der Eppensteiner, dessen Sohn Adalbero auch als Graf in den nordwestlich anstoßenden Grafschaften erscheint. 1035 erhielt die Mark Arnold von Lambach, dessen Sohn Gottfried den Ungarn Pütten jenseit des Semmering entriß.
Arnolds Verwandter Ottokar, Graf im Traungau, von bayr. Geschlecht, der 1056 vom Kaiser mit der Kärntner Mark belehnt wurde, nannte sich wie seine Nachfolger nach seiner Burg Steier «Markgraf von Steier», bis dieser Name endlich auch auf das Land übertragen wurde. Ottokars I. Nachkommen erwarben, meist durch Erbschaft, ausgedehnte Gebiete, so daß die S. bis nach der Mitte des 12. Jahrh. fast überall die heutigen Grenzen [* 32] erhielt. Ottokar IV. wurde 1180 zum Herzog erhoben, vermachte aber, da er kinderlos war, 1186 seine Besitzungen seinem Verwandten Leopold V. von Österreich, [* 33] der 1192 auch vom Kaiser mit S. belehnt wurde.
Nach dem Tode des letzten Babenbergers (1246) brachen um den Besitz der S. Streitigkeiten aus, bis sich 1259 die Bewohner gegen die Ungarn, die sie vorübergehend an sich gebracht hatten, erhoben und Ottokar II. von Böhmen [* 34] als Herrn anerkannten. Dieser mußte S. 1276 an Rudolf von Habsburg abtreten, der 1282 seine Söhne damit belehnte. Bei der 1379 zwischen Albrecht III. und Leopold III. vorgenommenen Länderteilung wurden die Gebiete von Steier, Hallstadt und Ischl [* 35] zu Österreich geschlagen, und ¶