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Die Verwertung der Kalisalze fällt sowohl den einzelnen Salzbergwerken als auch gesondert bestehenden chem. Fabriken zu, welche die Hauptprodukte auf Chlorkalium, auf schwefelsaures Kalium und schwefelsaure Kalimagnesia verarbeiten. Als Nebenartikel werden gewonnen: Glaubersalz, in großen Krystallen für Glashütten;
Bittersalz und Kieseritsteine, zum Appretieren von Baumwollstoffen;
Chlormagnesium, Brom und Bromverbindungen, Natriumsulfat, Soda (nach dem Ammoniakverfahren) und Pottasche, letztere aus Chlorkalium nach dem Leblancschen Verfahren.
Die meiste Pottasche wird aber nicht in S., sondern in auswärtigen ältern Sodafabriken dargestellt. In S. ist nur eine Fabrik, die Pottasche aus Kaliumsulfat herstellt. Der Kieserit wird als Düngemittel, Fällungsmaterial von Blanc fixe und zur Darstellung des Alauns verwendet; er ersetzt in vielen Fällen die Schwefelsäure. [* 2] Die Fabriken, von denen ein Teil 1872 sich unter der Firma Vereinigte Chemische [* 3] Fabriken, Aktiengesellschaft Leopoldshall, konsolidiert hat, beschäftigten 1895 bei vollem Betriebe durchschnittlich 550 Arbeiter; 35 Dampfkessel [* 4] liefern den nötigen Dampf. [* 5]
Das bei vollem Betriebe jährlich verarbeitete Rohmaterial beträgt ungefähr 75 Mill. kg. Das fiskalische Werk S. hatte 1895 eine Belegschaft von 1000 Mann und 42 Dampfkessel. Die Produktion betrug 1895: 204,050 Mill. kg Kalisalz und 68,271 Mill. kg Steinsalz. Leopoldshall hat eine Belegschaft von 1166 Mann und 37 Dampfmaschinen [* 6] im Betrieb. Neben seiner Schachtförderung hatte es früher eine Kochsalzsiederei, zu welcher jährlich etwa 1,5 Mill. kg Steinsalz kamen. Es lieferte 1894: 47,237 Mill. kg Steinsalz und 241,8?0 Mill. kg Kalisalze. Von den Kalisalzen waren beim königlich preuß. Werke 105,746 Mill. kg, beim Leopoldshaller 98,582 Mill. kg Kainit, der Rest im wesentlichen Carnallit.
Die Flächenausdehnung der Kalisalzlager ist anscheinend zwar geringer als die des Steinsalzes, aber immer durch eine von Croppenstedt über Westeregeln, Egeln, Tarthun, S., Schackenthal, Aschersleben, [* 7] Friedrichsaue, Heteborn nach Croppenstedt gezogene Linie annähernd begrenzt. Die 1869 von Reinwarth angeregten und 1870 begonnenen Bohrversuche auf der südwestl. Seite des langgestreckten Gipsberges bei Westeregeln stellten 1871 in 149,7 m Tiefe das Vorkommen einer sehr mächtigen Ablagerung von Kalisalzen fest.
Sie ist durch das Salzwerk Douglashall, jetzt im Besitz der Alkaliwerke Westeregeln, Aktiengesellschaft, bergmännisch aufgeschlossen und förderte 1894: 192,389 Mill. kg Kalisalze. Weitere Funde ergaben die Ausdehnung [* 8] der Kalisalzlagerstätten auf dem linken Ufer der Bode, wohin 1,3 km nordwestlich sowie nördlich von den frühern Schächten neue fiskalische Schachtanlagen (Schacht Achenbach und die Doppelschächte Maybach und von Berlepsch) verlegt sind; ferner bei Löderburg und Rothenförde (Gewerkschaft Neu-Staßfurt mit Zeche Agathe), und beim Lerchenbrunnen (Riebeckscher Schacht), jetzt im Besitz der Gewerkschaft Ludwig II. Ferner haben die östlich von Aschersleben durch die Continental Diamond Rockboring Company angestellten Diamantbohrungen, welche von der Mineral Salts Production and Moorlands Reclamation Company aufgenommen wurden, zur Anlage des Werkes Schmidtmannshall (s. d.) geführt.
Von den drei zuletzt genannten Werken förderte Neu-Staßfurt 62,559 Mill. kg Steinsalz, 221,912 Mill. kg Kalisalz, davon 124,937 Mill. kg Kainit; Ludwig II. 71,073 Mill. kg Carnallit; Schmidtmannshall 231,996 Mill. kg Kalisalz, davon 93,226 Mill. kg Kainit. In den letzten Jahren ist das Vorhandensein der Kalisalze auf einem großen Flächenraume nachgewiesen, besonders am Süd- und Ostrand des Harzes bis tief nach Hannover, [* 9] Braunschweig [* 10] und selbst Mecklenburg [* 11] hinein. Im allgemeinen handelt es sich aber hier um das Vorkommen von Carnallit, während der wertvollere Kainit in abbauwürdiger Mächtigkeit nur an sehr wenig neuen Punkten angetroffen worden ist. Neuere Kalisalzbergwerke wurden angelegt bei Bienenburg bei Goslar [* 12] (Gewerkschaft Hercynia), in Roschwitz bei Bernburg [* 13] (Deutsche [* 14] Solvaywerke), in Thiede bei Braunschweig (Thiederhall), bei Anderbeck (Wilhelmshall), in Jessenitz in Mecklenburg, Beienrode bei Königslutter, Kaiserrode bei Salzungen. Zum Teil sind die Schächte noch im Abteufen begriffen.
Vgl. Reinwarth, Über die Steinsalzablagerungen bei S. und die dortige Kaliindustrie (Dresd. 1871);
Bischof, Die Steinsalzwerke zu S. (2. Aufl., Halle [* 15] 1875);
Ochsenius, Bildung der Steinsalzlager (ebd. 1877);
Precht, Salzindustrie von S. und Umgebung (Staßf. 1891);
van 't Hoff und Meyerhoffer, Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen,
insbesondere des Staßfurter
Salzlagers (Berl. 1897).