namentlich die wirtschaftlichen Verhältnisse. Der
NameUtopie stammt von der zuerst 1516 erschienenen
SchriftdesThomas Morus
(s.
More): «Utopia». In
Utopien ist eine ganz eigentümliche
Verfassung;
es sind 54 Städte-Republiken auf der
Insel vorhanden;
noch eigentümlicher ist die wirtschaftliche Rechtsordnung. Es herrscht dort der
Kommunismus;
es existiert kein Privateigentum
und zwar weder an den Produktionsmitteln noch an den Verbrauchsgegenständen.
Strenggenommen ist allerdings Morus nicht der
erste gewesen, der eine
Utopie geschrieben hat; aus dem griech.
Altertum sind uns einzelne
Schilderungen erdichteter Staatswesen
überliefert; z. B. der unvollendet gebliebene Dialog
Platos «Kritias oder
Athen
[* 2] und
Atlantis 9000 Jahre vor
Solon», und
Phantasieschilderungen von
Hekatäus, Jambulus, Euhemerus,
Theopompus,
Xenophons «Cyropädia» u. a. m.
Aber diese
Schriften aus ältester Zeit können kaum als
Vorläufer von Morus' «Utopia» bezeichnet werden, weil sie teils nur
Bruchstücke, teils Gebilde dichterischer
Phantasie sind, aber nicht dem ernsten socialphilos.
Zwecke dienen, den Morus sich mit seinem S. gesetzt hatte. (S.
Socialismus.) Jedenfalls sind fast alle
wichtigern S. bis auf die neuesten Werke von Morus beeinflußt. Wenn auch die Verfasser der meisten S. nicht daran dachten,
daß der Zukunftsstaat in allen Punkten den von ihnen geschilderten
Utopien gleichen sollte, so war es ihnen doch im Ernst
darum zu thun, an einem idealen
Bild eines erdichteten Staatswesens die Mängel und Reformbedürftigkeit
des realen Staatswesens zu zeigen.
Die Form des S. ist aber vorzüglich geeignet, in anschaulicher
Weise zu zeigen, von welchen Folgen für unser Kulturleben
tiefgreifende
Reformen unsers gesellschaftlichen Lebens, wie sie die meisten Utopisten wünschen, begleitet sein müßten.
Die wichtigsten S. außer den bereits genannten sind folgende: zunächst die deutschen
Ausgaben von
Th.
Morus, und zwar
die erste in Basel
[* 3] 1524 u. d. T. «Von der wunderbarlichen
Insel Utopia das andere
Buch, teutsch durch Conciuncula»;
Rétif de la Brétonne, «La découverte australe
par un homme volant» (4 Bde., Par.
1781; ins Deutsche
[* 10] übersetzt von
Myliusu. d.T. «Der
fliegende
Mensch», Lpz. 1784);
«Die glückliche Nation oder der
Staat von
Felicien» (aus dem
Französischen, 2 Bde., Lpz. 1794);
Roscher, Zur Geschichte der engl.
Volkswirtschaftslehre im 16. und 17. Jahrh. (in den
«Abhandlungen der Königl. Sächsischen
Gesellschaft der Wissenschaften», Bd. 3, 1857);
zuweilen gleichbedeutend mit Staatskasse, ein Vorrat von barem
Gelde und Edelmetall,
den derStaat
für Fälle des außergewöhnlichen Bedarfs größerer
Mittel zu seiner
Verfügung hält. Je weniger der moderne
Staatskredit
und das Staatsschuldenwesen entwickelt war, um so größer war die Bedeutung des S., namentlich für die kriegerische Schlagfertigkeit
eines
Staates. Daher war diese Einrichtung in den
Staaten des
Altertums allgemein verbreitet, wenn auch in
den Monarchien, z. B. bei den Persern, der S. mit dem Schatze des Herrschers zusammenfiel,
wie das auch gegenwärtig in betreff der Schätze der ind. Fürsten, des
Sultans von
Marokko
[* 13] u. a. gilt.
Unter den modernen
Staaten hat namentlich
Preußen
[* 14] seit
Friedrich Wilhelm I. die
Tradition der Ansammlung eines S. festgehalten.
Durch die
Kriege der Napoleonischen
Periode wurde derselbe allerdings erschöpft, 1820 aber wiederhergestellt
und mit gewissen Einnahmen ausgestattet. Bei dem
Kriege von 1866 war das Vorhandensein eines S. für die preuß. Regierung
von großer Wichtigkeit, und derselbe wurde daher auch durch das Gesetz vom wieder neu dotiert. Nach
der Gründung des
Reichs trat an die
Stelle des preußischen S. auf
Grund des Gesetzes vom ein
Reichskriegsschatz
im Betrage von 120 Mill.
M. (S.
Kriegsschatz.)
das als
Beurkundung einer konsolidierten
Staatsschuld dienende Verzeichnis der einzelnen Staatsgläubiger
und der denselben zustehenden Forderungen, im
DeutschenReich eingeführt durch Gesetz vom (§. 9 abgeändert
durch Einführungsgesetz zum
Bürgerl. Gesetzb. Art. 50) mit Verordnungen vom 27. Jan. und (S. Einschreibesystem.)
Es giebt wirtschaftlich und rechtlich verschiedene
Arten von S. Obenan stehen Anlehnsschulden, welche
dazu bestimmt sind,
Auslagen des
Staates zu decken und demnach für eine längere
Dauer aufgenommen und
geordnet werden. Die moderne Finanzwissenschaft erkennt die
¶
mehr
grundsätzliche Berechtigung des Staates an, den Staatskredit in Anspruch zu nehmen, sobald es sich um die Deckung der Kosten
von privat- und staatswirtschaftlichen Kapitalanlagen (in Österreich
[* 16] Investitionsanleihen genannt, s. Investition) sowie um
Beschaffung der Mittel für außerordentliche Lasten, wie Kriegskosten, Ablösung von Reallasten u. dgl. m., handelt, welche
durch Steuern nicht aufgebracht werden können und nur durch Verteilung auf eine längere Zeit erträglich
werden.
Hierbei ist nur die eine Beschränkung zu machen, daß nicht der volkswirtschaftlichen Produktion durch die Inanspruchnahme
des Staatskredits die für sie erforderlichen Kapitalien entzogen werden, daß vielmehr die Quelle
[* 17] der Staatsanleihen entweder,
was am erwünschtesten ist, in den verfügbaren Kapitalien der heimischen Volkswirtschaft oder im Auslande
gelegen sei. Bedenklich und für die Dauer unhaltbar erscheint dagegen die Finanzlage eines Staates, wenn derselbe gezwungen
ist, zur Deckung der laufenden Verwaltungskosten mangels genügender ordentlicher Einnahmen Anleihen (s. d.) aufzunehmen.
Diese aus Anleihen der bezeichneten Art herrührenden, für die Dauer berechneten und geordneten S. heißen
fundierte S., auch konsolidierte S., namentlich wenn sie, wie dies jetzt meistens der Fall ist, in eine einheitliche Schuldengattung
zusammengefaßt werden (s. Consols und Konsolidation). Die fundierten S. stehen im Gegensatz zu den schwebenden, flottierenden,
fluktuierenden S., welche nur auf kurze Dauer berechnet sind (s. Flottierende Schuld).
Der Ausdruck fundierte Staatsschuld findet seine Erklärung darin, daß die ältere Finanzverwaltung, einerseits einem allgemeinen
Grundsatze folgend, wonach für jedes selbständige Gebiet von Ausgaben eine specielle Quelle der Einnahmen bestimmt wurde
(sog. Specialisierung der Fonds), andererseits im Interesse der Staatsgläubiger für jede neu begründete Staatsschuld behufs
Sicherstellung der Verzinsung und Tilgung derselben eine besondere Einnahmequelle bestimmte, gewissermaßen
jene auf diese fundierte (in Preußen auf die Domänen).
Das in der modernen Finanzverwaltung herrschend gewordene Princip der Centralisation der Kassenfonds, nach welchem alle Einnahmen
des Staates einen einheitlichen Fonds zur Deckung der Ausgaben bilden, hat auch zur Beseitigung specieller Fonds
für die Staatsschuld geführt, mit Ausnahme jener Staaten, in welchen der gesunkene Staatskredit eine derartige Specialisierung
gewisser Staatseinkünfte im Interesse der Staatsgläubiger notwendig macht, denen mitunter sogar selbständige Verwaltungsrechte
an den betreffenden Einkommensquellen eingeräumt werden müssen; s. z. B.
Osmanisches Reich
[* 18] (Finanzen).
Die Schuldverhältnisse der schwebenden Staatsschuld sind untereinander wieder mannigfach verschieden.
Es gehören dahin:
2) die kurzfristigen Anleihen der Kassenverwaltung zur Ausgleichung des Zeitunterschiedes der Ein- und Ausgange bei den Staatskassen
innerhalb der einzelnen Finanzperioden, am häufigsten in Gestalt von Schatzanweisungen (s. d.);
3) die Kautionen und Depositen, welche in den verschiedenen Zweigen der staatlichen Geschäftsführung
vorkommen;
4) die Zahlungsrückstände der staatlichen Kassen wegen Verzugs der Gläubiger.
Die Aufnahme nur von eigentlichen S. (von der Theorie im Gegensatz zu
den laufenden Verwaltungsschulden als Finanz schulden
bezeichnet) bedarf der Zustimmung der Volksvertretung.
Die konsolidierte Staatsschuld unterscheidet sich in die einlösliche, amortisable, und in die uneinlösliche
Schuld, je nachdem die Staatsverwaltung den Gläubigern gegenüber die Verpflichtung auf Rückzahlung des Kapitals oder auf
Zahlung einer fortlaufenden Rente (Rentenschuld) übernimmt. Die einlösliche Staatsschuld besteht ihrerseits wieder aus Schuldverschreibungen
auf bestimmte Verfallzeit, oder aus Annuitäten (s. d.) oder Zeitrenten, event.
Leibrenten (s. d.), bei welchen die Schuld innerhalb einer bestimmten Zeit
ratenweise abgezahlt wird, und endlich aus Lotterie- oder Prämienschulden, bei welchen eine allmähliche Tilgung mit Prämienverlosung
stattfindet (s. Prämienanleihen).
Unter den verschiedenen Arten der konsolidierten Staatsschuld nimmt in der Gegenwart die uneinlösbare Rentenschuld die ersteStelle ein. Sie gehört der jüngsten Entwicklung der Staatsschuld an und hat die Erkenntnis zur Voraussetzung,
daß bei produktiver Verwendung der aufgenommenen Schuldkapitalien die Tilgung derselben mit wirtschaftlicher Berechtigung
so lange unterbleiben kann, als jene Verwendung fortdauert. Ohne den Staat privatrechtlich zur Tilgung zu verpflichten, läßt
die Rentenschuld dem Staat die Möglichkeit derselben, insofern Zeit und Umstände eine solche entsprechend erscheinen lassen,
und ist daher regelmäßig den Schuldformen mit privatrechtlichen Tilgungsverbindlichkeiten vorzuziehen.
Um sich die Einlöslichkeit der Rentenschuld zu erleichtern, thut der Staat am besten, sich einseitig das Kündigungsrecht
vorzubehalten. In diesem Falle lautet die einzelne Rentenobligation auf einen bestimmten Nominalbetrag, gegen Zahlung dessen
der Staat zur Einziehung der Obligation berechtigt erscheint.
Bei vom Staat unkündbarer Rentenschuld vermag der Staat rechtlich die Tilgung nur im Wege freien Ankaufs
vorzunehmen. Die kündbare Rentenschuld findet daher mit Recht die meiste Anwendung. Formell besteht die kündbare Rentenschuld
entweder in besondern Obligationen über das Kapital selbst mit Zinscoupons, wie in Österreich, Rußland und noch vorwiegend
in Deutschland,
[* 19] oder in Bescheinigungen über das Rentenbezugsrecht als Auszug «aus dem großen Buche der
Staatsschuld», wie in Frankreich als titre nominatif oder als rente au porteur. (S. Einschreibesystem [Reichsschuldbuch, Staatsschuldbuch].)
Solange die Form privatrechtlicher Tilgungspflicht die herrschende war, mußte natürlich fortwährend für Tilgungsmittel
gesorgt werden.
Die oben genannte frühere Fundierung der Schulden blieb fast überall (so insbesondere in England, Frankreich
und Österreich) ohne Erfolg. Bei dem stetigen Wachsen der allgemeinen Staatsausgaben war man nicht in der Lage, die Tilgung aus
den Überschüssen der ordentlichen Einnahmen vorzunehmen, mußte vielmehr neue Anleihen, oft zu ungünstigern Bedingungen
als die zu tilgenden aufnehmen, oder neue Steuern ausschreiben, ohne darauf Rücksicht nehmen zu können,
ob diese Besteuerung nicht eine größere Last bedeute als der Weiterbestand der Schuld. Bei der Rentenschuld dagegen kann
die Regierung Zeit und Maß der Tilgung nach freiem Ermessen bestimmen und wird sie nur unter steter Rücksicht auf die Lage
der Volkswirtschaft und der Staatsfinanzen vornehmen. Die Überzeugung, daß die Zukunft den Staatskredit¶