Gruppe eines ganzen S., z. B. indogermanischer S., dazu gehörig german.,
slaw. u. s. w.
Sprachfamilie.
Über die wissenschaftliche Behandlung des
S. und die Versuche, die
Sprachen der Erde zu klassifizieren,
s.
Sprachwissenschaft. -
Sprachverwandtschaft zweier oder mehrerer
Völker, ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten S. bedingt
nicht notwendig deren nähere physiol. Verwandtschaft, da es oft vorgekommen
ist, daß ein
Volk die
Sprache
[* 2] eines andern, ihm stammfremden, angenommen hat.
im engern
Sinne die
Störungen des Vermögens, sich in Wort und
Schrift korrekt zu äußern; im weitern
Sinne auch die
Störungen der Gebärdensprache. Die
Störungen der Lautsprache betreffen teils die
Artikulation, teils die Diktion.
Bei denStörungen der
Artikulation, die man als
Alalie oder
Anarthrie zu bezeichnen pflegt, leidet die Fähigkeit, die Muskelbewegungen,
die zur Hervorbringung von Einzellauten,
Silben und Wörtern erforderlich sind, zweckmäßig (insbesondere geordnet) auszuführen;
es liegen hierbei entweder
Fehler der äußern Sprachwerkzeuge
(Kehlkopf,
[* 3] Mundhöhle u. s. w. und ihrer
Muskeln)
[* 4] zu
Grunde, oder
krankhafte Zustände der zugehörigen
Nerven
[* 5] und der Nervencentren, insbesondere des
Gehirns.
Bei denStörungen der Diktion leidet die Fähigkeit, für eine gegebene
Vorstellung das richtige,
d. i. übliche Wort zu gebrauchen
sowie die betreffenden Worte grammatisch zu formen und syntaktisch zu gliedern. Hier liegt stets ein
Leiden
[* 6] des
Gehirns, insbesondere
der den geistigen Verrichtungen dienenden
Teile desselben vor.
Störungen der
Artikulation sind das
Stottern,
Stammeln, Lallen
u. s. w.
Störungen der Diktion finden sich bei den unter der Bezeichnung
Aphasie zusammengefaßten Erscheinungen.
Übrigens kommen auch Mischformen von schwerern Diktions- und Artikulationsstörungen vor. Besonders wichtig für die Erforschung
der psychol. Vorgänge beim Sprechen sind die mediz. Erfahrungen über die verschiedenen Formen der
Aphasie.
Man unterscheidet hier:
1) Die amnestische
Aphasie, das
Unvermögen der
Erinnerung an die Wörter ihrem
Klange nach. Dem amnestisch Aphasischen fällt
z. B. beim Anblick eines Gegenstandes das hierfür gebräuchliche Lautwort nicht ein; wird
es ihm vorgesagt, so kann er es aber nachsprechen, sofern nicht noch andere S. vorliegen.
2) Die ataktische (motorische)
Aphasie. Dem
Kranken schweben im
Bewußtsein die Wörter ihrem
Laute nach richtig vor, er findet
aber nicht die zur lauten Äußerung führenden willkürlichen Bewegungsimpulse.
3) Die sensorische
Aphasie (Worttaubheit) besteht in dem
Unvermögen, gesprochene Worte bei gutemGehör
[* 7] und im allgemeinen guter Intelligenz ihrem
Sinne nach zu verstehen. Die Muttersprache klingt solchen
Kranken, wie dem Gesunden
eine fremde
Sprache, von der er gar nichts oder nur wenig gelernt hat.
Aphasie hat man häufig bei Verletzung sehr wenig ausgedehnter
Abschnitte der Großhirnoberfläche gefunden; insbesondere führt, wie
Broca zuerst hervorgehoben, häufig
die Verletzung der dritten Stirnwindung
(Brocasche Windung) der linken Seite zu
Aphasie.
Man hat hieraus geschlossen, daß diese Windung das psychische «Centrum der
Sprache» enthalte. Indes haben neuere Untersuchungen
ergeben, daß nur die ataktische
Aphasie annähernd regelmäßig bei Verletzung dieser Windung vorkommt, während die andern
Formen der
Aphasie sich häufig bei Zerstörung weit entfernter
Teile des
Gehirns finden (Worttaubheit
bei
Zerstörung der linken Schläfenwindungen). Bei linkshändigen
Personen führt häufiger die Zerstörung der rechten dritten
Stirnwindung zu
Aphasie. Es ist demnach in der Regel nur eine Hemisphäre des
Gehirns der Ausgangspunkt der beim Sprechen stattfindenden
Willensimpulse.
Wird diese Hemisphäre in ihren zur
Sprache in näherer
Beziehung stehenden
Teilen zerstört (durch
Blutung,
Blutgefäßverstopfung,
Erweichung und andere Erkrankungen), so tritt so lange
Aphasie ein, bis sich die andere Hemisphäre
auf die entsprechenden Funktionen eingeübt hat. So erklärt man wenigstens die Wiedererlangung des Sprachvermögens nach
länger dauernder
Aphasie, trotz Fortbestehens der ursächlichen Zerstörungen im
Gehirn.
[* 8] Bei der ärztlichen
Behandlung der
Aphasie ist, abgesehen von den durch die Natur der
Krankheit gegebenen Heilanzeigen, besonders methodischer
Sprachunterricht von Bedeutung.
Eine tiefere
Störung der Intelligenz braucht bei
Aphasie nicht vorhanden zu sein, wenn sie auch oft genug (wie andere
Symptome
von Hirnkrankheiten,
Lähmungen u. s. w.) daneben vorkommt. Gebildete
Kranke haben nach der
Heilung behauptet,
während ihres aphasischen Zustandes zu komplizierten geistigen
Operationen fähig gewesen zu sein. Indes ist dies nur denkbar
bei der ataktischen
Aphasie und bei mäßigen
Graden der übrigen Formen. Das abstrakte
Denken leidet bei hochgradiger amnestischer
und sensorischer
Aphasie zweifellos not.
4) DieParaphasie oder
Paraphrasie, krankhaftes Sichversprechen, Gebrauch entstellter Worte und Wortverbindungen
oder solcher, die den richtigen
Sinn nicht wiedergeben.
Allen den angeführten Formen von
Störungen der Lautsprache, die jede für sich allein vorkommen können, indes meist sich
kombinieren, entsprechen solche der Schriftsprache. Insbesondere entspricht hier der
Aphasie die
Agraphie, von der man
wieder eine amnestische, ataktische u. s. w. Form unterscheidet. Die Unfähigkeit, bei gesunden
Augen und guter Intelligenz Geschriebenes dem
Sinne nach zu verstehen, wird als Schriftblindheit (sensorische
Agraphie) bezeichnet.
Die
Störungen der
Laut- und Schriftsprache können unabhängig voneinander vorkommen; die Fähigkeit zu schreiben ist also
unabhängig von der zu sprechen, so daß auch für beide getrennte seelische
Apparate vorhanden sein müssen.
die schulmäßige Anleitung zur Erlernung fremder
Sprachen und zum richtigen Gebrauch der Muttersprache.
In der
Volksschule handelt es sich zunächst nur um den Unterricht in der Muttersprache. Dieser hat den Zweck, die
Schüler zu befähigen, die Muttersprache mündlich und schriftlich geläufig und richtig zu gebrauchen und in ihr Niedergeschriebenes
und Gesprochenes zu verstehen. Dazu soll überhaupt aller Unterricht beitragen; doch sind im Lehrplane besondere
Stunden als
«deutsche
Stunden» bezeichnet. Sie umfassen
Lesen und Behandlung von Lesestücken,
Übungen im mündlichen
Ausdruck und Vortrage,
orthographische und
¶
mehr
grammatische Erläuterungen und Übungen in schriftlicher Darstellung. In Bezug aus Grammatik und Rechtschreibung hat der deutsche
S. mehrfache Wandlungen durchgemacht. Am Ende des 18. und am Anfange des 19. Jahrh., z. B.
in den Lehrbüchern von Wilmsen, Heinsius, Harnisch, Krause, Scholz u. s. w., erscheint er vorzugsweise als Denk- und Sprachübung,
wobei auf Genauigkeit, Klarheit und Richtigkeit des Ausdrucks sorgfältig geachtet wurde. Durch Karl Ferd.
Becker wurde das Verständnis der Sprache, besonders die klare Erkenntnis der Beziehung der Formen zu den logischen Verhältnissen
der Begriffe, als Hauptziel hingestellt.
Eingeführt in die Schulen wurde diese Art des S. besonders durch Wursts «Praktische
Sprachdenklehre» (72. Aufl., Altenb. 1881),
die lange Zeit als der vorzüglichste methodische Leitfaden betrachtet worden ist. Dem gegenüber wollten Jak.
Grimm, Völter, Bock
[* 11] u. a. alle Grammatik in der Muttersprache als «die freie Entfaltung des Sprachvermögens
nur störend» ganz aus der Volksschule fern gehalten wissen. Auch dies wurde, besonders von K. von Räumer,
Burgwardt, Honcamp u. s. w. als Extrem erkannt. Eine vermittelnde Stellung nahmen Kellner und Otto ein, die den grammatischen
Unterricht für nötig halten, soweit er zum genauern Verständnis von Gelesenem, zur Begründung der Rechtschreibung und zum
richtigen schriftlichen und mündlichen Ausdruck unmittelbar dient, und ihn vorzugsweise an Musterstücke, wie sie das Lesebuch
bieten soll, angeknüpft wissen wollen.
Auf dem letztem Standpunkte stehen die Methodiker in der Hauptsache auch jetzt noch, besonders in Bezug auf den Inhalt, während
in der Form der Darbietung größere Freiheit zu Tage tritt. In den höhern Schulen muß das Ziel des deutschen S. allerdings
höher gesteckt werden. Hier ist genaue Kenntnis der deutschen Grammatik besonders darum erforderlich,
weil im fremdsprachlichen Unterricht beständig Vergleiche mit der Muttersprache angestellt werden müssen, wodurch erst die
fremde Sprache klarer erfaßt werden kann und der Unterricht in ihr leichter verständlich und formal bildender wird.
Der Unterricht in fremden Sprachen kann entweder, wie gegenwärtig in den alten klassischen Sprachen, vorzugsweise
das Verständnis der litterar. Produkte, oder, wie meist in den neuern, die Fähigkeit, geläufig zu sprechen und zu schreiben,
anstreben. Die Methode des S. ist entweder vorzugsweise synthetisch oder analytisch. Die synthetische Methode geht von der
Regel, den grammatischen Elementen aus, fügt dieselben zum Gebäude der Grammatik zusammen und nötigt
die Schüler durch planmäßige Übungen zur Anwendung der übermittelten Sprachgesetze.
Sie ist bis in die neuere Zeit vorzugsweise bei dem Unterricht in den alten Sprachen angewendet worden. Die analytische Methode
dagegen geht von einem Sprachganzen, einem Lesestücke oder einem ganzen Buche, oder wenigstens von Sätzen
aus, die sie zergliedert, um auf die einzelnen Elemente zu gelangen. Doch wird wohl kaum je die reine Synthese oder Analyse
angewendet werden können; namentlich wird in den propädeutischen Kursen beides beständig zu verbinden sein. Das Ausgeben
von einem Sprachganzen, also die analytische Methode, findet sich schon bei Ratich und Locke. Ratich
las mit seinen Schülern den Terenz, den er erst von Zeile zu Zeile übersetzte und von den Schülern nachübersetzen ließ,
worauf das Grammatische entwickelt, zu Nach-
bildungen
fortgeschritten wurde u. s. w. Locke empfahl das gleiche Verfahren im Anschluß an die lat. Fabeln des Äsop. Am
meisten Aufsehen haben der Engländer James Hamilton (s. d.)
und der Franzose Jacotot (s. d.) mit dieser Methode erregt. Ersterer lehrte nach
derselben das Lateinische, Deutsche,
[* 12] Französische und Italienische und begann den Unterricht mit der Interlinearversion (zwischen
die Zeilen gedruckten Übersetzung) des Evangeliums Johannis. Jacotot legte im Französischen den «Télémaque» von Finelon,
im Lateinischen eine «Epitome historiae sacrae» zu
Grunde, welcher Nepos und dann Horaz folgte.
Anstatt mit einer Interlinearversion waren diese Bücher mit einer Lateralversion (auf der Seite gedruckten Übersetzung) versehen.
Der «Télémaque» wurde vollständig auswendig gelernt, und solange die
Schüler noch nicht über das dritte Buch hinaus waren, wurde täglich alles Gelernte, später wenigstens
ein größerer Teil wiederholt. Ebenfalls im Geiste der Jacototschen Methode machte 1839-41 Ruthardt, Privatgelehrter in Breslau,
[* 13] Vorschläge in Bezug auf die altklassischen Sprachen. Er wollte gleichfalls ein Buch, die «Loci memoriales», «durch
Vor- und Nachübersetzen sowie durch fortgesetztes denkendes Repetieren, Variieren, Trennen, Wiedervereinigen, Zusammenstellen
u. s. w., und durch Verwendung bei verwandten Lektionen» zum
geistigen Eigentum der Schüler machen; doch hielt er es für Zweckmäßig, daß die Schüler vorher in einem propädeutischen
Kursus das Wichtigste aus der Deklination und Konjugation lernten. In neuerer Zeit (1873) hat
Perthes (damals in Karlsruhe)
[* 14] Reformvorschläge in Bezug auf den Unterricht im Lateinischen gemacht, in welchem
er gleichfalls die Erlernung der Vokabeln und der Grammatik im Anschluß an die Lektüre und überall ein Ausgehen vom Satze
verlangt. In Bezug auf den Privat- und Selbstunterricht ist die Methode von Toussaint-Langenscheidt als hierher gehörig hervorzuheben.
Die ausgezeichnet bearbeiteten «Unterrichtsbriefe» haben im Französischen«Atala» von Chateaubriand, im Englischen«ChristmasCarol» von Dickens zur Grundlage; freilich erfordern sie, wenn ihre Benutzung in der dafür angenommenen Zeit von einem Jahr
zum Ziele führen soll, sehr energische Arbeit. Robertson (z. B. Oppenheim, Die franz. Sprache in 140 Lektionen, nach Robertson
bearbeitet, Frankf. a. M. 1879) hat gleichfalls eine Erzählung als Grundlage, die er
mit Interlinearversion versieht, wozu dann noch am Fuße der Seite die richtige deutsche Übersetzung
gegeben wird. Den Abschnitten folgen Fragen, Phraseologie und weitschweifige analytische Auseinandersetzungen. Endlich sind zu
nennen die nach der Methode von E. Häußer bearbeiteten «Selbstunterrichtsbriefe
für die modernen Sprachen» (Karlsruhe, seit 1893).
Eine andere Reihe von Methodikern bezeichnet ihre Methode als die genetische, oft auch als die kalkulierende.
Sie geht von einzelnen Sätzen aus, in denen die Wörter, Formen und Regeln zunächst zur Anschauung gebracht werden; die Einübung
derselben erfolgt dann durch übersetzen aus dem Deutschen in die fremde Sprache und durch mündliche Übungen. Indem hier von
Lektion zu Lektion Neues nur in bestimmtem Maße hinzugefügt und das früher Gelernte immer wieder in
Übung genommen wird, gelangt der Schüler allmählich zu einem festen Grundbesitz, der dann durch die Lektüre und durch die
daran angeknüpften Übungen befestigt
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