42 etwas über 2 Mill. Seelen. Sie zerfallen in eine große Anzahl von
Stämmen, welche, unabhängig voneinander, durch kein
polit. Verhältnis geeinigt erscheinen und sich nur geographisch unterscheiden lassen als die S. der Nordküste (darunter
die Eïssa, Gadabursi und die äußerst zahlreichen Medschertin), die S. von
Harrar, von
Ogaden und von
der
Benadirküste (darunter als die vornehmsten die Hawija). Zwischen ihnen leben als Paria (wahrscheinlich afrik. Ureinwohner)
die Jebir (Possenreißer), die Midgan
(Jäger) und die Tomal (Schmiede). Die S. sind nomadisierende Viehzüchter und besitzen
Kamele,
[* 2]
Strauße, Esel,
Pferde
[* 3] und Rinder
[* 4] als Haustiere, aber keine
Hühner.
[* 5] Die
S. (s.
Tafel: AfrikanischeVölkertypen,
[* 1]
Fig. 5) zeichnen sich aus durch tiefschwarze Hautfarbe, durch hohen, schlanken Wuchs,
feine
Gliedmaßen, dichtes zottiges
Haar,
[* 6] durch vorstehende
Backenknochen, sanft gekrümmte
Nase
[* 7] und breite Lippen.
Tätowierung mit wenigen Zeichen ist allgemein üblich.
Beschneidung findet bei den
Knaben und
Infibulation bei den Mädchen
statt. Die
Bekleidung besteht ausHemd und Mantel (marro) aus Baumwollstoff und aus Sandalen;
[* 8] der Schmuck
aus Ohrgehängen, Korallenhalsbändern und Metallarmspangen; die
Bewaffnung aus Wurf- und Stichlanzen (meist mit herzförmigem
oder lanzettförmigem
Blatt,
[* 9] selten mit Widerhaken), aus einem kleinen kreisrunden Lederschild mit
Buckel und einem säbelartigen
Dolchmesser.
Als Wohnung dient eine bienenkorbartige Hütte, bedeckt mit Matten und
Häuten. Die Nahrung ist hauptsächlich
Milch und Fett; selten wird Fleisch gegessen;
geistige Getränke kennt man nicht.
Hühner,
Eier,
[* 10] Fische,
[* 11] Wildbret und frisches
Blut werden verabscheut. Es herrscht Polygamie, aber in sehr beschränktem
Maße; streng wird auf Keuschheit bei den Mädchen
und Frauen geachtet. Zum Trauerzeichen schneidet man sich die
Haare
[* 12] ab und hüllt den
Kopf in weiße Linnen.
Sämtliche S. bekennen sich zum
Islam, halten aber keine Sklaven. Die polit.
Verfassung ist eine echt patriarchalische; Blutrache
allgemein
Sitte. Der Mordlust des S. fallen alle Fremden, welche stets als Feinde angesehen werden, zum Opfer. Der Wert des
Mannes wird nach der Anzahl der von ihm Erschlagenen bemessen; heiraten kann nur, wer einen Feind
getötet hat. –
Vgl.
Paulitschke, Beiträge zur Ethnographie
[* 13] der S.,
Galla und Harari (2. Ausg., Lpz. 1888);
Landschaft in Nordostafrika, zwischen dem 11.° nördl.
Br. und 2.° südl.
Br., wird begrenzt im N. vom Golf von
Aden,
[* 14] im O. vom
Indischen Ocean und im W. von den Wohngebieten der
Danakil und
Galla, und zwar durch eine Linie, welche, von der
Tedschurabai ausgehend, über das Kondelagebirge (östlich von
Harrar), den Erer abwärts bis zur Mündung in den Webi Schebehli, dann zum
Jub (oberhalb Logh) und von
Bardera bis zum mittlern
Tana verläuft (s. die polit. und physik. Karte beim
ArtikelAfrika).
[* 15]
Das ganze Land stellt eine von Nordwesten nach Südosten geneigte Hochfläche (1900–2800 m) dar, welche im N. von einem
Randgebirge (Kondela 3500 m, Gan Libach 2200 m, Ankor 1130 m und Aisema) umsäumt wird. Zwischen dem
Golf von
Aden und dem
Gebirge zieht sich bis zum 47.° östl. L. eine schmale, niedrige Küstenebene (Goban) hin.
Die nach dem Innern abgezweigten Bergketten lösen sich bis
Ogaden (s. d.) in sanft gewellte Hügellandschaften auf.
Am Ostrand erhebt sich 60–120 m hoch eine felsige Kante, 500 km lang, welcher von
Merka an längs der
Benadirküste mächtige
Dünenwälle folgen.
Der steile
Teil der
Küste wird
Barr el-Khasain genannt.
Geologisch betrachtet ist S. nach
Paulitschke eine vulkanische
Decke,
[* 16] ein Abschub der großen vulkanischen Herde im
NO.; nach den neuesten Entdeckungen von Ruspoli und Donaldson
Smith aber ein emporgehobener Meeresboden, mindestens in
Bezug auf die Hochebene südlich von
Ogaden. Das Wenige, was man wissenschaftlich
bis jetzt erforscht hat, läßt sich dahin zusammenfassen, daß die
Küste des Golfs tertiär ist und daß die Gegenden südlich
von
Berbera und bei
Harrar aus rotem
Lehm mit Mergel und Kalkuntergrund, daß die
Steppen zwischen dem Küstengebirge
und dem Tug Fafan aus horizontal geschichteten Porphyrmassen, endlich daß die Landstriche am mittlern Webi und
Jub aus Seichtwasserbildungen
eines ehemaligen Kreidemeers, überaus reich an
Ammoniten,
[* 17] bestehen. Im ganzen ist das östlich gelegene
Binnenland wasserlos;
nur zur Regenzeit füllen sich die vom Randgebirge ausgehenden Rinnsale mit fließendem Wasser. Dagegen
sind stets wasserreich:
1) der Webi Schebehli; er bildet sich (unter 7° nördl.
Br. und 42° 20' östl. L. von Greenwich) aus der
Vereinigung derErer (mit dem weit aus dem Westen zuströmenden Wabi Sidama) und des Tug Burka (beide bei
Harrar entspringend),
wird von Ime (Imi) an schiffbar und mündet nahe dem
Indischen Ocean in zwei Sumpfseen;
2) der
Jub (s. d.).
Das Klima wird im ganzen als sehr angenehm gerühmt, obwohl die Jahresmitteltemperatur gegen 28° C. betragen
soll. Am gesündesten ist das
Gebirge und die Hochfläche im N. und die Gegend von
Harrar; weniger zuträglich
der Küstenstrich am Golf von
Aden und
Süd-Ogaden. Die kühlste Zeit fällt in die
Monate Januar bis Mitte März, die heißeste
in Juli,
August, September und November. Die Regenzeit mit dem Nordostmonsun dauert im N. von Dezember bis Mai (im Innern
von April bis Juli); die Trockenzeit mit dem Südwestmonsun von Juni bis November (im Innern von Mitte Oktober bis Mitte
März).
Die
Vegetation ist sehr dürftig, nichts als Savannen und krüppelhaftes Buschwerk; nur der
Süden besitzt einigermaßen fruchtbaren
Boden.
Über der Küstenflora von
Tamarisken, pers. Salvadore und Schirmakazien erhebt sich eine an Trockenheit
gewöhnte Bergflora mit kandelaberartig hochwachsenden Wolfsmilchbäumen,
Aloen, fleischig-massigen Passifloren und harzreichen
Balsambäumen. Bemerkenswert ist unter den Fleischgewächsen Adenium multiflorum (auch auf
Sokotra heimisch), deren
Milchsaft
Pfeilgift liefert.
Waldungen im eigentlichen
Sinne giebt es nicht; nur Galeriewälder mit Feigenbäumen und Dattelpalmen an den Ufern der
Flüsse.
[* 18] Als Paradies von S. wird
Ogaden gerühmt; doch ist es meistens nur Weideland, gering der Anbau von Durra,
Mais und Erbsen. Besonders charakteristisch sind die
Mimosen und Prairiegräser, welche wegen ihres intensiven
Geruches dem
S. seit uralten
Zeiten den Ruf eines «wohlduftenden
Landes» eingebracht haben, und die wertvollen Weihrauchbäume mit mächtigem,
ästigem Gefüge. Es giebt Elefanten,
Nashörner,
Flußpferde und
Giraffen im
Süden, Löwen,
[* 19] Leoparden,
Antilopen,
Zebras und eine Unmenge von
Affen.
[* 20] An Haustieren werden außer Kamelen,
Pferden, Eseln,
¶
mehr
Rin-43 dern und Ziegen auch Strauße gehalten. – Die Hauptmasse der Bevölkerung
[* 22] bilden die Somal (s. d.); unter ihnen leben
an der KüsteAraber und im Innern Reste der ursprünglichen Bewohner, Bantuneger. Ein Zusammenleben oder gar eine Vermischung
mit den Galla findet nicht mehr statt. Die hauptsächlichsten Ortschaften sind: am Golf von AdenZeila,
Berbera (s. d.), Halule (Bandar Alula) und Lasgori mit lebhaftem Handel nach Arabien und Persien;
[* 23]
Forschungsreisen. Bei der Feindseligkeit der Somal gegen alle Fremden wurde
S. nur mühsam erforscht; erst 1891 gelang die erste Durchquerung von Süden nach Norden.
[* 24] Die bedeutendsten Entdeckungsreisenden
waren: Burton und Speke (1855), von der Decken (1865), Brenner (1867–68), Haggenmacher (1874), Révoil (1882–86), Menges
(1881–85), Paulitschke (1885), James, der erste Europäer, der 1885 Ogaden erreichte, Baudi und Candeo
(1891), Robecchi (1891), der von Mogdischu durch das Innere bis Berbera kam, Ruspoli (1891 und 1892–93), Bottego (1893), Graf
Hoyos (1893–94), Donaldson Smith (1894/95) und Fürst Demeter
[* 25] Ghika Comaneşti (1895/96).