Flüssigkeit. Gewöhnlich versteht man unter Siedepunkt die Siedetemperatur bei dem Druck von 760
mmQuecksilber. Auf
Bergen
[* 2] findet man, wegen der
Abnahme des Luftdrucks nach oben, den Siedepunkt um so niedriger, je höher man kommt, so daß man ein
genau und fein eingeteiltes
Thermometer,
[* 3] ähnlich wie das
Barometer,
[* 4] zur Höhenmessung
[* 5] benutzen kann. (S.
Hypsothermometer.) Bei der Kritischen
Temperatur (s. d.) kann das S. durch Druckvermehrung nicht mehr gehindert
werden.
Der Siedepunkt ist je nach der chem. Beschaffenheit der Flüssigkeiten sehr verschieden; so z. B.
beträgt er für Schwefeläther 35° C., für
Alkohol 78° C., Leinöl 316° C.,
Quecksilber 360° C. Im allgemeinen
verdunsten die Flüssigkeiten um so leichter, je tiefer ihr Siedepunkt liegt. So wie beim Schmelzen (s. d.)
bleibt auch beim S. die
Temperatur trotz Zuführung von Wärme
[* 6] unveränderlich, so lange nicht alle Flüssigkeit verdampft
ist.
Black erkannte, daß auch bei der
Bildung von 1 kg
Dampf
[* 7] eine bestimmte Wärmemenge (inKilogrammkalorien)
verschwindet, latent wird, verbraucht wird, die man Dampfwärme nennt. (S.
Dampf, Bd. 4, S. 717 b.)
Es kommt auch vor, daß die Flüssigkeit erst bei einer höhern
Temperatur als dem Siedepunkt zu sieden beginnt, wie es bei
ruhig stehendem, in glattwandigen
Gefäßen erhitztem Wasser der Fall sein kann. Diese Erscheinung bezeichnet
man als
Siedeverzug. Die später eintretende Dampfbildung ist dann weit stürmischer als beim gewöhnlichen
S. und kann bei
Dampfkesseln zu Explosionen (s. Dampfkesselexplosionen) führen. Durch beständige
Bewegung des Wassers oder Anbringen von
Spitzen an den innern Gefäßwänden, Einbringen von Sand
u. dgl. in das
Wasser sucht man denSiedeverzug
zu verhindern. –
Vgl. Kahlbaum, Siedetemperatur und Druck in ihren Wechselbeziehungen (Lpz. 1885);
Nernst und Hesse, Siede-
und Schmelzpunkt, ihre
Theorie und praktische Verwertung (Braunschw. 1893).
rechter Nebenfluß des Rheins, entspringt in Westfalen
[* 9] am
Ederkopf in 607 m Höhe und fließt in vielgewundenem
Laufe, mit vorherrschend westl.
Richtung, bis unterhalbBonn.
[* 10] Bei Siegen
[* 11] scheidet sich in 238 m Höhe der mittlere und der
untere Lauf, welcher letztere anfangs durch eine an landschaftlichen Schönheiten reiche Gegend führt,
die jetzt auch durch eine Eisenbahn erschlossen ist. Die Lauflänge beträgt 130 km;
Quelle
[* 12] und Mündung sind jedoch nur 81 km
voneinander entfernt. Schiffbar ist die S. nur auf 17 km von ihrer Mündung bis
Siegburg. Unter den Nebenflüssen
ist links die 44 km lange, aus dem Westerwald kommende Nister und rechts die unterhalb
Siegburg mündende
Agger zu erwähnen.
Im Siegthal wird auf
Silber- und Kupfererze und Spateisenstein gebaut.
[* 1] Kreisstadt im
Siegkreis des preuß. Reg.-Bez. Köln,
[* 13] auf dem rechten Ufer der
Sieg, oberhalb der Mündung der
Agger, an der Linie Köln-Gießen und der
NebenlinieTroisdorf-Derschlag
der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 14] Sitz des Landratsamtes und
eines Amtsgerichts (Landgericht
Bonn), hat (1890) 8328 E., darunter 1334
Evangelische
und 321 Israeliten, Postamt erster
Klasse,
Telegraph,
[* 15] Fernsprecheinrichtung, kath.
Kirche (13. Jahrh.) mit mehrern schönen
Reliquiaren, darunter das des Erzbischofs
Anno Ⅱ. von Köln, evang.
Kirche, Gymnasium, höhere Mädchenschule,
kath. Schullehrerseminar, zwei königl.
Strafanstalten auf dem Michaelis- und Brückberge, Wasserleitung,
[* 16]
Gasanstalt und Schlachthof;
ein königl. Feuerwerkslaboratorium und eine Geschoßfabrik mit 2‒3000
Arbeitern, Gerbereien, Fabriken für
Thonwaren
[* 17] und
feuerfeste
Steine,
Hammerwerk, Kattunfabrik Siegfeld,
Mahl- und Sägemühlen, bedeutende
Kies- und Quarzitgruben.
Die königl.
Strafanstalt (früher Provinzialirrenanstalt) auf dem Michaelisberge, der eine 775 von
Karl
d. Gr. eroberte Sachsenfeste trug, befindet sich in der 1060 vom Erzbischof
Anno Ⅱ. gestifteten, 1803 aufgehobenen Benediktinerabtei,
von deren
Kirche noch die
Krypta erhalten ist. Die
Blüte
[* 18] der Stadt fällt in das 15. und 16. Jahrh. Die daselbst im 16. und
im Anfange des 17. Jahrh. aus
Thon gefertigten Siegburger Krüge
[* 19] waren in ganz Europa
[* 20] berühmt. Insbesondere
wurden
Darstellungen von Bauernfesten und Volksscenen zu ihrer Verzierung benutzt; auch Wappen,
[* 21]
Kaiser- und Kurfürstenfiguren
finden sich verwendet.
Ihre Formen sind mitunter sehr originell, wie die «Ringkrüge» oder
«Wurstkrüge», manche haben Henkel und lange Ausgußröhren. Diese
sind unter den Kunstfreunden besonders geschätzt, daneben auch die sog. «Schnellen»,
[* 22] Trinkgefäße von schlanker konischer Form und von weißem
Thon. Die Fabrikation von S. dauerte in voller Höhe bis zum J.
1632, wo infolge der Kriegsnot die
Töpfer auswanderten und ihre Kunst nach den nassauischen Ortschaften Höhr und Grenzhausen
brachten. Hier ging die Produktion fort, freilich mit verminderter Kunst, um heute gesteigert wieder
aufgenommen zu werden. ^[]
(lat. sigillum, secretum, signetum oder signum), der
Abdruck eines
Stempels in eine weichere
Masse. Hierzu gebrauchte
man schon früh, je nach dem Unterschiede der
Stände, verschiedene
Stoffe. Des
Goldes und
Silbers bedienten
sich die byzant.
Kaiser, des
Bleies die Päpste und die Großmeister der geistlichen Ritterorden. Später siegelten
Kaiser und
Könige mit rotem
Wachs und verliehen dieses
Recht auch andern Fürsten und Herren, später auch Privatpersonen;
grünes Wachs
gebrauchten geistliche
Stifter, Klöster u. s. w., weißes
Wachs die
Freien Reichsstädte, schwarzes
Wachs
der
Patriarch von
Jerusalem
[* 23] und die Großmeister der geistlichen Ritterorden in weniger wichtigen Angelegenheiten.
Noch später trat die Oblate (s. d.) an
Stelle des
Wachses und im 16. Jahrh. der Siegellack (s. d.).
Ursprünglich setzte man auf die S. meist den
Kopf dessen, der es führte; so in den S. der deutschen
Kaiser im frühen Mittelalter. Im 11. Jahrh. wurde gebräuchlich, Wappen in die S. zu
setzen, wobei später die nicht zu Wappen Berechtigten ideelle Wappen gebrauchten. Die
Kaiser und Könige bedienten sich seit
dem 10. Jahrh. größerer S., sog. Majestäts- oder
Thronsiegel, auf denen die ganze
[* 1]
Figur sitzend dargestellt
ist. Solche wurden auch bald von Fürsten,
Bischöfen u. a. gebraucht. Von großer Schönheit sind oft die sog.
Reitersiegel, mit der
Person des Siegelführers zu
Pferde.
[* 24]
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