0922a Sibirien II Altai-Baikalsee ¶
0922b Sibirien III Amurgebiet ¶
Sibirien,
russ. Sibirj, außer Russisch-Centralasien (s. d.) das ganze zu Rußland gehörige Asien.
[* 3] Die geogr. Westgrenze
bildet der Hauptrücken des Uralgebirges. Da aber etwa vom 62. Breitengrade an südlich die europ.-russ. Gouvernements Perm,
Ufa und Orenburg mit einem Gebiet von zusammen 239377 qkm auf die Ostseite des Uralgebirges hinüberreichen, so gehört
dieser Teil administrativ noch zu Europa,
[* 4] und das sibir. Verwaltungsgebiet beginnt erst östlich
davon. Es umfaßt die vier Gouvernements Tobolsk, Tomsk, Jenisseisk und Irkutsk, die vier Gebiete Transbaikalien, Jakutsk, Amur
und das Küstengebiet, sowie die Abteilung Sachalin, zusammen mit 12518487,3 qkm (d. i. mehr als das Dreifache
des gesamten nichtruss. Europas) und 5066332 E., d. i. 0,40 auf 1 qkm. Die Einteilung in West- und Ostsibirien stammt aus einer
Zeit, wo nur die jetzigen Gouvernements Tobolsk, Tomsk (Westsibirien) und Jenisseisk, Irkutsk (Ostsibirien)
von Rußland administrativ geordnet waren, und der Name Ostsibirien ist erst später auf alle Erwerbungen im Osten übertragen
worden; sie sollten in ihrer jetzigen Ausdehnung
[* 5] richtiger Russisch-Ostasien heißen. (Hierzu 3 Karten: Sibirien I. Übersichtskarte;
Sibirien II.
Altai-Baikalsee; Sibirien III.
Amurgebiet.)
Bodengestaltung, Gewässer. Die Oberfläche ist in Westsibirien eben, in Ostsibirien hügelig und gebirgig.
Eine Linie über Semipalatinsk, Barnaul, Tomsk und die sich dann weiterhin im allgemeinen an dem linken Ufer des Jenissei hält,
trennt den ebenen vom gebirgigen Teil. Der Norden
[* 6] wird von der Tundra eingesäumt, die namentlich im Westen ungeheure Strecken
einnimmt. Den Süden begrenzen das Altaische, das Sajanische, das
Jablonoi- und Stanowoigebirge. Nach Norden
gehen die Riesenströme Ob mit dem Irtysch, der Jenissei und die Lena, ferner Küstenströme wie Tas, Chatanga, Anabara, Olenek,
Jana, Indigirka, Kolyma; nach Osten der Anadyr und Amur. Von den Seen ist der bedeutendste der Baikalsee
, auch giebt es viele
Salzseen in den Steppen.
Das Klima ist rauh, ausgeprägt kontinental und wird im Süden an der Grenze von Russisch-Centralasien, am Altai und im Amurgebiet gemäßigter. Die kälteste Zone mit mittlerer Jahrestemperatur von -12° C. umschließt das Gebiet der Anabara und den Oberlauf der Indigirka und reicht ins Innere fast bis Jakutsk. Im Winter fällt hier das Thermometer [* 7] bis -60° C., im Sommer steigt es bis +35° und 40° C. Innerhalb dieses Gebietes, bei Werchojansk, liegt der Kältepol der Erde, wo im Jan. 1885 eine Temperatur von -65° C. beobachtet wurde. In Südsibirien sind zwar die Winter auch streng, aber kürzer und der Schnee [* 8] schmilzt schon im März. Im allgemeinen gilt das Klima von S. für gesund, und die bedeutende Kälte läßt sich bei vorherrschender Windstille leicht ertragen.
Die Pflanzenwelt ist eintönig aus Graslandschaften mit Birken im Südwesten (Barabásteppe), aus Nadelwäldern (tajgi; Einzahl tajga) mit Birken, Erlen, Weiden in dem breiten Gürtel [* 9] nördlich vom Altai, vom Sajanischen, Jablonoi- und Stanowoigebirge bis zur nördl. Baumgrenze entwickelt, dann folgt die arktische Tundra. Die Nadelhölzer [* 10] sind im Süden am reichsten zusammengesetzt im Gebiet der sibir. Tanne [* 11] mit Zirbelkiefer und Fichte, [* 12] Lärche; die Lärche hält am weitesten nach Norden aus, sogar noch im Gebiet des sibir. Kältepols. Die Kultur wird früher gehemmt; schon im Wiljujgebiet wird der Kornbau unsicher. Die eintönige Flora wird erst in der Amurprovinz reichhaltig. In S. giebt es weder Eichen noch Buchen.
Die Fauna ist sehr ungleich entwickelt. Der nördlichste Teil enthält rein arktische Formen, Eisbär, Eisfuchs, Vielfraß,
Lemminge, Renntiere, die bis ziemlich weit nach Süden gehen, und boreale Vögel.
[* 13] In der mittlern Region
gesellen sich Hirsche,
[* 14] Rehe, Wildschweine, Biber, Wölfe, Luchse, Auer- und Birkhühner, in den östlichern Teilen der Tiger und
Panther hinzu. Wertvolle Pelztiere sind graues Eichhörnchen, Hermelin und besonders der Zobel. In den südl. Teilen von Westsibirien
treten Antilopen und Gazellen sowie wilde Esel auf und im Amurgebiet verschiedentlich mandschurische, selbst
ind. Formen von Vögeln und Insekten.
[* 15] Die Flüsse
[* 16] und Binnengewässer des ganzen Gebietes sind sehr reich an Fischen; im Baikalsee
finden sich Seehunde und einige andere von Bewohnern des Weißen Meers abstammende Tiere.
Der Reichtum an Mineralien [* 17] ist sehr bedeutend. An Gold [* 18] wurden gewonnen (1893) auf zusammen 1036 Wäschen in Westsibirien 201, in Ostsibirien 1776 Pud; an Silber 480, Blei [* 19] 9860, Kupfer [* 20] 13298, an Eisen [* 21] 241720, Gußeisen 120495, Schwefelkies 195996, Steinkohlen 437782, Salz [* 22] 1753087 Pud. Ferner giebt es Edelsteine [* 23] der verschiedensten Art, Granit, Sandstein, Mühlsteine, [* 24] feuerfeste Porzellanerde, Kalk u. a. Bedeutende Graphitlager finden sich am untern Jenissei bei Turuchansk. Die Graphitbergwerke Aliberts, aus denen auch die Fabersche Fabrik in Stein ihr Material bezieht, liegen am Alibertberg (2500 m) westlich von Irkutsk. ¶