Serbien (Klima. Bevölkerung. Landwirtschaft u. Bergbau. Industrie u. Handel)
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während sich oberhalb der Kolubaramündung eine kleine
Tiefebene am rechten Saveufer ausbreitet. Die
Flüsse
[* 2] gehören sämtlich
zum
Stromgebiet der Donau. Den westl.
Teil bespült die Drina und die Kolubara (zur Save), den östlichen der
Timok (zur Donau),
während die Morava (zur Donau) den eigentlichen centralen
Strom darstellt. Das breite fruchtbare
Thal
[* 3] der südlichen und vereinigten Morava durchzieht S. in seiner ganzen Länge von SSO. nach NNW. und bildet nicht nur das kulturelle
Centrum, sondern auch die große Verkehrsader, auf welcher sich sein
Handel bewegt, seine Festungen sich erheben und seine
Schlachten
[* 4] geschlagen wurden. In allmählichem Anstieg, ohne erhebliche Terrainschwierigkeiten, fast
stets in breiter fruchtbarer Thalaue führt hier die große Handelsstraße zwischen
Österreich-Ungarn
[* 5] und der
Türkei
[* 6] aufwärts
von
Belgrad
[* 7] nach
Nisch; während von hier die eine
Straße nach Oberflächengestaltung die Nišava aufwärts über Pirot nach
Sofia und Rumelien
abzweigt, folgt die andere weiter der Morava bis Vranja, um dann überÜsküp nach Saloniki
[* 8] zu ziehen.
Diesen Straßenzügen folgen jetzt die Eisenbahnen nach
Sofia und
Üsküp. Viel weniger wichtig ist die
Straße, welche der
westl. Morava folgt. Die serb.
Flüsse sind nur in den Unterläufen unvollkommen schiffbar.
Klima
[* 9] ist in den
Gebirgen rauh, in den Niederungen gemäßigt
(Belgrad: Jahresmittel 11,5° C.,
Juli 23° C., Januar 1° C.). Mit Ausnahme der Save- und Donauniederung ist das Klima gesund. Es fallen
Regen zu allen Jahreszeiten.
[* 10] S. hat also nicht die sommerliche Trockenperiode der Mittelmeerländer, wie sie schon in
Bulgarien
[* 11] und Macedonien vorhanden
ist. Infolgedessen ist die
Vegetation reichlich und frisch und nähert sich in ihrem Charakter der mitteleuropäischen.
Die
Wälder sind, trotz fortdauernder Verwüstung, die auch das Klima geschädigt hat, noch recht ausgedehnt (35 Proz.
des
Landes), besonders
Eichen- und Buchenwälder in der
Šumadija, welche zu ausgedehnter
Schweinezucht Veranlassung geben. Die
Omorikafichte bildet eine besondere Eigentümlichkeit.
Bevölkerung
[* 12]S.s betrug (1890) 2161961 (1109885 männl., 1052076 weibl.) E., i. 44 E.
auf 1 qkm; für 1893 wurden 2250712 E. berechnet. Am dichtesten besiedelt sind die
Kreise
[* 13] Kragujevac, Podunavlje und
Požarevac,
am schwächsten Kraina,
Užice und Toplica. 13,5 Proz. leben in den 74
Städten, von denen viele noch dorfähnlichen Charakter
tragen, 86,5 Proz. auf dem
Lande (4029 Dörfer). Es giebt nur 5
Städte über 10000 E.:
Belgrad,
Nisch,
Leškovac,
Kragujevac und
Požarevac, und 15
Städte von 5–10000 E. Der Nationalität nach sind 1,955 Mill. E.
Serben (s. d.), 143684
Rumänen (s. d.), namentlich im
NO. des
Landes, 37581
Zigeuner, 6878 Deutsche,
[* 14] 2929
Albanesen und
Türken, 4510
Juden, 1359
Bulgaren
und 9676 andere
Ausländer.
Die Zahl der Heiraten betrug (1893) 23679, der Überschuß der
Geburten 28664.
Über Ein- und
Auswanderung fehlen die Nachweise.
Die Wohnung, Nahrung, das ganze Familienleben ist von primitivster Einfachheit. Die Einrichtung der Hausgemeinheit (s.
Hauskommunion) verschwindet immer mehr. Standesunterschiede, einen
Adel giebt es nicht. Die Mehrzahl der
Bewohner, mit Ausnahme einiger Tausend Katholiken,
Juden und Mohammedaner, bekennt sich zur griechisch-orthodoxen
Kirche (s.
Serbische Kirche); Katholiken,
Protestanten und
Juden genießen
Freiheit des
Kultus, doch ist der
Übertritt aus der Nationalkirche
zu jedem andern
Glauben verboten.
und
Bergbau.
[* 15]
Landwirtschaft ist der wichtigste Erwerbszweig, fast 90 Proz. der
Bevölkerung
sind
Bauern. Doch treibt man fast überall
Raubbau, alle Bemühungen, rationelle Bewirtschaftung auf den zersplitterten Besitztümern
einzuführen, sind gescheitert.
Mais ist die Hauptfrucht, Weizen wird zumeist für die Ausfuhr angebaut, daneben Roggen und
Gerste;
[* 16] der Gemüsebau steht auf sehr niedriger
Stufe, auch der Obstbau ist noch großer
Entwicklung fähig.
Wichtig sind die Pflaumen, besonders bei Kruševac. Der
Weinbau im Gebiet des
Timok und der Morava bringt trotz schlechter
Behandlung gute Reben hervor;
Tabak
[* 17] wird im
Süden, Flachs und Hanf an der obern Morava gebaut. Die Seidenzucht nimmt neuerdings
einigen Aufschwung. 1889 lieferten 298496 ha 477,59 Mill. kg
Mais, 186860 ha 249,31 Mill. kg Weizen, 25769 ha
27,5 Mill. kg Roggen, 99157 ha 118 Mill. kg Gerste und Hafer.
[* 18] Von den 25000 t Pflaumen wurden (1888) 17000 t
ausgeführt, meist zur Bereitung von Sliwowitz.
Von der Viehzucht
[* 19] ist nur die
Schweinezucht bedeutend. Das serb.
Pferd
[* 20] ist wenig ansehnlich, aber behend
und ausdauernd; Rinder
[* 21] werden vornehmlich als Arbeitstiere gezogen;
Bienenzucht
[* 22] wird besonders an der Save eifrig betrieben. 1891 besaß
S. 163391
Pferde,
[* 23] 819251
Stück Hornvieh, 2963904 Schafe,
[* 24] 908603 Schweine,
[* 25] 509738 Ziegen und 8494
Büffel. Der
Bergbau ist noch
wenig entwickelt; es wird
Eisen
[* 26] und Kupfer
[* 27] bei Majdanpek und Vranja,
Blei,
[* 28]
Silber und
Zink bei Kučajna,
Kohlen bei Ćuprija und in der Kraina gewonnen.
und
Handel.
Die Industrie ist unbedeutend. An größeren Fabriken bestehen nur einige Waffen- und Munitionsfabriken
(Kragujevac, Stragari), Tuchfabriken in
Užice und Paraćin, eine Glasfabrik zu Jagodina, Teppichweberei in Pirot,
Brauerei,
Brennerei, Druckereien u.s.w. in
Belgrad. Im übrigen werden in den Bauernhäusern nur Gegenstände des
eigenen Bedarfs angefertigt.
Der Handel nimmt in der letzten Zeit lebhaften Aufschwung. Er konzentriert sich in
Belgrad.
Außer
dem
Handel mit Produkten und Bedürfnissen des
Landes findet ein lebhafter Transithandel zwischen
Österreich
[* 29] und der
Türkei
statt, namentlich seit Eröffnung der
Bahnen nach
Konstantinopel
[* 30] und Saloniki. Es betrug die Einfuhr: 1866:
21676655, 1874: 32456362, 1886: 42029379, 1893: 40923000 Dinars;
die Ausfuhr: 1866: 18798115, 1874: 39001878, 1886: 40778677,
1893: 48911000 Dinars. Ein- und Ausfuhr in 1000 Dinar nach Warenklassen 1893:
Die Durchfuhr betrug 1892: 17,63, 1893:16,34 Mill. Dinars. Der weitaus größte Teil der Ausfuhr ist nach Österreich-Ungarn
gerichtet und zwar 43 Mill. Dinars; auch die Einfuhr (23 Mill. von insgesamt 41 Mill.) steht an erster Stelle. Für die Türkei
sind die Ziffern 2,09 und 2,48, für Deutschland
[* 32] 1,65 und 4,09, für England 0,03 und 4,54 Mill. Dinars.
S. hat das Geldsystem der Lateinischen Münzkonvention. Ein Dinar (s. d.) ist = 1 Frank. Die Nationalbank (Kapital 20 Mill.
Dinars) hatte Anfang 1893: 28,9 Mill. Banknoten ausgegeben und eine Reserve von 9,2 Mill. Gold
[* 33] und 4,1 Mill. Silber. Daneben
bestehen 5 Banken und 21 Sparkassen. Seit 1883 ist das metrische System durchgeführt.