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Seeland
(Holland.Zeeland), die westlichste
Pro- vinz des Königreichs der
Niederlande,
[* 2] wird im N. durch den Maasarm Krammer
und Grevclingen von
Südholland geschieden, im W. von der Nordsee, im O. und S. von Nordbrabant und
Belgien
[* 3] begrenzt, hat auf 1785 l^m
(1892) 202 709 E. Die Provinz besteht zum größten
Teil aus den
Inseln, die durch die
Ausflüsse der Schelde
gebildet werden. Nach der Nordsee zu sind dieselben teilweise durch Dünen und an den übrigen
Küsten durch kostbare
Dämme
geschützt.
Sämtliche Inseln sind niedrig, zum Teil unter dem Meeresniveau, haben feuchten, größten- teils aus Marschland bestehenden Boden, sind fruckt- bar, besonders an Weizen, Hülsenfrüchten, Gemüse, Flachs und Färberröte. 58 Proz. der Voden- fläche sind Feld, 21 Proz. Wiese, 4,6 Proz. Wasser und Sumpf. Von Fabrikzweigen sind nur Krapp-, Garance'e- und Kalitofabriken wichtig, daneben be- stehen Austern- und Mufchelfischerei und Getreide- Handel. Der transatlantische Verkehr, früher sehr bedeutend, ist zurückgegangen. - Im Mittelalter ge- hörte der nordl.
Teil sdie Inseln Schouwen, Dnive- land, Tholen und Philipsland) zur Grafschaft Hol- land; den mittlern zwischen beiden Scheldearmen (Walcheren, Nord- und Südbeveland) besaß der Graf von Holland seit 1007 in Kondominium mit und unter Oberlehnsherrlichkeit von Flandern; daher zahllose Kriege, bis durch den Pariser Vertrag von 1323 alle Rechte der flandr. Grafen über jene Lande aufgehoben wurden. Der südl. festländische Teil der jetzigen Provinz gehörte ursprünglich zu Flandern, wurde aber im Unabhängigkeitskriege von den Niederländern erobert und 1648 ihnen überlassen. Es bildete als das sog. Staaten- flandern wie Nordbrabant und ein Teil von Limburg [* 4] ein sog. Generalitätsland, das bis zum Untergang der Republik als erobertes Gebiet von den Generalstaatcn verwaltet wurde.
Seeländifche Eisenbahn, s. Dänische Eisen- bahnen. Seele, ursprünglich Bezeichnung der Lebenskraft (s. d.). Da die Organismen, den übrigen Körpern gegenüber, ihr Wachstum und ihre Bewegung schein- bar ohne äußere Nötigung vollziehen, so entstand die Vorstellung einer in ihnen selbst thätigen Kraft, [* 5] und der Gegensatz des Lebendigen und des Leich- nams, durch den diese Vorstellung verstärkt wurde, führte zu der weitern Annahme, daß diese Lebens- kraft von ihrem Organismus trennbar fei und eine selbständige Existenz führen könne.
Das sinnliche Denken fuchte sich nun von dieser Lebenskraft eine anschauliche Vorstellung zu machen, und man meinte die S. als einen feinen, feuer- oder luftartigen Kör- per denken zu müssen, eine Analogie, vermöge deren eine große Anzahl der Bezeichnungen des Seelischen, wie (lat.) aniinH, 8piritu8 und (grch.) pnsnin^ pg^oliö u. s. w. entstanden sind. Da nun der Mensch nur lebend die Funktionen des Denkens, Fühlens und Wollens ausführen kann, fo übertrug man anfangs auf jene Lebenskraft des Organismus auch diese Thätigkei- ten.
Erst ganz allmählich brach die Erkenntnis durch, daß diese letztern Funktionen wesentlich andersartig und auch von der organischen Lebensthätigkeit durch- aus zu unterscheiden sind. In der Geschichte der Philosophie tritt diese Besinnung durch Sokrates und Plato ein, welche die Immaterialität dieser Funktionen begriffen und aussprachen. Damit aber wurde ihnen die S. selbst zu einem unkörperlichen Wesen, das sie nun gleichwohl als die bewegende Kraft des physischen Organismus betrachteten. So hatte man eigentlich zwei Seelenbegriffe: den einen gleichbedeutend mit Lebenskraft, den andern als die Unterlage der immateriellen Thätigkeiten des Den- kens, Fühlens und Wollens.
Die Folge war bei Plato und Aristoteles die Vorstellung verschiedener Teile der S., von denen der eine, der unsterbliche, der Sitz jener immateriellen Thätigkeit sei, die an- dern den Ursprung der organischen, teils animali- schen, teils vegetativen Funktionen bilden, und ihre psychol. und ethischen Untersuchungen bewegten sich hauptsächlich um die Frage nach dem Verhältnis dieserTeilezueinander. Diese Begriffsbestimmungen wurden in dem von religiösen Motiven beherrschten Denken des Mittelalters noch schärfer ausgebildet: man statuierte unter verschiedenen Namen (z. B. Lebensgeister u. dgl.) jene Lebenskraft, fuchte aber von ihr vollständig die unsterbliche «Seele» zu unter- scheiden, welche göttlichen Ursprungs wie immate- rieller Natur sei.
Diese Scheidnng, von der neuern Philosophie anfänglich aufgenommen, wurde da- durch noch verschärft, daß man durch die Einsicht in den mcchan. Charakter der organischen Thätig- keiten allmählich mehr und mehr dazu gedrängt wurde, den Begriff der Lebenskraft als eine nichts erklärende Hypothese aufzugeben. So kam es, daß für den Inhalt des Seelenbegriffs nur jene immate- riellen Funktionen übriggeblieben sind. In der jetzigen Denk- und Sprechweise bedeutet S. die Substanz oder die Kraft, die sich in den Thätigkeiten des Denkens, Fühlens und Wollens äußert.
Seitdem man zu dieser schärfern Formu- lierung des Begriffs S. gelangt ist, wurde es zur brennenden Frage, ob die Annahme einer solchen immateriellen Substanz nötig sei, und in welchem Verhältnis sie zum Körper stehe. Vier Grundansich- ten sind in der neuern Philosophie vertreten:
1) der Dualismus, der an der gesonderten Existenz mate- rieller und immaterieller Substanzen festhält und in der Erklärung der Einwirkungen, die sie aufeinan- der ausüben, seine größten Schwierigkeiten findet;
2) der Materialismus, der die Seelensubstanz leug- net und die seelischen Thätigkeiten nur für Arten, oder Eigenschaften, oder Wirkungen körperlicher Vor- gänge hält;
3) der Spiritualismus, der umgekehrt nur S. als Substanzen anerkennt und die materielle Welt auch aus folchen bestehend denkt;
4) der mo- nistische Phänomenalismus, der die metaphysische Realität für ein an sich Unbekanntes erklärt, das sich ungleich in der äußern Erfahrung als Körper und in der innern Erfahrung als S. zu erkennen giebt. Die Entscheidung zwischen diesen verschiedenen Auf- fassungen ist, wenn überhaupt, so nur von der zu- künftigen Ausbildung der Psychologie, Physiologie und Erkenntnistheorie zu erwarten. Ferner besteht ein Gegensatz zwischen der Substantialitätstheorie, die, von Descartes, Leibniz, Herbart, Lotze vertre- ten, in der S. eine hinter den einzelnen geistigen Funktionen stehende Substanz sieht, und der Aktua- litätstheorie, die nach Hume, Wundt u. a. die S. nur als die Gesamtheit dieser Funktionen selbst bestimmt. In einer etwas engern Bedeutung wird das Wort S. in neuerer Zeit häusig für eine beson- dere Art der psychischen Thätigkeiten angewendet und meist dem Geist gegenübergestellt. (S. Geist.) Doch werden die Ausdrücke S. und Geist in der ge- wöhnlichen Sprache [* 6] und auch in der Wissenschaft willkürlich bald einander entgegengesetzt, bald als ¶