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mit dem Ablauf [* 2] des 6. Lebensjahres und wird in Primär-, Sekundär-, Fortbildungs- (und Rekruten-), Mittel- und Berufsschulen erteilt. 1893 gab es 8390 Primärschulen mit 6291 Lehrern, 3187 Lehrerinnen, 469820 Schülern, 679 Kleinkinderschulen mit 29432 Kindern, 482 Sekundärschulen mit 1257 Lehrern, 208 Lehrerinnen, 31871 Schülern und Schülerinnen. Ferner gab es 31 Mittelschulen mit Anschluß an das akademische Studium (Kantonsschulen, Gymnasien u. s. w.) mit 725 Lehrern und 8562 Schülern, sowie 45 Mittelschulen ohne Anschluß an das akademische Studium mit 4854 Schülern und 37 Lehrerbildungsanstalten, darunter 8 private. Im Anschluß an die Volksschule sind in den letzten Jahren zahlreiche Fortbildungsschulen und Handfertigkeitsschulen errichtet worden.
Die gewerbliche und Berufsbildung wird gefördert durch 177 subventionierte Schulen und Anstalten, darunter größere technische Schulen in Winterthur, Burgdorf, Biel (mit Eisenbahnschule) und Genf, [* 3] der landwirtschaftliche Unterricht durch 4 landwirtschaftliche, 3 Weinbauschulen, eine Gartenbauschule, 4 landwirtschaftliche Winter und 4 Molkereischulen; außerdem werden Wandervorträge und Specialkurse abgehalten. Fortbildungsschulen mit freiwilligem Charakter bestanden (1892/93) 604 mit 16142 Schülern und 4002 Schülerinnen, Fortbildungsschulen mit obligatorischem Charakter 1036 mit 16962 Schülern; endlich zahlreiche Kursabteilungen für angehende Rekruten mit 19573 Teilnehmern.
In den 10 Anstalten für schwachsinnige Kinder befanden sich (1892/93) 200 Knaben und 126 Mädchen. Das Unterrichtswesen erforderte (1893) eine Gesamtausgabe von 37495517 Frs., d. i. 12,9 Frs. auf den Kopf der Bevölkerung; [* 4] hierzu trugen die Gemeinden 20991184 Frs. bei; außerdem betragen die Ausgaben des Bundes für das Unterrichtswesen 1491630 Frs. Universitäten bestehen zu Basel [* 5] (1460 gegründet), Bern [* 6] (1834), Genf (1559 als Akademie gegründet, 1873 erweitert), Lausanne [* 7] (1536), Zürich [* 8] (1832) mit je 4 Fakultäten und Freiburg [* 9] (specifisch katholisch, 1889) mit juristischer und philosophischer, seit 1890 auch mit theol.
Fakultät; Neuenburg [* 10] hat eine Akademie (1866 gegründet, 1894 reorganisiert) mit 4 Fakultäten, jedoch ohne medizinische. Auf den genannten Hochschulen befanden sich (Winter 1893/94) 3699 Hörer, darunter 599 weibliche; immatrikuliert waren 2903 (335 weibliche), Ausländer 1126 (301). Theologie studierten 369 (darunter kath. Theologie 7 in Bern und 91 in Freiburg), Jurisprudenz 503 (5 weibliche), Medizin 1010 (204), Philosophie u. s. w. 1021 (126). Außerdem bestehen eine eidgenössische Polytechnische Schule in Zürich (1855), mit einer land- und forstwirtschaftlichen Abteilung, einer Schule für Kulturingenieure, Fachlehrer in mathem. und naturwissenschaftlicher Richtung und einer allgemein philos. und staatswirtschaftlichen Abteilung, ferner 4 Priesterseminarien und 2 Tierarzneischulen in Zürich und Bern.
Kunst und Wissenschaft werden mit Eifer und Erfolg gepflegt. Der Staat giebt jährlich 100000 Frs. Subvention; auch auf dem Wege der Association wird erhebliches geleistet. Die meisten größern Städte besitzen Kunstmuseen; außerdem macht alljährlich die allgemeine schweiz. Kunstausstellung die Runde durch die Hauptstädte. Alle 2 Jahre findet in Bern ein schweiz. «Kunstsalon» statt, in welchem der «Bund" für etwa 50000 Frs. Ankäufe macht. Die meisten Künstler zählen die roman. Kantone, namentlich Genf und Tessin. Von jetzt lebenden oder jüngst verstorbenen Künstlern sind zu erwähnen die Maler Anker, [* 11] Barzaghi, Böcklin, Burnand, Buchser, Calame, Castan, Eug. und Jules Girardet, Giron, Grob, Koller, von Meuron, Alfred van Muyden, P. Robert, Ritz, Stauffer, Steffan, Stückelberger, B. Vautier, Zelger, Zünd u. s. w.; die Bildhauer Dorer, Kisling, Lanz, Len, F. Schlöth, Vela; die Kupferstecher Weber, Huber, die Graveurs Bovy, Durussel, Boßhardt und Homberg.
Die Musik zählt verhältnismäßig die meisten und eifrigsten Freunde; Sänger- und Musikvereine finden sich fast in allen größern Ortschaften. Stehende Theater [* 12] giebt es nicht, doch haben Basel, Genf, Zürich, Bern, Lausanne, St. Gallen, Luzern, [* 13] Chur [* 14] u. a. Schauspielhäuser, in welchen während des Winters gespielt wird. Unter den Wissenschaften sind die Mathematik und die Naturwissenschaften von jeher mit Vorliebe gepflegt worden. Zu den altberühmten Namen Theophrastus Paracelsus, Justus Byrgius, J. J. Scheuchzer, Bernoulli, Euler, Merian, A. von Haller, Tissot, de Saussure, Bonnet, De Candolle reihen sich aus der neuern Zeit die Namen B. Studer, A. Escher von der Linth, Desor, Karl Vogt, F. von Tschudi, Rütimeyer, Oswald Heer, Heim, Forel, Pictet, Ludw. Schläfli u. a. Von den schweiz. Historikern sind Johannes von Müller, Meyer von Knonau, A. von Tillier, Kopp, Daguet, Jakob Burckhardt, Georg von Wyß und J. Dierauer die bekanntesten.
Als Dichter haben sich außer den ältern (A. von Haller, Sal. Geßner, Salis, Usteri u. s. w.) in neuerer Zeit besonders A. Bitzius (Jeremias Gotthelf), Gottfried Keller, Konrad F. Meyer, Ferdinand Schmidt (Dranmor), J. V. Widmann, J. und U. Ollivier, Marc-Monnier, E. Rambert, V. Cherbuliez u. a. m. einen Namen gemacht. Als Philosophen, Philologen u. s. w. sind bekannt J. J. Rousseau, Bodmer und Breitinger, Lavater, Pestalozzi, Zimmermann u. a. Die schweiz. Litteratur muß sich, um in weitern Kreisen Eingang zu finden, an die deutsche, französische und italienische anschließen; eine selbständige, freilich sehr kleine Litteratur haben nur die Rhätoromanen Graubündens.
Zeitungswesen. Die S. hat im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl die zahlreichste periodische Litteratur von allen Ländern Europas. 1893 erschienen 812 Zeitschriften und Journale, Amtsblätter u. dgl., von denen jedoch, abgesehen von den Publikationen der wissenschaftlichen Vereine und einigen großen polit. Blättern, wie «Neue Zürcher Zeitung» und «Züricher Post», «Basler Nachrichten», «Nationalzeitung» und «Allgemeine Schweizerzeitung» (Basel), «Vaterland» (Luzcrn),
«Bund» (Bern), «Gazette de Lausanne» und «Journal de Genève», die meisten nur örtliche Bedeutung haben. Die Zahl der polit. Blätter betrug 300, die der Amtsblätter 39, die der Anzeige- und Fremdenblätter 70; religiöse Zeitschriften bestanden 68, juristische 10, naturwissenschaftliche 16, litterarische und allgemein wissenschaftliche 67, land- und forstwirtschaftliche 37, Militärzeitungen 4, Schulzeitungen 115, Handel- und Gewerbeblätter 32, Blätter für Litteratur, Unterhaltung und Kunst 67. Die meisten Zeitungen besitzen die Kantone Bern (132), Zürich (128), Waadt (100), Genf (50), Aargau (53), Basel-Stadt (50), St. Gallen (65); die wenigsten Wallis (6), Zug (5), Glarus (2), Uri und Obwalden (je 3), Nidwalden und Appenzell [* 15] Innerrhoden (je 2). Von den 812 in der S. erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich ¶
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der Amts-, Anzeige-, Kurs- und Fremdenblätter, sind 237 in franz., 23 in ital., 3 in roman. und 5 in nichtschweiz. Sprachen geschrieben. Die wichtigsten Zeitungen sind in der französischen S. das «Journal de Genève» und die «Gazette de Lausanne». in der deutschen die «Basler Nachrichten», die «Nationalzeitung» und die «Allgemeine Schweizerzeitung» (Basel), «Der Bund» (Bern), die «Neue Zürcher Zeitung» und die «Züricher Post» (Zürich), «Vaterland» (Luzern). «Bund», «Basler Nachrichten», «Nationalzeitung» und «Züricher Post» sind radikal, «Journal de Genève», «Gazette de Lausanne», «Neue Zürcher Zeitung» sind liberal, «Allgemeine Schweizerzeitung» (protestantisch) und «Vaterland» (katholisch) konservativ.
Die socialdemokratische Partei besitzt in der deutschen S. 5 (Zürich, Basel, Bern) und in der französischen S. 1 Blatt. [* 17] Die ältesten Zeitungen sind die «Zürcher Freitagszeitung», schon im 17. Jahrh. gegründet, die «Neue Zürcher Zeitung», 1788 gegründet. Elf der jetzt noch bestehenden Zeitungen und Zeitschriften wurden im 18. Jahrh. gegründet. Die bedeutendsten litterar. Blätter sind die «Bibliothèque universelle», gegründet 1796 in Genf und 1866 nach Lausanne verlegt, sowie die «Schweizerische Rundschau», seit 1891 in Zürich erscheinend. Eine ähnliche Stellung nimmt in der deutschen S. ein die «Schweizerische Rundschau» (Zürich, seit 1891). An die Stelle des Witzblattes «Postheiri», das früher in Solothurn [* 18] erschien, ist nun der «Nebelspalter» von Zürich getreten. Die welsche S. zählt zwei Witzblätter in Genf. Die illustrierten Zeitungen haben neben der Konkurrenz Deutschlands [* 19] und Frankreichs schweren Stand; die wissenschaftlichen und Fachzeitschriften stehen in engster Wechselbeziehung zu der entsprechenden Litteratur dieser beiden Länder. Gewerbliche Fachzeitschriften erscheinen 35, religiöse Blatter 20 und Kalender 48.
Wohlthätigkeitsanstalten. Die Armenpflege ist in den meisten Kantonen Sache der Bürgergemeinde (heimatliches Armenversorgungsprincip), in Neuenburg und Bern (deutscher Kantonsteil) Sache der Wohngemeinde (territoriales Princip), im jurassischen Kantonsteil Bern Sache der Freiwilligkeit; in Basel-Stadt endlich beruht sie auf Stiftungen und Freiwilligkeit (freiwillige Armenpflege). Das Bundesgesetz vom macht den Kantonen die Sorge für unbemittelte Angehörige anderer Kantone, die erkranken, und deren Rückkehr in ihre Heimatgemeinde nicht geschehen kann, zur Pflicht.
Armen, die dauernd der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen, und deren Heimatgemeinde oder Heimatkanton keine angemessene Unterstützung gewähren, kann die Niederlassung verweigert oder entzogen werden (Art. 45 der Bundesverfassung). Die amtliche Armenpflege wird ergänzt durch die private Wohlthätigkeit; der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (gegründet 1810) stehen kantonale gemeinnützige Gesellschaften zur Seite. Die älteste ist die Baseler Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen (gegründet 1777). Unter den zahlreichen wohlthätigen Anstalten seien genannt: die Waisenhäuser und Armenerziehungsanstalten (1893: 168), Erziehungsanstalten für Schwach- und Blödsinnige (8), für Blinde (5), für Taubstumme (15), Rettungs- und Zwangserziehungsanstalten (33), Heilstätten für Trinker (3), für Epileptische (2), Spitäler für Kinder, für Augenkranke, Ferienkolonien und Luftkurorte, Vereine und Stiftungen zur Verteilung von Milch, Brot, [* 20] Suppe, Kleidern und Schuhen an arme Kinder, Arbeitshütten, Armenherbergen und Verpflegungsstationen, Asyle u. s. w., Schutzvereine und Arbeitslokale für entlassene Sträflinge u. s. w., Witwen- und Waisen-, Kranken- und Todesfallkassen u. a. m. Neben den Hospitälern u. s. w. sind noch die von Basel, Bern, Zürich seit 1895 im Hochgebirge errichteten Sanatorien für unbemittelte Lungenkranke zu erwähnen.
Zur Bekämpfung und Vorbeugung der Trunksucht und deren Folgen verabfolgt der Bund aus den Erträgnissen der eidgenössischen Alkohol-Monopolsverwaltung seit 1887 Beiträge (z. B. 1893: 5958001 Frs.). Der Bund bezahlt auch Subventionen an ein von den Arbeitervereinen und Gewerkschaften errichtetes und bestelltes deutsches und franz. Arbeitersekretariat, das sich mit Erhebungen und Bearbeitung socialer Fragen des Arbeiterstandes beschäftigt.
Verfassung und Verwaltung. Der Territorialbestand der für neutral erklärten und in ihrer Neutralität völkerrechtlich gewährleisteten S. wurde auf dem Wiener Kongreß nach Aufnahme der drei neuen Kantone Genf, Neuenburg und Wallis festgestellt und später durch den Vertrag vom in Bezug auf die Grenzen [* 21] gegen Sardinien [* 22] berichtigt. Eine innere Veränderung trat ein durch Trennung des Kantons Basel (1833) in zwei souveräne Halbkantone, wonach für Basel ein ähnliches bundesrechtliches Verhältnis geschaffen wurde, wie es seit Jahrhunderten für Unterwalden und Appenzell besteht.
Außerdem wurde 1848 das dem König von Preußen [* 23] unterstehende Fürstentum Neuenburg in eine Republik verwandelt. Die äußern Grenzen der Eidgenossenschaft blieben, abgesehen von einigen kleinen Grenzberichtigungen gegen Frankreich, Deutschland [* 24] und Italien, [* 25] ungeändert. Durch die Bundesverfassung vom wodurch der Bundesvertrag vom seine Kraft [* 26] verlor, noch mehr durch die revidierte Verfassung von 1874, hat der frühere eidgenössische Staatenbund den Übergang zum Bundesstaat vollendet.
Die wichtigsten Bestimmungen der neuen Bundesverfassung sind folgende: Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes nach außen, Handhabung von Ruhe und Ordnung im Innern, Schutz der Freiheit und der Rechte der Eidgenossen und Beförderung ihrer gemeinsamen Wohlfahrt. Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist. Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich. Besondere polit. Bündnisse zwischen den Kantonen sind untersagt.
Dem Bunde allein steht das Recht zu, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und Staatsverträge mit dem Auslande einzugehen. Jeder Schweizer ist wehrpflichtig. Die Gesetzgebung über das Heerwesen, der gesamte Militärunterricht und ebenso die Bewaffnung ist Sache des Bundes. Dem Bunde steht das Recht zu, im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines großen Teils derselben auf Kosten der Eidgenossenschaft öffentliche Werke zu errichten oder solche zu unterstützen. Der Bund hat das Recht der Oberaufsicht über die Wasserbau- und Forstpolizei im Hochgebirge, über Jagd und Fischerei [* 27] und der Gesetzgebung über Bau und Betrieb der Eisenbahnen. Der Bund ist befugt, außer der bestehenden Polytechnischen Schule eine Universität und andere höhere Unterrichtsanstalten zu errichten oder solche Anstalten zu unterstützen. Jeder Kantonsbürger ist Schweizerbürger. Das Recht jedes ¶