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des Juras vereinigen. Das Gebiet der Rhône (16,1 Proz.) liegt im SW.; dasjenige des Po (9,7 Proz.), dem der Tessin zufließt, im S. Zum Gebiet der Donau gehört das Engadin (4,1 Proz.) mit seinem Hauptstrom, dem Inn; zum Etschgebiet das Münsterthal, beide im SO. des Kantons Graubünden. In der Länge des Flußlaufes stehen der Rhein mit 348 und die Aare mit 280 km obenan. Am Rhein und am Tessin beteiligen sich die Gletscher mit je 2, am Inn mit über 9 Proz., an der Rhône, dem ausgesprochensten Gletscherwasser der S., mit nahezu 13 Proz. Die meisten größern Flüsse entspringen aus Gletschern, haben ein starkes Gefälle und bilden im Oberlaufe Wasserfälle und Stromschnellen.
Mit Ausnahme des Rheins (Stein-Schaffhausen) und der Broye (Murten-Neuenburger See) sind auch die größten, ihres reißenden Laufs und ihrer zahlreichen Kiesbänke wegen, nur für Kähne und Flöße teilweise schiffbar. Dagegen bieten die zahlreichen Seen (1343,2 qkm) gute Wasserstraßen. Große Seen von mehr als 500 qkm Oberfläche sind der Genfer See (577,84 qkm) und der Bodensee mit Untersee (538,52), mittlere von mehr als 100 qkm der Neuenburger See, der Lago Maggiore und der Vierwaldstätter See, kleinere von mehr als 20 qkm sind im Rheingebiet der Brienzer See und der Thuner See, der Bieler See und der Murtensee, der Zuger See, der Walensee und der Züricher See, im Gebiet des Po der Luganer See. Außerdem zählt die S. noch 14 Seen von 1 bis 20 qkm Fläche, 50 Seen von über 10 bis 100 ha. Die wenigen Kanäle dienen meist zur Regulierung der Flußläufe und zur Entsumpfung; die wichtigsten sind der Linthkanal zwischen dem Walensee und dem Züricher See, der Aarekanal, der die Aare in den Bieler See leitet, und die Korrektionskanäle der Rhône und des Rheins.
Klima. Die S. besitzt die gesamten klimatischen Stufen von der wärmern gemäßigten bis zur kalten Zone; oft finden sich die schroffsten Gegenlätze dicht neben- und übereinander. Die wärmsten Gegenden sind die Niederungen der ital. Schweiz (Jahresmittel 11-13° C.), das Unterwallis und der Ufersaum des obern Genfer Sees (Jahresmittel 10-10,5°). In der Hochebene stellt sich die Jahrestemperatur auf 7-10°; in den Alpen sinkt sie bei etwa 2000 m Höhe auf 0°. Das Klima des Juras ist etwas rauher als das der Alpengegenden gleicher Höhe. Die herrschenden Winde sind der Südwest, der Föhn (s. d.) und die Bise (Nordost). Die Regenmenge, welche in der Hochebene 0,8 bis 1,1 m beträgt, steigt in den Alpen stellenweise bis auf 1,7 m. Die Zahl der Regentage beträgt jährlich 130-160. Die S. ist ein gesundes Land: nur wenige Sumpfgegenden und enge, tiefe Thäler mit feuchtwarmem Klima machen eine Ausnahme. (S. Alpen, Bd. 1, S. 441.)
Flora und Fauna. Nach der Höhe, durch die das organische Leben des Landes bedingt ist, lassen sich in der S. fünf Stufen unterscheiden:
1) Die Hügelregion (bis 800 m), namentlich das Mittelland. Hier giebt es noch ziemlich viel Laubwald, namentlich Eichen und Buchen, gleichzeitig aber auch Waldungen von Rot- und Weißtannen, ferner Lärchen, seltener Föhren; die Hügelregion ist die Höhenstufe des Acker-, Obst- und Weinbaues; Mais und Weinrebe kommen in den mildesten Strichen vor, letztere bis 550, im Waadtlande bis 800 m (im Wallis selbst über 1000 m), ebenso Kastanien, zum Teil in ganzen Wäldern, in den tiefern Teilen des Tessin Feigen, Orangen, Granaten und Mandelbäume.
2) In der Bergregion (bis 1200 m), welche die Hochthäler und Plateaus des Juras, die Bergrücken und Kuppen der Hochebene und die mittlern Stufen der Alpenthäler umfaßt, überwiegt der Nadelwald. Obstbäume und Roggen verschwinden allmählich, Hafer, Gerste und Kartoffeln finden sich noch, die Bergweiden nehmen überhand.
3) Zu der untern Alpenregion (bis 1800 m) gehören die höchsten Kämme des Juras, die Voralpen und die großen Hochthäler der Alpen. Hier herrscht der Nadelwald und verliert sich der Bergahorn; vom Feldbau sind nur Spuren vorhanden.
4) Die obere Alpenregion (bis 2600 m) besitzt nur in Graubünden und Wallis noch Waldbestände, sonst Alpweiden. Fast das einzige Holzgewächs ist die Alpenrose; von Tieren kommen vor der Alpenhase, die Gemse, der Steinadler, Lämmergeier sowie einige Reptilien.
5) In der Schneeregion oberhalb der Schneegrenze (über 2600 m) beschränkt sich die Vegetation auf Steinbrech, Enzian, Krüppelweiden und einige blütenlose Pflanzen, Moose, Flechten und Schneealgen (roter Schnee). Aus der Alpenregion kommen noch hierher die Schneekrähe, das Schneehuhn, der Steinfink und das Murmeltier.
Bevölkerung. Die Wohnbevölkerung, d. h. diejenigen Personen, welche zur Zeit der Zählung ihren dauernden oder doch gewöhnlichen Aufenthalt in der S. hatten, betrug 1850: 2390116, 1860: 2510494, 1870: 2655001, 1880: 2831787, 1888: 2917754 (1417574 männl., 1500180 weibl.) E. Unter diesen waren 1782806 Ledige, 935632 Verheiratete, 187713 Verwitwete und 11603 Geschiedene. Dem Religionsbekenntnis nach waren 1716212 Protestanten, 1184164 Katholiken, 8069 Israeliten und 9309 andern Bekenntnisses oder ohne Bekenntnis. Im Kanton geboren waren 2394931, in einem andern Kanton 336806, im Ausland 186017; Bürger ihrer Wohngemeinde waren 1338595, Bürger einer andern Gemeinde des Kantons 909358, Bürger eines andern Kantons 440151, Ausländer 229650. Der Muttersprache nach waren 2082855 Deutsche (meist alamann. Mundart), 634855 Franzosen (frankoprovençal. Mundart), 155130 Italiener; 38357 sprachen romanisch und 6557 andere Sprachen.
Das deutsche Sprachgebiet umfaßt die Mitte, den Norden und Osten der S.: die vier Waldstätte, Solothurn, Aargau, Basel, Zürich, Thurgau, Schaffhausen, St. Gallen, Appenzell, Glarus, fünf Sechstel von Bern, den östl. Grenzstrich von Freiburg, den Nordosten von Graubünden und mehrere Sprachinseln im roman. Gebiet. Zum franz. Sprachgebiet gehört der Westen: Neuenburg, Waadt, Genf, das Unterwallis, der größte Teil des Kantons Freiburg und des Berner Jura.
Italienisch sind Tessin und die zum Pogebiet gehörenden Thäler Graubündens; das Romanische ist auf Graubünden beschränkt. Die Zahl der bewohnten Häuser betrug (1888) 400121, der Haushaltungen 637835. Die ortsanwesende (faktische) Bevölkerung betrug 1850: 2392740, 1860: 2507170, 1870: 2669147, 1880: 2846102, 1888: 2933334 (1426450 männl., 1506884 weibl.) E., d. i. eine Zunahme (1860-88) von 540594 Personen oder 22,6 Proz. und (1880-88) von 87232 Personen oder 3 Proz.
Die Bevölkerung ist in einzelnen Berghütten und Bauernhöfen, Weilern, Dörfern, Flecken, Städtchen und Städten sehr ungleich über das Land verteilt. Auf 1 qkm (Seen nicht mitgerechnet) treffen von der Wohnbevölkerung durchschnittlich 73, in Basel-Stadt
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2060, in Graubünden 13 Bewohner. Am stärksten bevölkert ist die Hochebene, am schwächsten die Hochalpen, in denen die obersten Winterdörfer bis zu 1200 m ansteigen (Juf im Avers 2133 m) und das Hospiz des Großen St. Bernhard (2472 m) sowie die meteorolog. Station des Sentis (2500 m) die höchsten Winterwohnungen sind. Die Städte zeigen oft noch mittelalterlichen Charakter; die Dörfer sind in der Hochebene meist stattliche, weitläufig angelegte, in den Alpen gewöhnlich eng zusammengedrängte Häusergruppen.
In den Voralpen verteilt sich die Bevölkerung oft nach german. Sitte auf vereinzelte Gehöfte und bildet weit zerstreute Gemeinden, deren Mittelpunkt nur durch die Kirche bezeichnet wird. Großstadt ist nur Zürich, welches infolge der Vereinigung der frühern Vororte (1893) 123147 (Wohnbevölkerung 121057) E. zählte. Von den 3185 Gemeinden sind daneben die größten Basel (70303 E.), Genf (52638, mit 3 Ausgemeinden 80111 E.), Bern (47150), Lausanne (34049), Chaux-de-Fonds (25835), St. Gallen (27842) und Luzern (20571 E.).
Die Wohnbevölkerung verteilt sich folgendermaßen auf die einzelnen Kantone:
Kantone | Bodenfläche ohne die Seen qkm | Wohnbevölkerung | Einw. auf 1 qkm | Religionsbekenntnis | Muttersprache | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Protestanten | Katholiken | Israeliten | Deutsch | Französisch | Italienisch | Romanisch | ||||
Zürich | 1647,8 | 337183 | 204 | 293576 | 39768 | 1349 | 331697 | 1965 | 2063 | 217 |
Bern | 6761,7 | 536679 | 79 | 466785 | 67087 | 1195 | 449668 | 85319 | 1243 | 56 |
Luzern | 1435,5 | 135360 | 94 | 7734 | 127336 | 201 | 134297 | 437 | 497 | 24 |
Uri | 1055,8 | 17249 | 16 | 365 | 16875 | 1 | 17027 | 20 | 184 | 16 |
Schwyz | 854,2 | 50307 | 59 | 1023 | 49277 | 2 | 49732 | 156 | 350 | 57 |
Unterwalden ob dem Wald | 463,5 | 15043 | 32 | 335 | 14706 | - | 14702 | 30 | 300 | 7 |
Unterwalden nid dem Wald | 258,4 | 12538 | 48 | 112 | 12424 | - | 12116 | 14 | 402 | 3 |
Glarus | 684,1 | 33825 | 49 | 25950 | 7804 | 13 | 33458 | 51 | 206 | 96 |
Zug | 205,3 | 23029 | 112 | 1372 | 21626 | 17 | 22749 | 125 | 120 | 16 |
Freiburg | 1595,5 | 119155 | 75 | 18589 | 100403 | 125 | 37192 | 81577 | 337 | 9 |
Solothurn | 791,4 | 85621 | 108 | 21655 | 63706 | 145 | 84207 | 1213 | 144 | 3 |
Basel-Stadt | 35,8 | 73749 | 2060 | 50081 | 22132 | 1086 | 71113 | 2040 | 346 | 57 |
Basel-Landschaft | 424,9 | 61941 | 147 | 48698 | 12921 | 165 | 61507 | 303 | 115 | 6 |
Schaffhausen | 294,2 | 37783 | 128 | 32840 | 4761 | 28 | 37510 | 147 | 79 | 7 |
Appenzell-Außerrhoden | 260,5 | 54109 | 223 | 49549 | 4444 | 23 | 53757 | 71 | 240 | 20 |
Appenzell-Innerrhoden | 158,5 | 12888 | 73 | 673 | 12213 | - | 12849 | 8 | 28 | 2 |
St. Gallen | 1942,2 | 228174 | 117 | 92087 | 135227 | 544 | 225583 | 471 | 1461 | 392 |
Graubünden | 7169,7 | 94810 | 13 | 51937 | 42797 | 13 | 43671 | 173 | 13721 | 37036 |
Aargau | 1395,5 | 193580 | 139 | 106351 | 85835 | 1051 | 192859 | 465 | 163 | 32 |
Thurgau | 873,7 | 104678 | 122 | 74219 | 30210 | 57 | 104078 | 195 | 271 | 61 |
Tessin | 2752,0 | 126751 | 46 | 1033 | 125279 | 9 | 1843 | 242 | 124502 | 71 |
Waadt | 2826,7 | 247655 | 89 | 224999 | 21472 | 603 | 23873 | 218358 | 3398 | 49 |
Wallis | 5229,7 | 101985 | 19 | 825 | 101108 | 1 | 32471 | 68602 | 883 | 4 |
Neuenburg | 712,3 | 108153 | 152 | 94449 | 12456 | 740 | 22579 | 83762 | 1498 | 19 |
Genf | 247,0 | 105509 | 423 | 50975 | 52297 | 701 | 12317 | 89111 | 2579 | 97 |
Schweiz: | 40075,9 * | 2917754 | 73 | 1716212 | 1184164 | 8069 | 2082855 | 634855 | 155130 | 38357 |
* Ausschließlich der Seen (1343,2 qkm).
Der Abstammung nach sind die deutschen Schweizer Alamannen, vielleicht mit geringer Beimischung von Burgundionen, die italienischen und französischen Keltoromanen, jene mit Langobarden, diese mit Burgundionen vermischt. Die Romanen und Ladiner Graubündens gelten als Nachkommen der alten Rhätier. Der Verschiedenheit der Abstammung und der Lebensbedingungen entspricht die Verschiedenheit im Volkstypus. Schlanker Wuchs, dunkle Augen, schwarzes Haar, ins Bräunliche spielende Hautfarbe und größere Lebhaftigkeit und Beweglichkeit unterscheiden im allgemeinen trotz vielfacher Vermischung immer noch den welschen Schweizer von seinem blondhaarigen, helläugigen, breiter und stärker gebauten Volksgenossen alamann. Blutes. Im ganzen sind die Schweizer ein gesunder und kräftiger Menschenschlag. Durch breiten, gedrungenen Wuchs zeichnet sich besonders die Landbevölkerung der Gegenden mit vorherrschendem Ackerbau aus; die Hirten der Alpen sind schlanker gebaut.
Die Zahl der Geburten betrug (1893) 88100, darunter 3203 Totgeburten, der Eheschließungen 21884, der Sterbefälle 61059. Im J. 1893 wanderten 6177 Personen nach überseeischen Ländern aus, darunter 5637 nach den Vereinigten Staaten und 317 nach Argentinien. Im Deutschen Reich lebten (1890) 40017 (21927 männl., 18090 weibl.), in Österreich-Ungarn 7813 (3462 männl., 4351 weibl.) und in Frankreich (1891) 83117 (45416 männl., 37701 weibl.) Schweizer.
Landwirtschaft. Von dem produktiven Lande (29684,7 qkm) entfallen 21290,9 qkm auf Acker-, Garten-, Wiesen- und Weidland, 8064,4 auf Waldfläche und 329,4 auf Rebland. Der hohe Anteil an Ackerland rührt daher, daß der breite Landstrich zwischen Genfer See und entlang der Aare bis zum Bodensee und der größte Teil des Juragebietes zur Hügellandschaft gehören, wo Acker-, Obst- und Weinbau bedeutend sind. Der Ackerbau liefert infolge starker Zunahme der Wiesenkultur auf Kosten der
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Getreidekultur in gewöhnlichen Jahren nicht mehr die Hälfte des Bedarfs an Brotfrucht. Nur die Kantone Schaffhausen, Solothurn und Luzern, in manchen Jahren auch Freiburg, erzeugen regelmäßig Getreide über den eigenen Bedarf. Hauptsächlich werden angebaut Weizen, Spelz, in den wärmern Gegenden auch Mais; ferner Hafer, Roggen, dessen Anbau in Wallis bis zu 2100 m ansteigt, Gerste, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Hanf und Flachs, Tabak. Der Überschuß der Einfuhr von Kartoffeln über die Ausfuhr betrug 1892: 29759, 1893: 21534 t. Besondere Sorgfalt wird dem Anbau von Futterpflanzen gewidmet. 1893 waren etwa 31369 ha mit Wein bebaut;
geerntet wurden 1603160 hl im Werte von 54,493 Mill. Frs.
Die besten Weine liefern Wallis, Waadt und Neuenburg, in der Ostschweiz Schaffhausen, Thurgau, das Weinland des Kantons Zürich, das St. Gallische und das Graubündner Rheinthal. Obst wird in der Hochebene überall, am meisten in Thurgau, Zug, Luzern, Schwyz, Zürich und den untern Rheingegenden gewonnen; Südfrüchte und Kastanien liefern die wärmsten Teile von Wallis, Waadt, Tessin und Genf.
Während in der Hügelregion Landwirtschaft und Viehzucht meistens verbunden sind, verdrängt die Viehzucht in der Bergregion allmählich die erstere und wird in der Alpenregion selbständig als Alpwirtschaft betrieben. Nach der Viehzählung vom gab es 98622 Pferde, 2742 Maultiere, 2046 Esel, 1212538 Stück Rindvieh (darunter 663102 Kühe), 394917 Schweine, 341804 Schafe, 416323 Ziegen und 207384 Bienenstöcke. Die Pferdezucht, lange vernachlässigt, hat sich in neuerer Zeit wieder etwas gehoben.
Die besten einheimischen Pferdeschläge sind die von Erlenbach, Freibergen (Bern) sowie von Einsiedeln (Schwyz); die meisten Maultiere besitzt Wallis. Das Rindvieh zerfällt, abgesehen von dem aus Ungarn, Italien, Süddeutschland u. s. w. eingeführten Schlachtvieh, in zwei Hauptrassen: in der West- und Nordwestschweiz wird vorzüglich das schwer gebaute, rot- oder schwarzscheckige Fleckvieh (Simmenthaler und Freiburger Schlag) gezogen; in der Ost- und Mittelschweiz herrscht das kleinere, leichter gebaute, graue bis braune Braunvieh (Schwyzerschlag) vor, welches sich durch Milchergiebigkeit auszeichnet. Im Flachlande kommen beide Rassen nebeneinander und vermischt mit dem eingeführten Vieh vor.
Schweine werden überall, am meisten in Bern (97295 Stück) und Waadt (48453) gehalten, Ziegen besonders in Bern (88703), Tessin (65179) und Graubünden (48223), Schafe in Graubünden (81369), dessen Alpenweiden zum Teil an ital. Schäfer verpachtet und im Hochsommer von großen Herden sog. Bergamasker Schafe besucht werden; ferner in Bern (74562) und Wallis (59344). Die Pferde- und Rindviehzucht wird gefördert durch Bundes- und kantonale Prämien für Zuchtstiere und Stierkälber, Kühe und Rinder, Zuchtfamilien und durch Prämiierung von Stuten, Stutfohlen, Fohlenweiden u. s. w. Obwohl die Viehzucht einer der Haupterwerbszweige ist, so übertrifft doch die Vieheinfuhr die Ausfuhr meist bedeutend; 1893 wurde Rindvieh im Werte von 15,767, Pferde für 5,338, Schweine für 4,396, Schafe für 1,811 Mill. Frs. eingeführt; ausgeführt wurden dagegen für 15,92 Rindvieh, für 1,411 Mill. Frs.
Pferde, für 265064 Frs. Schweine, für 33754 Frs. Schafe. 1892 überwog die Einfuhr von Rindvieh die Ausfuhr um 9,508 Mill. Frs. Groß- und Kleinvieh werden besonders als Schlachtvieh eingeführt, während das schweiz. Großvieh reiner Rasse zur Nachzucht ausgeführt wird. Hauptzweck der schweiz. Viehzucht ist die Milchproduktion; während die Butterbereitung von der Käserei mehr und mehr verdrängt wird, liefert diese mit ihren vorzüglichen Produkten einen der wichtigsten Ausfuhrartikel. Die geschätztesten Käsesorten sind die Emmenthaler, Saanen-, Greyerzer Spaten-, Ursern- und Cristallinakäse; Glarus liefert Schabzieger. Auch die Fabrikation von kondensierter Milch und von Milchzucker sind wichtig. Die Geflügelzucht ist nicht ausreichend, ebenso wenig die Bienenzucht, deren geschätztestes Produkt der weiße Honig des Tavetsch (Graubünden) ist. Die Seidenzucht ist nur im südl. Tessin von Belang.
Die Waldungen umfassen 8064 qkm. Am waldreichsten sind der Jura und die höhern Teile der Hochebene, am ärmsten die Hochalpenkantone und Genf. Der Gesamtertrag der Forste beträgt etwa 40 Mill. Frs. jährlich. Seit 1876 sind die Alpenwaldungen unter Schutz und Aufsicht des Bundes gestellt und einzelne Kantone gezwungen, an der Stelle der bisherigen Waldverwüstung eine geordnete Forstwirtschaft einzuführen.
Die Jagd ist unbedeutend;
im Flachlande sind der Hase, hier und da das Reh und das Wildschwein, die Wildente, die Schnepfe und das Rebhuhn die einzigen jagdbaren Tiere;
Dam- und Edelhirsch sind wie der Steinbock ausgerottet;
in den Alpen dagegen kommen Gemsen und Murmeltiere, Ur-, Birk-, Hasel-, Stein- und Schneehühner noch häufig vor.
Von Raubtieren findet sich der Fuchs überall, der Wolf selten im Jura, der Bär im Engadin und seinen Seitenthälern; von Raubvögeln sind der Lämmergeier und der Steinadler der Alpen zu erwähnen. Der frühere Fischreichtum hat sich erst in letzter Zeit durch künstliche Fischzucht und bessere Aufsicht über die Fischerei wieder etwas gehoben. Die wichtigsten Fische sind die Forellen der Bergbäche und Seen, die Blaufelchen und Kilche des Bodensees, die Weißfelchen des Genfer Sees und die Lachse (Salmen) des Rheins. Seit 1876 stehen Fischerei und Jagd unter Aufsicht der Eidgenossenschaft.
Der Bergbau ist unbedeutend. Von verwendbaren Steinarten finden sich vorzügliche Molassesandsteine an vielen Orten der Hochebene, Kalksteine (Solothurner Marmor) und Gips im Jura, Dach- und Tafelschiefer in den Alpen (Glarus, St. Gallen, Bern), Marmor am Splügen, bei Wallenstadt (St. Gallen), St. Triphon (Waadt), Saillon (Wallis), ferner in Freiburg, Bern, Unterwalden, Tessin; Asbest und Serpentin in Graubünden. Von Metallen kommt nur das Eisen in Betracht, das sich sowohl in den Alpen (Eisenglimmer und Roteisenstein) als im Jura (Bohnerz) findet, jetzt aber nur noch bei Delémont (Berner Jura) ausgebeutet wird.
Die Gesamtproduktion von Roheisen beträgt jährlich ungefähr 7000 t. Von andern Erzen finden sich Nickelerze und silberhaltiger Bleiglanz in Wallis, silber- und kupferhaltige Fahlerze in Wallis und Graubünden, aber selten in bauwürdiger Menge. Von den zahlreichen einstigen Bergwerken der Alpen steht keins mehr in regelmäßigem Betrieb. Von Mineralkohlen finden sich Anthracit, Braun- und Schieferkohlen und Asphalt. Die Anthracitgruben des Wallis liefern jährlich etwa 4000 t; die Braun- und Schieferkohlengruben der Hochebene (Käpfnach im Kanton Zürich, Uznach im
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Kanton St. Gallen u. s. w.) sind fast ganz ausgebeutet und ergeben jährlich nur noch 3000 t, die Asphaltgruben des Val de Travers (Neuenburg) 7000 t. Torf findet sich überall; Kochsalz liefern die Salinen von Bex (Waadt), Rheinfelden, Ryburg und Kaiseraugst (Aargau) und Schweizerhalle (Basel), im ganzen jährlich etwa 40000 t. Von Mineralquellen sind zu erwähnen die kalten Schwefelquellen in Gurnigel, Lenk, Heustrich, Schwefelberg, Stachelberg, Alvaneu, Le Prese, Yverdon, die warmen Quellen in Baden, Schinznach, Lavey, die Natronsäuerlinge von Tarasp, Schuls, Fideris, St. Moriz, Rothenbrunnen, Pasugg, die Eisensäuerlinge ebenda, mit schwefelsaurem Gips in Seewen, Blumenstein, Gonten, die salinischen Quellen bei Tarasp, Schuls, Birmenstorf, die Kalkquellen (kalte sehr zahlreich) als Thermen bei Weissenburg und Leuk, die jod- und bromhaltigen Quellen von Wildegg und Saxon, die neutrale Therme von Pfäfers.
Industrie. Der große Reichtum an Wasserkräften bildet die Hauptgrundlage der kräftig entwickelten Industrie. Der Ursprung derselben läßt sich bis ins 13. Jahrh. zurückverfolgen. Damals war die Woll- und Leinenindustrie verbreitet; die Anfänge der Züricher Seidenmanufaktur fallen ebenfalls in dieses Jahrhundert; das 15. Jahrh. brachte die Papierfabrikation (Basel, Freiburg), den Buchdruck (Basel) und die Uhrmacherei (Genf). Im 16. Jahrh. begann die Seidenspinnerei, -Zwirnerei und -Färberei, die Sammet- und Seidenweberei sowie die Passementerie; im 17. Jahrh. folgte die Musselinmanufaktur, Stoffdruckerei, Bleicherei, Strumpfweberei, Tabakverarbeitung und Spitzenklöppelei. Das 18. Jahrh. brachte die Baumwollspinnerei, Stickerei, Strohflechterei, Musikdosenfabrikation und Roßhaarspinnerei. Im 19. Jahrh. entstand die Maschinen-, Farben-, Zündholzindustrie, die Farben-, Schuhwaren-, Gummi- und Instrumentenfabrikation, die Brauerei, Holzschnitzerei, die Fabrikation von kondensierter Milch, Käse, Milchzucker, Schokolade u. a. Einige dieser Industrien bestehen nicht mehr; so ist die Spitzenklöppelei fast ganz eingegangen, wesentlich zurückgegangen ist die Leinenmanufaktur, vorübergehend auch die Wollwarenfabrikation. Die bedeutendsten Fabrikationszweige sind gegenwärtig die Baumwollindustrie (Stickerei, Weberei, Zwirnerei, Druckerei, Bleiche und Appretur, Färberei) mit 2050 Betrieben und 88988 beschäftigten Personen (davon 1571 Fabriken mit 54158 Arbeitern), die Seidenindustrie (Stoff- und Handweberei, Spinnerei, Zwirnerei, Färberei) mit 350 Betrieben und 60704 beschäftigten Personen (227 Fabriken mit 27819 Arbeitern), die Uhrenindustrie (ohne Musikdosen) mit 44147 thätigen Personen, die Verarbeitung von Stroh und Roßhaaren (Fabrik- und Hausindustrie), die Eisengießerei und Maschinenfabrikation mit 14888 Personen (12918 in 172 Fabriken) und die Milchwirtschaft (Käserei und Milchsiederei). Die nächstbedeutenden Industrien sind die Verarbeitung von Tabak (6415 Arbeiter), die Fabrikation von Schuhwaren (27393), Hanf- und Leinenwaren (6625), Wollwaren (3520), Papier und Holzstoff (2744), Bijouteriewaren (1582), Wirkwaren, Musikinstrumenten (2079) und Gummiwaren (6341), die Holzschnitzerei (1730), Farbenindustrie (976) und Schokoladenfabrikation (13 Fabriken mit 528 Arbeitern). - Die Gesamtzahl der dem Bundesgesetz vom unterstellten Fabrikanlagen betrug (1888) 3786, darunter 2322 mit Motoren; beschäftigt waren 159543 (86532 männl., 73011 weibl.) Arbeiter, darunter 22914 (9691 männl., 13223 weibl.) unter 18 Jahren.
Verwendet wurden Wassermotoren mit 54243, Dampfmotoren mit 27432, Gasmotoren mit 394, Elektromotoren mit 323 Pferdestärken. 1893 brauten 318 Brauereien 1521806 hl Bier, wovon 19614 hl ins Ausland gingen. Durch das eidgenössische Fabrikgesetz von 1877 wurde das Maximum der täglichen Arbeitszeit in den schweiz. Fabriken auf 11 Stunden festgesetzt, die Sonntagsarbeit untersagt, die Frauen- und Kinderarbeit wesentlich beschränkt und das Fabrikwesen der Aufsicht eidgenössischer Inspektoren unterstellt. Eine Ergänzung zu diesem Fabrikgesetz bildet das 1881 erlassene Gesetz über die Haftpflicht bei Unglücksfällen sowie das Gesetz über die sog. erweiterte Haftpflicht von 1887.
Nach dem Bericht der Branntwein-Monopolverwaltung wurden im Inlande (1893) 2347 t gebrannte Weine erzeugt, darunter 2345 t Spiritus zum Trinken im Werte von 2137114 Frs. Verwendet wurden hierzu 19682 t einheimische Kartoffeln, 825 t einheimische Körnerfrucht und 492 t ausländischer Mais. Von der Monopolverwaltung wurden 9428 t eingeführt. Die monopolpflichtige Einfuhr betrug 8491 t, darunter 7705 t Rohstoffe für Brennzwecke, das übrige Branntweine, Liqueure, Essenzen zur Bereitung geistiger Getränke u. dgl.
Handel. Die S. hat trotz des Mangels an Rohprodukten für die Industrie und trotz des Fehlens einer Meeresküste und größerer Wasserstraßen einen im Verhältnis zur Größe bedeutenden Handel. Von der Gesamteinfuhr entfallen etwa 40 Proz. auf Rohstoffe, je etwa 30 Proz. auf Nahrungs- und Genußmittel sowie auf Fabrikate, von der Ausfuhr 75 Proz. auf Fabrikate, je 12-13 Proz. auf Rohstoffe und auf Nahrungs- und Genußmittel.
Eine Übersicht über den Waarenverkehr giebt die Tabelle auf S. 724.
Die Hauptartikel im Specialhandel waren 1893:
Einfuhr | Ausfuhr | ||
---|---|---|---|
Waren | Mill. M. | Waren | Mill. M. |
Seide | 133,4 | Seidenwaren | 123,5 |
Getreide und Mehl | 99,5 | Baumwollwaren | 114,6 |
Wollwaren | 38,5 | Uhren | 89,5 |
Kohlen | 36,1 | Rohseide | 37,5 |
Chemikalien | 29,3 | Käse | 36,2 |
Baumwolle | 28,3 | Seidengarn | 35,5 |
Tiere | 27,6 | Maschinen u. Fahrzeuge | 24,7 |
Baumwollwaren | 25,8 | Chemikalien | 19,5 |
Wein | 25,5 | Tiere | 17,9 |
Eisen | 24,4 | Baumwollgarn | 17,2 |
Maschinen u. Fahrzeuge | 23,3 | Milch | 17,0 |
Zucker | 19,3 | Wollgarn | 8,2 |
Kaffee | 17,0 | Häute | 8,0 |
Eisenwaren | 15,8 | Strohwaren | 7,6 |
Gerste, Malz, Hopfen | 14,8 | Wollwaren | 7,4 |
Ferner wurden noch in größern Mengen eingeführt Holz (12,7 Mill. M.), Wolle (10,9), Leder (10,3), Tabak (8,9), Seidenwaren (8,9), Bücher u. s. w. (8,9), Viehfutter (8,6), Leinenwaren (8,3 Mill. M.) u. a.
Die Ein- und Ausfuhr in den vorausgehenden Jahren betrug in Franken:
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
1889 | 906556524 | 695263418 |
1890 | 954273276 | 702812986 |
1891 | 932165846 | 671866935 |
1892 | 869410402 | 657649216 |
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Außerdem wurden 1893 an gemünztem Edelmetall für 44,879 Mill. Frs. ein- und für 48,696 Mill. Frs. ausgeführt, darunter aus (nach) Frankreich 33,909 (28,859), Italien 8,149 (14,242) und Deutschland 1,636 (4,878) Mill. Frs.
Die erheblichen Verschiebungen im Warenverkehr (besonders in betreff der Einfuhr), die die Statistik seit 1892 zeigt, rühren von einer Vorschrift her, der zufolge mit Beginn des J. 1892 Herkunft und Bestimmung der Waren genauer ermittelt wurden. So sind von der Mindereinfuhr aus Deutschland 1892, die sich gegen 1891 auf 65 Mill. Frs. bezifferte, gegen 27,5 Mill. Frs. als Abstriche infolge richtigerer Herkunftsermittelung zu betrachten. Ein anderer Grund, der wesentlich auf die Höhe der Wertsumme einwirkt, ist die Notwendigkeit, die Preisschwankungen der Waren gebührend zu berücksichtigen. Aus diesem Grunde ist z. B. die deutsche Einfuhr 1892 um 17,5 Mill. Frs. geringer gewesen als 1891. Das Deutsche Reich nimmt, wie aus der Tabelle auf S. 724 ersichtlich ist, sowohl als Lieferant wie als Abnehmer im Warenaustausch mit der S. die herrschende Stellung ein.
Warenverkehr mit Deutschland (Specialhandel) im Jahre 1893.
Bezeichnung der Waren | Einfuhr in Franken | Ausfuhr |
---|---|---|
Abfälle und Düngstoffe | 3585101 | 1705957 |
Apothekerwaren | 1206050 | 571935 |
Chemikalien | 9640567 | 1287257 |
Farbwaren | 3933736 | 2852138 |
Glas | 1534893 | 94573 |
Holz und Holzwaren | 8950490 | 819686 |
Landwirtschaftliche Erzeugnisse | 1273805 | 382120 |
Leder und Schuhwaren | 9240320 | 672835 |
Kunst und Wissenschaft | 8494882 | 3150104 |
Uhren | 5732272 | 22035145 |
Maschinen und Fahrzeuge | 14362160 | 5311629 |
Eisen, Gußwaren, Waffen u. s. w. | 26166485 | 1347423 |
Kupfer, Rot- und Gelbgießerwaren | 5705754 | 233591 |
Edelmetalle | 12228847 | 9464572 |
Andere Metalle | 1763207 | 2364691 |
Mineralische Stoffe | 27915422 | 1708353 |
Nahrungs- und Genußmittel | 14701711 | 12013490 |
Öle und Fette | 1384914 | 153374 |
Papier, Spielkarten, Kartonnagen u. s. w. | 3831085 | 435146 |
Baumwollene Gewebe, Stickereien u. s. w. | 10681467 | 19045890 |
Flachs, Hanf, Jute u. s. w. | 3495916 | 305557 |
Seide, Seidenwaren | 2524705 | 11059832 |
Wolle, Garne, Gewebe, Teppiche u. s. w. | 25335515 | 8917855 |
Kautschuk und Guttapercha | 1145525 | 193314 |
Stroh, Rohr, Bast u. s. w. | 189378 | 865116 |
Konfektions- und Modewaren | 15521739 | 458166 |
Lebende Tiere | 8097607 | 10935459 |
Tierische Stoffe | 4444236 | 3508980 |
Thonwaren | 1379132 | 181398 |
Schmucksachen, Lampen, Reiseartikel, Stifte, Spielwaren u. a. | 6410597 | 526420 |
Trotz des Handelsvertrags mit Deutschland von Ende 1891 ist es der S. nicht gelungen, ihren Absatz in Deutschland erheblich zu vermehren, weil letzteres gerade für die schweiz. Erzeugnisse, die vom Zollkrieg mit Frankreich am schwersten getroffen werden, wie Baumwollgarne, bedruckte Baumwollwaren, Wirkwaren, Stickereien, dann auch Seidenwaren, Holz u. s. w., von lange her nicht offen genug steht. Außerdem ist für die Entwicklung der wechselseitigen Beziehungen beider Länder inzwischen namentlich der Zollkrieg zwischen der S. und Frankreich 1892 mitbestimmend geworden, sehr wahrscheinlich zum bleibenden Nachteil für letztgenanntes Land.
Infolge des Beschlusses des schweiz. Bundesrats vom wonach franz. Waren vom ab von der Meistbegünstigung in der S. ausgeschlossen sind, hat nämlich der Präsident der franz. Republik auf Grund der Gesetze vom und sowie des Dekrets vom unterm verordnet, daß in Frankreich, Algerien und den franz. Kolonien vom ab der Generaltarif auf die Waren schweiz. Ursprungs Anwendung findet. Infolgedessen ist die Einfuhr franz. Waren in die S. erheblich zurückgegangen, ebenso wie auch die Ausfuhr schweiz. Waren nach Frankreich.
Erstere hat sich von 1892 bis 1893 um 67 697 015, letztere um 28 293 479 Frs. vermindert. Die Wirkungen dieses Zollkrieges erstrecken sich in der Einfuhr aus Frankreich hauptsächlich auf Zucker (Rückgang von 1890/92 bis 1893: 93 Proz.), Wein in Fässern (90), Uhren (84), Wollwaren (81), Konfektion (77), Flaschenweine (76), Baumwollwaren und Fleisch (je 71 Proz.); in der Ausfuhr nach Frankreich auf rohe Baumwollgewebe (90 Proz.), Holz (74), rohes Baumwollgarn (78), fertige Baumwollgewebe (69), Konfektion (64) und Seidenwaren (61 Proz.).
Als Handelsplätze stehen obenan Basel, Genf und St. Gallen. Obwohl die gedrückte Lage der schweiz. Landwirtschaft und einzelner Industriezweige mancherlei Gelüste nach Schutz- und Kampfzöllen wachgerufen haben, sind doch die schweiz. Zölle mit Ausnahme derjenigen auf Tabak, Alkohol u. dgl. und sonstige Konfektionsartikel immer noch eher als Finanzzölle wie als Schutzzölle zu bezeichnen. Durchfuhr und Ausfuhr sind nur unbedeutenden Kontrollgebühren unterworfen. Mit den meisten Staaten bestehen Handels- und Niederlassungsverträge. Alle Weg- und Brückengelder sowie Binnenzölle sind seit 1848 aufgehoben, die Octrois von Genf und Carouge und einige kantonale Ohmgelder, d. h. Einfuhrzölle auf geistige Getränke und Sprit, 1890 weggefallen. Die S. ist in 6 Zollgebiete geteilt und zählt 58 Haupt- und 192 Nebenzollstätten sowie 12 Lagerhäuser.
Bank- und Versicherungswesen. Ende 1893 bestanden 35 gesetzlich autorisierte Emissionsbanken mit 145,175 Mill. Frs. Aktien und Dotationen, 26,059 Mill. Frs. Reserven und 8,224 Mill. Frs. Reingewinn. Die bedeutendsten derselben sind die Banque de l'État de Fribourg mit 15 Mill. Frs. einbezahltem Kapital, Banque du Commerce in Genf, die Bank in Basel, die Zürcher Kantonalbank in Zürich und die Banque cantonale vaudoise in Lausanne mit je 12 Mill. Frs. Aktien und Dotationen, die Kantonalbank von Bern (10 Mill. Frs.), die St. Gallische Kantonalbank in St. Gallen und die Aargauische Bank in Aarau mit je 6 Mill., die Thurgauische Hypothekenbank in Frauenfeld (5,7 Mill.) und die Solothurner Kantonalbank in Solothurn (5 Mill.). Die ältesten sind die Kantonalbank von Bern (1834 gegründet), die Bank in Zürich (1836) und die Bank in St. Gallen.
Die Notencirkulation betrug (1893) 167,369 Mill. Frs., d. i. 56,10 Frs. auf den Kopf der durchschnittlichen Bevölkerung des Landes. Ein 1895 den eidgenössischen Räten vorgelegtes Gesetz betreffend Errichtung einer eidgenössischen Staatsbank mit Banknotenmonopol, welches durch Volksabstimmung vom eingeführt ist, wird voraussichtlich Annahme finden. (S. auch Konkordatsbanken.) 1893 waren 31 Lebensversicherungsgesellschaften konzessioniert, darunter 7 schweizerische, 7 deutsche, 11 französische, 3 englische und 3 amerikanische. Gegen Unfall versicherten 3 schweiz., 5 deutsche und 4 franz.
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Gesell-Warenverkehr (Specialhandel) in Franken im J. 1893, mit Unterscheidung der Herkunfts- und Bestimmungsländer.
Herkunfts- oder Bestimmungsländer | Einfuhr Lebensmittel | Rohstoffe | Fabrikate | Zusammen | Ausfuhr Lebensmittel | Rohstoffe | Fabrikate | Zusammen |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Deutschland | 19273777 | 73748154 | 144758044 | 237779975 | 15851180 | 47450725 | 104566344 | 167868249 |
Österreich-Ungarn | 59451642 | 6739150 | 10045876 | 76236668 | 2921262 | 5594256 | 31391499 | 39907017 |
Frankreich | 26929798 | 54770934 | 29857814 | 111558546 | 19527641 | 13884625 | 40840236 | 74252502 |
Italien | 32028173 | 107174395 | 7763057 | 146965625 | 10491625 | 9344524 | 23052394 | 42888543 |
Belgien | 1673057 | 8134489 | 11534349 | 21341895 | 1583908 | 742150 | 7621138 | 9947196 |
Niederlande | 849556 | 1604027 | 997866 | 3451449 | 488646 | 140397 | 3598258 | 4227301 |
Großbritannien | 923130 | 8810605 | 34685789 | 44419524 | 15139691 | 950051 | 101973436 | 118063178 |
Rußland | 53450477 | 1726563 | 128026 | 55305066 | 934115 | 3415942 | 14083880 | 18433937 |
Skandinavien | 50590 | 721195 | 210157 | 981942 | 346955 | 47784 | 2903557 | 3298296 |
Dänemark | 615 | 157026 | 11383 | 169024 | 237582 | 53617 | 4558975 | 1850174 |
Portugal | 84570 | 7100 | 37448 | 129118 | 46016 | 93832 | 1680237 | 1820085 |
Spanien | 8323328 | 403535 | 208520 | 8935383 | 613668 | 328065 | 8223718 | 9165451 |
Griechenland | 424868 | 55390 | 6980 | 487238 | 16220 | 805 | 731536 | 748561 |
Donauländer | 7015896 | 74181 | 30829 | 7120906 | 394107 | 16902 | 7382857 | 7793866 |
Europäische Türkei | 555313 | 310070 | 61853 | 927236 | 118751 | 7510 | 5276988 | 5403249 |
Ägypten | 187165 | 10907979 | 179971 | 11275115 | 119742 | 1071 | 1848238 | 1969051 |
Algerien, Tunis | 73773 | 155702 | 20125 | 249600 | 512181 | 47232 | 932770 | 1492183 |
Westafrika | 220710 | 223712 | 2810 | 447232 | 23354 | 150 | 576078 | 599582 |
Ostafrika | 64670 | 75806 | 10 | 140486 | 29296 | 20 | 907314 | 936630 |
Asiatische Türkei | 535613 | 2221886 | 76121 | 2833620 | 75091 | 498 | 3707114 | 3782703 |
Britisch-Indien | 1282735 | 1945624 | 508798 | 3737157 | 431821 | 1500 | 11842158 | 12275479 |
Niederländisch-Indien | 4181821 | 2772169 | 156262 | 7110252 | 282848 | - | 3821286 | 4104134 |
Ostasien | 2025093 | 18909343 | 747369 | 21681805 | 192685 | 2525 | 7241600 | 7436810 |
Canada | 143282 | 1080 | 3103 | 147465 | 93702 | 6 | 1713533 | 1807241 |
Vereinigte Staaten von Amerika | 10232128 | 23890399 | 4034797 | 38157324 | 5315075 | 1030385 | 73763522 | 80108982 |
Centralamerika | 2423692 | 1242804 | 690392 | 4356888 | 290776 | 110 | 4927734 | 5218620 |
Chile, Peru | 5975 | 280423 | 79569 | 365967 | 142025 | 12 | 1886118 | 2028155 |
Brasilien | 11696617 | 1076983 | 33691 | 12807291 | 446235 | 7180 | 5332651 | 5786066 |
La Plata-Länder | 882673 | 968924 | 17811 | 1869408 | 169921 | 130629 | 7527528 | 7828078 |
Übriges Südamerika | 1454880 | 50194 | 11020 | 1516094 | 84161 | 680 | 1502471 | 1587312 |
Australien | 2120 | 4834510 | 179900 | 5016530 | 466724 | 7000 | 1290121 | 1763845 |
Unbestimmbar | - | - | - | - | 233559 | - | 1825158 | 2058717 |
Zusammen: | 246447737 | 333994352 | 247079740 | 827521829 | 77620563 | 83300183 | 485530447 | 646451193 |
Dagegen 1892 | 271381426 | 327040693 | 270988283 | 869410402 | 80953853 | 84026923 | 492668440 | 657649216 |
1891 | 304159547 | 322281031 | 305725268 | 932165846 | 80000257 | 80432806 | 511433872 | 671866935 |
schaften, gegen Wasserleitungsschäden die Union Suisse in Genf; Transportversicherungsgesellschaften gab es 15, darunter 8 deutsche und 1 englische; endlich 3 schweiz. Rückversicherungsgesellschaften. Die Feuerversicherung betrieben im ganzen 19 Gesellschaften, darunter 4 schweizerische, 6 deutsche, 7 französische und je 1 italienische und englische;
die Glasversicherung 1 schweiz. und 7 deutsche Gesellschaften;
die Viehversicherung 3 deutsche und 1 französische;
die Hagelversicherung die 1880 gegründete schweiz. Hagelversicherungsgesellschaft in Zürich, die vom Bunde und einzelnen Kantonen durch Beiträge unterstützt wird.
Außerdem bestehen 17 kantonale obligatorische Brandversicherungskassen für Immobilien, von denen die Aargauer 1805, die Thurgauer und Berner 1806 gegründet sind, und 1 kantonale (Waadt) für Mobiliar. Ein in Ausarbeitung befindliches Bundesgesetz über allgemeine Krankenversicherung soll den Armen in Krankheitsfällen vor Not schützen, während das «Haftpflichtgesetz» die Arbeiter bei Unfällen sicher stellt. Der Kanton Neuenburg arbeitet gegenwärtig (1895) an einem Gesetz über kantonale obligatorische Versicherung seiner Einwohner auf den Todesfall.
Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und deren Folgen ist bis jetzt durch private Sammlungen und kantonale und gemeindliche Unterstützung manches gethan worden; neuerdings wird an der obligatorischen Arbeitslosenversicherung gearbeitet: hierauf bezügliche Gesetzentwürfe liegen den Behörden von Basel und Zürich vor, St. Gallen hat einen solchen Gesetzentwurf in der Volksabstimmung verworfen. Seit 1893 besteht eine städtische «Versicherungskasse gegen Arbeitslosigkeit» in Bern: ihr Vorstand wird gewählt von den Arbeitgebern (2 Mitglieder), von der organisierten Arbeiterschaft (Arbeiterunion, 2 Mitglieder) und vom Gemeinderat (3 Mitglieder, von denen eines den Vorsitz führt).
Die Arbeiter zahlen monatlich 40 Cent. Beitrag und erhalten dafür im Fall der Arbeitslosigkeit 1 Franken Taggeld die Alleinstehenden und 1 ½ Frs. die Verheirateten. Etwaige Fehlbeträge der Kasse deckt die Gemeinde Bern. Im ersten Geschäftsjahr 1893/94 gehörten der Versicherungskasse 354 Mitglieder an. (Vgl. Bericht über das erste Geschäftsjahr der Versicherungskasse gegen Arbeitslosigkeit in der Gemeinde Bern, Separatabdruck des Anhangs zum «Verwaltungsbericht der Gemeinde Bern», 1893.)
Über die Sparkassen s. d.
Verkehrswesen. Mit Ausnahme des stürmischen Walensees werden alle Seen von mehr als 20 qkm Fläche von Dampfbooten befahren, ebenso der Hallwiler, Ägerisee und der Lac de Joux, von den Flüssen nur der Rhein vom Untersee bis Schaffhausen, die Broye zwischen dem Murten- und dem Neuenburger See und der Doubs im sog. Lac de Brenets. Das schweiz. Straßennetz ist nicht nur in der Hochebene und im Jura, sondern auch in den Alpen reich entwickelt. Außer zahlreichen Straßen im Voralpenlande sind seit 1800 in den Hochalpen Post- und Fahrstraßen über Simplon, Pillon, Bruchberg, Brünig, Furka, St. Gotthard, Klausen, Oberalp, Lukmanier, Lenzerheide, Luziensteig, Bernhardin, Splügen, Julier, Albula, Flüela, Ofenberg, Bernina, Maloja, ferner die Axen- und Schynstraße, in den J. 1891-94 die Grimselstraße erbaut worden.
Über die Eisenbahnen s. Schweizerische Eisenbahnen.
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Das Post- und Telegraphenwesen steht unter der Leitung des Bundes. Die S. zerfällt in 11 Postkreise mit (1893) 1491 Postbureaus, 1795 Ablagen und 13 Agenturen im Auslande. Die Länge der Kursstrecken betrug 5678 km, der beförderten Reisenden 817 570. Der Postverkehr war 1893 (Anzahl in 1000 Stück, Wert in 1000 Frs.):
Verkehr | Briefe | Postkarten | Drucksachen u. Warenproben | Fahrpostsendungen Anzahl | Wert bez. Betrag | Geldanweisungen Zahl | Wert | Nachnahmesendungen Anzahl | Betrag | Einzugsmandate Anzahl | Betrag |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Innerer | 73329 | 14766 | 28723 | 12082 | 1499494 | 3676 | 398750 | 4593 | 29807 | 413 | 45580 |
Äußerer | 30148 | 7934 | 18516 | 2790 | 163434 | 738 | 35403 | 214 | 4197 | 85 | 3624 |
Hierzu kommen noch 82865 Zeitungen im innern Verkehr. 1875 trat die S. der internationalen Postunion bei, deren Centralbureau wie das des internationalen Telegraphenwesens sich in Bern befindet. Die Zahl der Telegraphenbureaus betrug (1893) in sieben Telegraphenkreisen 1501, die Länge der Staatstelegraphenlinien 7271 km mit 19740 km Leitungen; befördert wurden 3838323 Depeschen, darunter 1263459 internationale, 519511 Transit- und 137984 Dienstdepeschen. Das Fernsprechwesen ist außerordentlich entwickelt; 1893 bestanden 6773 km Linien mit 33266 km Leitungen, 16929 Stationen und 14675 Abonnenten.
Die Zahl der dem Touristenverkehr dienenden Gasthöfe, Pensionen u. s. w. betrug (Anfang 1894) 1383 mit 79265 Betten, einer Gesamteinnahme von 98,138, einer Gesamtausgabe von 64,542 und einem Überschuß von 33,596 Mill. Frs., gleich 6,8 Proz. des im Hotelwesen angelegten Kapitals. Am lebhaftesten ist der Fremdenverkehr am Vierwaldstätter See (Luzern), im Berner Oberland (Interlaken), am Genfer See (Montreux) und in einigen Hochthälern von Wallis und Graubünden (Zermatt, Davos, Engadin).
Münze, Maß und Gewicht. Um dem frühern Wirrwarr verschiedener kantonaler und ausländischer Münzsysteme ein Ende zu machen, führte die S. 1850 den franz. Münzfuß ein, und 1865 trat sie der Lateinischen Münzkonvention bei. Eigene Goldmünzen (20-Frankenstücke) werden erst seit 1883 geprägt. Staatspapiergeld giebt es nicht, dagegen Banknoten der konzessionierten Emissionsbanken (s. oben). Ein einheitliches, auf dem metrischen beruhendes Maß- und Gewichtssystem wurde 1851 eingeführt und 1877 durch das eigentliche Metersystem ersetzt.
Kirchenwesen. Die Verfassung der reform. Kirche, ebenso wie Wahlakt und Besoldungsverhältnisse der Geistlichen sind in den einzelnen Kantonen verschieden. Die röm. Katholiken stehen unter den Bischöfen von Sion (Sitten), Lausanne und Genf, Basel und Lugano, Chur und St. Gallen sowie dem apostolischen Administrator in Lugano. Der Bischof von Lausanne und Genf residiert in Freiburg; derjenige von Basel und Lugano in Solothurn. Die fünf Bistümer stehen unmittelbar unter dem Papst und gehören keinem Erzbistum an. Die Stelle eines päpstl.
Geschäftsträgers, der in Luzern residierte und teilweise erzbischöfl. Rechte besaß, besteht seit 1873 nicht mehr. Die alt- oder christl.-kath. Kirche, für welche 1874 an der Universität Bern eine besondere theol. Fakultät gestiftet wurde, hat 1876 durch ihren Synodalrat einen Nationalbischof erwählt, der in Bern residiert. Die Zahl der Klöster, die schon bei der Reformation und seither mehrmals durch Säkularisation bedeutend verringert wurde, betrug 1871: 88, darunter 33 Mönchsklöster mit 546 Konventualen und 45 Nonnenklöster mit 2020 Konventualen. Die bekanntesten sind die Benediktinerabteien Einsiedeln, Engelberg und Disentis, das Augustinerstift von St. Maurice sowie die Hospize auf dem Großen St. Bernhard (Augustiner) und auf dem Simplon. Durch die Bundesverfassung von 1874 ist die Gründung neuer Klöster untersagt.
Unterrichtswesen. Obwohl schon seit 1460 in Basel eine Hochschule und namentlich seit der Reformation verschiedene Gelehrtenschulen bestanden, wurde doch in den meisten Kantonen bis in das 19. Jahrh. von Staats wegen für das Schulwesen und besonders für die Volksschule wenig gethan, und die Bemühungen der Salis von Marschlins, Planta von Reichenau, Fellenberg von Hofwyl und namentlich des berühmten Pädagogen Pestalozzi blieben lange Zeit vereinzelte Erscheinungen. Nach den Staatsumwälzungen aber, welche unter dem Eindruck der franz. Julirevolution in manchen Kantonen von 1830 bis 1833 stattfanden, nahm das Unterrichtswesen in den sog. regenerierten, meist prot. und paritätischen Kantonen des Landes einen raschen Aufschwung.
Die Entwicklung des Schulwesens ist nicht nach einheitlichen, von einer Centralbehörde überwachten Gesichtspunkten geregelt, doch sind die Kantone verpflichtet, für genügenden Primärunterricht zu sorgen, der ausschließlich unter staatlicher Leitung stehen, obligatorisch und in den öffentlichen Schulen unentgeltlich sein soll. Dazu kommen die durch die Ortslage bedingten Verhältnisse, welche die Errichtung von Schulhäusern erschweren; mußten doch 1881/82: 17132 Schüler einen Schulweg von mehr als 3, 3325 sogar einen solchen von über 5 km zurücklegen. Im Hochgebirge ruht zudem im Sommer meist der Schulunterricht, und es kommt vor, daß Lehrer wie Schüler mit dem Vieh zur Alp ziehen oder aus dem Fremdenverkehr als Fremdenführer u. s. w. Nutzen ziehen.
Ein Bild über die Leistungen der einzelnen Kantone geben die alljährlich stattfindenden Rekrutenprüfungen; 1893 ergaben dieselben (nach der Häufigkeit der guten Leistungen dargestellt) folgende Rangordnung der Kantone:
1) Basel-Stadt, 2) Thurgau, 3) Schaffhausen, 4) Genf, 5) Neuenburg, 6) Zürich, 7) Obwalden, 8) Glarus, 9) Waadt, 10) St. Gallen, 11) Zug, 12) Luzern und Graubünden, 13) Freiburg und Appenzell-Außerrhoden, 14) Aargau, 15) Bern und Solothurn, 16) Schwyz, 17) Nidwalden, 18) Basel-Land, Wallis und Tessin, 19) Appenzell-Innerrhoden, 20) Uri. Im allgemeinen stehen im Schulwesen die Kantone mit vorherrschender Landwirtschaft hinter denen mit Industrie, die Gebirgsgegenden hinter den Ländern des Juras und der Hochebene zurück.
Von den 1893 eingestellten Rekruten (25949) haben 5073 eine höhere als die Primärschule besucht. Der Schulunterricht beginnt im allgemeinen
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mit dem Ablauf des 6. Lebensjahres und wird in Primär-, Sekundär-, Fortbildungs- (und Rekruten-), Mittel- und Berufsschulen erteilt. 1893 gab es 8390 Primärschulen mit 6291 Lehrern, 3187 Lehrerinnen, 469820 Schülern, 679 Kleinkinderschulen mit 29432 Kindern, 482 Sekundärschulen mit 1257 Lehrern, 208 Lehrerinnen, 31871 Schülern und Schülerinnen. Ferner gab es 31 Mittelschulen mit Anschluß an das akademische Studium (Kantonsschulen, Gymnasien u. s. w.) mit 725 Lehrern und 8562 Schülern, sowie 45 Mittelschulen ohne Anschluß an das akademische Studium mit 4854 Schülern und 37 Lehrerbildungsanstalten, darunter 8 private. Im Anschluß an die Volksschule sind in den letzten Jahren zahlreiche Fortbildungsschulen und Handfertigkeitsschulen errichtet worden.
Die gewerbliche und Berufsbildung wird gefördert durch 177 subventionierte Schulen und Anstalten, darunter größere technische Schulen in Winterthur, Burgdorf, Biel (mit Eisenbahnschule) und Genf, der landwirtschaftliche Unterricht durch 4 landwirtschaftliche, 3 Weinbauschulen, eine Gartenbauschule, 4 landwirtschaftliche Winter und 4 Molkereischulen; außerdem werden Wandervorträge und Specialkurse abgehalten. Fortbildungsschulen mit freiwilligem Charakter bestanden (1892/93) 604 mit 16142 Schülern und 4002 Schülerinnen, Fortbildungsschulen mit obligatorischem Charakter 1036 mit 16962 Schülern; endlich zahlreiche Kursabteilungen für angehende Rekruten mit 19573 Teilnehmern.
In den 10 Anstalten für schwachsinnige Kinder befanden sich (1892/93) 200 Knaben und 126 Mädchen. Das Unterrichtswesen erforderte (1893) eine Gesamtausgabe von 37495517 Frs., d. i. 12,9 Frs. auf den Kopf der Bevölkerung; hierzu trugen die Gemeinden 20991184 Frs. bei; außerdem betragen die Ausgaben des Bundes für das Unterrichtswesen 1491630 Frs. Universitäten bestehen zu Basel (1460 gegründet), Bern (1834), Genf (1559 als Akademie gegründet, 1873 erweitert), Lausanne (1536), Zürich (1832) mit je 4 Fakultäten und Freiburg (specifisch katholisch, 1889) mit juristischer und philosophischer, seit 1890 auch mit theol.
Fakultät; Neuenburg hat eine Akademie (1866 gegründet, 1894 reorganisiert) mit 4 Fakultäten, jedoch ohne medizinische. Auf den genannten Hochschulen befanden sich (Winter 1893/94) 3699 Hörer, darunter 599 weibliche; immatrikuliert waren 2903 (335 weibliche), Ausländer 1126 (301). Theologie studierten 369 (darunter kath. Theologie 7 in Bern und 91 in Freiburg), Jurisprudenz 503 (5 weibliche), Medizin 1010 (204), Philosophie u. s. w. 1021 (126). Außerdem bestehen eine eidgenössische Polytechnische Schule in Zürich (1855), mit einer land- und forstwirtschaftlichen Abteilung, einer Schule für Kulturingenieure, Fachlehrer in mathem. und naturwissenschaftlicher Richtung und einer allgemein philos. und staatswirtschaftlichen Abteilung, ferner 4 Priesterseminarien und 2 Tierarzneischulen in Zürich und Bern.
Kunst und Wissenschaft werden mit Eifer und Erfolg gepflegt. Der Staat giebt jährlich 100000 Frs. Subvention; auch auf dem Wege der Association wird erhebliches geleistet. Die meisten größern Städte besitzen Kunstmuseen; außerdem macht alljährlich die allgemeine schweiz. Kunstausstellung die Runde durch die Hauptstädte. Alle 2 Jahre findet in Bern ein schweiz. «Kunstsalon» statt, in welchem der «Bund" für etwa 50000 Frs. Ankäufe macht. Die meisten Künstler zählen die roman. Kantone, namentlich Genf und Tessin. Von jetzt lebenden oder jüngst verstorbenen Künstlern sind zu erwähnen die Maler Anker, Barzaghi, Böcklin, Burnand, Buchser, Calame, Castan, Eug. und Jules Girardet, Giron, Grob, Koller, von Meuron, Alfred van Muyden, P. Robert, Ritz, Stauffer, Steffan, Stückelberger, B. Vautier, Zelger, Zünd u. s. w.; die Bildhauer Dorer, Kisling, Lanz, Len, F. Schlöth, Vela; die Kupferstecher Weber, Huber, die Graveurs Bovy, Durussel, Boßhardt und Homberg.
Die Musik zählt verhältnismäßig die meisten und eifrigsten Freunde; Sänger- und Musikvereine finden sich fast in allen größern Ortschaften. Stehende Theater giebt es nicht, doch haben Basel, Genf, Zürich, Bern, Lausanne, St. Gallen, Luzern, Chur u. a. Schauspielhäuser, in welchen während des Winters gespielt wird. Unter den Wissenschaften sind die Mathematik und die Naturwissenschaften von jeher mit Vorliebe gepflegt worden. Zu den altberühmten Namen Theophrastus Paracelsus, Justus Byrgius, J. J. Scheuchzer, Bernoulli, Euler, Merian, A. von Haller, Tissot, de Saussure, Bonnet, De Candolle reihen sich aus der neuern Zeit die Namen B. Studer, A. Escher von der Linth, Desor, Karl Vogt, F. von Tschudi, Rütimeyer, Oswald Heer, Heim, Forel, Pictet, Ludw. Schläfli u. a. Von den schweiz. Historikern sind Johannes von Müller, Meyer von Knonau, A. von Tillier, Kopp, Daguet, Jakob Burckhardt, Georg von Wyß und J. Dierauer die bekanntesten.
Als Dichter haben sich außer den ältern (A. von Haller, Sal. Geßner, Salis, Usteri u. s. w.) in neuerer Zeit besonders A. Bitzius (Jeremias Gotthelf), Gottfried Keller, Konrad F. Meyer, Ferdinand Schmidt (Dranmor), J. V. Widmann, J. und U. Ollivier, Marc-Monnier, E. Rambert, V. Cherbuliez u. a. m. einen Namen gemacht. Als Philosophen, Philologen u. s. w. sind bekannt J. J. Rousseau, Bodmer und Breitinger, Lavater, Pestalozzi, Zimmermann u. a. Die schweiz. Litteratur muß sich, um in weitern Kreisen Eingang zu finden, an die deutsche, französische und italienische anschließen; eine selbständige, freilich sehr kleine Litteratur haben nur die Rhätoromanen Graubündens.
Zeitungswesen. Die S. hat im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl die zahlreichste periodische Litteratur von allen Ländern Europas. 1893 erschienen 812 Zeitschriften und Journale, Amtsblätter u. dgl., von denen jedoch, abgesehen von den Publikationen der wissenschaftlichen Vereine und einigen großen polit. Blättern, wie «Neue Zürcher Zeitung» und «Züricher Post», «Basler Nachrichten», «Nationalzeitung» und «Allgemeine Schweizerzeitung» (Basel), «Vaterland» (Luzcrn),
«Bund» (Bern), «Gazette de Lausanne» und «Journal de Genève», die meisten nur örtliche Bedeutung haben. Die Zahl der polit. Blätter betrug 300, die der Amtsblätter 39, die der Anzeige- und Fremdenblätter 70; religiöse Zeitschriften bestanden 68, juristische 10, naturwissenschaftliche 16, litterarische und allgemein wissenschaftliche 67, land- und forstwirtschaftliche 37, Militärzeitungen 4, Schulzeitungen 115, Handel- und Gewerbeblätter 32, Blätter für Litteratur, Unterhaltung und Kunst 67. Die meisten Zeitungen besitzen die Kantone Bern (132), Zürich (128), Waadt (100), Genf (50), Aargau (53), Basel-Stadt (50), St. Gallen (65); die wenigsten Wallis (6), Zug (5), Glarus (2), Uri und Obwalden (je 3), Nidwalden und Appenzell Innerrhoden (je 2). Von den 812 in der S. erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich
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der Amts-, Anzeige-, Kurs- und Fremdenblätter, sind 237 in franz., 23 in ital., 3 in roman. und 5 in nichtschweiz. Sprachen geschrieben. Die wichtigsten Zeitungen sind in der französischen S. das «Journal de Genève» und die «Gazette de Lausanne». in der deutschen die «Basler Nachrichten», die «Nationalzeitung» und die «Allgemeine Schweizerzeitung» (Basel), «Der Bund» (Bern), die «Neue Zürcher Zeitung» und die «Züricher Post» (Zürich), «Vaterland» (Luzern). «Bund», «Basler Nachrichten», «Nationalzeitung» und «Züricher Post» sind radikal, «Journal de Genève», «Gazette de Lausanne», «Neue Zürcher Zeitung» sind liberal, «Allgemeine Schweizerzeitung» (protestantisch) und «Vaterland» (katholisch) konservativ.
Die socialdemokratische Partei besitzt in der deutschen S. 5 (Zürich, Basel, Bern) und in der französischen S. 1 Blatt. Die ältesten Zeitungen sind die «Zürcher Freitagszeitung», schon im 17. Jahrh. gegründet, die «Neue Zürcher Zeitung», 1788 gegründet. Elf der jetzt noch bestehenden Zeitungen und Zeitschriften wurden im 18. Jahrh. gegründet. Die bedeutendsten litterar. Blätter sind die «Bibliothèque universelle», gegründet 1796 in Genf und 1866 nach Lausanne verlegt, sowie die «Schweizerische Rundschau», seit 1891 in Zürich erscheinend. Eine ähnliche Stellung nimmt in der deutschen S. ein die «Schweizerische Rundschau» (Zürich, seit 1891). An die Stelle des Witzblattes «Postheiri», das früher in Solothurn erschien, ist nun der «Nebelspalter» von Zürich getreten. Die welsche S. zählt zwei Witzblätter in Genf. Die illustrierten Zeitungen haben neben der Konkurrenz Deutschlands und Frankreichs schweren Stand; die wissenschaftlichen und Fachzeitschriften stehen in engster Wechselbeziehung zu der entsprechenden Litteratur dieser beiden Länder. Gewerbliche Fachzeitschriften erscheinen 35, religiöse Blatter 20 und Kalender 48.
Wohlthätigkeitsanstalten. Die Armenpflege ist in den meisten Kantonen Sache der Bürgergemeinde (heimatliches Armenversorgungsprincip), in Neuenburg und Bern (deutscher Kantonsteil) Sache der Wohngemeinde (territoriales Princip), im jurassischen Kantonsteil Bern Sache der Freiwilligkeit; in Basel-Stadt endlich beruht sie auf Stiftungen und Freiwilligkeit (freiwillige Armenpflege). Das Bundesgesetz vom macht den Kantonen die Sorge für unbemittelte Angehörige anderer Kantone, die erkranken, und deren Rückkehr in ihre Heimatgemeinde nicht geschehen kann, zur Pflicht.
Armen, die dauernd der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fallen, und deren Heimatgemeinde oder Heimatkanton keine angemessene Unterstützung gewähren, kann die Niederlassung verweigert oder entzogen werden (Art. 45 der Bundesverfassung). Die amtliche Armenpflege wird ergänzt durch die private Wohlthätigkeit; der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (gegründet 1810) stehen kantonale gemeinnützige Gesellschaften zur Seite. Die älteste ist die Baseler Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen (gegründet 1777). Unter den zahlreichen wohlthätigen Anstalten seien genannt: die Waisenhäuser und Armenerziehungsanstalten (1893: 168), Erziehungsanstalten für Schwach- und Blödsinnige (8), für Blinde (5), für Taubstumme (15), Rettungs- und Zwangserziehungsanstalten (33), Heilstätten für Trinker (3), für Epileptische (2), Spitäler für Kinder, für Augenkranke, Ferienkolonien und Luftkurorte, Vereine und Stiftungen zur Verteilung von Milch, Brot, Suppe, Kleidern und Schuhen an arme Kinder, Arbeitshütten, Armenherbergen und Verpflegungsstationen, Asyle u. s. w., Schutzvereine und Arbeitslokale für entlassene Sträflinge u. s. w., Witwen- und Waisen-, Kranken- und Todesfallkassen u. a. m. Neben den Hospitälern u. s. w. sind noch die von Basel, Bern, Zürich seit 1895 im Hochgebirge errichteten Sanatorien für unbemittelte Lungenkranke zu erwähnen.
Zur Bekämpfung und Vorbeugung der Trunksucht und deren Folgen verabfolgt der Bund aus den Erträgnissen der eidgenössischen Alkohol-Monopolsverwaltung seit 1887 Beiträge (z. B. 1893: 5958001 Frs.). Der Bund bezahlt auch Subventionen an ein von den Arbeitervereinen und Gewerkschaften errichtetes und bestelltes deutsches und franz. Arbeitersekretariat, das sich mit Erhebungen und Bearbeitung socialer Fragen des Arbeiterstandes beschäftigt.
Verfassung und Verwaltung. Der Territorialbestand der für neutral erklärten und in ihrer Neutralität völkerrechtlich gewährleisteten S. wurde auf dem Wiener Kongreß nach Aufnahme der drei neuen Kantone Genf, Neuenburg und Wallis festgestellt und später durch den Vertrag vom in Bezug auf die Grenzen gegen Sardinien berichtigt. Eine innere Veränderung trat ein durch Trennung des Kantons Basel (1833) in zwei souveräne Halbkantone, wonach für Basel ein ähnliches bundesrechtliches Verhältnis geschaffen wurde, wie es seit Jahrhunderten für Unterwalden und Appenzell besteht.
Außerdem wurde 1848 das dem König von Preußen unterstehende Fürstentum Neuenburg in eine Republik verwandelt. Die äußern Grenzen der Eidgenossenschaft blieben, abgesehen von einigen kleinen Grenzberichtigungen gegen Frankreich, Deutschland und Italien, ungeändert. Durch die Bundesverfassung vom wodurch der Bundesvertrag vom seine Kraft verlor, noch mehr durch die revidierte Verfassung von 1874, hat der frühere eidgenössische Staatenbund den Übergang zum Bundesstaat vollendet.
Die wichtigsten Bestimmungen der neuen Bundesverfassung sind folgende: Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes nach außen, Handhabung von Ruhe und Ordnung im Innern, Schutz der Freiheit und der Rechte der Eidgenossen und Beförderung ihrer gemeinsamen Wohlfahrt. Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist. Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich. Besondere polit. Bündnisse zwischen den Kantonen sind untersagt.
Dem Bunde allein steht das Recht zu, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und Staatsverträge mit dem Auslande einzugehen. Jeder Schweizer ist wehrpflichtig. Die Gesetzgebung über das Heerwesen, der gesamte Militärunterricht und ebenso die Bewaffnung ist Sache des Bundes. Dem Bunde steht das Recht zu, im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines großen Teils derselben auf Kosten der Eidgenossenschaft öffentliche Werke zu errichten oder solche zu unterstützen. Der Bund hat das Recht der Oberaufsicht über die Wasserbau- und Forstpolizei im Hochgebirge, über Jagd und Fischerei und der Gesetzgebung über Bau und Betrieb der Eisenbahnen. Der Bund ist befugt, außer der bestehenden Polytechnischen Schule eine Universität und andere höhere Unterrichtsanstalten zu errichten oder solche Anstalten zu unterstützen. Jeder Kantonsbürger ist Schweizerbürger. Das Recht jedes
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Schweizers, sich innerhalb des schweiz. Gebietes an jedem Orte niederzulassen, ist durch wenig Ausnahmen beschränkt. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist unverletzlich erklärt. Die Errichtung von Bistümern auf schweiz. Gebiet unterliegt der Genehmigung des Bundes. Der Orden der Jesuiten und die ihm assiliierten Gesellschaften dürfen in keinem Teile der S. Aufnahme finden. Die Errichtung neuer und die Wiederherstellung aufgehobener Klöster oder religiöser Orden ist unzulässig. Die Feststellung und Beurkundung des Civilstandes ist Sache der bürgerlichen Behörden. Das Recht der Ehe steht unter dem Schutze des Bundes und darf weder aus kirchlichen, noch ökonomischen, noch polizeilichen Gründen beschränkt werden. Die Preßfreiheit, das Vereinsrecht und das Petitionsrecht sind gewährleistet. Niemand darf seinem verfassungsmäßigen Richter entzogen werden. Die geistliche Gerichtsbarkeit ist abgeschafft.
Die oberste Gewalt wird durch die Bundesversammlung ausgeübt, welche aus dem Nationalrat mit verhältnismäßiger und dem Ständerat mit gleichmäßiger Repräsentanz besteht. Der Nationalrat ist der Vertreter der Nation und wird aus Abgeordneten des schweiz. Volks, je ein Mitglied auf 20000 Seelen, in direkter Wahl (in 52 Wahlkreisen, gegenwärtig 147) gebildet. Die Wahlkreise verteilen sich seit 1890 auf die Kantone folgendermaßen: Aargau 10, Appenzell-Außerrhoden 3, Appenzell-Innerrhoden 1, Basel-Land 3, Basel-Stadt 4, Bern 27, Freiburg 6, Genf 5, Glarus 2, Graubünden 5, Luzern 7, Neuenburg 5, Nidwalden 1, Obwalden 1, St. Gallen 11, Schaffhausen 2, Schwyz 3, Solothurn 4, Tessin 6, Thurgau 5, Uri 1, Waadt 12, Wallis 5, Zürich 17, Zug 1. Die Nationalräte erhalten aus der Bundeskasse Reiseentschädigungen und ein Taggeld von je 20 Frs. In gleicher Weise werden sie entschädigt, wenn sie außerhalb der Sessionen an Kommissionssitzungen teilnehmen.
Amtsdauer drei Jahre. Der Ständerat ist Vertreter der eidgenössischen Stände, d. h. der Kantone, und besteht aus 44 Abgeordneten derselben, je zwei aus jedem Kanton und je einer aus jedem Halbkanton. In den Kantonen Appenzell-Außerrhoden, Basel-Stadt, Glarus, Graubünden, Obwalden, Nidwalden, Schaffhausen, Solothurn, Thurgau, Uri, Zürich und Zug wählt das Volk, in den übrigen Kantonen die gesetzgebende Behörde (Kantonsrat, Großer Rat, Landrat) die Ständeräte; entschädigt werden diese durch die Kantone.
Beide Räte versammeln sich jährlich einmal zu ordentlichen (getrennten) und außerdem je nach Bedürfnis zu außerordentlichen Sitzungen. Die Dauer jeder Session beträgt 2-4 Wochen. Für Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse ist die Zustimmung beider Räte erforderlich. Bundesgesetze sowie allgemein verbindliche Bundesbeschlüsse, die nicht dringlicher Natur sind, sollen überdies dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden, wenn es von 30000 stimmberechtigten Schweizerbürgern oder 8 Kantonen verlangt wird (fakultatives Referendum).
Falls 50000 Schweizerbürger durch Namensunterschrift es verlangen, muß ein von ihnen vorgeschlagener Gesetzentwurf nach vorausgehender Behandlung in den Räten dem Volke zur Abstimmung vorgelegt werden (Recht der Initiative). Die Volksinitiative gelangte 1894 zum erstenmal zur Anwendung bei der Einführung des Schächtverbotgesetzes, während der Gesetzesvorschlag «Recht auf Arbeit» (s. d.) vom Schweizervolk mit großer Mehrheit verworfen wurde. Die Sitzungen beider Räte sind in der Regel öffentlich.
Wenn es sich um Begnadigungsgesuche, um Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bundesbehörden, um die Wahl von Bundesräten, Bundesrichtern oder des Generals handelt, finden gemeinsame Sitzungen beider Räte (d. i. vereinigte Bundesversammlung) unter dem Vorsitz des Nationalratspräsidenten statt. Die oberste vollziehende und leitende Behörde ist der Bundesrat. Er besteht aus 7 Mitgliedern, die durch die vereinigte Bundesversammlung auf 3 Jahre gewählt werden.
An der Spitze steht der Bundespräsident und der Vicepräsident, beide je auf ein Jahr gewählt und in dieser Eigenschaft im folgenden Jahr nicht wieder wählbar. Jedem Mitglied ist ein besonderes Departement zugeteilt. Jedes Departement hat ein Mitglied des Bundesrats zu seinem Vorstand; diese Einteilung hat aber einzig zum Zweck, die Prüfung und Besorgung der Geschäfte zu fördern; der jeweilige Entscheid geht vom Bundesrat als Gesamtbehörde aus. Die Bundesverfassung kann jederzeit durch Bundesgesetz revidiert werden.
In den Kantonsverfassungen ist die Demokratie, d. h. die unmittelbare Beteiligung der stimmfähigen Bürger an der Gesetzgebung, in sehr verschiedenem Grade ausgebildet. (Vgl. die einzelnen Kantone und Referendum.) Sitz des Bundesrats und der Bundesversammlung ist Bern, des Bundesgerichts Lausanne. Die diplomat. Vertretung im Auslande wird durch Gesandtschaften in Berlin, Wien, Rom, Paris, London, Washington und Buenos-Aires und durch 89 Konsulate besorgt. Das Wappen der S. ist ein schwebendes silbernes Kreuz im roten Felde; die Landesfarben sind Rot und Weiß.
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Rechtspflege. Die Ausübung der Rechtspflege, soweit sie Bundessache ist, wird durch ein Bundesgericht von 14 Mitgliedern gehandhabt. Dasselbe urteilt mit Zuziehung von Geschworenen in Straffällen, über Hochverrat, Aufruhr, Verbrechen gegen das Völkerrecht u. s. w. Im schweiz. Recht hat sich noch viel Altgermanisches erhalten, und das röm. Recht hat sich mit Ausnahme einiger Grenzkantone nirgends durchgreifenden Eingang verschaffen können. Civil- und Strafrecht sind in den einzelnen Kantonen sehr verschieden; während in der Verwaltung der Justiz und Polizei die wichtigsten Kantone den andern civilisierten Staaten nicht nachstehen, herrschen in einigen Kantonen mit vorwiegend Alpwirtschaft noch primitive, zum Teil mittelalterliche Rechtszustände.
Sehr verschieden sind die Prozeßformen, welchen in der Regel entweder die Einrichtungen des deutschen oder des franz. Gerichtsverfahrens zu Grunde liegen. Manche Kantone haben für Kriminal-, teilweise auch für Zuchtpolizeifälle das Institut der Geschworenen eingeführt. Ebenso existieren in einigen industriellen Kantonen (Basel, Genf, Zürich) gewerbliche Schiedsgerichte zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, bestehend aus von beiden Ständen gewählten Vertretern beider Stände. Die wiederholt angestrebte Einheitlichkeit der gesamten Civil- und Strafgesetzgebung für die ganze S. ist bis
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jetzt nicht erreicht worden, doch besteht seit 1883 ein eidgenössisches Obligationenrecht und seit 1892 ein eidgenössisches Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs. Entwürfe für ein einheitliches Privatrecht und Strafrecht werden gegenwärtig (1895) ausgearbeitet.
Finanzen. Die eidgenössische Staatsrechnung von 1894 weist 84047312 Frs. Einnahmen und 83675812 Frs. Ausgaben auf. Unter den Einnahmen sind Ertrag der Immobilien 478381, der angelegten und Betriebskapitalien 1475283, Auswärtiges Departement 330057, Militär 2353122, Finanzen und Zölle 47235456, Industrie- und Landwirtschaft 174600, Posten 25726133, Telegraphen und Telephone 6019352, Eisenbahnen 179085 Frs. Unter den Ausgaben sind Amortisation und Verzinsung der Staatsschuld 4013267, allgemeine Verwaltung 1038020, Auswärtiges 955693, Inneres Departement 9633476, Militär 24780828, Finanz und Zollverwaltung 9984188, Industrie und Landwirtschaft 3161946, Posten 24325950, Telegraphen und Telephone 5225653 und Eisenbahnen 250335 Frs. Der Vermögensstand des Bundes betrug 136835813 Frs.
Aktiva und 85203586 Frs. Passiva; unter letztern sind 74690000 Frs. Staatsanleihen (1887: 25,996, 1889: 23,694, 1892: 5,1894: 20 Mill. Frs., sämtlich zu 3 ½ Proz. verzinslich), 6025749 Frs. Münzreservefonds und 1462129 Frs. Eisenbahnfonds. Unter den Fonds mit besonderer Verwaltung ist der bedeutendste der Eisenbahnfonds, angelegt zum Ankauf von Prioritätsaktien der Jura-Simplon-Bahn; er besaß (Ende 1894) 77090 solcher Aktien im Wert von 46,124 Mill. Frs. und für 12,184 Mill. Frs. andere Wertpapiere; seine Passiven betrugen 69,333 Mill. Frs. in 3prozentigen Rententiteln. An direkten Steuern besitzt der Bund nur die «Militärpflichtersatzsteuer», in deren Betrag er sich mit den Kantonen zur Hälfte zu teilen hat (1894 Anteil des Bundes 1489475 Frs.), an Monopolen das Pulverregal (160103 Frs.) und das Alkoholmonopol, das aber in der Staatsrechnung nicht figuriert, da es besonders verwaltet wird und alle Erträgnisse an die Kantone abgiebt. Ein Gesetzentwurf über Einführung des Zündholzmonopols liegt (Mai 1895) der Bundesversammlung vor. - Das Banknotenmonopol (s. oben) wird demnächst eingeführt werden, die Einführung des Tabakmonopols ist in Aussicht genommen behufs Durchführung der allgemeinen obligatorischen Krankenversicherung (s. oben). - Die Zollverwaltung ergab an Eingangszöllen 40752543 Frs., an Ausfuhrzöllen 108532 Frs., an statist. Gebühren 114454 Frs.
Über das Heerwesen s. Schweizerisches Heerwesen.
Litteratur zur Geographie, Statistik u. s. w., Karten. Geographie: Neue Denkschriften der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft (seit 1829);
Gemälde der S. (19 Bde., St. Gallen 1834-49);
Meyer von Knonau, Erdkunde der schweiz. Eidgenossenschaft (2. Aufl., 2 Bde., Zür. 1838-39): B. Studer, Geologie der S. (2 Bde., Bern 1851-53);
ders., Geschichte der physik.
Geographie der S. (Zür. 1863); Beiträge zur geolog. Karte der S. (Bern 1863 fg.);
Jahrbuch des schweiz. Alpenklubs (seit 1865);
Christ, Über die Pflanzendecke des Juragebirges (1868);
ders., Das Pflanzenleben der S. (Zür. 1879);
G. Studer, Über Eis und Schnee.
Die höchsten Gipfel der S. und die Geschichte ihrer Besteigung (3 Abteil., Bern 1869-71);
Studer, Index der Petrographie und Stratigraphie der S. und ihrer Umgebungen (ebd. 1872);
Gerster, Atlas der Heimatskunde (ebd. 1872);
Rütimeyer, über Thal- und Seebildung.
Beiträge zum Verständnis der Oberfläche der S. (1. u. 2. Aufl., Bas. 1874);
Berlepsch, Schweizerkunde (2. Aufl., Braunschw. 1875);
ders., Die Alpen in Natur- und Lebensbildern (5. Aufl., Jena 1885);
Kaden, Das Schweizerland (Stuttg. 1877);
Gsell-Fels, Die S. (2 Bde., Münch. 1877; 2. Aufl. in 1 Bde., Zür. 1882);
Egli, Taschenbuch für schweiz. Geographie (2. Aufl., Zür. 1878);
ders., Neue Schweizerkunde (8. Aufl., St. Gallen 1889): Bavier, Die Straßen der S. (Zür. 1878);
Heer, Urwelt der S. (2. Aufl., ebd. 1879);
ders., Nivale Flora der S. (1884);
Schröter, Die Flora der Eiszeit (Zür. 1882);
G. Peyer, Geschichte des Reisens in der S. (Bas. 1885);
Egli, Heim und Billwiller, Die S. (in «Unser Wissen von der Erde», Prag und Lpz. 1889);
C. Schmidt, Zur Geologie der Schweizeralpen (Bas. 1889);
Coolidge, Swiss travel and Swiss guidebook (Lond. 1889);
F. von Tschudi, Tierleben der Alpenwelt (11. Aufl., Lpz. 1890);
Bibliographie der schweiz. Landeskunde (Bern 1892 fg.). - Reiseführer: Gsell-Fels, Die Bäder und klimatischen Kurorte der S. (Zür. 1880; 3. Aufl. 1892);
Berlepsch, Die S. (22. Aufl., ebd. 1890; fortgesetzt u. d. T.: Schmidts Reisebücher. S., 9. Aufl., ebd. (1893);
Loetscher, Schweizer Kur-Almanach (11. Aufl., ebd. 1892);
Meyers Reisebücher (13. Aufl., Lpz. 1892);
F. von Tschudi, Der Turist in der S. (32. Aufl., Zür. 1892);
Baedeker (25. Aufl., Lpz. 1893). - Statistik, Unterrichtswesen u. s. w.: Statistik der einzelnen Verwaltungszweige, wie Post- und Telegraphenstatistik u. s. w.;
Ziegler, Die Gewerbthätigkeit der S. (Winterth. 1858);
Bär, Die Industrie der S. (Lpz. 1859);
Emminghaus, Die schweiz. Volkswirtschaft (2 Bde., ebd. 1860), J. Meyer, Land, Volk und Staat der schweiz. Eidgenossenschaft (2 Bde., Zür. 1861);
Schweiz. Statistik. Amtliche Veröffentlichungen des eidgenössischen Statistischen Bureaus (Bern, seit 1861);
Zeitschrift für schweiz. Statistik (ebd., seit 1865);
Rob. Weber, Die poet.
Nationallitteratur der deutschen S. (4 Bde., Glarus 1866-76);
Allgemeine Beschreibung und Statistik der S. (hg. von Wirth, 3 Bde., Zür. 1870-75);
Böhmert, Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der S. (2 Bde., ebd. 1873);
H. Wartmann, Atlas über die Entwicklung von Industrie und Handel der S. (Winterth. 1873);
Harfin, Statist. Tafel der S. [* ] (Zür. 1878);
Feiß, Das Wehrwesen der S. (2. Aufl., ebd. 1880);
A. Furrer, Volkswirtschaftslexikon der S. (4 Bde., Bern 1885-92);
Polit. Jahrbuch der schweiz. Eidgenossenschaft (hg. von Hilty, ebd., seit 1886);
Landwirtschaftliches Jahrbuch der S., hg. vom schweiz. Landwirtschaftlichen Departement (Zürich, seit 1887);
Henry Weber, Neues vollständiges Ortslexikon der S. (2. Aufl., St. Gallen 1887);
Grob, Jahrbuch des Unterrichtswesens in der S. (Zür. 1888 fg.; seit 1891 hg. von Alb. Huber);
Pädagogiscbe Prüfung bei der Rekrutierung, hg. vom eidgenößischen Statistischen Bureau, (ebd., seit 1875 jährlich);
Lambelet, Orts- und Bevölkerungslexikon der S. (ebd. 1889);
Godet, Histoire littéraire de la Suisse française (Neuchâtel 1889);
Rossel, Histoire littéraire de la Suisse romande (2 Bde., Genf 1889-90);
Schweiz. Ortslexikon (3. Aufl., Bern 1890);
von Liebenau, Das Gasthofs- und Wirtshausleben der S. in älterer Zeit (Zür. 1891): Statist.
Jahrbuch der S. (Bern, seit 1891 jährlich);
Bächtold, Geschichte der deutschen Litteratur in der
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S. (2 Bde., Frauenfeld 1892); Das schweiz. Schulwesen, herausgegeben anläßlich der Weltausstellung in Chicago (1893); Bericht über Handel und Industrie der S. 1893. Erstattet vom Vorort des schweiz. Handels- und Industrievereins (Zür. 1894). - Staatsrecht und Verfassung: Snell, Handbuch des schweiz. Staatsrechts (2 Bde., mit Nachträgen, Zür. 1839-48);
VBluntschli, Geschichte des schweiz. Bundesrechts, Bd. 1 (2. Aufl., Stuttg. 1875);
J. Meyer, Geschichte des schweiz. Bundesrechts (2 Bde. u. Supplement, Winterth. 1875-81);
Blumer-Morel, Handbuch des schweiz. Bundesstaatsrechts (2. Aufl., Schaffh. 1877; 3. Aufl., Bd. 1, Bas. 1891; 2. Aufl., Bd. 2 u. 3, 1880 fg.);
Dubs, Das öffentliche Recht der schweiz. Eidgenossenschaft (2 Bde., Zür. 1877);
Curti, Geschichte der schweiz. Volksgesetzgebung (2. Aufl., Lpz. und Zür. 1885);
von Orelli, Das Staatsrecht der schweiz. Eidgenossenschaft (Freib. i. Br. 1885);
Huber, System und Geschichte des schweiz. Privatrechts (4 Bde., Bas. 1886-93);
Schollenberger, Vergleichende Darstellung aus dem öffentlichen Rechte der schweiz. Kantone (3 Tle., Zür. 1888-91);
Eichmann, Sammlung der schweiz. Handelsverträge und der Konventionaltarife aller Länder (Bern 1889);
Adams, The Suiss Confederation (Lond. 1889; französisch von Loumyer, Bas. 1890);
P. Wolf, Die schweiz. Bundesgesetzgebung (2 Bde., Bas. 1889-91);
Strickler, Schweiz. Verfassungsbüchlein (Bern 1890);
Pfenninger, Das Strafrecht der S. (Berl. 1890);
Georg Schanz, Die Steuern der S. (5 Bde., Stuttg. 1890);
Stooß, Die schweiz. Strafgesetzbücher (Bas. 1890);
ders., Grundzüge des schweiz. Strafrechts (ebd. 1893);
von Muyden, La Suisse sous le pacte de 1815 (2 Bde., Lausanne 1890-92);
Hilty, Die Bundesverfassungen der schweiz. Eidgenossenschaft (Festschrift, Bern 1891);
von Ah, Bundesbriefe der schweiz. Eidgenossenschaft (Einsiedeln 1891);
Schweizer, Geschichte der schweiz. Neutralität (Frauenf. 1895);
von Salis, Schweiz. Bundesrecht (4 Bde., Bern 1891-93). - Karten: Topogr. Karte der S. (Dufourkarte, 1865 unter Leitung des Generals Dufour (s. d.) vollendet, 1:100000, 25 Blätter, 1846-65); Topogr. Atlas der S. (Siegfried-Atlas) im Maßstab der Originalaufnahme (Hochgebirge 1:50000, Hochebene und Jura 1:25000); Karte der S., nach der Dufourkarte reduziert (1:250000, 4 Blätter, 1871-75);
Karten von Keller (8 Blätter, 1:200000, 1889);
Ziegler (4 Blätter, 1:380000) und Leuzinger (1:400000, 1882, jährlich in neuer Auflage);
Studer und Escher von der Linth, Geolog.
Karte der S. (1:380000, 1874; neue Ausg. 1893); Reliefkarten von Leuzinger (1:530000, Winterth. 1884), Simon (Basel), Bürgi (Basel), E. Beck (Bern), Imfeld (Reliefkarte der Centralschweiz, Zürich) und Schöll (St. Gallen). Die besten Karten der S. sind die Dufourkarte und der Siegfried-Atlas in 546 Blättern (von dem bis Ende 1894: 44 Lieferungen zu 526 Blättern erschienen sind).
Ältere Geschichte bis 1798. Obwohl das jetzige Gebiet der S., wie die Höhlenfunde von Thäingen und Schweizersbild (Schaffhausen) und an andern Orten sowie die seit 1853 in vielen Schweizerseen entdeckten Pfahlbauten beweisen, schon sehr früh besiedelt war, beginnt doch die eigentliche Geschichte des Landes erst mit der Zeit, in der die Helvetier (s. d.) mit den Römern in Berührung kamen und von diesen 58 v. Chr. durch den Sieg Cäsars bei Bibracte unterworfen wurden.
Nachdem im J. 57 auch die kleinen kelt. Stämme des Wallis und 15 die der Rhätier unterworfen waren, gehörte der mittlere nördl. und westl. Teil der jetzigen S. zu Gallien, der östliche zu Rhätien. Hauptstadt des Landes, das im Westen bald röm. Kultur annahm, war die Stadt Aventicum (s. Avenches). Mit der zweiten Hälfte des 3. Jahrh. begannen die Einfälle der Alamannen, die 264 n. Chr. Aventicum zerstörten und von 406 an nach Vernichtung der röm. Herrschaft sich bleibend im nordöstl.
Teile des Landes ansiedelten. Ihnen folgten die Burgunder, die 443 durch Vertrag von den Römern die Provinz Sapaudia (Savoyen) erhielten und sich nach und nach über die Westschweiz verbreiteten, auch röm. Sprache und Sitten annahmen. Die Alamannen wurden 496, die Burgunder 534 von den Franken unterworfen, denen 536 auch Rhätien zufiel, dagegen kamen die ital. Thäler der S., in denen sich nach 569 Langobarden angesiedelt hatten, erst 774 an das Fränkische Reich.
Unter der Herrschaft der Franken blühte das oft verheerte Land wieder empor. Neue Städte wurden gegründet, andere, wie Zürich und Lausanne, neu aufgebaut; es entwickelte sich ein mächtiges Kirchentum mit Bistümern und zahlreichen Klöstern, die als Kern neuer Ansiedelungen dienten. Unter den schwachen Nachfolgern Karls d. Gr. zerfiel jedoch das fränk. Helvetien wieder in seine Teile. Während Rhätien und der ganze Nordosten bei dem Herzogtum Alamannien verblieben, das seit 920 einen Bestandteil des Deutschen Reichs bildete, machte 888 der Graf Rudolf, ein Welfe, die burgundische S. zu dem selbständigen Königreich Hochburgund. (S. Burgund, Bd. 3, S. 766.) Von 1032 an war das Schicksal der S. mit dem des Deutschen Reichs eng verknüpft.
Durch Verleihung kam Schwaben an die auch in Burgund begüterten Grafen von Rheinfelden, später (1090) an deren Erben, die Zähringer. Diese mußten indes 1098 auf das Herzogtum Schwaben verzichten und sich mit der Reichsvogtei Zürich begnügen. Später wurden sie (1127) Rektoren von Burgund und begründeten zum Schutz gegen den widerspenstigen Adel Städte, wie Freiburg im Üchtland (um 1177) und Bern (1191). Nach dem Aussterben der Zähringer (1218) ging das Rektorat ein; die Städte Bern, Solothurn, Zürich und andere wurden reichsfrei, die Eigengüter der Zähringer aber fielen an die Kyburger. Schon längst hatten sich eine Reihe kleinerer weltlicher Herrschaften (unter den Grafen von Savoyen, Genf, Greyerz, Neuenburg, Lenzburg, Habsburg, Rapperswil, Toggenburg u. a.) und geistlicher Territorien (wie der Bischöfe von Genf, Sitten, Lausanne, Basel, Constanz, Chur; der Äbte von St. Gallen, Einsiedeln, Muri u. a.) herausgebildet.
Ende des 13. Jahrh. hatte in der Westschweiz das Haus Savoyen durch die Eroberung der Waadt und des Unterwallis die Vorherrschaft erlangt; in der Mittel- und Ostschweiz gewann das Haus Habsburg überwiegenden Einfluß und suchte diesen besonders nach der Erhebung Rudolfs von Habsburg zum Deutschen König (1273) zu verstärken. Nach dessen Tod schlossen die Bergländer Uri und Schwyz in Erneuerung eines ältern Bündnisses aus der Zeit der ersten Erhebung gegen Habsburg (1245-50) unter sich und mit dem benachbarten Unterwalden einen «ewigen Bund» zur Behauptung ihrer Rechte und Freiheiten. Auch Albrecht I. weigerte sich, wie sein Vater Rudolf I., die Freibriefe der Waldstätte anzuerkennen, seine Ermordung 1308
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war daher für diese nur günstig. Die Erzählung von einer beabsichtigten gewaltsamen Unterwerfung der Urkantone durch König Albrechts Vögte Geßler und Landenberg sowie vom Schwur auf dem Rütli und dem Tell (s. d.) beruht auf einer im 15. und 16. Jahrh. aus volkstümlichen alten Überlieferungen und gelehrter Kombination entstandenen Sage. Albrechts Nachfolger, Kaiser Heinrich VII., bestätigte den Waldstätten ihre Freiheiten und gab auch Unterwalden (1309) einen Freibrief.
In dem Thronstreit zwischen Kaiser Ludwig dem Bayer und Friedrich von Österreich hielten die Waldstätte zu ersterm. Friedrich erklärte sie deshalb in die Acht und sandte zu deren Vollstreckung seinen Bruder Leopold in die S. Dieser wurde am Morgarten geschlagen, und die Waldstätte erneuerten nun 9. Dez. zu Brunnen den «ewigen Bund». Wie diese, so hatten auch andere Länder und Städte der S. sich der Angriffe der Habsburger zu erwehren. Dies führte neue Glieder dem Bunde zu; so Luzern 1332, Zürich 1351, Glarus und Zug 1352 (definitiv erst 1368 und 1389),
Bern 1353. Auf diese Verbündeten, die sog. acht alten Orte, wurde in der Folge der Name des hervorragendsten Ortes unter den Waldstätten "Schwyz", , «Schwyzer» übertragen. Die junge Eidgenossenschaft dieser acht Orte, die bis 1481 die einzigen vollberechtigten Bundesglieder blieben, verstärkte sich bald durch Bündnisse einzelner Orte mit benachbarten Städten und Landschaften. Dagegen suchte auch Österreich seine Besitzungen zu erweitern und der Ausbreitung der Eidgenossenschaft entgegenzuwirken; aber ohne Erfolg, denn im Kyburger Kriege (1382-84) wurden die mit Österreich eng verknüpften Grafen von Neu-Kyburg gezwungen, ihre meisten Besitzungen an Bern und Solothurn zu verkaufen; durch die Schlacht von Sempach 1386 sicherten die Waldstätte und Luzern, durch die bei Näfels 1388 die Glarner ihre Unabhängigkeit.
Durch diese Erfolge ward die Macht Österreichs in der S. gebrochen, und in dem 1389 für 7, 1394 für 20 Jahre geschlossenen Frieden mußte es die Eidgenossenschaft anerkennen. Schon waren neben den lokalen auch allgemeine Bünde unter den sieben oder acht Orten geschlossen worden, wie der Pfaffenbrief von 1370 zur Sicherung des Landfriedens und zugleich der Jurisdiktion gegenüber Geistlichen und der Sempacherbrief von 1393 zur Wahrung der Kriegsdisciplin. Während der nun folgenden Friedensjahre blühten die acht Orte kräftig auf und erweiterten auf friedliche Weise ihr Gebiet, wobei aber die erkauften Herrschaften nicht frei, sondern wie die spätern Eroberungen Unterthanenländer wurden. Bald aber gingen die Eidgenossen aus der Stellung der Angegriffenen in die der Angreifenden über. Trotz des 1412 mit Österreich geschlossenen 50jährigen Friedens eroberten sie 1415 im Auftrag Kaiser Sigismunds den Aargau.
Durch einen Zwist um das Erbe des letzten Grafen von Toggenburg (gest. 1436) wurde Zürich zunächst mit Schwyz, dann auch mit den übrigen Orten verfeindet und durch verblendete Führer zum Bündnis mit Österreich getrieben. Der dadurch verursachte «alte Zürichkrieg» (1436-50), in welchem die Züricher 1442 bei St. Jakob an der Sihl geschlagen wurden und die Eidgenossen durch ihre heldenmütige Tapferkeit bei St. Jakob an der Birs das Vorrücken der mit Zürich und Österreich verbündeten Armagnaken unter Führung des franz. Dauphin Ludwig verhinderten, endete damit, daß Zürichs Bund mit Österreich aufgelöst wurde.
Nun erstarkte die S. zusehends. Sie erweiterte ihr Gebiet durch Eroberungen, z. B. 1460 des Thurgaus, und schloß neue Bündnisse und Verträge (mit Appenzell, beiden St. Gallen (Stadt und Abt) u. s. w. Mit Österreich folgte 1474 in der «Ewigen Richtung» (s. d.) ein definitiver Ausgleich. In den Burgunderkriegen 1474-77 brach die Eidgenossenschaft mit Hilfe ihrer Verbündeten aus Lothringen, Elsaß und Vorderösterreich die Macht Karls des Kühnen (s. d.) durch die Schlachten von Granson, Murten und Nancy.
Eben dieser Krieg, speciell das Aufnahmegesuch der Städte Freiburg und Solothurn in den Bund, veranlaßte eine innere Krisis, die durch Nikolaus von der Flües (s. d.) Zuthun auf dem Tage zu Stans 1481 in dem Sinne geschlichtet wurde, daß Freiburg und Solothurn unter beschränkender Bedingung in den Bund aufgenommen wurden und daß die acht Orte unter sich einen neuen Bund schlössen zur Stärkung der Regierungsgewalt (Stanser Verkommnis). Je mehr aber in der S. eine eigentümliche Staatsform ausgeprägt wurde, um so mehr drängte die Entwicklung zu einer Lösung vom Reich. Im Schwabenkrieg von 1499 erfocht sie ihre faktische Unabhängigkeit und Trennung vom Deutschen Reiche, deren völkerrechtliche Bestätigung allerdings erst 1648 im Westfälischen Frieden erfolgte.
Damit war die Eidgenossenschaft auf dem Gipfel ihrer Macht angelangt. Die Höfe von Frankreich, Mailand und selbst Österreich wetteiferten um ihre Freundschaft und Hilfe. Der ausländische Kriegsdienst (Söldnerdienst, Reislaufen), der schon früher begonnen hatte, nahm bedeutend zu. Ganze eidgenössische Heere wurden bald Frankreich, bald Mailand, dann wieder dem Papst und der Republik Venedig zugeführt. 1512 eroberten die Schweizer durch den großen Pavierzug für Maximilian Sforza als Gegner Frankreichs die ganze Lombardei, schlugen neuerdings 1513 bei Novara die Franzosen, wurden aber 1515 bei Marignano (s. Melegnano) von diesen besiegt.
Durch den Ewigen Frieden mit Frankreich behielten sie 1516 das Tessin, wovon sie einzelne Teile schon früher erobert hatten, und für die verbündeten Graubündener das Veltlin und nahmen im franz. Solde auch in der Folge an den ital. Kriegen teil, bis ihnen die Niederlagen von Bicocca 1522 und Pavia 1525 die Einmischung in die großen Welthändel verleideten. Von da an hörte der Gebrauch auf, mit ganzen schweiz. Heeren für andere Mächte ins Feld zu ziehen. Man begnügte sich, einzelne Regimenter oder Fahnen kriegslustiger Freiwilliger für einen oder mehrere Kriege ins Ausland zu verdingen.
So stark nach außen die Eidgenossenschaft am Anfang des 16. Jahrh. erschien, nachdem sie sich noch durch die Aufnahme von Basel, Schaffhausen (1501) und Appenzell (1513) zum Bunde der 13 Orte erweitert hatte, so uneinig und zerrüttet war sie im Innern. Die Üppigkeit und Verderbtheit, die durch das Reislaufen und das damit verbundene Unwesen, vom Auslande Pensionen und Jahrgelder zu beziehen, immer mehr einriß, die Eifersucht zwischen Städten und Ländern waren ebenso viele Keime innerer Zersetzung. Die größte Spaltung aber bewirkte die Reformation, die in Zürich seit 1519 durch Ulrich Zwingli, in Basel durch Ökolampadius, in Bern durch Berthold Haller, in der französischen S. durch Calvin, Farel, Viret u. a. gepredigt wurde (s. Reformierte Kirche) und in den meisten städtischen Kantonen und deren Unterthanenländern