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unwesentliche Überschüsse auswies, trotzdem schon große Summen für die nordländischen Eisenbahnbauten bewilligt wurden. So konnte die Regierung von neuem die Umgestaltung des völlig ungenügenden Wehrsystems in Angriff nehmen, zunächst ohne Erfolg, da die Zweite Kammer das von der Regierung vorgeschlagene Wehrpflichtgesetz ablehnte. Der seit Okt. 1889 am Ruder befindliche Ministerpräsident Akerhjelm demissionierte, und an seine Stelle trat Juli 1891 Boström, der 1892 das Wehrpflichtgesetz von neuem an den Reichstag brachte, wo es im April wieder abgelehnt wurde. Durch einen «Offenen Brief», worin in warmen Worten auf die Notwendigkeit der Landesverteidigung hingewiesen wurde, berief der König den Reichstag zum 17. Okt. zu einer außerordentlichen Tagung, um nochmals über die Wehrvorlage zu beraten, die nun endlich 23. Nov. zur Annahme gelangte. Danach wurde das Land in 6 Armeebezirke eingeteilt, die Wehrpflicht auf 20 Jahre ausgedehnt und die Übungszeit auf 90 Tage festgesetzt.
Wie in fast allen europ. Staaten hat in den letzten Jahrzehnten auch in S. die Socialdemokratie Eingang gefunden, die man 1889 durch ein Arbeiterschutzgesetz zu bekämpfen suchte sowie durch eine Verschärfung des Strafgesetzes, wodurch strengere Strafen für Aufforderungen zu Gewaltthätigkeiten u. s. w. festgesetzt wurden. Eins der Hauptmittel, wodurch die Socialdemokratie zur Erreichung ihrer Ziele zu gelangen sucht, ist das allgemeine Stimmrecht, für das im Verein mit den Radikalen eine lebhafte Agitation ins Werk gesetzt wurde. Um hierfür Propaganda zumachen, versammelte sich ein sog. «Volksreichstag» in Stockholm, [* 2] der von allen vom Wahlrecht Ausgeschlossenen gewählt war und Adressen und Petitionen um das allgemeine Stimmrecht an den Ministerpräsidenten, die Kammern und den König richtete.
Die Antwort, die der König erteilte, war nicht direkt abweisend, dagegen setzte er um so energischern Widerstand den Bestrebungen der norweg. Radikalen gegenüber, die auf eine Lösung des Unionsverhältnisses zwischen S. und Norwegen [* 3] hinarbeiteten (s. Norwegen, Bd. 12, S. 450 a), wie sich auch beide schwed. Kammern mit großen Majoritäten April 1893 gegen die norweg. Forderung der Trennung des Konsulatswesens aussprachen. Lebhafte Debatten erregte ein Regierungsvorschlag, die Zahl der Abgeordneten, die bisher mit der Bevölkerungszunahme ebenfalls zugenommen hatte, endgültig festzustellen; er wurde vom Reichstag genehmigt und die Mitgliederzahl der Ersten Kammer auf 150, die der Zweiten auf 230 festgesetzt (150 Abgeordnete von Städten, 80 vom Lande). Der 300jährige Geburtstag Gustav Adolfs wurde als ein nationaler Festtag begangen; ein deutsches Geschwader unter der Führung des Prinzen Heinrich von Preußen [* 4] nahm an den Festlichkeiten teil.
Litteratur.
Vgl. über die schwed. Geschichte die Quellensammlungen von Fant, Geijer und Schröder (Scriptores rerum Suecicarum medii aevi, 3 Bde., Upsala [* 5] 1818-76);
ferner Handlingar rörande Skandinaviens historia (Stockh. 1830 fg.);
das von Liljegren begonnene, von Hildebrand fortgesetzte Diplomatarium Suecanum (ebd. 1827 fg.);
Svenska Riksdagsakter seit 1521, von E. Hildebrand; Die Reichstagsverhandlungen des Adels seit 1626, von Taube, Silfverstolpe u. a. und Sveriges Traktater von O. S. Rydberg herausgegeben (Stockh. 1877 fg.).
Von den ältern Geschichtschreibern sind zu nennen: Dalin, Geschichte von S. (deutsch, 4 Bde., Greifsw. 1756-64);
Lagerbring, Svea Rikes historia (4 Bde., Lund 1769-83, herabreichend bis 1457);
dessen kürzeres Werk, Abriß der schwed. Reichshistorie (Greifsw. 1776);
Rühs, Geschichte S.s (5 Bde., Halle [* 6] 1804-14).
Die Hauptwerke lieferten jedoch Geijer (s. d.), Carlson (s. d.), Fryxell (s. d.), Strinnholm (s. d.) und C. G. Malmström (s. d.); neuerdings auch Forssell (Gustav X.) und Odhner (Gustav III.). Für das Mittelalter ist zu bemerken das große Werk von H. Hildebrand, Sveriges medeltid (Stockh. 1879 fg.). Um die Kirchengeschichte machten sich Reuterdahl und Anjou verdient.