Geschwängerten gegen den Schwängerer zusteht. Indessen wird darunter vielfach auch die Klage auf
Unterhalt für das uneheliche
Kind verstanden (s. Paternitätsklage). Nach Gemeinem
Recht richtet sich die erstere Klage nach
Wahl der Klägerin entweder
auf Ehelichung, ohne daß jedoch eine Zwangstrauung zulässig wäre, oder auf eine verschieden benannte Geldabfindung.
(Dotation,
Kranzgeld), und außerdem nach der Praxis auf Entbindungs- und sog. Sechswochenkosten.
Die neuern Gesetze haben sich in Ansehung der letztern Kosten überwiegend dem Gemeinen
Rechte angeschlossen, vgl. z. B.
Preuß.
Allg.
Landr. Ⅱ, 1, §§. 1016 fg.;
Preuß. Gesetz vom §§. 7 fg.; Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §§. 1858,
1861; Österr.
Bürgerl. Gesetzb. §. 1328 u. a., und zwar in dem
Sinne, daß der Geschwängerten ein solcher
Anspruch zusteht.
So auch der Deutsche
[* 2]
Entwurf §. 1602. Den
Anspruch der Geschwängerten auf Ehelichung oder
Dotation haben die neuern Gesetze
meist aufgegeben; festgehalten ist er noch im Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §§. 1551‒53, in dem Altenb.
Gesetz von 1876 und in dem Württemb. Gesetz vom (S. Deflorationklage.)
und
Schwanritter. Der
Schwan galt dem german. und griech. Volksglauben als ein
weissagender
Vogel, dessen trauriger
Gesang («Schwanenlied») seinen nahen
Tod verkünde; daher die noch jetzt zur Bezeichnung
einer Vorahnung üblichenAusdrücke «es schwant mir» oder «mir
wachsen Schwansfedern». Gewisse göttliche Wesen der deutschen Mythologie liebten Schwansgestalt anzunehmen, so namentlich
die Walküren (die
Schlacht- und Schicksalsjungfrauen) und die
Wald- und Wasserfrauen, die dann Schwanjungfrauen genannt wurden
und meist die Gabe der
Weissagung hatten. Durch
Verlust ihrer Schleier (d. h. ihrer Schwanengestalt) können sie
zu menschlicher
Ehe gezwungen werden. In der bayr.
Dichtung des 14. Jahrh. von
Friedrich von
Schwaben sind an die
Stelle der
SchwäneTauben
[* 3] getreten, ebenso
Raben in dem
«Märchen von den sieben
Raben» (Grimms
«Kinder- und Hausmärchen», Nr. 9, 25, 49).
Mehrern deutschen
Stämmen gemeinsam war eine uralte Volkssage von einem
Knaben, der aus dem
Meere oder
einem Binnengewässer ans Land getrieben und der Stammvater ihres ältesten Herrschergeschlechts geworden sei; schon
Tacitus
scheint darauf anzuspielen.
Bei denFranken am Niederrhein wurde diese Sage bereits zu Ende des 12. Jahrh. in franz.
und vielleicht auch in niederländ.
Sprache
[* 4] poetisch gestaltet und willkürlich mit der Zeitgeschichte
verknüpft, jener von einem
Schwan ans Land gezogene Ritter Helias genealogisch mit
Gottfried von
Bouillon verbunden, so in
dem
Roman «Le
[* 5] chevalier au cygne ou de Godefroi de
Bouillon» (hg. von Reiffenberg, 2 Bde., Brüss.
1846‒48). Der
Schwanritter rettet die durch ungerechte
Anklage verdächtigte Herzogin von
Brabant im Zweikampf,
vermählt sich ihrer Tochter, scheidet aber, als er gegen sein Verbot nach seiner Abkunft gefragt wird. In
Deutschland
[* 6] übertrug
Wolfram von
Eschenbach am
Schlusse des
«Parzival» die Sage vom
Schwanritter auf
Loherangrin, den Sohn des Gralkönigs
Parzival,
doch ohne sie weiter auszuführen.
Dies that dann vor 1290 ein ungenannter Dichter in dem langen strophischen Gedichte
«Lohengrin» (s. d.),
wo die Sage unter
Heinrich dem Vogler spielt, während kurz zuvor Konrad von
Würzburg
[* 7] in einer gefälligern
Dichtung vom
«Schwanenritter»
die Sage nach Nimwegen
[* 8]
und unter
Karl d. Gr. versetzt hatte. Auch als Prosaroman erscheint die Sage gegen Ende des 15. Jahrh.
in franz. und niederländ.
Sprache, und das niederländ. Volksbuch ist noch jetzt beliebt. Als Schwanjungfrauen
erscheinen auch die Walkyren (s. d.). Eine Erklärung der Schwanensage hat Bloete
in der «Zeitschrift für deutsches
Altertum» (Bd. 38) versucht.
Sammlungen kurzer, meist prosaisch erzählter
Schwanke, Anekdoten, geistreicher und satir. Einfälle,
volkstümlicher Witze, oft auch derber Zoten. Die Gattung kam zu Ende des 15. Jahrh. auf,
angeregt durch den Erfolg der lat. Facetien (s. d.)
Poggios. Die deutschen S. schöpfen aber nicht nur aus solchen lat. Sammlungen, sondern ganz
besonders aus dem Volksmunde, aus der umlaufenden
Tradition, die viele uralte
Geschichten in neuer Aufstutzung mit sich herumtrug,
und aus den Predigtmährlein; so beruht gutenteils auf Geilers Predigten Paulis verbreitete Sammlung «Schimpf
und Ernst» (1519). Während in ihr der Ernst noch eine große Rolle spielt, giebt der Scherz durchaus die Grundfarbe
dem ganz im Leben stehenden, zur Reiselektüre bestimmten «Rollwagenbüchlein»
(1555)
Jörg Wickrams (s. d.),
das alsbald
Nachfolge fand in der lasciven, aus Poggio und
Bebel schöpfenden «Gartengesellschaft»
(1556) des Maursmünsterer StadtschreibersJakob Frey, in des
Straßburgers Martin Montanus’ «Anderm
Teil der Gartengesellschaft» (1557) und «Wegkürzer» (1558),
in des
Leipziger Korrektors
Michael Lindener schmutzigem «Rastbüchlein» (1558) und «Katzipori»
(1558; beides hg. von Lichtenstein in der
«Bibliothek des Litterarischen
Vereins in
Stuttgart»,
[* 9] Nr. 163, Tüb. 1883) und in
des gleichfalls aus
Leipzig
[* 10] gebürtigenValentinSchumann «Nachtbüchlein» (1559; hg. von Bolte in der
«Bibliothek
des Litterarischen
Vereins in
Stuttgart», Nr. 197, Tüb. 1893). Sie alle übertrifft
an Reichhaltigkeit der siebenbändige «Wendunmuth» (1565‒1603) des Hessen
[* 11] Hans Wilh.
Kirchhoff (1525‒1605). Die S. sind im 17. Jahrh. noch häufig («Maynhincklers
Sack» 1612, Talitz’ «Reyßgespahn» 1645,
JohannPeter de Memels «Lustige Gesellschaft» 1656 u.s.w.),
sinken aber schnell auf das litterarisch nicht mehr interessierende Niveau herunter, auf dem die Sammlungen von «Witzfunken»
und «Knallerbsen» heutzutage stehen. –
Theod., Naturforscher, Begründer der Zellentheorie, geb. zu
Neuß
[* 13] a. Rh., widmete sich seit 1829 zu
Bonn,
[* 14]
Würzburg und
Berlin
[* 15] dem
Studium der
Philosophie und
Medizin und war 1834‒39 Assistent von
JohannesMüller. In dieser
Stellung
entdeckte er das im
Magensaft wirksame Ferment, das
Pepsin, und veröffentlichte zahlreiche wichtige Untersuchungen
über künstliche
Verdauung, über die doppelsinnige Leitung der
Nerven,
[* 16] über das Gesetz der Muskelzusammenziehung, über
die Existenz besonderer Wandungen in den
Kapillargefäßen, über
Urzeugung, über die
¶
mehr
Fäulnis- und Gärungserscheinungen u. a. Epochemachend waren seine «Mikroskopischen
Untersuchungen über die Übereinstimmung in der Struktur und dem Wachstum der Tiere und der Pflanzen» (Berl. 1839), in denen
er den Nachweis führte und wissenschaftlich begründete, daß Tiere wie Pflanzen aus denselben Elementarorganismen, den Zellen
(s. d.), bestehen. 1838 wurde S. als ord. Professor der allgemeinen
und beschreibenden Anatomie nach Löwen,
[* 18] 1848 in gleicher Stellung nach Lüttich
[* 19] berufen, wo er 1858 auch den Lehrstuhl der
Physiologie übernahm. Er starb zu Köln.
[* 20]