auf der
Basis wirtschaftlicher Selbsthilfe wieder aufnahm. Unter seinem Einfluß entstanden zunächst in
Delitzsch,
[* 2] Eilenburg,
[* 3] Halle,
[* 4]
Bitterfeld
[* 5] und im Königreich
Sachsen
[* 6] Genossenschaften zur billigern Beschaffung von Rohstoffen und Halbfabrikaten, Lebens-
und Genußmitteln, ferner sog.
Volksbanken, die aus kleinen Einzahlungen und fortgesetzten Spareinlagen der Teilhaber sowie
aus empfangenen
Darlehnen Geldvorschüsse gegen etwas höhere
Zinsen gewährten und den Nutzen dem Guthaben
der Mitglieder zuwachsen ließen. (S.
Vorschuß- und Kreditvereine.)
Durch zahlreiche populäre
Schriften wirkte S. zugleich für die Ausbreitung seines wirtschaftlichen Princips und trat namentlich
der stürmischen Propaganda Lassalles für Produktivgenossenschaften mit Staatshilfe entgegen. Auf dem ersten Vereinstage
deutscher Vorschußvereine, welcher vom 14. bis in
Weimar
[* 7] abgehalten wurde, übertrug man S.
die
Stellung eines
«Anwalts» des Genossenschaftswesens, welche er bis zu seinem
Tode bekleidete. Seit 1859 beteiligte er sich
auch wieder an polit.
Angelegenheiten; er wirkte mit an der
Stiftung des Nationalvereins und nahm 1861 ein
Mandat fürBerlin
[* 8] zum preuß. Abgeordnetenhause an, wo er, ebenso wie im
Reichstage (1867‒74 für
Berlin, seit 1874 für
Wiesbaden),
[* 9] der Fortschrittspartei
angehörte. Er starb zu
Potsdam.
[* 10] In
Delitzsch wurde ihm 1891 ein
Denkmal errichtet. Von seinen zahlreichen
Schriften
seien genannt: «Associationsbuch für deutsche Handwerker und
Arbeiter» (Lpz. 1853),
Herm.
Joh. Friedr. von, Staatsrechtslehrer, Sohn von
Friedr. Gottlob
Schulze (s. d.), geb. zu
Jena,
[* 12] studierte daselbst und in
Leipzig,
[* 13] habilitierte sich 1848 in
Jena,
wurde hier 1850 außerord. Professor, 1857 ord. Professor der
Rechte in
Breslau.
[* 14] 1869 wurde er zum lebenslänglichen Mitglied
des preuß. Herrenhauses und zum Kronsyndikus ernannt. 1878 folgte er einem
Rufe als ord. Professor des
Staatsrechts nach
Heidelberg.
[* 15] Er starb daselbst nachdem er kurz vorher in den erblichen
Adelsstand erhoben war.
S.’ akademische wie litterar. Thätigkeit war vorzugsweise dem öffentlichen
Recht gewidmet. Seine wichtigsten
Schriften
sind: «Das
Recht der Erstgeburt in den deutschen Fürstenhäusern» (Lpz. 1851),
«Die Friedensbestimmungen
in ihrem Verhältnis zur Neugestaltung
Deutschlands»
[* 17] (ebd. 1867),
«Einleitung in das deutsche
Staatsrecht
mit besonderer Berücksichtigung der Krisis des J. 1866 und der Gründung des Norddeutschen
Bundes» (ebd. 1867),
«Die Krisis
des deutschen
Staatsrechts im J. 1866» (ebd. 1867),
«Das preuß.
Staatsrecht auf Grundlage des deutschen
Staatsrechts» (2 Bde.
in 5 Abteil., ebd. 1870‒77; 2.
Aufl. 1888‒90),
«DasErb- und Familienrecht der deutschen Dynastien
des Mittelalters»
(Halle 1871),
«Aus der Praxis des deutschen
Staats- und Privatrechts» (Lpz. 1876),
«Lehrbuch des deutschen
Staatsrechts» (2 Bde., ebd. 1881‒86). Außerdem
erschienen von ihm «Nationalökonomische
Bilder aus Englands Volksleben»
(Jena 1853), sowie eine
Biographievon Rob. von Mohl
(Heidelb. 1886).
Lehn, dessen Gegenstand das
Recht der Amtsführung als
Schulze oder ein Grundstück ist, welchem das
Recht
und die Pflicht zur Amtsübung anhaftet. (S.
Schulze.)
Schuldisciplin, die Gesamtheit der Maßregeln und Einrichtungen, wodurch die Ordnung der Schule aufrecht
erhalten und die Erreichung des Unterrichtszweckes gesichert wird.
Von wesentlichstem Einflüsse auf
die S. ist die Persönlichkeit des Lehrers, die sich sowohl in der sittlichen Einwirkung wie im Unterricht geltend macht.
Außerdem ist die Feststellung einer bestimmten Schulordnung zur Regelung des äußerlichen Verhaltens nötig, mag sie niedergeschrieben
sein oder nur auf Herkommen beruhen.
Schulpflicht, die auf gesetzlichen Bestimmungen beruhende
Verbindlichkeit der Eltern,
ihre
Kinder, falls sie denselben nicht im Hause entsprechenden Unterricht erteilen lassen, eine bestimmte Reihe von Jahren
(meist vom 6. bis 14. Lebensjahr) in eine vom
Staate anerkannte öffentliche oder Privatschule zu schicken. Gesetzliche Bestimmungen
hierüber sind zuerst in Norddeutschland seit Ende des 17. Jahrh. erlassen,
z. B. für Ostpreußen
[* 18] durch die Principia regulativa
Friedrich Wilhelms Ⅰ. (1737), für ganz
Preußen
[* 19] durch das Generallandschulrecht
Friedrichs Ⅱ. von 1763. Gegenwärtig sind dergleichen für alle deutsche
Staaten in den betreffenden Schulgesetzen oder in
besondern Verordnungen vorhanden; ebenso für
Österreich
[* 20] und
Skandinavien.
Frankreich hat seit 1882 den allgemeinen S. eingeführt. In England ist die Einführung desselben
den einzelnen Gemeinden, in Nordamerika
[* 21] den einzelnen
Staaten überlassen, die nur im Falle der Einführung staatliche Zuschüsse
erhalten; in
Belgien,
[* 22] den
Niederlanden, in
Italien
[* 23] u. s. w. sind mit dem Schulbesuch gewisse
Vorteile verknüpft. Wo der allgemeine
S. besteht, muß auch der Schulbesuch überwacht werden. Zu diesem Zwecke sind von den polizeilichen
Behörden am Beginne des Schuljahres Listen der schulpflichtig werdenden und im Laufe desselben der zuziehenden schulpflichtigen
Kinder für die Schulbehörden anzufertigen; in den Schulen aber sind für alle
Klassen Versäumnislisten zu führen, welche
die Ortsschulinspektion und meist auch der Bezirksschulinspektor kontrollieren und auf
Grund deren ungerechtfertigte
Versäumnisse bestraft werden.
Kinder, welche privatim unterrichtet werden, haben in einzelnen
Ländern (z. B. in
Österreich)
jeweils
vor derBehörde eine Prüfung abzulegen.
Heinr.
Christian, Astronom, geb. zu
Bramstedt in Holstein, studierte in Kiel,
[* 25] Jena, Kopenhagen und Göttingen
[* 26] erst Jura, dann Mathematik und
Astronomie,
[* 27] habilitierte sich 1805 als Jurist in Dorpat,
[* 28] lebte
1807‒10 in
¶
mehr
Altona
[* 30] und wurde 1810 außerord. Professor der Astronomie in Kopenhagen, 1813 Direktor der MannheimerSternwarte
[* 31] und 1815 ord.
Professor der Astronomie in Kopenhagen. Der König von Dänemark
[* 32] übertrug ihm 1817 eine Gradmessung,
[* 33] welche die Breitengrade
von Lauenburg
[* 34] nach Skagen, die Längengrade von Kopenhagen bis zur Westküste von Jütland umfaßte und
von Gauß durch Hannover
[* 35] fortgesetzt wurde. Von der königl. Gesellschaft der Wissenschaften
in Kopenhagen erhielt er 1821 die Direktion der Aufnahme und Mappierung von Holstein und Lauenburg.
Seitdem lebte er in Altona, wo der König ihm 1823 eine kleine, aber trefflich eingerichtete Sternwarte erbauen ließ. In Gemeinschaft
mit dem engl. Board of longitude setzte er 1824 die engl.
Messungen mit den dänischen durch Bestimmung des Längenunterschiedes zwischen der Altonaer und Greenwicher Sternwarte in
Verbindung. Auf dem Schlosse Güldenstein machte er 1830 die Beobachtungen über die Länge des einfachen Sekundenpendels,
welche dem dän. Maßsystem zur Grundlage dienen. S. starb zu
Altona. Besonders bekannt ist S. durch die 1821 erfolgte Gründung der «Astron.
Nachrichten», die noch jetzt den litterar. Mittelpunkt der gesamten astron. Welt bilden. Ferner gab er noch in Gemeinschaft
mit andern bedeutenden Astronomen ein «Astron. Jahrbuch» heraus (Stuttg.
1836‒44).
Peder, Graf von Griffenfeldt, dän. Staatsmann, geb.
widmete sich staatswissenschaftlichen Studien und bildete sich durch Reisen im Auslande. Nach seiner Rückkehr 1660 gewann er
die Gunst des Königs Friedrich Ⅲ., ward zum Vorstand des Geheimarchivs sowie der neu errichteten königl.
Bibliothek ernannt und nahm eifrig teil an der Einführung des Absolutismus. 1671 ward er in den
Adelsstand erhoben und erhielt zugleich Sitz im Geheimrat; 1673 ward er zum Reichskanzler und dän.
Grafen ernannt, 1674 zum deutschen Reichsgrafen, Justitiarius des Höchsten Gerichts und Patron der Universität.
Mit Tüchtigkeit, aber auch mit Eigenmächtigkeit leitete er die dän. Politik in
den ersten Regierungsjahren König Christians Ⅴ. Bald fiel er aber in Ungnade, teils durch berechtigte
Anklage wegen Bestechlichkeit, teils durch Intriguen seiner Feinde, zu denen besonders die Herzöge Ernst Günther von Augustenburg
und Joh. Adolf von Plön und der Halbbruder des Königs UlrichFriedrich Gyldenlöwe gehörten. Am wurde er als Hochverräter
vor Gericht gezogen. Das Todesurteil ward in lebenslängliche Haft verwandelt; in seinem letzten Lebensjahr
erhielt er die Freiheit. Er starb zu Throndhjem.
[* 36] –
Vgl. Jörgensen, Peder S. (2 Tle., Kopenh. 1893‒94).