Schubart (Joh. Christian, Edler von Kleefeld) - Schubert (Franz)
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wurde er des
Landes verwiesen. Er begab sich zunächst nach Heilbronn,
[* 2] dann nach
Heidelberg,
[* 3]
Mannheim,
[* 4]
München
[* 5] und
Augsburg,
[* 6] wo er seine «Deutsche
[* 7]
Chronik» (1774‒78) schrieb und Lesekonzerte hielt, in denen er die neuesten
Stücke der deutschen Dichter
mit dem größten Beifall deklamierte. Wegen seiner
Angriffe auf die
Jesuiten auch aus
Augsburg ausgewiesen,
ging er 1775 nach
Ulm
[* 8] und setzte dort seine
«Chronik» fort, wurde aber zu
Blaubeuren auf landesherrlichen
Befehl verhaftet
und auf die Festung
[* 9]
Hohenasperg gebracht.
Der Festungskommandant Rieger teilte ihm
Bücher mystischen und theosophischen
Inhalts mit, und der durch Ausschweifungen entnervte,
von
Leiden
[* 10] niedergedrückte, zur
Hypochondrie geneigte und mit einer glühenden
Phantasie begabte S. wurde
für das
Mystische gestimmt. Zwar erleichterte man 1778 seine Gefangenschaft etwas; allein erst nachdem er zehn Jahre ohne
Verhör im Kerker gesessen hatte, kam er auf die Fürbitte des Königs von
Preußen
[* 11] 1787 wieder auf freien Fuß und wurde
zum Direktor der herzogl. Hofmusik und des
Theaters zu
Stuttgart
[* 12] ernannt.
Noch im Gefängnis hatte er seine «Sämtlichen Gedichte» (2 Bde.,
Stuttg. 1785‒86; neue Ausg. von G. Hauff, 1884, in Reclams
«Universalbibliothek») herausgegeben. In
Stuttgart setzte er seine
«Deutsche
Chronik» u. d. T. «Vaterlandschronik»
fort; auch begann er hier seine musikalischen
Arbeiten und seine
Lebensbeschreibung (2 Bde., Stuttg.
1791‒93) zu veröffentlichen. Noch vor Beendigung der letztern starb er In seinen Gedichten machen sich die
Unarten des formlosen
Sturm- und Drangstils durch Schwulst und Roheit sehr fühlbar; einzelne treffen jedoch den Volkston
recht glücklich.
Besonders verbreitet war sein Kaplied: «Auf, auf, ihr
Brüder, und seid stark»;
Seine «Deutsche
Chronik» fand viel Anklang wegen ihres stets gleichmäßigen
Humors und ihrer reichen Abwechselung, Einfachheit
der
Darstellung und schonungslosen Freimütigkeit.
In den frühesten Gedichten
Schillers erinnert vieles
an den Gefangenen vom
Hohenasperg. Seine «Gesammelten
Schriften und
Schicksale» erschienen in 8
Bänden (Stuttg. 1839‒40).
–
Joh.
Christian, Edler von Kleefeld, Landwirt, geb. zu Zeitz,
[* 15] wurde um 1760
Kriegs- und Marschkommissar
bei der engl. Hilfsarmee in
Berlin,
[* 16] nachdem er zuerst Leineweber gewesen war und dann verschiedene
Stellungen
als Kopist und Sekretär
[* 17] innegehabt hatte. In letzterer Eigenschaft machte S. einen
Teil des Siebenjährigen
Krieges unter
General Werner mit. Für den Freimaurerbund bereiste er dann bis 1767 fast ganz Europa,
[* 18] kaufte 1769 das Rittergut Würchwitz
bei Zeitz und 1774 noch die beiden
Güter Pobles und Kreischa.
Hier führte er den Klee-, Krapp- und Tabakbau sowie das
Gipsen ein. Seinen litterar. Ruf begründete er durch eine von der
Akademie der Wissenschaften zu
Berlin gekrönte Preisschrift über den Futterkräuterbau, die er u. d. T. «Zuruf
an alle
Bauern, welche
Futtermangel leiden» unentgeltlich verteilte. Durch ihn ist der Anbau des Klees
(Rotklees) in den Betrieb der mitteleurop.
Landwirtschaft eingeführt worden, die dadurch eine vollkommene Umwälzung erlitt.
Seine «Ökonomisch-kameralistischen
Schriften» sammelte er in sechs
Bänden (Lpz. 1783‒84),
denen sich sein «Ökonomischer
Briefwechsel» (4 Hefte, ebd. 1786) anschloß. Besonders schnell fanden seine
Lehren
[* 19] in
Österreich
[* 20]
Verbreitung, weshalb er 1784 unter
Beilegung desNamens Edler von Kleefeld vom
Kaiser in den Adelsstand erhoben wurde. Er starb –
Franz, Tonsetzer, geb. in Lichtenthal bei
Wien
[* 21] als der Sohn eines Schullehrers, wurde 1808 Hofkapellknabe
und hatte Unterricht im
Generalbaß beim Hoforganisten Ruziczka, in der
Komposition bei Salieri. 1813‒17
war er Schulgehilfe seines
Vaters und schrieb in seinen Mußestunden
Kompositionen der verschiedensten Art,
Messen und andere
Kirchensachen, sechs
Opern und
Singspiele,
Sinfonien und andere Instrumentalstücke und Lieder. Unter diesen befinden sich bereits
später berühmt gewordene, z. B. der «Erlkönig» und der «Wanderer» (beide 1816). Einen
Teil des J. 1818 brachte
S. als Musiklehrer des
GrafenEsterházy auf dessen Landgut Zelész in
Ungarn
[* 22] zu, und in den
Sommer 1819 fällt ein Aufenthalt
in Oberösterreich.
Aus diesen beiden Jahren sind hervorzuheben: das Lied «Die Forelle», die
vierhändigen
VariationenOp. 10 und das sog. Forellen-Quintett. Auch schrieb er 1819 seine sechste
Sinfonie (in C). Vor das große Publikum
Wiens trat S. zuerst, doch ohne nachhaltigen Erfolg, mit der einaktigen Posse «Die
Zwillinge» und mit der
Musik zu dem Spektakel- und Ausstattungsstück «Die Zauberharfe». Außerdem
fallen ins J. 1820 das Oratorium «Lazarus», der achtstimmige
Männerchor mit Orchester
«Gesang der
Geister über den Wassern», der 23. Psalm für vier Frauenstimmen, die Klavierphantasie
Op. 15. Die J. 1821 und 1822, wo zuerst einige seiner Sachen
(«Erlkönig» und «Gretchen am
Spinnrad») im Druck erschienen, brachten
die
Oper «Alfonso und Estrella» und eins von
S.s bedeutendsten Kirchenwerken, die
Messe in
As, sowie die
zwei
Sätze der unvollendeten
Sinfonie in H-moll. 1823 entstanden die «Müllerlieder», die
Musik zum
Drama «Rosamunde», die
Oper
«Fierabras» und die Operette «Der
häusliche
Krieg oder die Verschworenen».
Einen
Teil des J. 1824 verlebte S. wieder auf dem Esterházyschen Gute Zelész, und die Sommermonate 1825 waren
einem Aufenthalt in Oberösterreich gewidmet. Aus der massenhaften Produktion dieser Jahre sind hervorzuheben: das Instrumentaloktett
Op. 166, das Klavierduo
Op. 140, die Lieder aus W. Scotts «Fräulein vom See» und die Märsche
Op. 55 und
Op. 66. Den
Kompositionen des J. 1826 gehören an das große D-moll-Streichquartett, der erste
Teil der Liedersammlung «Winterreise», die «Nachthelle»
(für Männerchor),
das Rondo brillant
Op. 70 für
Klavier und
Violine, das Klaviertrio in B.
In das J. 1827 fallen von bedeutendern
Sachen: das Klaviertrio in Es, der zweite
Teil der «Winterreise», der
Chor «Nachtgesang im
Walde», die Klavierimpromptus
Op. 142. In
seinem letzten, bereits durch
Krankheit getrübten Lebensjahre schrieb S. sein bedeutendstes Instrumentalwerk,
die große
C-Dur-Sinfonie (Nr. 7),
in C, die Messe in Es und die Liedersammlung «Schwanengesang». Er starb in Wien, wo ihm 1872 im Stadtpark ein Denkmal
(sitzende Marmorfigur, von Kundmann) errichtet wurde.
Kein anderer Komponist hat in einem so kurzen Leben eine gleiche Fruchtbarkeit offenbart. In allen Gattungen hat S. sich versucht,
doch ohne Glück in der Oper und im Oratorium. Seine eigentliche Meisterschaft und volle Größe bekundet er in den Liedern
mit Pianofortebegleitung. Hier bildete er genial weiter, was von Mozart, Reichardt, Zelter, Beethoven, Weber und vielen andern
vor ihm in verschiedenen Formen versucht war, schloß das frühere einfache Lied ab und leitete über
zu dem breitern durchkomponierten Liede, das durch ihn das herrschende geworden ist. Die größte Zahl seiner Kompositionen
(darunter etwa 700 Lieder) gelangte zum Teil erst in der neuern Zeit zur Veröffentlichung und allgemeinen Verbreitung. Die erste
Gesamtausgabe seiner Werke erschien bei Breitkopf & Härtel in Leipzig.
[* 24] –
Friedr. Karl, Dramatiker, geb. zu München, diente 20 Jahre in der bayr. Artillerie und widmete sich,
nachdem er als Hauptmann seinen Abschied genommen hatte, philos. Studien und der Beschäftigung mit der schönen Litteratur.
Er starb in München. Besonders nennenswert sind seine Dramen: «Moritz von Sachsen»
[* 25] (Augsb. 1864),
«Der deutsche Bauernkrieg»
(1883 u. d. T. «Florian Geyer» mit bedeutendem
Erfolg in München aufgeführt),
Gotthilf Heinr. von, Naturforscher und Naturphilosoph, geb. zu
Hohenstein
[* 27] im Schönburgischen, studierte seit 1799 in LeipzigTheologie, dann in Jena
[* 28] Medizin. Nachdem er hierauf zu Altenburg
[* 29] zwei Jahre als Arzt praktiziert, wandte er sich nach Freiberg
[* 30] und 1807 nach Dresden.
[* 31] In den J. 1809‒16
wirkte er als Direktor des Realinstituts zu Nürnberg,
[* 32] worauf er als Lehrer der Kinder des Erbgroßherzogs FriedrichLudwig von
Mecklenburg-Schwerin nach Ludwigslust ging. Nach drei Jahren folgte er einem Rufe als Professor der Naturwissenschaften nach
Erlangen,
[* 33] von wo er 1827 nach München in gleicher Eigenschaft übersiedelte. Hier wurde er in die Akademie
der Wissenschaften aufgenommen und in den Adelstand erhoben. Er starb 1860 zu Laufzorn bei Grünwald in Oberbayern.
S.s wissenschaftliche Bildung wurde zunächst durch die Schellingsche Naturphilosophie bestimmt. Seine philos. Forschungen
führten ihn jedoch in das religiöse Gebiet, wo er sich dem Mysticismus zuwandte. Zu seinen wissenschaftlichen
Werken gehören: «Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaften» (Dresd. 1808; 4. Aufl. 1840),
«Ahndungen einer allgemeinen
Geschichte des Lebens» (2 Tle. in 3 Bdn., Lpz. 1806‒20),
und sein Hauptwerk, die «Geschichte der Seele» (2 Bde.,
Stuttg. 1830; 5. Aufl. 1878); einen Nachtrag dazu bilden «Die
Krankheiten und Störungen der menschlichen Seele» (ebd. 1845). Aus seiner mystischen Schwärmerei stammen die Schriften: «Altes
und Neues aus dem Gebiete der innern Seelenkunde» (5 Bde.,
Lpz. und Erlangen 1817‒44 u. ö.),
«Züge aus dem Leben des Pfarrers Joh. Friedr.
Oberlin» (9. Aufl.,Nürnb. 1855). Außerdem sind zu erwähnen: «Wanderbüchlein eines reisenden Gelehrten nach Salzburg,
[* 35] Tirol
[* 36] und der Lombardei» (Erlangen 1823; 3. Aufl. 1848),
und vorzüglich «Reise in das Morgenland in den J. 1836 und 1837» (3 Bde.,
ebd. 1838‒39; 2. Aufl. 1840‒41). Seine Selbstbiographie gab S. heraus u. d. T.
«Der Erwerb aus einem vergangenen und die Erwartungen von einem zukünftigen Leben»
(3 Bde., Erlangen 1854-56). –