Schrötter (Leop., Ritter von Kristelli) - Schubart (Christian Friedr. Daniel)
mehr
Spitze des ostpreuß. Provinzialdepartements und führte nicht nur die Neuorganisation der an
Preußen
[* 2] gefallenen poln. Landesteile
(Neuostpreußen, Neusüdostpreußen) durch, sondern erwarb sich auch die größten Verdienste um die Reformgesetzgebung
Steins,
die fast ganz im ostpreuß. Provinzialdepartement unter
S.s Leitung ausgearbeitet wurde. Er übte den maßgebendsten Einfluß
aus auf die Neugestaltung der
Central- und Provinzialverwaltung, speciell auf die Errichtung des Oberpräsidentenamtes
und die Reorganisation der Regierungen.
Von S. rührt die Schlußredaktion der
Städteordnung vom her; auch hatte er nach den Anregungen
Steins im Herbst 1808 eine
vollständige
Kreis- und Landgemeindeordnung ausgearbeitet, die in sämtlichen wichtigen Punkten bereits die
Gedanken der Kreisordnung von 1872 enthielt. Nach
Steins Abgang trat auch S. 1808 aus dem
Staatsdienst. 1810 wurde er Mitglied
des
Geh.
Staatsrats, 1814 königl.
Kommissar bei der interimistischen Landesrepräsentation. Er starb –
Vgl. E.
Meier, Die
Reform der Verwaltungsorganisation unter
Stein und
Hardenberg (Lpz. 1881).
Leop., Ritter von Kristelli, Sohn von
Anton S.,
Arzt und Kliniker, geb. zu
Graz in
[* 3]
Steiermark,
[* 4] studierte
in
Wien
[* 5] und widmete sich namentlich der Laryngoskopie; 1870 wurde er zum Vorstand der ersten in
Wien errichteten Klinik für
Kehlkopfkrankheiten, 1875 zum außerord. Professor, 1877 zum Primärarzt im Rudolfspital, 1881 zum Primärarzt
im
AllgemeinenKrankenhause, 1890 zum ord. Professor und Vorstand der neuerrichteten dritten mediz. Klinik ernannt. S. zählt
zu den hervorragendsten Laryngologen und Kennern der
Brustkrankheiten; bahnbrechend sind seine
Arbeiten über die Behandlung
der Kehlkopfverengerungen. Er schrieb: «Die
Krankheiten des Herzfleisches» (in von Ziemssens «Handbuch der speciellen
Pathologie und
Therapie», Bd. 6, 2. Aufl.,
Lpz. 1876),
«Beitrag zur Behandlung der Larynxstenosen»
(Wien 1876),
«Jahresbericht der Klinik für Laryngoskopie» (ebd. 1871),
«Laryngologische Mitteilungen» (ebd. 1875),
«Vorlesungen über die
Krankheiten des
Kehlkopfes, der Luftröhre, der
Nase
[* 6] und
des
Rachens» (Bd. 1, ebd. 1892). Auch ist er Mitherausgeber
der
«Wiener klinischen Wochenschrift», der «Zeitschrift
für klinische
Medizin», sowie der «Monatsschrift für
Ohrenheilkunde und Kehlkopfkrankheiten ».
und
Korn, ältere
Ausdrücke zur Bestimmung des innern Werts einer Münze. Das Schrot (frz. taille) ist
das absolute Gewicht der aus mehr oder weniger stark legiertem
Gold
[* 7] oder
Silber bestehenden Münze (Rauhgewicht), und dasKorn
(frz. titre, aloi) giebt an, wie viel reines Edelmetall in der Gewichtseinheit des verwendeten
Münzmetalls enthalten ist. Als
Münzgewicht diente früher fast allgemein die
Mark (besonders die Kölnische), und das Schrot
einer Münze wurde ausgedrückt durch Angabe der Zahl der
Stücke, die aus einer legierten (rauhen)
Mark zu prägen waren,
das
Korn aber durch die Anzahl der Lot Feinsilber oder der Karat Feingold, die in der rauhen
Mark enthalten waren (1
Mark = 16 Lot
oder 24 Karat). So bestimmte man z. B. den innern Wert des alten Reichsspeciesthalers durch
die Regel, er «halte am Schrot 8
Stück und amKorn 14 Lot 4 Grän». Jetzt wird übrigens häufig unter
Korn das Gewicht des in der einzelnen Münze enthaltenen Feinmetalls (das Feingewicht) verstanden, während man das
Mischungsverhältnis
zwischen edlem und unedlem Metall als die Feinheit oder den Feingehalt bezeichnet. (S. Fein und Münze.)
S.
u. K. sind auch sinnbildliche
Ausdrücke für sittlichen Gehalt, persönliche Charakterwürdigkeit («ein
Mann von echtem
S.
u. K.»).
Granularatrophie der
Niere, granulierte
Niere, Cirrhose der
Niere, eigentümlich verlaufende
chronische
Entzündung der
Niere, durch welche die letztere allmählich verschrumpft und um die Hälfte und noch mehr ihres
normalen
Volumens verkleinert wird. Die
Krankheit, die in der Regel beide
Nieren zugleich befällt, bildet entweder das Endstadium
der
Brightschen Krankheit (s. d.) oder sie tritt von Haus aus als selbständiges
Leiden
[* 9] auf, ist meist mit Herzhypertrophie verbunden und führt infolge der vorhandenen
Albuminurie teils
zu wassersüchtigen Anschwellungen, teils durch Zurückhaltung des
Harnstoffs im
Blute zu urämischen Erscheinungen
(Kopfschmerzen,
Erbrechenu. dgl.). Die Behandlung ist nahezu dieselbe wie bei der
Brightschen Krankheit.
Bezirkshauptmannschaft
Bludenz in
Vorarlberg, Hauptort
des Montafoner
Thals (s. Montafon), 14 km von
Bludenz, am Einfluß der
Litz in die Ill, Sitz eines Bezirksgerichts (563,41 qkm, 7336 E.),
hat (1890) 1462 E.;
polizeiliche Maßregel, mittels welcher solche
Personen, von denen zu erwarten steht, daß sie einer einfachen
Weisung, einem
Zwangspasseu. dgl. nicht Folge leisten würden, an einen bestimmten Ort mit Zwangsgewalt
dirigiert werden. Solche
Personen erhalten einen Polizeibeamten oder einen nur zu diesem Zwecke angenommenen
Hilfsbeamten
(Transporteur) zur
Begleitung und werden von diesem zu Wagen oder zu
Fuß an den Ort ihrer Bestimmung geschafft
und daselbst an die Polizei- oder Gerichtsbehörde abgeliefert. Man bedient sich des S. besonders gegen fremde Bettler und
Landstreicher, sowie gegen flüchtig gewordene Verbrecher.
Christian Friedr.
Daniel, Dichter, geb. zu Obersontheim in der schwäb.
Grafschaft Limpurg, besuchte das Lyceum zu Nördlingen,
[* 10] dann die Schule in
Nürnberg
[* 11] und studierte seit 1758 zu
Erlangen
[* 12]
Theologie.
Ein zügelloses Leben stürzte ihn in Schulden, so daß ihn seine Eltern 1760 nach
Aalen zurückriefen,
wo sein
Vater Diakonus war. S. suchte nun als Hauslehrer und durch Predigen für dortige Geistliche seinen Lebensunterhalt
zu verdienen. 1763 wurde er Präceptor in Geißlingen. Musikalisch hochbegabt, wurde er 1769 Musikdirektor und Organist in
Ludwigsburg,
[* 13] überließ sich aber immer größern Ausschweifungen; wegen satir.Ausfälle und einer
Parodie
der
Litanei¶
Der Festungskommandant Rieger teilte ihm Bücher mystischen und theosophischen Inhalts mit, und der durch Ausschweifungen entnervte,
von Leiden niedergedrückte, zur Hypochondrie geneigte und mit einer glühenden Phantasie begabte S. wurde
für das Mystische gestimmt. Zwar erleichterte man 1778 seine Gefangenschaft etwas; allein erst nachdem er zehn Jahre ohne
Verhör im Kerker gesessen hatte, kam er auf die Fürbitte des Königs von Preußen 1787 wieder auf freien Fuß und wurde
zum Direktor der herzogl. Hofmusik und des Theaters zu Stuttgart
[* 23] ernannt.
Noch im Gefängnis hatte er seine «Sämtlichen Gedichte» (2 Bde.,
Stuttg. 1785‒86; neue Ausg. von G. Hauff, 1884, in Reclams «Universalbibliothek») herausgegeben. In Stuttgart setzte er seine
«Deutsche Chronik» u. d. T. «Vaterlandschronik»
fort; auch begann er hier seine musikalischen Arbeiten und seine Lebensbeschreibung (2 Bde., Stuttg.
1791‒93) zu veröffentlichen. Noch vor Beendigung der letztern starb er In seinen Gedichten machen sich die
Unarten des formlosen Sturm- und Drangstils durch Schwulst und Roheit sehr fühlbar; einzelne treffen jedoch den Volkston
recht glücklich.
Besonders verbreitet war sein Kaplied: «Auf, auf, ihr Brüder, und seid stark»;
Seine «Deutsche Chronik» fand viel Anklang wegen ihres stets gleichmäßigen Humors und ihrer reichen Abwechselung, Einfachheit
der Darstellung und schonungslosen Freimütigkeit. In den frühesten Gedichten Schillers erinnert vieles
an den Gefangenen vom Hohenasperg. Seine «Gesammelten Schriften und Schicksale» erschienen in 8 Bänden (Stuttg. 1839‒40).
–
Joh. Christian, Edler von Kleefeld, Landwirt, geb. zu Zeitz,
[* 26] wurde um 1760 Kriegs- und Marschkommissar
bei der engl. Hilfsarmee in Berlin,
[* 27] nachdem er zuerst Leineweber gewesen war und dann verschiedene Stellungen
als Kopist und Sekretär
[* 28] innegehabt hatte. In letzterer Eigenschaft machte S. einen Teil des Siebenjährigen Krieges unter
General Werner mit. Für den Freimaurerbund bereiste er dann bis 1767 fast ganz Europa,
[* 29] kaufte 1769 das Rittergut Würchwitz
bei Zeitz und 1774 noch die beiden Güter Pobles und Kreischa.
Hier führte er den Klee-, Krapp- und Tabakbau sowie das Gipsen ein. Seinen litterar. Ruf begründete er durch eine von der
Akademie der Wissenschaften zu Berlin gekrönte Preisschrift über den Futterkräuterbau, die er u. d. T. «Zuruf
an alle Bauern, welche
Futtermangel leiden» unentgeltlich verteilte. Durch ihn ist der Anbau des Klees
(Rotklees) in den Betrieb der mitteleurop. Landwirtschaft eingeführt worden, die dadurch eine vollkommene Umwälzung erlitt.
Seine «Ökonomisch-kameralistischen Schriften» sammelte er in sechs Bänden (Lpz. 1783‒84),
denen sich sein «Ökonomischer
Briefwechsel» (4 Hefte, ebd. 1786) anschloß. Besonders schnell fanden seine Lehren
[* 30] in Österreich
[* 31] Verbreitung, weshalb er 1784 unter
Beilegung des Namens Edler von Kleefeld vom Kaiser in den Adelsstand erhoben wurde. Er starb –