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Über die Verfassung und das Gerichtswesen s. Großbritannien [* 2] und Irland (Bd. 8, S. 411 u. 415). S. wählt 16 Representative Peers für das Oberhaus. Außer diesen sitzen noch 48 schott. Adlige (8 Herzöge, 3 Marquis, 24 Earls, 2 Viscounts, 11 Barone) im House of Lords als Peers of England oder als Peers of the United kingdom, deren Titel oder Rang oft ihrem schott. Titel nachstehen, aber an und für sich zum Sitz im Oberhaus berechtigen. In das Unterhaus entsendet S. 72 Abgeordnete und zwar die Grafschaften 39, die Boroughs 31, die Universitäten 2. Die Zahl der Wähler betrug (1893) 343392, 258593 und 17106. Zum schott. Adel gehören 8 Herzöge, 4 Marquis, 44 Earls, 5 Viscounts und 24 Barone.
Seit 1894 ist ein Local Government Board für S. errichtet worden, an dessen Spitze der Staatssekretär steht, Councils haben die Verwaltung der Grafschaften inne, Parish Councils die der Kirchspiele. Die Städte stehen unter Municipalräten. Der Alderman Englands heißt hier Bail, der Mayor Provost. Außerdem unterscheidet man Burghs of Regality, Royal Burghs (die Vertreter der letztern versammeln sich alljährlich in Edinburgh), Parliamentary Burghs und Police Burghs (letztere unter Polizeikommissaren stehend). Über das Armenwesen s. Armengesetzgebung (Bd. 1, S. 894 a) und Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 418).
Unterrichtswesen. Der Elementarunterricht ist durch das Gesetz von 1872 geregelt; jeder Flecken und Kirchspiel oder Gruppe von Kirchspielen hat einen School Board; Kinder von 5 bis 14 Jahren sind schulpflichtig, der Unterricht ist frei. 1893 wurden 3004 Schulen inspiziert, die täglich im Durchschnitt von 544436 Kindern besucht wurden, während die Zahl der Schulpflichtigen 664838 (registriert als Schulpflichtige) betrug. Im ganzen gab es 3105 Schulen, darunter 2679 öffentliche.
Der Rest verteilt sich auf Schulen der verschiedenen Religionsgemeinschaften (177 katholische). Den Unterricht erteilen 8325 geprüfte Lehrer und 3775 Pupil Teachers. Die 7 Lehrerseminare wurden von 939 Zöglingen besucht. Mittlern Unterricht geben Burgh Schools, Grammar Schools und High Schools; von diesen standen 28 unter Boards, 24 waren Stiftungen, 17 Privatanstalten. Universitäten sind zu Aberdeen, [* 3] Glasgow, [* 4] Saint [* 5] Andrews und zu Edinburgh (s. diese Artikel), ein College in Dundee. [* 6] Die Zahl der Analphabeten geht neuerdings rasch zurück, betrug aber 1893 noch immer 2 Proz. der männlichen und 6 Proz. der weiblichen Bevölkerung, [* 7] hauptsächlich eingewanderte Irländer. - Über das Zeitungswesen s. Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 423 b).
Litteratur zur Geographie und Statistik.
Vgl. Sinclair, Statistical account of Scotland (21 Bde., Edinb. 1791-99; im Auszuge 2 Bde., ebd. 1823; deutsch von Ebeling, Lpz. 1794-96);
Kohl, Reisen in S. (2 Bde., Lpz. 1844);
Fontane, Jenseit des Tweed (Berl. 1860);
A. Geikie, The scenery of Scotland (Lond. 1865);
Andree, Vom Tweed zur Pentlandföhrde (Jena [* 8] 1866);
Murray, The dialect of the southern counties of Scotland (Lond. 1873);
Ramsay, Physical geology and geography of Great Britain (ebd. 1878);
Lorimer, A Handbook of the law of Scotland (6. Aufl., Edinb. 1894);
Aufsätze im «Scottish Geographical Magazine» (ebd. seit 1884);
die Reisehandbücher von Murray und Black; Baedeker, Großbritannien (2. Aufl., Lpz. 1895);
A. Geikie und J. ^[John] Bartholomey ^[korrekt: Bartholomew], Geological map of Scotland; 1: 633600 (Edinb. 1892).
S. auch Großbritannien und Irland (Bd. 8, S. 424 b).
Geschichte. Die ersten Nachrichten über die zu den Kelten gehörenden Bewohner S.s verdanken wir den Römern, die im 1. Jahrh. n. Chr. im südl. Britannien Fuß faßten. Sie nannten das Land nördlich vom Tweed Caledonia (s. d.) und rangen mit dessen Bewohnern in harten Kämpfen, bis um 80 n. Chr. Agricola die Grenze der röm. Kolonie in die schott. Niederlande [* 9] zwischen Forth und Clyde vorschob. Von setzt an erscheinen zwei kelt. Hauptstämme in der röm. Überlieferung, zuerst die Picten (s. d.), die den Norden [* 10] und Osten bewohnten, etwas später die wohl aus Irland herübergekommenen Scoten, die im Westen und auf den Inseln ihren Sitz hatten.
Die Geschichte dieser Stämme und ihrer Könige ist durchaus sagenhaft, ihre Anfälle gegen die südl. Briten sollen vornehmlich dazu beigetragen haben, daß diese im 5. Jahrh. zum Schutz ihre eigenen spätern Besieger, die Angelsachsen (s. d.), ins Land riefen. Der alte Grenzkampf dauerte auch gegen den neuen angelsächs. Gegner fort; die Angelsachsen drangen auch hier kolonisierend ein, und der Kampf endete damit, daß die schott. Niederlande zum größten Teil von ihnen besiedelt wurden, während sich in den schott. Hochlanden kelt. Sprache [* 11] und Nationalität bis heute ziemlich rein erhalten haben. Um die Mitte des 6. Jahrh. kam das Christentum nach S., und wie in England wurde auch hier die irische Kirche im 8. Jahrh. von der römischen verdrängt.
Die Picten wurden nach dem Aussterben ihrer Fürsten 844 durch den Scoten Kenneth Macalpin (s. d.) mit seinen Unterthanen zu dem Königreich Alban vereinigt, das unter Malcolm I. 945 durch das südlichere von den Briten gebildete Königreich Alclyde als engl. Lehn verstärkt wurde. Im Beginn des 11. Jahrh. erhielten beide Reiche den Namen S. In der Mitte dieses Jahrhunderts wurde der König Duncan I. von seinem Vetter Macbeth ermordet und dieser wieder 1056 von Duncans Sohn Malcolm III. beseitigt, der von England aus, wo er, längere Jahre gelebt hatte, unterstützt wurde.
Als die Normannen 1066 England eroberten, nahm Malcolm Tausende von flüchtigen Angelsachsen auf, die engl. Bildung in dem rohern S. verbreiteten. Vorübergehend besaß sein Sohn David I., der die feudale Lehnsordnung in S. einführte, einige Teile Nordenglands, sein Nachfolger Malcolm IV. verlor sie wieder. Dessen Bruder Wilhelm der Löwe geriet im Kampf um dieses Gebiet in die Gefangenschaft Heinrichs II. von England und mußte von diesem 1175 seine Krone zu Lehn nehmen. Sein Nachfolger Alexander II. (gest. 1249) unterstützte die Baronenpartei gegen Johann von England; er wie sein Sohn Alexander III. hatten Gattinnen aus dem Hause der Plantagenets.
Mit Alexander III. endete 1286 der Mannsstamm des alten Königshauses; wenige Jahre darauf (1290) starb auch seine einzige Enkelin. Unter der großen Zahl von Thronbewerbern kamen nur zwei in Betracht, die Nachkommen zweier Töchter Davids von Huntingdon, des Bruders von Wilhelm dem Löwen, [* 12] John Baliol und Robert Bruce. Sofort mischte sich Eduard I. von England mit dem Anspruch der Oberhoheit über S. in den Streit, erzwang die Anerkennung seines Oberkönigtums und übertrug die Krone 1291 auf John Baliol als Nächstberechtigten, der sie als Lehn aus seiner Hand [* 13] empfing. Baliols Versuch, die engl. Oberhoheit ¶
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abzuschütteln, mißlang und endete mit seiner Gefangenschaft (1296); ein neuer Freiheitsheld erstand in William Wallace, auch er erlag und starb in London [* 15] als Hochverräter (1305). An seine Stelle trat der Enkel von Baliols Mitprätendenten, Robert Bruce, der sich März 1306 zu Scone krönen ließ. Er mußte zwar vor Eduard I. weichen, eroberte sich aber 1314 seine Krone mit dem glänzenden Sieg bei Bannockburn über Eduard II. zurück. Jedoch erst im Vertrage von Northampton 1328 erhielt er die volle Anerkennung Englands.
Robert I. starb 1329. Der Regent für seinen unmündigen Sohn David II. wurde 1333 bei Halidon-Hill von Edward Baliol, dem mit engl. Hilfe erscheinenden Sohn des John Baliol, geschlagen. Edward ließ sich zum König krönen, stützte sich aber lediglich auf den Oberlehnsherrn Eduard III. von England. König David II. mußte nach Frankreich flüchtig werden, nach seiner Rückkehr (1341) machte er einen Angriff auf England, geriet aber in Gefangenschaft (1346) und wurde erst nach Edward Baliols Vertreibung 1356 freigelassen, mit der Abmachung, daß nach seinem erbelosen Ausgang die Krone an das engl. Königshaus der Plantagenets fallen sollte.
Als er 1371 starb, war jedoch bei dem Widerstand der Schotten die Durchführung dieses Vertrags unmöglich, das Erbe kam an das Haus der Stuarts (s. d.), das 1315 durch Parlamentsbeschluß als das nächstberechtigte anerkannt war. Ein Enkel Robert Bruces wurde 1371 als Robert II. (1371-96) und erster Stuart auf den Thron [* 16] erhoben. Solange dieses Haus herrschte, hat es fortwährend fast immer mit dem gleichen Mißerfolg für die Errichtung einer wirklichen königl. Gewalt gegen die mächtigen Clanhäuptlinge kämpfen müssen.
Durch die Clanverfassung erhielt nämlich der Grundherr volle Gewalt über seine Hintersassen, die königl. Oberlehnsherrlichkeit wurde kaum geachtet, und das geringe städtische Bürgertum konnte kein Gegengewicht geben. Zwar hatte Robert Bruce 15 Städtevertreter in das Parlament berufen, aber die Macht hatten auch hier die grundbesitzenden Lords und der meist ihren Familien entstammende Klerus. Wie die meisten seiner Vorgänger betrachtete auch Robert II. die Bundesgenossenschaft mit Frankreich als ersten Grundsatz seiner Politik und lag dauernd für Frankreich gegen England im Felde.
Sein Sohn Robert III. (1396-1406) war ein Schwächling, unter dem die wildesten Geschlechterfehden tobten und für den sein herrschsüchtiger Bruder, der Herzog von Albany, die Regierung leitete. Der vor Albanys Nachstellungen geflüchtete Thronerbe Jakob fiel in die Hand der Engländer, die ihn noch 18 Jahre nach dem Tode seines Vaters gefangen hielten und Albany gewähren ließen. Mühsam kämpfte der 1424 zum Thron gelangende Jakob I. (s. d.) gegen die unter seinem Oheim eingerissene Zügellosigkeit und fiel schließlich einer Verschwörung zum Opfer (1437). Unter seinem unmündigen Sohn Jakob II. (1437-60) kämpften die Räte Crichton und Livingston gegeneinander, dann zusammen gegen die Douglas um die Macht; den Kampf gegen letztere führte der mündig gewordene König zur Entscheidung. Er selbst fiel im Kampfe mit den Engländern (1460), und wieder hatte das Reich während der Unmündigkeit seines Sohnes Jakobs III. (1460-88) Wirren und Kämpfe zu erdulden.
Der junge König fiel gleich seinem Großvater durch eine Adelsverschwörung (1488). Ein ritterliches Gepränge zog unter seinem Sohne Jakob IV. (1488-1513) beim Hofe ein. Nach erfolglosen Feldzügen kam es zu einem Frieden mit England, den die Ehe Jakobs mit Heinrichs Tochter Margarete (1502) befestigte. Der Krieg Heinrichs VIII. gegen Frankreich riß aber S. wieder mit sich; der in England einfallende Jakob IV. kam selbst in der Entscheidungsschlacht bei Flodden (1513) um. Aufs neue entbrannte der Parteienstreit um die Regentschaft für den unmündigen Jakob V. (1513-42). Abwechselnd war seine Mutter Margarete oder ein Vetter Jakobs IV., der Herzog von Albany, an der Spitze.
Als Jakob V. 1528 mündig geworden war, ließ er sich durch seinen Berater Kardinal Beaton zu dauernd feindseliger Haltung gegen Heinrich VIII. und zu engstem Anschluß an Frankreich drängen. Diese Einwirkung verstärkten noch des Königs Gemahlinnen, von denen die erste eine Tochter Franz' I. von Frankreich war, während die zweite, Maria, aus dem Hause der Guise stammte. Kurz nach einer vernichtenden Niederlage, die er durch die Engländer bei Solway Moß erlitt, starb Jakob V. 1542.
Die schott. Geschichte bietet bis hierher wohl romantisch fesselnde Einzelzüge, von höherm geschichtlichem Standpunkt aus aber nur ein ermüdendes Einerlei von Fehden, Verschwörungen, Grenzkämpfen ohne größere polit. Bedeutung. Erst mit dem Augenblick erhoben sich die Dinge auch in S. zu höherer allgemeiner Bedeutung, als das Land von dem großen, Europa [* 17] erfüllenden Glaubenskampf ergriffen wurde, in dem die schott. Königin, Jakobs V. einzige Tochter Maria Stuart (1542-87), eine bedeutsame Rolle spielte.
Die schott. Könige hatten den sehr selbständigen Klerus ihres Landes gewöhnlich als Verbündeten gegenüber der Übermacht des Adels angesehen und daher seinen Einfluß und seinen Reichtum nach Kräften gefördert, so daß die Kirche zu Anfang des 16. Jahrh. fast die Hälfte des ganzen schott. Grundeigentums befaß. In geistlicher und wissenschaftlicher Hinsicht aber herrschte in ihr tiefster Verfall. Als daher mit Patrick Hamilton und vor allem dem glaubenseifrigen fanatischen John Knox (s. d.), dem Schüler Calvins, die neue Lehre [* 18] in S. eindrang, fand sie den Boden auf das beste vorbereitet, vor allem gewann sie zahlreiche Anhänger in den Reihen des schott. Adels.
Noch günstiger wurden die Aussichten für eine Reformation, als 1542 der protestantisch gesinnte James Hamilton, Graf von Arran, zum präsumtiven Thronerben und Regenten für die jugendliche Maria ernannt wurde. Er trat vorübergehend für den Plan ein, Maria mit dem Sohne Heinrichs VIII., dem spätern König Eduard VI., zu vermählen; doch scheiterte dieser an Heinrichs Forderungen. Es kam zum Bruch (1543) und zum Kriege, den nach Heinrichs VIII. Tod der Protektor Somerset wieder aufnahm.
Aber sein Sieg bei Pinkie Cleugh (1547) trieb die Schotten nur noch mehr zum engsten Anschluß an Frankreich, Maria wurde dorthin gebracht, am franz. Hof [* 19] erzogen und schließlich 1558 dem Dauphin Franz, dem spätern Franz II., vermählt. Arran wurde veranlaßt, 1554 seine Würde niederzulegen, und an seine Stelle trat die Königin-Mutter Maria von Guise. Diese suchte mit Ketzergesetzen und Glaubensgerichten dem wachsenden Protestantismus entgegen zu treten, aber 1559 erhob sich der prot. Adel gegen sie, Elisabeth von England schickte Hilfe zu Land und See, und während die Regentin in Edinburgh ¶