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Litteratur. Greve, Geographie und Geschichte der Herzogtümer Schleswig [* 2] und Holstein (Kiel [* 3] 1844);
von Schröder, Topographie des Herzogtums Schleswig (2. Aufl., Oldenb. 1854);
von Schröder und H. Biernatzki, Topographie der Herzogtümer Holstein und Lauenburg [* 4] u. s. w. (2. Aufl., ebd. 1855-56);
A. U. Hansen, Charakterbilder aus den Herzogtümern Schleswig, Holstein und Lauenburg (Hamb. 1858);
Böger, Topogr. Handbuch für die Provinz S. u. s. w. (Kiel 1881);
P. Chr. Hansen, S., seine Wohlfahrtsbestrebungen und gemeinnützigen Einrichtungen (ebd. 1882);
Manecke, Topogr.-histor.
Beschreibung der Städte, Ämter u. s. w. des Herzogtums Lauenburg (Mölln und Ratzeburg 1884); Sach, Geographie der Provinz S. (Schlesw. 1890); Die Häfen der Provinz S. (Berl. 1893) und die Veröffentlichungen des königl. Statistischen Bureaus in Berlin. [* 5]
Geschichte. Die Rendsburger Linie des schauenburgischen Hauses hatte 1386 das Herzogtum Schleswig (s. d.) und den größten Teil von Holstein (s. d.) unter ihrer Herrschaft vereinigt. Als aber bei einem Angriff auf Dithmarschen Herzog Gerhard VI. erschlagen ward und nur unmündige Söhne hinterließ, benutzten die Beherrscher der vereinigten Reiche Dänemark, [* 6] Schweden [* 7] und Norwegen, Königin Margarete und ihr Großneffe König Erich (von Pommern), [* 8] diese Gelegenheit, um sich in den Streit über die Vormundschaft einzumischen.
Auch gelang es ihnen, in Schleswig festen Fuß zu fassen. Als nach Margaretens Tode Erich durch ein Lehnsgericht zu Nyborg, Juli 1413, das Herzogtum Schleswig für ein verwirktes Lehn erklären ließ, entbrannte ein zwanzigjähriger wechselvoller Krieg, in dem anfangs S. allein den drei skandinav. Königreichen gegenüberstand. Obwohl der Deutsche [* 9] Kaiser Sigismund 1415 und 1424 den Spruch des dän. Lehnsgerichts bestätigte, setzten doch die Söhne Gerhards VI. den Kampf mutig fort, und als der älteste, Herzog Heinrich, 1427 fiel, übernahm der zweite, Adolf VIII., das Herzogtum.
Erst das Eingreifen der deutschen Hansa für S. gab den Ausschlag. König Erich mußte 1432 Waffenstillstand und im Juli 1435 den Frieden zu Wordingborg auf Grundlage des thatsächlichen Besitzstandes abschließen. Der neugewählte dän. König Christoph von Bayern [* 10] belehnte den Herzog Adolf zu Kolding mit dem Herzogtum Schleswig «zu einem rechten Erblehn». Nur Ripen und Mögeltondern, die Insel Amrum nebst Teilen von Röm, Sylt und Föhr blieben bis 1864 bei Dänemark. Auch der deutsche König Albrecht II. bestätigte die Gerechtsame Adolfs auf Schleswig.
Herzog Adolf VIII. starb kinderlos mit ihm erlosch der Mannsstamm der Rendsburger Linie. Von zwei Seiten wurden jetzt Erbansprüche erhoben: einerseits von der schauenburgisch-pinnebergischen Linie, die in Holstein nächstberechtigt war, aber an der Gesamtbelehnung mit Schleswig niemals Anteil gehabt hatte;
andererseits von den Schwestersöhnen Adolfs VIII., den Grafen von Oldenburg [* 11] und Delmenhorst, von denen der älteste, Christian I., seit 1448 auf dem dän. Throne saß und als solcher Lehnsherr über Schleswig war.
Auf einer Versammlung zu Ripen wußte dieser den sog. Landrat, der aus den höchsten Hof- und Landesbeamten, Geistlichen und Rittern bestand, für sich zu gewinnen, und diese wählten ihn zum Landesherrn, wie es in der Urkunde heißt: «nicht als einen König zu Dänemark, sondern aus Gunst zu seiner Person». Auch blieb den Ständen für alle Zukunft das Recht vorbehalten, unter Christians Nachkommen und Erben einen Nachfolger zu küren. Dagegen versprach der König-Herzog, «daß die Lande ewig zusammenbleiben sollten ungeteilt». Somit war eine Personalunion zwischen Dänemark und S. begründet. Doch knüpfte sich das Verhältnis enger durch die sog. Union von 1533, in der beide Teile sich zum friedlichen Austrag aller Streitigkeiten und zu gegenseitiger Kriegshilfe bei feindlichem Angriff verpflichteten. 1623 und abermals 1637 ward die Kriegshilfe auch auf rechtmäßige Offensivkriege ausgedehnt.
Die Nachkommenschaft Christians I. herrschte in S. von 1460 bis 1863. Trotz der Bestimmung der Wahlkapitulation ließen nach Christians I. Tode (1481) die Stände sich bereden, dessen beide Söhne, den dän. König Johann und Herzog Friedrich I., als Landesherren zu wählen. Damit begannen von neuem die Teilungen nach altdeutschem Fürstenrecht, aber niemals so, daß die Eider die Grenze bildete. Johann erhielt den Segeberger, Friedrich den gottorpischen Anteil (1490). Nach Johanns Tode 1513 folgte im segebergischen Anteil sein Sohn, der dän. König Christian II. Als dieser 1523 vertrieben ward, vereinigte Friedrich I. (gest. 1533) wieder ganz S. unter seiner Herrschaft und wurde auch zum König von Dänemark und Norwegen erwählt. Unter ihm und feinem ältesten Sohn und Nachfolger Christian III. (gest. 1559) ward die Reformation in S. durchgeführt und die von Bugenhagen entworfene Kirchenordnnng 1542 auf dem Rendsburger Landtag genehmigt. 1544 ward unter Zustimmung der Stände abermals eine Landesteilung vorgenommen.
Der König-Herzog Christian III. erhielt die Hauptschlösser Sonderburg und Segeberg, während seinen Brüdern Johann dem Ältern das Schloß Hadersleben [* 12] und Adolf das Schloß Gottorp, jedes mit den zugelegten schlesw. und holstein. Ämtern, zufielen. Unmittelbar nach Christians III. Tode vereinigte sich sein ältester Sohn, der König-Herzog Friedrich II., mit seinen beiden Oheimen Johann und Adolf zu einem Kriegszuge gegen Dithmarschen (1559), das jetzt erobert und gleichfalls geteilt wurde. 1564 teilte Friedrich II. wiederum mit seinem Bruder Johann (dem Jüngern), dem er das Schloß Sonderburg nebst mehrern Ämtern abtrat.
Aber die Stände S.s weigerten sich, auch diesen als (vierten) Landesherrn anzunehmen. Die Folge war, daß Johann der Jüngere und seine Nachkommenschaft, die sog. sonderburgische Linie, niemals an der Landesregierung und Landeshoheit S.s teilnahmen, sondern die Regierungsrechte nur in Gebieten übten, die ihnen als Apanage überwiesen waren (abgeteilte Herren). Als 1580 Herzog Johann der Ältere von Hadersleben kinderlos starb, wurde sein Anteil zwischen den übrigen Linien geteilt.
Seitdem gab es in S. nur zwei regierende Landesherren. Friedrich II. und seine Nachkommen, welche die dän.-norweg. Krone trugen, beherrschten den sog. königlichen oder segebergischen Anteil (später nach der neuen Hauptstadt Glückstadt benannt), und die Nachkommen des Herzogs Adolf regierten über den gottorpischen Anteil. In beiden Linien wurde durch Hausgesetze die Primogeniturordnung eingeführt, und nach längern Verhandlungen ließen die Stände 1616 das ihnen zustehende Wahlrecht fallen. In Holstein-Gottorp folgten auf den Herzog Adolf (1544-86) die Herzöge Friedrich 11. (1586-87), ¶
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Philipp (1587-90), Johann Adolf (1590-1616), Friedrich III. (1616-59), Christian Albrecht (1659 -94), Friedrich IV. (1694-1702), Karl Friedrich (1702-39), Karl Peter Ulrich, der unter dem Namen Peter III. den russ. Kaiserthron bestieg (1739 -62), endlich Großfürst Paul (1762-73), der nachmalige Kaiser Paul I. von Rußland. In Holstein-Glückstadt folgten die König-Herzöge Friedrich II. (1559-88), Christian IV. (1588-1648), Friedrich III. (1648-70), Christian V. (1670-99), Friedrick IV. (1699-1730), Christian VI. (1730-46), Friedrich V. (1746-66) und Christian VII., der ganz S. wieder unter seinem Scepter vereinigte.
Als das schauenburgische Grafenhaus 1640 ausstarb, nahmen die beiden Mitregenten König Christian IV. und Herzog Friedrich III. die Herrschaft Pinneberg als einen «alten Teil und Zubehör» des Herzogtums Holstein in Besitz und teilten sie unter sich, worauf Herzog Friedrich III. das ihm zufallende Amt Barmstedt 1649 an Christian von Rantzau überließ. Kaiser Ferdinand III. bestätigte diese Übertragung und erhob dieses Gebiet zu einer «unmittelbar freigehörigen» Reichsgrafschaft Rantzau.
Der friedliche Wohlstand S.s wurde durch die unglückliche Politik des Königs Christian IV. gestört, dessen Einmischung in den Dreißigjährigen Krieg einen Einfall der Kaiserlichen unter Tilly und Wallenstein (1626-29) und der Schweden unter Torstenson (1643-45) veranlaßte. Schlimmer noch war es, daß das gute Einverständnis zwischen den beiden regierenden Linien aufhörte. Herzog Friedrich III. von Gottorp hatte 1654 seine Tochter mit Karl X. Gustav von Schweden vermählt, der bald (1657-60) Dänemarks gefährlichster Feind wurde.
In dem Kopenhagener Vertrage vom 2. (12.) Mai 1658 (bestätigt im Kopenhagener Frieden 1660) mußte der dän. König Friedrich III. dem Hause Gottorp die volle Souveränität über den gottorpischen Anteil des Herzogtums Schleswig zugestehen. In einer zweiten Urkunde von demselben Tage, die aber noch über 100 Jahre lang ein dän. Staatsgeheimnis blieb, übertrug der König auch für den königl. Anteil von Schleswig die volle Souveränität sich selbst und seinem Mannsstamm. Damit war die uralte dän. Lehnshoheit über das Herzogtum Schleswig aufgehoben.
Seitdem die königl. Linie in Dänemark 1660 das unumschränkte Erbkönigtum erlangt hatte, war sie unausgesetzt beflissen, die zerstückelten Bestandteile S.s unter ihrer Herrschaft wieder zu vereinigen. Ohne besondere Schwierigkeit gelang dies allmählich mit den abgeteilten Herrschaften der Linie Sonderburg (1667-1779) und mit der Reichsgrafschaft Rantzau (1726). Dagegen waren die Herzöge von Holstein-Gottorp, die mit Schweden und nachmals mit Rußland Familienverbindungen anknüpften, nicht so leicht zu verdrängen.
Die langwierigen Händel zwischen den beiden regierenden Linien hatten zur Folge, daß die ständische Verfassung S.s außer Gebrauch kam. Schon 1675 mußte Herzog Christian Albrecht in Hamburg [* 14] eine Zuflucht suchen, während die Dänen sein Gebiet besetzt hielten; erst durch den Altonaer Vergleich vom 20. (30.) Juni 1689 ward er in seine Besitzungen und Rechte wieder eingesetzt. Mehr noch hatte das Land während des Nordischen Krieges (s. d.) zu leiden, wo die herzogl. Festung [* 15] Tönningen mehrmals belagert, die königl. Stadt Altona [* 16] 1713 niedergebrannt wurde.
Seit 1711 hatten die Dänen das ganze gottorpische Gebiet besetzt. Allerdings wurde 1720, auf Geheiß des Deutschen Kaisers, das gottorpische Holstein dem Herzog Karl Friedrich zurückgegeben, der nun in Kiel seine Residenz nahm (Holstein-Kiel); aber König Friedrich IV. behielt den gottorpischen Anteil von Schleswig und verleibte ihn seinem Anteil ein Die Verhandlungen über einen Ausgleich schleppten sich viele Jahre resultatlos hin. Als Herzog Karl Peter Ulrich als Peter III. 1762 den russ. Thron [* 17] bestieg, traf er sofort Anstalten, um sein schlesw.
Erbland wiederzuerobern; nach seiner Entthronung und Ermordung kam es indes zu einer Verständigung mit der russ. Kaiserin Katharina II., die für ihren Sohn, den Großfürsten und Herzog Paul, die vormuudschaftliche Regierung in Holstein-Kiel übernahm. Am ward ein provisorischer Traktat abgeschlossen, demgemäß das Haus Gottorp auf Schleswig verzichten und seinen Anteil von Holstein gegen die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst austauschen sollte. Infolge des Definitivtraktats vom erfolgte zu Kiel die Übergabe des großfürstl. Anteils.
Somit war S. zusammen mit den Königreichen Dänemark und Norwegen unter dem Scepter des Königs Christian VII. vereinigt. Von der ursprünglichen Personalunion war keine Rede mehr; thatsächlich galt S. als eine Provinz der dän. Monarchie. Dagegen blieben Gesetzgebung, Gerichtswesen und Verwaltung in Dänemark und S. sehr verschieden. Auch behielten die Herzogtümer ihr eigenes Münzwesen [* 18] und bildeten ein abgesondertes Zollgebiet. Die oberste Gesetzgebung und Regierung ward von der sog. Deutschen Kanzlei in Kopenhagen [* 19] ausgeübt.
Ein königl. Stattbalter für S. residierte 1731-1846 auf dem Schlosse Gottorp. Das Land genoß seit dem Nordischen Kriege mehr als 80 Friedensjahre und wurde auch von den Revolutionskriegen anfangs nicht direkt berührt, bis 1813 eine alliierte Armee unter Bernadotte, dem Kronprinzen von Schweden, das Land feindlich überzog. Im Frieden zu Kiel, fiel die schlesw. Insel Helgoland [* 20] an England. Nach Errichtung des Deutschen Bundes (s. d.) mußte Friedrich VI. diesem für das vormalige deutsche Reichsland Holstein beitreten
Der geistige und nationale Aufschwung, den die Befreiungskriege in Deutschland [* 21] hervorgerufen hatten, lieh S. nicht unberührt. Man begann sich der alten Landesrechte von 1460 zu erinnern, während dänischerseits für ein «Dänemark bis zur Eider» agitiert wurde. Die Ritterschaft, als deren Sekretär [* 22] damals Dahlmann als Professor in Kiel wirkte, wandte sich 1822 mit einer Eingabe an den Deutschen Bund, die holstein. Verfassung in ibrer ganzen, namentlich auch auf die Verbindung mit Schleswig bezüglichen Ausdehnung [* 23] in seinen Schutz zu nehmen. Es erfolgte ein abschlägiger Bescheid, weil die alte Verfassung nicht mehr in anerkannter Wirksamkeit bestehe.
Friedrich VI. ließ nun auch den Plan fallen, für Holstein allein in Gemäßheit des Art. 13 der Bundesakte eine Verfassung
zu geben. Erst unter dem Eindruck der franz. Julirevolution von 1830 brachte Uwe Jens Lornsen (s. d.)
das Verfassungswerk wieder zur Sprache.
[* 24] Bald darauf erfolgten die Gesetze vom und die beratende Provinz
ialstände
einführten; für Schleswig in der Stadt Schleswig, für Holstein in Itzehoe. Gleichzeitig wurden für beide Herzogtümer
die sog. Schleswig-Holsteinische
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