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Landesund Industrieerzeugnissen wird noch durch den Kommissions- und Transithandel mit österr. und ungar. Weinen, russ. Juchten, Talg, Leinsamen und Pelzwerk, galiz. Steinsalz, russ. Schlachtvieh und Wiener Modewaren übertroffen. 1892 bestanden 10 Aktiengesellschaften mit 3,32 Mill. Fl. Kapital und 21 Sparkassen mit 28,9 Mill. Fl. Einlagen.
Das Land besitzt 3679,5 km Straßen, darunter 375,1 km Staats-, 1263,7 km Bezirks- und 2040,5 km Gemeindestraßen. Schiffbare Wasserstraßen sind 27 km vorhanden, Eisenbahnen 456,9 km, Telegraphenlinien 750,8 km mit 2155,3 km Leitungen; die Zahl der Postanstalten ist 145.
Unterrichtswesen. 1892 bestanden 5 Gymnasien und 4 Realschulen, 3 Lehrer- und 2 Lehrerinnenbildungsanstalten, 5 kaufmännische Fortbildungsschulen, 1 Staatsgewerbeschule, 8 gewerbliche Fachschulen, 14 gewerbliche Fortbildungsschulen, 1 mittlere, 3 niedere landwirtschaftliche Schulen, 5 Gesang- und Musikschulen, 8 Erziehungsanstalten, 213 deutsche, 116 czech., 131 poln. und 25 mehrsprachige Volksschulen und 9 Bürgerschulen.
Verfassung und Verwaltung. S. war 1783-1849 mit Mähren in administrativer Hinsicht vereinigt und wurde nach der Reichsverfassung vom zu einem eigenen Kronlande mit selbständiger Verwaltung erhoben. Die Verfassung des Landes beruht auf der Landesordnung vom Danach besteht der Landtag, mit dem der Kaiser in Landessachen die gesetzgebende Gewalt ausübt, aus 31 Mitgliedern: dem Fürstbischof von Breslau, 9 aus den Großgrundbesitzern, 10 aus den Städten, Märkten und Industrieorten, 2 aus der Handels- und Gewerbekammer in Troppau und 9 aus den Landgemeinden Gewählten. In das Haus der Abgeordneten in Wien entsendet S. 10 Vertreter.
Die Verwaltung des Landes besorgt die k. k. Landesregierung mit einem Landespräsidenten an der Spitze; ihm unterstehen drei Städte mit eigenem Statut und sieben Bezirkshauptmannschaften:
Städte mit eigenem Statut und Bezirkshauptmannschaften | qkm | Häuser | Wohnparteien | Einwohner | Einw. auf 1 qkm |
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Städte: | |||||
Troppau | 10,92 | 1217 | 4697 | 22867 | 2094 |
Bielitz | 4,97 | 714 | 2755 | 14573 | 2932 |
Friedek | 10,23 | 556 | 1554 | 7374 | 721 |
Bezirkshauptmannschaften: | |||||
Bielitz (Umgebung) | 758,26 | 8443 | 15770 | 71339 | 94 |
Freistadt | 356,42 | 8258 | 17093 | 86675 | 243 |
Freiwaldau | 736,38 | 9831 | 16747 | 69688 | 95 |
Freudenthal | 591,62 | 6896 | 12049 | 51631 | 87 |
Jägerndorf | 532,21 | 7958 | 15425 | 63194 | 119 |
Teschen | 1152,41 | 15216 | 25825 | 120189 | 104 |
Troppau (Umgebung) | 993,46 | 13012 | 23108 | 98119 | 99 |
Die Finanzverwaltung wird von der Finanzdirektion in Troppau, 2 Hauptsteuerämtern und 21 Steuerämtern besorgt. Die Rechtspflege wird in erster Instanz von dem Landesgericht in Troppau, dem Kreisgericht in Teschen als Kollegialgerichten und 24 Bezirksgerichten als Einzelngerichten, in zweiter Instanz von dem Oberlandesgericht in Brünn, in dritter Instanz von dem Obersten Gerichts- und Kassationshof in Wien ausgeübt. In militär. Beziehung untersteht S. dem Korpskommando in Krakau.
Das Wappen des Herzogtums zeigt im goldenen Schild einen gekrönten schwarzen Adler, auf der Brust ein silbernes Kreuz tragend, welches auf einem silbernen, mit kleeblattförmigen Enden versehenen Halbmonde ruht. Auf dem Schilde ein Fürstenhut. (S. Tafel: Wappen der Österreichisch-Ungarischen Kronländer, [* ] Fig. 10, Bd. 12, S. 726.) Die Landesfarben sind Gold-Schwarz.
Litteratur. Schirmer, Heimatskunde des Herzogtums S. (Bielitz 1880);
Peter, Heimatskunde des Herzogtums S. (Teschen 1880);
Sláma, Österreichisch-Schlesien, Landschafts-, Geschichts- und Kulturbilder (Prag 1887);
Czermak und Hauser, Specialkarte von Österreichisch-Schlesien 1:288000 (3. Aufl., Troppau 1894).
Geschichte. Im Altertum wurde S. von den Lugiern und Quaden bewohnt; als diese weiter gegen Westen zogen, nahmen nachdrängende Slawen ihre Wohnsitze ein, und nur in den Gebirgen blieben Deutsche zurück. Den Namen, der zuerst in der Bezeichnung des Gaues Silensi im 11. Jahrh. vorkommt, erhielt das Land nach dem Berge Zlenz, dem jetzigen Zobtenberge, und von dem an ihm vorbeifließenden Flüßchen Zlenza (heute Lohe). Vor der Zeit der slaw.-deutschen Kriege scheint S. erst zum Großmährischen Reiche, nach dessen Zerstörung aber zu Böhmen gehört zu haben. Im Verlauf des 10. Jahrh. kam es unter poln. Herrschaft und wurde von dieser christianisiert.
Das Bistum Breslau wurde gegen Ende des 10. Jahrh. begründet und im J. 1000 unter das Erzbistum Gnesen gestellt; im 11. Jahrh. wird S. noch einmal auf kurze Zeit von dem Böhmenherzoge Bretislaw zurückerobert. Es wurde erst selbständig, jedoch zunächst noch unter poln. Oberhoheit, durch den Vertrag von 1163, in dem der poln. Herzog Boleslaw IV. den drei Söhnen des in der Verbannung gestorbenen Herzogs Wladislaw II., Boleslaw, Mesko und Konrad, das Land zurückgab.
Die drei Brüder teilten sich in das Land und wurden die Stammväter der schles. Herzöge aus dem Geschlecht der Piasten (s. Piast). Um das verheerte Land wieder zu bevölkern, zogen diese Herzöge deutsche Ansiedler nach S., besonders nach Niederschlesien, und ihre Nachfolger, gewöhnlich mit deutschen Fürstentöchtern verheiratet, führten allmählich deutsches Recht und deutsche Sitte ein. Besonders gefördert wurde die Germanisation auch durch die vielen neu gegründeten Prämonstratenser- und Cistercienserklöster.
Unter letztern wurde Leubus vor allen wichtig. Die zahlreichen Nachkommen jener drei Herzöge teilten sich wieder in ihre väterlichen Landesteile, so daß eine ganze Reihe von Fürstentümern entstanden. Doch gab es, besonders in Oberschlesien, auch noch Fürsten böhm. Stammes, von einem natürlichen Sohne des Königs Ottokar II. (gest. 1278), namentlich die Herzöge zu Troppau, Jägerndorf und Ratibor. Unter den Fürsten aus der niederschlesischen Linie zeichnen sich aus Heinrich I. der Bärtige (gest. 1238), der Gemahl der heil. Hedwig, der mehrere blutige Kriege mit Polen führte und zuletzt einen bedeutenden Teil von Großpolen besaß, sowie sein Sohn Heinrich II. (s. d.), der Fromme, der 1241 in der Schlacht bei Wahlstatt gegen die Mongolen fiel. Unter seinen Nachfolgern fielen bald die poln. Landschaften wieder ab. Ans der niederschles. Linie entstanden wieder drei Herzogtümer: Breslau, Liegnitz und Glogau, aus denen später die Linien Brieg, Schweidnitz, Jauer und Münsterberg, ferner Sagan und Öls sich ausschieden. Auch Oberschlesien zerfiel durch wiederholte Teilungen in mehrere Herzogtümer, von denen Teschen, Oppeln, Ratibor,
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Jägerndorf und Troppau die wichtigsten waren. Im Laufe des 14. Jahrh. gingen die Eroberungen in Großpolen sämtlich wieder verloren. Durch die Teilungen geschwächt (es bestanden zu Anfang des 14. Jahrh. in S. 17 regierende Fürstenhäuser), unter sich in stetem Kriege begriffen, gerieten die schles. Fürsten in die Abhängigkeit Böhmens und begaben sich seit 1327 allmählich alle, teils freiwillig, teils gezwungen, mit Ausnahme zweier, unter die Lehnshoheit König Johanns von Böhmen.
Sein Sohn und Nachfolger Kaiser Karl IV. wußte durch seine Gemahlin Anna sich das Erbfolgerecht auch in den beiden noch übrigen Fürstentümern Jauer und Schweidnitz zu verschaffen, und S. teilte von nun an, nachdem die Könige von Polen 1335 und 1338 (wie nachher wieder 1356 und 1372) auf das Land Verzicht geleistet, die Schicksale der Krone Böhmen, sehr zum Vorteil für Handel und Wohlstand des Landes. Leinweberei und Bergbau entwickelten sich namentlich seit dem 15. Jahrh. Unter der böhm. Herrschaft breiteten sich Luthers, Calvins und Schwenkfelds Lehren aus, und deren Anhänger erhielten zum Teil Freiheit zur Ausübung ihres Gottesdienstes.
Die Reformation wurde von den schles. Herzögen begünstigt, von den habsburg. Kaisern aber, die durch einen Oberlandeshauptmann das Land regierten, in den an sie heimgefallenen Gebietsteilen auf alle Weise verhindert. Wie von den hussitischen Unruhen und Verwüstungen, die auch den nationalen Gegensatz zwischen S. und Böhmen wieder weckten, so litt S. auch von den Kriegszügen Georg Podiebrads, des Königs Matthias von Ungarn und Wladislaws von Polen und den Schrecknissen des Dreißigjährigen Krieges.
Ferdinand I. that viel für die innere Verwaltung S.s. Unter Kaiser Matthias erhielten S. und die Lausitzen eine eigene Kanzlei in Breslau. Seit 1648 aber wurden die Jesuiten zugelassen, alle evang. Kirchen, mit Ausnahme einiger Friedenskirchen, geschlossen, die Protestanten gedrückt und dieses Verfahren auch, als 1675 mit Herzog Georg Wilhelm von Brieg und Liegnitz der letzte piastische Herzog starb, auf die nunmehr an den Kaiser gefallenen letzten Herzogtümer Liegnitz, Wohlan und Brieg ausgedehnt.
Einige Milderung erhielten die Protestanten erst durch die von Karl XII. von Schweden in dem Altranstädter Vertrag von 1707 ihnen ausbedungenen Begünstigungen, infolge deren den Protestanten, außer Zusicherung der Wiederteilnahme an öffentlichen Ämtern, 121 Kirchen zurückgegeben und die Erbauung von 6 neuen Kirchen (Gnadenkirchen) gestattet wurde. Unter Karl VI. jedoch erneuerten sich die Bedrückungen wieder. Zugleich verloren die Fürsten- und Landtage ihr Ansehen völlig, und die Steuern wurden willkürlich erhoben.
Diese Umstände waren es vorzüglich, die König Friedrich II. von Preußen, als er nach Maria Theresias Thronbesteigung, gestützt auf die Erbverbrüderung Joachims II. von Brandenburg mit Herzog Friedrich II. von Liegnitz, Brieg und Wohlau, 1740 auf S. Anspruch erhob, die Eroberung dieser Provinz vielfach erleichterten. (S. Schlesische Kriege.) Durch den Frieden von Breslau wurde ganz Ober- und Niederschlesien nebst der Grafschaft Glatz, mit Ausnahme von Teschen, Troppau und der Lande jenseit der Oppa, an Preußen abgetreten.
S. ward zwar seit seiner Vereinigung mit Böhmen zu Deutschland gerechnet, stand aber nie in unmittelbarer Verbindung mit dem Deutschen Reich, nur in einzelnen Landesteilen waren im 14. Jahrh. vorübergehend Reichslehen gewesen.
Litteratur. Sommersberg, Silesiacarum rerum scriptores (3 Bde., Lpz. 1729-32) und die Berichtigungen und Ergänzungen dazu von Sachs von Löwenheim; ferner Wuttke, König Friedrichs d. Gr. Besitzergreifung von S. (2 Bde., ebd. 1842-43);
Scriptores rerum Silesiacarum (Bd. 1-15, Bresl. 1835-95);
Codex diplomaticus Silesiae (Bd. 1-16, ebd. 1857-92);
Stenzel, Geschichte von S. (Bd. 1, ebd. 1853);
S.s Vorzeit in Bild und Schrift, hg. von Luchs (2 Bde., ebd. 1868-75);
Grotefend, Stammtafeln der schles. Fürsten bis 1740 (ebd. 1875);
Lehns- und Besitzurkunden S.s und seiner einzelnen Fürstentümer im Mittelalter, hg. von Grünhagen und Markgraf (2 Bde., Lpz. 1881-83);
Grünhagen, Geschichte S.s (2 Bde., Gotha 1884-86);
ders., S. unter Friedrich d. Gr. (2 Bde., Bresl. 1890-92);
Ziegler, Die Gegenreformation in S. (Halle 1888);
Rachfahl, Die Organisation der Gesamtstaatsverwaltung S.s vor dem Dreißigjährigen Krieg (Lpz. 1894; Bd. 13 der Staats-und socialwissenschaftlichen Forschungen, hg. von Schmoller);
Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum S.s (Bresl. 1856 fg.).