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Schirmer, Wilh., Landschaftsmaler, geb. zu Berlin, [* 2] war Schüler Schadows, dem er aber nicht nach Düsseldorf [* 3] folgte. Nachdem er die I. 1827 - 30 in Italien [* 4] zugebracht, gründete er zu Berlin ein Atelier, in dem sich bald eine ansehnliche Zahl von Schülern sammelte. 1835 ward er ordent- liches Mitglied der Akademie der Künste und 1839 Professor. 1845 nahm er einen zweiten cinjäbrigcn Aufenthalt in Italien. In seinen meist dem Süden entnommenen Bildern, in denen architektonische Staffage vorherrscht, steigert sich die südl. Farben- glut mebr und mehr bis zum Phantastischen.
Seine koloristischen Eigenschaften weiß S. auch auf das Wandbild zu übertragen, wie im Albrecktschlosse bei Dresden [* 5] uuo im Kronprinzenpalais zu Berlin. Un- ter den landschaftlichen Darstellungen, mit denen als Wandgemälde einige Abteilungen des Neuen Museums in Berlin geschmückt sind, gehören seine Ansichten aus Ägypten [* 6] und Griechenland [* 7] zu den besten. Die Nationalgalerie zu Berlin besitzt von ihm Tassos Haus in Sorrent (1837), Italienischer Park (1856) und Strand bei Neapel [* 8] (1861). Er starb auf der Rückreise von seinem dritten ital. Studien- aufenthalt zu Nvon am Genfer See.
Schirmfabrikation, die Herstellung von Schir- men (s. d.), war ursprünglich ein Nebengewerbe der Drechslerei, die uoch gegenwärtig die Stocke dazu anfertigt, soweit sie nicht von Eisen [* 9] sind. Sie ent- wickelte sich allmählich zur Selbständigkeit, und Mitte des 19. Jahrh, trat der Fabrikbetrieb neben den Handwerkbetrieb. 1882 waren in Deutschland [* 10] in der Schirm- und Stockfabrikation thätig 2319 Be- triebe (2450 Haupt- und 469 Nebenbetricbe), in denen zusammen 6737 Personen, darunter 2062 weibliche, beschäftigt waren.
Von diesen Betrieben befanden sich 345 in Berlin, 480 in Bayern, [* 11] 321 im Rheinland, 127 in Hamburg. [* 12] Au Großbetrieben giebt es 24 in Berlin, einige in Köln, [* 13] Königsberg, [* 14] München, [* 15] Vreslau. Sehr leistungsfähig sind auch die Mittelbetriebe (bis 10 Arbeiter). Häufig besteht die S. nur im Zusammenstellen der in Special- fabriken hergestellten Teile des Schirms und im Fertigmachen desselben. So werden Stöcke gemacht in Berlin, Celle, [* 16] Liegnitz, [* 17] Schirmgcstelle aus Eisen ldie frühern aus Fischbein, Rohr u. a. sind ver- drängt) in Ohligs-Wald. Zu Überzügen werden verwendet: Seide, [* 18] Halbseide (Helvetia, Gloria, Austria u. a.), Wolle, Baumwolle, [* 19] Halbwolle (Za- nella).
Die Regenschirme unterscheiden sich unter- einander nur durch die verwendeten Stoffe zu den Bestandteilen und mehr oder weniger gute oder elegante Arbeit. Die Sonnenschirme zerfallen in Nn-tout-ca8 (s. d.) aus glatten Stoffen, und konfektionierte (Volant-) Schirme mit Spitzen, Schlei- fen, Vouquets u. s. w. Specialitäten sind Touristen-, Skat-, Stockschirme u. dgl. Die Einfuhr in Deutsch- land betrug 1894: 65 Doppelcentner (gegen 50 im 1.1893), die Ausfuhr (fast in alle Länder/besonders aber in die Niederlande, [* 20] Schweden, [* 21] Belgien, [* 22] Nor- wegen, Schweiz, [* 23] Britisch-Ostindien, Venezuela) [* 24] 1893:1286000 M. Wert. -
Vgl. Deutsche [* 25] Echirm- macherzeitung (Lpz. 1834 fg.).
Schirmglas, ein von Richard Zsigmondy angegebenes, für dunkle Wärmestrahlen besonders undurchlässiges, aber durchsichtiges Glas, [* 26] das zur Herstellung von Ofenschirmen, Lampenschirmen, Schutzbrillen gegen Feuersglut, für Glasdachziegel, Deckglas von Treibhüufern u. dgl. geeignet ist. Die Eigenschaft hoher Absorption für dunkle Wärme- strahlen verdankt das S. einem geringen Gehalt an Eisenorydul, der ihm eine bläulichgrüne Fär- bung erteilt Während Spiegelglas von 8 mm. Dicke etwa 60 Proz. der strahlenden Wärme [* 27] eines Argand- brenncrs hindurchläßt, läßt gleichdickes S. nur 0,7 Proz. durch. Durch Einschalten einer Platte aus S. konnte die Wirkung einer hellbrennenden Petroleumlampe auf ein in der Nähe hängendes, berußtes Thermometer [* 28] so sehr geschwächt werden, daß die Quecksilbersäule desselben von 39 auf 22" 6. siel. -
Vgl. Zsigmondy in Dinglers «Polytech- nischem Journal» (1893).
Schirmpalme, s. lüor^iia. Schirmfchlagbetrieb, eigentlich jeder Femel- schlagbetrieb (s. d.), da das alte Holz der [* 29] Verjün- gungsklasse (s. d.) einen Schirm- oder Schutzbestand sür den jungen Nachwuchs bildet, im engern Sinne dagegen ein solcher Femelschlagbetrieb, bei dem die Begründung des jungen Bestandes nicht durch den von den Mutterbäumen abfallenden Samen [* 30] erwar- tet, sondern durch künstliche Untersaat oder Unter- pstanzung bewirkt wird. Als Schutzhölzer eignen sich besonders lichtkronige Holzarten, wie Eichen, Kiefern, Lärchen, Birken.
Anwendung findet er vor- züglich bei der Begründung von Buchen- und Tan- nenbeständen, weil diese Holzarten Schatten [* 31] ver- tragen, aber in der Jugend sehr empfindlich gegen Frost und Dürre sind, für andere Holzarten nur dort, wo die gänzliche Entblößung des Bodens Nachteile befürchten läßt, oder wo der kahle Abtrieb der Be- stünde allgemeine Gefahren herbeiführen kann, wie in Schutzwaldungen am Meeresufcr, an den Rän- dern großer Binnengewässer, im Hochgebirge.
Schirmvögel, s. Negenschirmvögel. Schirmvogt, soviel wie Kirchenvogt (s. d.). Schirre-churschid (pers., «Sonne [* 32] und Löwe»), das pcrs. Wappen. [* 33] Schirren, Karl Christian Gerhard, Historiker und Publizist, geb. zu Riga, [* 34] studierte Geschichte zu Dorpat, [* 35] wo er auch, nach siebenjähriger Thätigkeit in Riga, 1856 Professor der Geschichte wurde. Gegen Samarins Angriff auf die Rechte des Landes warS.s «Livländ. Antwort» (1.-3. Aufl., Lpz. 1869) gerichtet. Wegen dieser Schrift von der russ. Regierung abgesetzt, siedelte S. nach Deutsch- land über und widmete sich archivalischen Studien, bis er 1874 als Professor der Geschichte nach Kiel [* 36] kam. Er veröffentlichte eine lat. Dissertation über Iordanes und Cassiodor (Dorpat 1858), «Veitrag zum Verständnis des I.ider (^6Q8U8 vanias» (in den «Hl6M0ir63» der Petersburger Akademie der Wissenschaften, 1859),
«Quellen zur Geschichte des Untergangs livländ. Selbständigkeit» (11 Bde., Reval [* 37] 1861-85),
«Recesse der livländ. Landtage 1681-1711» (Dorpat 1865),
«Beiträge zur Kritik älterer Holstein. Gcschichtsquellen» (Kiel 1876) u. a. Schirrholz, s. Sattelholz. [* 38] Schirrmacher, Friedr. Wilh., Historiker, geb. zu Danzig, [* 39] studierte in Berlin und Bonn [* 40] Philosophie und Geschichte, war von 1849 bis 185-1 Hilfslehrer am Friedrichs-Wcrderschen Gym- nasium zu Berlin, dann Professor der Geschichte an der Ritterakadomie zu Liegnitz und wurde 1866 in gleicher Eigenschaft nach Rostock [* 41] berufen, wo er zu- gleich erster Universitätsbibliothekar sowie Direktor des Historischen Seminars und des Münzkabinetts ist. S. veröffentlichte: «Geschichte Kaiser Friedrichs II.» (4 Bde., Gott. 1859-65),
«Urkundenbuch der Stadt Liegnitz» (Liegn. 1866),
«Die letzten hohenstaufen» 30* ¶