(Trematodes), eine Ordnung von ausschließlich parasitisch lebenden Plattwürmern (s. d.)
mit ungegliedertem, veinfach blattförmigem, selten drehrundem oder gar bohnen- und keulenförmigem Körper. Haftorgane sind,
außer mitunter vorhandenen Chitinhaken und
Stacheln, bauchständige muskulöse Sauggruben, die nach Zahl und
Stellung als Unterscheidungsmerkmale dienen. Die Mundöffnung, meist im
Grunde eines Saugnapfes gelegen, führt in einen gabelig
gespaltenen, blind geschlossenen
Darm.
[* 7]
Auch ein
Nervensystem ist vorhanden, ein flimmerndes Exkretionsgefäßsystem reich entwickelt. Die Individuen sind mit wenig
Ausnahmen doppelgeschlechtig, die Geschlechtsorgane kompliziert gebaut. Man unterscheidet unter den S. zwei ziemlich scharf
voneinander getrennte Unterordnungen: die ausschließlich entoparasitisch lebenden Doppellöcher (Distomeae)
und die ektoparasitischen Vielmäuler (Polystomen, Polystomeae).Die Doppellöcher (Distomen) besitzen außer dem Munde höchstens
einen ventralen Saugnapf, der mitunter ganz ans hintere Körperende gerückt sein (Gattung Amphistomum) oder ganz fehlen
kann (Gattung Monostomum).
Die Doppellöcher bewohnen in sehr zahlreichen, teilweise ansehnlich großenArten die innern Organe der
Wirbeltiere, besonders den
Darm und seine Anhangsgebilde
(Leber,
Lunge
[* 8] u. s. w.), außerdem nicht selten auch das Blutgefäßsystem
(so das berüchtigte Distomum haematobium Bilh.
der Ägypter) und andere Körperteile.
Ihre außerordentlich zahlreichen, kleinen
Eier
[* 9] sind hartschalig, die
Entwicklung selbst
ist mit einem teilweise sehr verwickelten Generationswechsel (s. d.) verbunden.
Am einfachsten sind die Verhältnisse bei dem Distomum macrostomumRud. unserer
Singvögel.
Das
Ei
[* 10] fällt mit dem Kote der Wirte auf die
Blätter von
Pflanzen am Rande der
Gewässer herab und wird mit diesen u. a. auch
von der
Bernsteinschnecke
(Succineaamphibia Drap.) gefressen.
Im
Magen
[* 11] der letztern wird der bewimperte
Embryo frei, wandert nach Durchbohrung der Darmwände in die
Leber und wächst hier zu einem vielfach verästelten, mund- und darmlosen Schlauche, einer sog.
Sporocyste aus, innerhalb deren auf ungeschlechtlichem Wege, durch Keimballen, eine Unzahl junger
Würmer
[* 12] entsteht. Diese sammeln
sich in besonders auswachsenden und sich beträchtlich verdickenden
Enden des Schlauchwerkes an, die nun
in die Fühler der Schnecke vordringen und hier (s.
Tafel:
Würmer, Fig. 5) eine die
Bewegung von gewissen Insektenlarven täuschend
nachahmende, rhythmische
Bewegung ausführen.
Vögel
[* 13] fressen diese scheinbaren Insektenlarven, die man seit langer Zeit als
Leucochloridium paradoxumCar. kennt, wo sie sie
antreffen, begierig, und nehmen dabei die Wurmbrut in ihr
Inneres auf, der sie damit die
Bedingungen für
weitere
Entwicklung gewähren. Es erleichtert also hier das eigentümliche Aussehen der
Sporocyste wesentlich die Übertragung
der
Brut an den rechten Ort; wo dem aber nicht so ist, vielmehr alles dem Zufall überlassen bleibt, wird auch der Entwicklungsgang
verwickelter; am verwickeltsten wohl bei dem berüchtigten
Leberegel(Distomum hepaticumL., s. Fig. 2),
der die
Leberegelseuche (s. d.) der Schafe
[* 14] verursacht (er kommt außerdem bei den
Rindern und gelegentlich beim
Menschen vor).
Der
Wurm lebt in den Gallengängen der
Leber; die
Eier gelangen mit der Gallenflüssigkeit in den
Darm und von
da nach außen. Im Wasser schlüpft aus ihnen nach einiger Zeit ein bewimperter, mit einem x-förmigen Augenflecke versehener
Embryo, der sich bald in eine kleine
Wasserschnecke(Limnaeus minutus Drap.)
einbohrt und hier unter
Verlust des Flimmerkleides und Augenfleckes zu einer einfach sackförmigen
Sporocyste auswächst. Die
von dieser weiterhin produzierten Keimballen werden aber nicht sofort zu jungen Distomen, sondern zu
eigentümlichen, mit Mund, einfachem
Darme und einer Geburtsöffnung versehenen, geschlechtslosen
Würmern, den sog.
Redien
(s. Fig. 4), die ihrerseits, nochmals durch Keimballen, eine neue
Brut erzeugen.
Diese neue
Brut hat je nach der Jahreszeit ein verschiedenes
Schicksal; während im Winter aus den Keimballen
neue
«Tochter"-Redien entstehen, die nach dem Hervortreten aus der Mutterredie neben ihr liegen bleiben und in sich
ebenfalls Keimballen erzeugen, bildet sich in der warmen Jahreszeit die Redienbrut sofort zu jungen Distomen aus. Diese besitzen,
als sog.
Cercarien (s. Fig. 6), früher als selbständige
Tiere aufgefaßt, äußerlich bereits die Gestalt
der erwachsenen
Tiere, dabei einen lebhaft beweglichen Ruderschwanz, und verlassen bald aktiv ihren bisherigen Zwischenwirt,
um nach einiger Zeit freien Umherschwimmens sich an Pflanzenteilen festzusetzen und hier unter
Verlust des
Schwanzes sich mit
einer festen Hülle zu umgeben.
Wird ein derart mit eingekapselten
Cercarien besetzter Grashalm von einem Schafe gefressen, so werden
im
Magen dieWürmer frei, gelangen in den
Darm und wandern von hier nach der
Leber, um daselbst zur
Geschlechtsreife heranzuwachsen.
So erklärt es sich, daß nasse
Weiden mit seichten, schneckenreichen
Gräben, in die vielfach der Kot der weidenden Schafe
hineingelangt, einen überaus günstigen
Boden für die Ausbreitung der
Leberfäule abgeben; auf trocknen
Weiden dagegen, sowie bei
Stallfütterung ist eine
Infektion mit der Wurmbrut fast unmöglich.
Bei andern
Arten der Distomen entwickeln sich unter Wegfall des Redienstadiums aus den Keimballen der
Sporocysten sofort
Cercarien;
diese wandern mit Hilfe eines im Mundsaugnapfe gelegenen Bohrstachels (bewaffnete
Cercarien) in einen
zweiten Zwischenwirt
(Krebs,
[* 15] Schnecke, Fisch,
Kaulquappe) ein und werden nach der Einkapselung mit diesem von dem definitiven
Wirt gefressen; ein einziger
Wurm muß also drei verschiedene Tierarten bewohnen, ehe er zu seiner vollkommenen
Entwicklung
gelangen kann. In
Deutschland
[* 16] wird beim
Menschen gelegentlich noch angetroffen das Distomum lanceolatum¶
mehr
Mehlis (Lanzenegel, s. Fig. 3) der Rinder,
[* 18] dessen Entwicklungsgeschichte noch nicht bekannt ist. Sehr gefährlich ist das
oben genannte, getrennt geschlechtige Distomum haematobium Bilh.
(Bilharzia haematobia Cob.), das immer paarweise (das Männchen bildet mit seinem breit blattförmigen Leibe eine Rinne,
in die es das wurmförmige Weibchen aufnimmt) in der Pfortader und den Harnblasenvenen der Ägypter lebt.
Die Eier brechen nach der Blase durch und verursachen bösartige Hämaturien; die weitere Entwicklung ist noch unbekannt. Die
Vielmäuler oder Polystomen besitzen zur Seite des Mundes zwei kleine Saugnäpfe und am Hinterende eine oder mehrere große
Saugscheiben, zu denen sich oft ansehnliche Chitinhaken gesellen. Sie leben äußerlich auf der Haut,
[* 19] besonders aber auf den Kiemen von See- und Süßwasserfischen; die Zahl der von ihnen erzeugten ansehnlichen Eier (s. Tafel:
Eier II,
[* 17]
Fig. 15) ist gering, da die aus denselben hervorkommenden Jungen sich direkt, ohne Generationswechsel, vielfach auch
ohne Verwandlung, entwickeln und neben ihren Eltern leicht eine passende Wohnstätte finden. Zu den Polystomen
gehören mehrere, in verschiedener Beziehung höchst interessante Formen.
Aus der Familie der Gyrodactylidae ist der die Kiemen unserer Weißfische bewohnende Gyrodactylus elegans von Nordm.
dadurch merkwürdig, daß er ausgewachsen in seinem Körper ein vollkommen entwickeltes Tochterindividuum und dieses in seinem
Innern ein mehr oder weniger entwickeltes und bisweilen sogar die Anlage eines Urenkels bergendes Enkeltier
besitzt: also drei oder vier ineinander geschachtelte Generationen. Zu der Familie der Polystomidae gehört das höchst sonderbare
Doppeltier Diplozoonparadoxon von Nordm.
(s. Tafel: Würmer, Fig. 7), das aus zwei festverwachsenen Individuen besteht.
Aus den Eiern dieses an den Kiemen der Weißfische lebenden Wurmes entwickelt sich ein Wesen, das in der
Mitte der Bauchseite einen Saugnapf, in derselben Höhe auf dem Rücken einen kleinen Zapfen
[* 20] und am Hinterende eine breite,
von vier Paar Chitinklammern gestützte Haftscheibe trägt. Dieser Wurm, als Diporpa bezeichnet, wächst heran, muß aber,
ehe er zur vollen Entwicklung gelangen kann, sich mit einem Genossen verbinden; jedes Individuum erfaßt
dabei unter gleichzeitiger Drehung des hintern Leibesendes mit seinem Bauchsaugnapfe den Rückenzapfen des andern, die Mündungen
der Geschlechtsapparate treffen dabei aufeinander und es erfolgt schließlich eine völlige, untrennbare Verwachsung, die
Entstehung eines Doppelwesens aus zwei früher selbständigen Tieren.