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dem Vorbild des Pantheons in Rom [* 2] erbaut und nach dem Brande von 1874 wiederhergestellt, ein Kurhaus mit großartiger Wasserheilanstalt und ein Sanatorium; Baumwollspinnerei im ehemaligen Klostergebäude. S. B. wird als Sommerfrische und Luftkurort viel besucht. - Die ehemalige Benediktinerabtei ist im 10. Jahrh. gegründet, erhielt aber erst später von den Gebeinen des heil. Blasius den Namen S. b. Durch Schenkungen Querst von Otto I. 963) erlangte die Abtei bedeutenden Länderbesitz.
Sie stand ursprünglich unmittelbar unter dem Kaiser, nach 1361 wußte Österreich [* 3] diese Würde erblich zu machen. Schon 1405 erhielt der Abt vom Papste den Rang eines insulierten Prälaten, um die frühere Unabhängigkeit wiederzuerlangen, kaufte Abt Martin I. 1609 die Grafschaft Bonndorf, welche ihn zum Mitstand des Reichs machte und ihm einen Sitz im schwäb. Grafenkollegium gewährte. Österreich aber erhob, um die reiche Abtei an sein Haus zu fesseln, 1746 den damaligen Abt Franz II. sowie seine Nachfolger in den Reichsfürstenstand, mit dem Titel eines kaiserl. Erberzhofkaplans. Die Abtei brannte seit 1322 wiederholt ab, zuletzt 1768, wobei die kostbare Bibliothek zum Teil verloren ging, wurde aber durch den Abt Gerbert glänzend wieder aufgebaut und 1783 geweiht. Im Preßburger Frieden von 1805 wurde S. B. an Baden [* 4] abgetreten und aufgehoben. -
Vgl. Bader, Das ehemalige Kloster S. B. (Freib. i. Br. 1874);
Oertel, Über Terrainkurorte zur Behandlung von Kranken mit Kreislaufstörungen (Lpz. 1886);
Buisson, S. B. in seiner Vergangenheit und Gegenwart als Kurort (2. Aufl., Freib. i. Br. 1888).
Sankt [* 5] Cassian, Ort im Enneberg (s. d.) in Tirol. [* 6] Sankt Christoph, eine der kleinen Antillen, s. Saint [* 7] Christopher. Sankt Davidinseln oder Freewillinseln, kleiner Archipel von Koralleninseln im Großen Ocean in 0° 57' nördl. Br. und 134° östl. L. von Greenwich, 1537 von Hernando de Grijalva entdeckt und Guedes benannt, von dem Engländer Carteret besucht. Sankt Diez, franz. Stadt, s. Saint Dié. Sankt Eustatĭus, Insel, s. Saint Eustache. Sankt Florĭan, Markt in der österr.
Bezirkshauptmannschaft Linz [* 8] in Oberösterreich, am Ipfbache, in dem durch seine Bodenkultur berühmten Hügellands südlich der Donau, Sitz eines Bezirksgerichts (138,11 qkm, 10424 E.), hat (1890) 1289, als Gemeinde 3661 E. Das Augustiner-Chorherrenstift S. F. gehört zu den ältesten Klöstern in Österreich. Die Kirche des Stifts, unter der sich Überreste der alten Krypta (13. Jahrh.) befinden, im neuern ital. Stil 1686-1700 vom Baumeister Carlone aus Mailand [* 9] gebaut, ist durch ihre Orgel, von Abbate Chrisman, berühmt. Das prächtige Stiftsgebäude enthält eine Reihe von Kaiserzimmern mit prächtiger Ausstattung, den großen Marmorsaal mit Fresken von Altomonte, eine Gemäldegalerie, Münzen-, Kunst- und naturhistor. Sammlungen, eine Bibliothek (72000 Bände) sowie eine theol. Lehranstalt. -
Vgl. Stülz, Geschichte des regulierten Chorherrenstifts S. F. (Linz 1835);
Czornn, Bibliothek S. F. (ebd. 1874);
ders., Kunst und Kunstgewerbe im Stifte S. F. (ebd. 1886).
Sankt Francissee, s. Sankt Lorenzstrom. Sankt Gabriēla (Gabrielen Eisenwerk), Eisenwerk bei Vcneschau (s. d.) in Böhmen. [* 10] Sankt Gallen (frz. Saint Gall).
1) In der histor. Rangordnung der 14., dem Flächeninhalt nach der 6., der Einwohnerzahl nach der 4. Kanton [* 11] der schweiz. Eidgenossenschaft, grenzt, den Kanton Appenzell einschließend, im N. an Thurgau und den Bodensee, im O. an Vorarlberg, Liechtenstein [* 12] und Graubünden, von welchen er durch den Rhein getrennt wird, im S. an Graubünden, im W. an Glarus, Schwyz und Zürich [* 13] und hat einen Flächenraum von 2019 qkm. Oberflächengestaltung. Der Süden des Kantons wird von den östlichsten Ausläufern der Glarner Alpen (s. Westalpen) durchzogen und trägt, obwohl nur wenige Gipfel die Höhe von 3000 m übersteigen (Ringelspitz 3249 m) und die Gletscherfläche nur 7,1 qkm betrügt, den Charakter der Hochalpen.
In der Mitte erbeben sich, durch die Ebene von Sargans und den Walensee von den Glarner Alpen geschieden, zwischen den Thälern des Rheins und der Linth die Thuralpen (s. Westalpen), welche durch das obere Thal [* 14] der Thur (Toggenburg) in die Sentisgruppe und die Kette der Churfirsten geteilt werden. Der Norden [* 15] ist ein fruchtbares Hügelland (Tannenberg 901 m). Die Gewässer des Kantons fließen teils direkt dem Rhein (Tamina vom Sardonagletscher, Simmi von der Sentisgruppe) und dem Bodensee, teils der Thur (Glatt und Sitter aus dem Appenzellerland), dem Walensee (Seez aus dem Weißtannenthale, Mur, Linth) und dem Züricher See (Jona) zu. Das Klima ist nach Höhe und Lage der Gegenden verschieden, im Hauptthal des obern Toggenburg jedoch weniger rauh, um die Hauptstadt kalt und unbeständig, in den Bezirken Wyl, Rorschach und Unterrheinthal weit milder, im Bezirk Sargans in den niedern Gegenden verhältnismäßig warm.
Bevölkerung. [* 16] Der Kanton hatte 1880: 210491, 1888: 229441 (111521 männl., 117920 weibl.) E., d. i. 114 E. auf 1 qkm und eine Zunahme (1880-88) von 3,5 Proz., darunter 135796 Katholiken, 92705 Evangelische, 575 Israeliten und 365 andere oder ohne Konfession;
ferner 34169 bewohnte Gebäude mit 50849 Haushaltungen in 93 polit.
Gemeinden. Im Kanton geboren sind 177506, in der übrigen Eidgenossenschaft 36059, im Ausland 15876; Bürger ihrer Zählgemeinde sind 95778, einer andern Gemeinde des Kantons 66369, eines andern Kantons 48755, Ausländer 18539. Der Muttersprache nach sind 226 836 Deutsche, [* 17] 475 Franzosen, 1513 Italiener, 339 Romanen und 278 andere. Der Kanton zerfällt in 15 Bezirke: Bezirke Einwohner Evangelische Katholiken Israeliten Andere Gaster 7218 197 7017 4 - Gossau 17413 4189 13129 16 79 Oberheinthal 17574 5643 11925 1 5 Unterrheinthal 15676 8626 7012 4 34 Rorschach 14815 3501 11253 49 12 St.Gallen 27842 15764 11542 415 121 Sargans 18223 1679 16522 2 20 See 14079 1850 12175 35 19 Tablat 13670 4033 9610 8 19 Alttoggenburg 11721 1765 9955 - 1 Neutoggenburg 12022 8871 3140 7 4 Obertoggenburg 11977 9075 2895 - 7 Untertoggenburg 19883 11497 8346 21 24 Werdenberg 17325 14743 2563 1 13 Wyl 9998 1272 8712 12 2 Die Zahl der Geburten betrug (1891) 6807, der Eheschließungen 1644, der Sterbefälle 4679. ¶
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Landwirtschaft, Bergbau. [* 19] Von der Fläche sind 1713,5 qkm, d. i. 84,87 Proz., produktives Land: 331,2 qkm Waldungen, 7,3 Weinland, 1375 qkm Acker-, Garten-, Wiesen- und Weideland. Von dem unproduktiven Lande sind 7,4 qkm Gletscher, 76,8 Seen, 13,1 Städte, Dörfer und Gebäude, 9,2 Schienen- und Straßenwege, 19,5 Flüsse [* 20] und Bäche und 179,5 qkm Felsen und Schutthalden. Der Ackerbau, der in den ebenen Teilen neben der Industrie die Haupterwerbsquelle bildet, liefert nicht genug Getreide [* 21] für den eigenen Bedarf; Weinbau wird namentlich im Rheinthal betrieben.
Der Obstbau ist im nördl. Hügellande, im Rheinthal und im Gaster am ergiebigsten. Nach der Viehzählung vom zählte der Kanton 5719 Pferde, [* 22] 58397 Rinder, [* 23] 18272 Schweine, [* 24] 11758 Schafe, [* 25] 20051 Ziegen und 13907 Bienenstöcke. 1891-92 wurden in den 4 Fischzuchtanstalten des Kantons 30500 Eier [* 26] der Fluß- und Bachforelle und 13000 der Regenbogenforelle eingesetzt, 20000 Fluß- und Bachforellen, 5500 Regenbogenforellen ausgesetzt. Der Bergbau liefert schöne Sandsteine, Mühlsteine, [* 27] Kalksteine, Dachschiefer- und Schieferkohlen; dagegen werden die altberühmten Eisengruben des Gonzen nicht mehr regelmäßig ausgebeutet. - Unter den Mineralquellen ist die Therme von Pfäfers (s. d.) die bedeutendste. Die wichtigsten Industriezweige sind Stickerei und Baumwollweberei mit ihren Nebengewerben, der Spinnerei, Bleicherei, Färberei und Druckerei. Hauptsitze der Fabrikation sind das mittlere und untere Toggenburg, das Oberrheinthal und Werdenberg; außerdem steht auch der Appenzellische Gewerbfleiß teilweise im Dienste [* 28] der St. Gallischen Industrie. 49 Brauereien brauten (1892) 157000 hl Bier. - Dem Handel dient ein gut entwickeltes Straßennetz, die Dampferlinien des Boden- und des Züricher Sees und das System der Vereinigten [* 29] Schweizerbahnen.
Die Kantonalbank in S. G. (6 Mill. Frs. staatliche Dotation, 1,381 Mill. Reserven) hatte (1892) 358339 Frs. Reingewinn: die Bank in S. G. (6,750 Mill., 1,8 Mill. Frs.) 302 704 Frs. Reingewinn. Die wichtigsten Handelsplätze sind, außer der Hauptstadt, Rorschach am Bodensee und Wattwyl im Toggenburg. Von den andern Wohnplätzen sind zu erwähnen die Städte Rapperschwyl, Weesen, Wallenstadt, Wyl, Lichtensteig und Altstätten. Die Linie Winterthur-S. G.-Rorschach, von der südlich die Toggenburger Bahn, die Appenzeller Bahn und die Bergbahn Rorschach-Heiden, nördlich die Linie Gossau-Sulgen abzweigen, durchschneidet das nördl. Hügelland.
Die Linie Rorschach-Sargans-(5hur durchzieht das Rheinthal, vereinigt sich bei Sargans mit der Linie Zürich-Rapperschwyl-Chur und schließt sich bei St. Margrethen und Buchs an die Vorarlberger und Arlbergbahn. Verfassung und Verwaltung. Die Verfassung ist repräsentativ und demokratisch. Gesetzgebende Behörde ist der Große Rat, je ein Mitglied auf 1500 E. in den Gemeinden gewühlt; dem Volke steht jedoch das fakultative Referendum zu, d. h. auf Begehren von 4000 stimmfähigen Bürgern müssen Gesetze u. s. w. der Volksabstimmung unterstellt werden. Vollziehende Behörde ist der Regierungsrat (sieben Mitglieder), welcher vom Volke gewählt wird. In administrativer Hinsicht zerfällt der Kanton in 15 Bezirke (s. obige Tabelle).
Jeder Bezirk hat ein Bezirksgericht; höchste Instanz ist das Kantonsgericht in S. G. Die Staatseinnahmen betrugen 1893: 3,726, die Ausgaben 3,487 Mill. Frs., die Staatsschuld 26,800, das Staatsvermögen 34,315 Mill. Frs. In militär. Beziehung gehört der Kanton zum Stammbezirk der 7. Division. Das Wappen zeigt im grünen Felde ein Bündel silberne Fasces. [* 30] Kirchen- und Bildungswesen. In kirchlicher Hinsicht stehen die Katholiken, die in neun Bezirken die Mehrheit bilden, unter dem kath. Administrationsrat und dem Bischof von S. G., dessen Diöcese 1824 aus Teilen der Bistümer Chur [* 31] und Konstanz [* 32] gebildet und mit dem Bistum Chur vereinigt, 1836 von demselben abgetrennt und 1845 durch Konkordat als selbständiges Bistum konstituiert wurde.
Die reform. Kirche wird von der Synode und dem evang. Kirchenrat geleitet. 1891 bestanden in 214 Schulgemeinden 529 Primärschulen mit 497 Lehrern, 23 Lehrerinnen und 30280 (17796 männl., 18490 weibl.) Schülern, 32 Kleinkinderschulen mit 39 Lehrerinnen und 1731 Kindern, 33 Sekundärschulen mit 70 Lehrern, 18 Lehrerinnen, 1247 Schülern und 827 Schülerinnen, und 1 Mittelschule mit Anschluß an das akademische Studium (27 Lehrer, 200 Schüler), endlich 7 gewerbliche und industrielle Schulen (33 Lehrer, 407 Schüler) und 159 Fortbildungsschulen (2928 Schüler) sowie zahlreiche Waisenanstalten.
Von Lehranstalten bestehen das Lehrerseminar Mariaberg bei Rorschach, die Kantonsschule (Gymnasium und Industrieschule), die Zeichenschule am Gewerbemuseum, die höhere Mädchenschule zu S. G., je eine Molkereischule und Milchversuchsstation in Sorenthal, Webschule in Wattwyl, Stickfachschule in Grabs und Frauenarbeitsschule in S. G. Bei den Rekrutenprüfungen von 1892 nahm der Kanton den 13. Rang ein; von 100 Geprüften hatten 23 in mehr als zwei Fächern die beste Note und 14 in mehr als einem Fach die schlechteste Note.
2) Bezirk im Kanton S. G., umfaßt die Stadt S. G. - 3) Hauptstadt des Kantons S. G., in 673 m Höhe, eine der höchst gelegenen größern Städte Europas, im Thale der Steinach, 10 km südwestlich von deren Mündung in den Bodensee, an der Linie Winterthur-Rorschach der Vereinigten Schweizerbahnen, hat (1888) 27842 E., darunter 15704 Evangelische, 11542 Katholiken, 415 Israeliten und 121 Andersgläubige, Post und Telegraph. [* 33] Die früher von Mauern umgebene Altstadt hat größtenteils enge und krumme Straßen, während die neuen im Thalgrund der Steinach gelegenen Stadtteile und Vorstädte des Bahnhofs, der Brühl u. s. w. regelmäßig angelegt sind.
Die Benediktinerabtei, im 7. Jahrh. vom heil. Gallus, einem irischen Mönch, gegründet, im 8. bis 10. Jahrh. eine der ersten Gelehrtenschulen Europas, im 18. Jahrh. neu aufgeführt, 1805 aufgehoben, ist Sitz der Kantonsbehörden und eines kath. Bischofs (seit 1846). Die ehemalige Stiftskirche (1750-65), im Barockstil ausgeschmückt, enthält geschnitzte Chorstühle und ein schmiedeeisernes Gitter, das anstoßende Klostergebäude die berühmte Stiftsbibliothek (30000 Bände, 1558 Inkunabeln, 1725 Bände wertvoller Handschriften, darunter Psalter Notker Labeos aus dem 10. Jahrh., Handschrift B des Nibelungenliedes aus dem 13. Jahrh. u. a.). Von andern Gebäuden sind zu nennen die reformierte got. St. Laurenzkirche, ^[Wappen [* 34] Stadt St. Gallen] ¶