16. Jahrh. Von 1556 an überwiegt die Novelle und der
Schwank in Reimpaaren, darunter die entzückenden Legenden vom heil.
Petrus. Je älter der Dichter wird, um so mehr treten ernste biblische
Stoffe in den Vordergrund.
Dem 17. Jahrh. war S. das Urbild elender Reimerei. Erst
Goethe hat den
Meister in dem wunderbar kongenialen
Gedicht
«HansSachsens poet. Sendung» (in
Wielands «Deutschem
Merkur»,
[* 2] 1776) wieder zu Ehren gebracht. Durch Rich.
Wagners«Meistersinger von
Nürnberg»
[* 3] ist er uns eine vertraute Gestalt geworden, nachdem ihn schon Lortzing (1840) und Gyrowetz
in komischen
Opern behandelt hatten; Deinhardstein hat ihm (1829) eins seiner Künstlerdramen gewidmet. Sein
Fastnachtspiel «Das heiß
Eisen»
[* 4] ist in Genées Bearbeitung auch über die neuere
Bühne gegangen. 1874 wurde sein
Denkmal (sitzende
Erzfigur) in
Nürnberg enthüllt.
Bei S.' Lebzeiten sind seine Gedichte großenteils als Einzeldrucke mit Holzschnitten geziert verbreitet worden (vgl.
Hans S. im Gewande seiner Zeit, Gotha
[* 5] 1821). Von den 34
Bänden, in denen er selbst seine Werke niederschrieb,
sind nur 20 auf uns gekommen. Der erste Druck seiner gesammelten
Dichtungen erschien 1558‒79 in
Nürnberg; er liegt zu
Grunde
der neuen
Ausgabe von
A. von
Keller und E. Goetze in der
«Bibliothek des
Stuttgarter Litterarischen
Vereins» (22
Bände bis 1895).
Die beste Auswahl gaben Gödeke und Tittmann in den
«Deutschen Dichtern des 16. Jahrh.», Bd.
4‒6 (2. Aufl., Lpz. 1883‒85). –
Vgl.
Schweitzer, Étude sur la vie et les œuvres de H. S. (Nancy
[* 6] 1889);
Jul. von, Pflanzenphysiolog, geb. zu
Breslau,
[* 8] studierte zu
Prag,
[* 9] wo er Privatassistent des Physiologen Purkynje war, wurde 1859 Assistent an der Forstakademie zu
Tharandt, 1861 Professor an der Landwirtschaftlichen
Akademie zu Poppelsdorf, 1867 Professor der
Botanik an der
UniversitätFreiburg
[* 10] und 1868 an der
UniversitätWürzburg.
[* 11] Seine wissenschaftlichen Forschungen betreffen die Ernährungsbedingungen
der
Pflanzen, die Assimilationsthätigkeit des
Chlorophylls, die
Bewegung der assimilierten
Stoffe im Pflanzengewebe, den Einfluß
von Wärme
[* 12] und Licht
[* 13] auf das Wachstum der
Pflanzen und die Mechanik dieses Wachstums. Die Resultate dieser Forschungen sind
meist in Fachzeitschriften und in den von ihm seit 1871 herausgegebenen
«Arbeiten des botan.
Instituts
in
Würzburg» niedergelegt, sowie in den Werken: «Handbuch der Experimentalphysiologie der
Pflanzen» ( Lpz. 1865),
«Lehrbuch
der
Botanik» (ebd. 1868; 4. Aufl. 1874) und
u. dgl. «Vorlesungen über Pflanzenphysiologie»
( ebd. 1882; 2. Aufl. 1887). Auch schrieb er eine «Geschichte
der
Botanik vom 16. Jahrh. bis 1860»
(Münch. 1875). Seine «Gesammelten
Abhandlungen über Pflanzenphysiologie»
erschienen
Leipzig
[* 14] 1892‒93 (2 Bde.).
Anna, dramat. Sängerin, geb. in Gumpoldskirchen
bei
Wien,
[* 20] wurde von Frau
Passy-Cornet und Kapellmeister Proch ausgebildet und debütierte, 19 J. alt, in
Würzburg. Nach kurzem
Aufenthalt in
Frankfurt
[* 21] kam sie 1876 an die Hofoper inBerlin,
[* 22] der sie mit zweimaligen
Unterbrechungen durch
kürzere Engagements in
Dresden
[* 23] und
Leipzig bis 1889 angehörte. Seitdem wirkt die Künstlerin, die sich durch eine schöne,
technisch vorzüglich gebildete
Stimme und Klarheit und Sicherheit ihrer künstlerischen Intentionen auszeichnet, nur noch
auf
Gastspielen und in
Konzerten. Ihr Gemahl,
MaxSachse, war ebenfalls eine Zeit lang Mitglied der
Bühne
als Tenorbuffo und ist jetzt Schriftführer des
DeutschenBühnenvereins.
[* 25] (lat.Saxones), deutscher Volksstamm, dessen
Namen man von dem Sax (s. d.) ableitet, werden
im
Altertum zuerst von dem Geographen
Ptolemäus in
Schleswig-Holstein
[* 26] erwähnt. Von diesem ihrem Stammsitze aus drangen sie
im 3. und 4. Jahrh. erobernd bis über die Weser hinaus vor. Seitdem sie sich hier die Chauker
und die
Angrivarier (Engern) unterworfen hatten, bedeutet der
Name S. den großen niederdeutschen Volksstamm
(s.
Niederdeutsch), der von der
Eider und dem Zuidersee bis nach
Cassel und
Magdeburg
[* 27] hin reichte.
Über ihre
Stellung zu den andern deutschen
Stämmen und zu den
Angelsachsen s.
Deutsches Volk (Bd. 5, S. 93 fg.). Die S. waren
ein kriegerisches
Volk. Zu
Lande drangen ihre Haufen am Niederrhein vor, wo sie 373 bei
Deutz geschlagen
wurden, besonders aber waren ihre Einfälle zur See gefürchtet. Mit ihrer Hilfe erhob sich
Carausius 287 in Britannien zum
Kaiser. In der heutigen
Normandie hatten sich S. als röm.
Söldner und Bundesverwandte schon zu Anfang
des 5. Jahrh. festgesetzt, so daß der Landstrich von ihnen den
Namen der sächs.
Küste (litus Saxonicum) trug.
Auch an der Loiremündung ließen sich S. nieder; beide verschwinden später unter der fränk.
Herrschaft. In Britannien dagegen wurde seit der Mitte des 5. Jahrh. von den
Angelsachsen (s. d.) die sächs.
Herrschaft für lange Zeit begründet. Die in
Deutschland
[* 28] gebliebenen S., nun häufig
Altsachsen benannt, dehnten sich schon
früh gegen Westen über die alten Gebiete der
Bructerer und Chamaven bis an den Zuidersee und fast bis zum Rhein aus, an
die salischen und an die ripuarischen
Franken grenzend; gegen
Süden wohnten sie bis zur
Quelle
[* 29] der
Sieg,
über die
Diemel bis nahe an die
Eder (wo der sächs. Hessengau); weiter östlich bildete eine Linie Münden-Harz ihre Grenze
gegen die
Thüringer. Die West- und Südgrenze der S. ist als Sprachgrenze noch erhalten. (S. Karte der
Deutschen Mundarten,
[* 30] Bd. 5, S. 28.) Gegen
Osten besaßen die S. ursprünglich nur die
Provinz Hannover;
[* 31] die gesamte
Provinz Sachsen
gehörte zum
Reich der
Thüringer. Dieses zerstörten sie 531 im
Bunde mit den
Franken und erhielten alles Land ^[Fortsetzung
Seite 132]
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forlaufend
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nördlich der Unstrut; bald aber gerieten wenigstens ihre südl. Gaue selbst in frank. Abhängigkeit. Die südöstl. Landstriche
an der Bode und untern Saale wurden von Schwaben (Nordschwaben) bevölkert, als 20000 S. sich von dort 568 dem Zuge der Langobarden
nach Italien
[* 34] anschlössen. Ganz Niederdeutschland bis zur Elbe war seit dem 6. Jahrh. sächsisch. Nur in
dem Marschlande an der Nordseeküste hielten sich als ein besonderer Stamm die Friesen (s. d.). Im Osten grenzten die S. an die
slaw. Stämme.
Die Grenze der S. gegen die Slawen bildete etwa die Linie Kiel-Magdeburg-Halle. Die S. bildeten keinen einheitlichen Staat oder
Bund, sie zerfielen in die drei auch später fortdauernden Abteilungen Westfalen,
[* 35] Engern und Ostfalen, zu
denen als vierter Hauptzweig die Nordalbinger in Holstein hinzukamen. Jede Gruppe zerfiel in Gaue unter gewählten Häuptlingen
oder Ältermännern. Nur im Kriegsfalle vereinigte man sich wohl über die Wahl eines gemeinsamen Heerführers oder Herzogs;
doch hat sich niemals die Gewalt eines solchen über ganz Sachsen erstreckt.
Das Volk zerfiel in Edelinge, Freie (Frilinge), Hörige (Liten oder Lazzen) und Knechte. 753 wurden die S. von dem Frankenkönige
Pippin, der von der Lippe
[* 36] bis zur Weser vordrang, zu einem Tribut von 300 Pferden gezwungen, aber erst Karl d. Gr. unterwarf
sie 772-804 dauernd durch eine Reihe blutiger Kriege. (S. Karl I., Bd. 10, S. 142 a.)
Um 780 hatte Karl auf einer in Sachsen abgehaltenen Reichsversammlung die capitulatio de partibus Saxoniae erlassen, die eine
Art Standrecht für die eben unterworfenen Lande einführte und durch grausame Strafen das Heidentum auszurotten suchte.
Ihre Härte wurde wesentlich gemildert durch das Capitulare Saxonicum von 797. Bald darauf ließ Karl auch das sächs. Recht,
die Lex Saxonum, aufzeichnen, denn die S. behielten ihre persönliche Freiheit und ihr altes Volksrecht, nur daß Verwaltung
und Gerichtswesen nach frank. Muster organisiert wurden. Hauptmittel der Unterwerfung, zugleich aber Hauptanlaß
des Widerstandes, war die Einführung des Christentums und der Bau christl. Kirchen in ihrem Lande, wo nun acht Bistümer errichtet
winden (doch meist erst nach Karl d. Gr.), Münster
[* 37] und Osnabrück
[* 38] für das nördl. Westfalen (das südliche kam zu Köln),
[* 39] Paderborn,
[* 40] Minden,
[* 41] Bremen
[* 42] für Engern, Verden
[* 43] und Hildesheim
[* 44] für Ostfalen, Halberstadt
[* 45] für Thüringen.
In den Bürgerkriegen der SöhneLudwigs des Frommen versuchte Lothar in Sachsen den Bund der Stellinger, eine Schwurgenossenschaft
der Armen gegen den geistlichen und weltlichen Adel, für sich zu benutzen, aber Ludwig der Deutsche
[* 46] zerstreute diese Scharen
schnell. Beim Zerfall der karoling. Herrschaft gegen Ende des 9. Jahrh. erhob
sich der mächtige Graf Ludolf zu einer herzogl. Gewalt und erneuerte so das Stammesherzogtum Sachsen. Auf Ludolf folgte sein
Sohn Bruno und, als dieser gegen die Normannen gefallen war, dessen BruderOtto, der Erlauchte genannt, der mächtigste und angesehenste
der deutschen Fürsten, durch den auch Thüringen, als dessen Herzog Burkard starb, an Sachsen kam. Otto
(gest. 912) erhielt sich in steigender Bedeutung unter den Königen Ludwig dem Kinde und Konrad I. Sein Sohn Heinrich wurde 919 als
erster aus dem sächs. Stamme zum deutschen König erwählt.
Das Herzogtum behielt Heinrich I. an sich; sein Sohn, Otto d. Gr., der dem Vater auf dem
Königsthron folgte,
übertrug es dem tapfern Hermann Billung um 960, bei dessen Stamme es bis 1106 verblieb (s. Billunger). Ihm waren in der Heeresfolge
die Markgrafschaften untergeben, die von Heinrich I. und Otto I. gegen die Slawen gegründet waren, nämlich Meißen,
[* 47] dessen
Markgraf Ekkard von Otto III. auch Thüringen erhielt, Ostsachsen in den Lausitzen, Nordsachsen in der Altmark
(dem alten Nordthüringen), dem Anhaltischen und dem Lande an der Havel und Spree. Auch die Markgrafschaft Schleswig,
[* 48] die gegen
die Dänen bis 1026 bestand, hing vom Herzogtum Sachsen ab. Gegen KaiserHeinrich IV. erhoben sich schon 1067, noch heftiger 1073 die
S., unter der Führung des GrafenOtto von Nordheim und des sächs. Herzogs Magnus, des letzten aus Billungs Geschlecht. 1077 brach
von neuem ein Aufstand aus. Auf Magnus (gest. 1106) folgte Lothar, Graf von Supplinburg, im Herzogtum. Er erwarb 1113 durch
Vermählung mit Richenza, Tochter Heinrichs des Fetten, des SohnesOttos von Nordheim, Braunschweig
[* 49] und das
nordheimische Gebiet und wurde 1125 zum deutschen König erwählt.
Das Herzogtum Sachsen gab er 1127 seinem Schwiegersohn Heinrich dem Stolzen von Bayern,
[* 50] der durch seine Mutter Wulfhild schon
in Sachsen (Lüneburg)
[* 51] begütert war. Unter seiner Regierung erfolgte die Begründung der schauenburgischen Dynastie
in der Grafschaft Holstein und die Erneuerung der wettinischen in der Markgrafschaft Meißen; in Thüringen wurde 1130 Ludwig
I. Landgraf; die Nordmark erhielt 1134 der askanische Albrecht der Bär. Diesem gab Konrad III. das Herzogtum Sachsen, nachdem
er Heinrich den Stolzen 1138 abgesetzt hatte, gab es aber bald an Heinrichs Sohn Heinrich den Löwen
[* 52] zurück.
Albrecht wurde dadurch entschädigt, daß die Nordmark und ein Teil der Ostmark als Markgrafschaft Brandenburg
[* 53] für unabhängig
erklärt wurde. Heinrich der Löwe, seit 1156 auch Herzog von Bayern, erweiterte die sächs. Macht durch seine Siege über die
Slawen an der Ostsee bis zur Oder und erhöhte die Befugnisse der Herzogsgewalt über die mächtigen
sächs. Großen. Sein Sturz 1180 führte zur Auflösung des Herzogtums Sachsen, indem die geistlichen und weltlichen Großen selbständig
wurden, so die StifterMünster, Osnabrück, Paderborn, Minden, Verden, Bremen, Magdeburg, Halberstadt, die Grafen von Tecklenburg,
Altena,
[* 54] Arnsberg,
[* 55] Schaumburg, Lippe u. s. w. Köln erhielt mit dem Titel eines Herzogtums Westfalen einige
herzogl. Rechte im südl. Westfalen.