ge-Jurisprudenz zu
Prag
[* 2] und Graz,
[* 3] habilitierte sich 1857 in Graz und veröffentlichte einige histor.
Arbeiten, verließ jedoch
bald die akademische Laufbahn, um sich der belletristischen Schriftstellerei zu widmen. Seit 1873 wohnte S. zu
Brucka. d.
Mur bei Graz, siedelte später nach Graz und 1880 nach
Budapest
[* 4] über, wo er die Wochenschrift «Belletristische
Blätter» veröffentlichte; seit 1881 lebte er in
Leipzig,
[* 5] wo er 1882‒85 die internationale
Revue «Auf der Höhe» herausgab,
dann in
Paris,
[* 6] leitete hierauf das Feuilleton der in
Mannheim
[* 7] erscheinenden
«NeuenBadischen Landeszeitung» und wohnte seit 1890 in
Lindheim, wo er starb.
S.sRomane und Novellen zeigen, bei den Vorzügen einer lebhaften
Darstellung, namentlich in der spätern
Zeit eine ausgesprochene Hinneigung zum
Pikanten und Sinnlichen. Auf die
Angriffe, die er deswegen erfuhr, antwortete er in
der heftig polemischen
Schrift«Über den Wert der Kritik» (Lpz. 1873). Von seinen zahlreichen
Romanen, Novellen und
Schilderungen
seien genannt: «Eine galiz. Geschichte»
(Schaffh. 1858),
Hans, deutscher Dichter, geb. als der Sohn eines Schneiders in
Nürnberg,
[* 11] besuchte die Lateinschule
seiner Vaterstadt, vollendete seine Lehrjahre als Schuhmacher und erlernte bei dem Leinweber Leonhard
Nunnenbeck die Anfangsgründe des
Meistergesangs (s. d.). 1511 begann er seine Wanderschaft und arbeitete in
Regensburg,
[* 12] Passau,
[* 13]
Salzburg,
[* 14]
München,
[* 15]
Würzburg,
[* 16]
Frankfurt
[* 17] a. M., Köln,
[* 18]
Aachen
[* 19] u. s. w.; weitere
Reisen sind zweifelhaft. Er
kehrte 1516 in die
Heimat zurück, wurde
Meister in seiner Zunft, verheiratete sich 1519 sehr glücklich
und lebte seitdem in wachsender
Achtung bei Mitbürgern und Fremden und in behaglichem Wohlstand der Ausübung seines Handwerks
und der
Dichtkunst. In spätern Jahren scheint er das Schustern ganz aufgegeben und neben der
Dichtung lediglich das Sammeln
und Abschreiben von Liedern und
Sprüchen (auch auf
Bestellung) betrieben zu haben. Nach dem
Tode seiner
ersten Frau (März 1560) heiratete er noch einmal 1561. Er starb
Hans S. war einer der fruchtbarsten, vielseitigsten Dichter, die es je gegeben hat.
Außer den J. 1518‒23, in denen ihn die
Reformation beschäftigte, und 1560‒61, da ihn der
Tod seiner Frau lähmte, hat er unausgesetzt poetisch
geschaffen. Was er erlebte und was er las, ward ihm zum Reim.
Als er 1567 die
Summa aller seiner Gedichte zog, fand er 4275 Meisterlieder
in 275 verschiedenen
Tönen, darunter 13
eigenen;
etwa 1700 Gedichte in
Reimpaaren,
Schwänke, Legenden, Erzählungen, weltliche und geistliche Gespräche, Fabeln, Parabeln,
[* 1]
Figuren
(Allegorien) u. s. w.;
73
Kirchen-, Gesellschafts-, histor. und Buhllieder, 7 Prosadialoge;
Wie
die poet. Gattungen, sind auch seine
Stoffe überaus mannigfach. Er hat nahezu die ganze
Bibel
[* 20] stückweise, zum
Teil mehrmals,
gereimt, hat deutsche
Volksbücher und Ritterromane, lat. und griech.
Autoren, soweit sie ihm in
Übersetzungen zugänglich waren (namentlich Ovid,
Livius, Plutarch und die
Kirchengeschichte des
Eusebius),
Reisebeschreibungen und
Chroniken (so die nordische
Chronik von
Alb. Krantz), humanistische
Dichtungen und sogar wissenschaftliche
Werke, vor allem aber den
Boccaccio als
Quellen benutzt. Es war nicht sein geringstes Verdienst, daß er der
deutschen
Dichtung so gewaltige bildungfördernde Stoffmassen zuführte. Das Gelesene oder Gehörte erzählt er unbefangen
wieder, ohne bewußte künstlerische Gestaltung, aber mit einer naiven
Anmut und einer lebendigen
Auffassung, die noch heute
bezaubert. Von dem Schmutz, der der Zeit anhaftet, ist er frei wie wenige. Sein moralischer Standpunkt, der bei ihm
eine große Rolle spielt, ist gut bürgerlich beschränkt, doch immer milde und kerngesund. Pathos und Leidenschaft fehlen
ihm, nie aber herzlich innige Empfindung.
S. begann als Meistersänger und hat, indem er sich von den scholastischen
Stoffen des ältern Meistersangs befreite, auch
die
Singschule seiner Vaterstadt zur höchsten
Blüte
[* 21] gebracht; doch fühlte er selbst, daß die künstlichen
Regeln sich überlebt hätten, und hat nach 1556 nur noch wenige Meisterlieder gedichtet, sie auch nicht in die
Ausgabe seiner
Werke aufgenommen. Der
Reformation trat er warm, aber ohne Leidenschaftlichkeit bei. Seine ausgezeichneten vier Dialoge (neu
hg. von Reinh. Köhler, Weim. 1858), vielleicht die beste Prosa des Jahrhunderts,
stellen seinem versöhnlichen
Geiste sowohl wie dem Ernste seiner theol.
Studien das beste Zeugnis aus, und sein
Spruch von der «Wittenbergischen Nachtigall» (1523), der mit seinem
Holzschnitte durch ganz
Deutschland
[* 22] verbreitet wurde, that der
Reformation gute Dienste.
[* 23] 1530‒48 hat S. neben biblischen
Stoffen besonders gernAllegorien aller Art behandelt, wohl durch die
Humanisten angeregt; hier zumal hat
er seine friedlichen kirchlichen und socialen
Ansichten niedergelegt. Es folgt 1548‒56 eine Zeit vorwiegend dramat.
Dichtung.
Seine meist novellistischen Komödien und die biblischen oder histor.
Tragödien sind in
Akte geteilt, haben Prolog und moralische
Schlußdeutung; dazu kommen lehrhafteSpiele und
Fastnachtspiele. Die
Tragödien glücken S. am wenigsten;
von dramat.
Aufbau hat er kaum eine
Ahnung, und tragische
Konflikte, heroische Gestalten faßt er so wenig, daß er z. B. in der
Tragödie vom «Hürnen Seufrid» (in den «Neudrucken
Deutscher Litteraturwerke», Nr. 29,
Halle
[* 24] 1880) den
Helden als abschreckendes
Beispiel eines ungeratenen
Sohnes behandelt. Dagegen sind seine ausgelassenen
Fastnachtspiele (7 Bdchn., hg. von Goetze, ebd. 1880‒87) und seine Fabeln
und
Schwänke (hg. von Goetze, ebd. 1893‒94), die Scenen aus dem
Bürger- und Bauernleben mit ausgezeichneter Charakteristik
der
Personen, glücklichen
Details, derbem Witz und belebtem Dialog schildern, die
Krone der gesamten
Dichtung des
¶
mehr
16. Jahrh. Von 1556 an überwiegt die Novelle und der Schwank in Reimpaaren, darunter die entzückenden Legenden vom heil.
Petrus. Je älter der Dichter wird, um so mehr treten ernste biblische Stoffe in den Vordergrund.
Dem 17. Jahrh. war S. das Urbild elender Reimerei. Erst Goethe hat den Meister in dem wunderbar kongenialen
Gedicht «HansSachsens poet. Sendung» (in Wielands «Deutschem Merkur»,
[* 26] 1776) wieder zu Ehren gebracht. Durch Rich.
Wagners«Meistersinger von Nürnberg» ist er uns eine vertraute Gestalt geworden, nachdem ihn schon Lortzing (1840) und Gyrowetz
in komischen Opern behandelt hatten; Deinhardstein hat ihm (1829) eins seiner Künstlerdramen gewidmet. Sein
Fastnachtspiel «Das heiß Eisen»
[* 27] ist in Genées Bearbeitung auch über die neuere Bühne gegangen. 1874 wurde sein Denkmal (sitzende
Erzfigur) in Nürnberg enthüllt.
Bei S.' Lebzeiten sind seine Gedichte großenteils als Einzeldrucke mit Holzschnitten geziert verbreitet worden (vgl.
Hans S. im Gewande seiner Zeit, Gotha
[* 28] 1821). Von den 34 Bänden, in denen er selbst seine Werke niederschrieb,
sind nur 20 auf uns gekommen. Der erste Druck seiner gesammelten Dichtungen erschien 1558‒79 in Nürnberg; er liegt zu Grunde
der neuen Ausgabe von A. von Keller und E. Goetze in der «Bibliothek des Stuttgarter Litterarischen Vereins» (22 Bände bis 1895).
Die beste Auswahl gaben Gödeke und Tittmann in den «Deutschen Dichtern des 16. Jahrh.», Bd.
4‒6 (2. Aufl., Lpz. 1883‒85). –
Vgl. Schweitzer, Étude sur la vie et les œuvres de H. S. (Nancy
[* 29] 1889);
Jul. von, Pflanzenphysiolog, geb. zu
Breslau,
[* 31] studierte zu Prag, wo er Privatassistent des Physiologen Purkynje war, wurde 1859 Assistent an der Forstakademie zu
Tharandt, 1861 Professor an der Landwirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf, 1867 Professor der Botanik an der UniversitätFreiburg
[* 32] und 1868 an der UniversitätWürzburg. Seine wissenschaftlichen Forschungen betreffen die Ernährungsbedingungen
der Pflanzen, die Assimilationsthätigkeit des Chlorophylls, die Bewegung der assimilierten Stoffe im Pflanzengewebe, den Einfluß
von Wärme
[* 33] und Licht
[* 34] auf das Wachstum der Pflanzen und die Mechanik dieses Wachstums. Die Resultate dieser Forschungen sind
meist in Fachzeitschriften und in den von ihm seit 1871 herausgegebenen «Arbeiten des botan. Instituts
in Würzburg» niedergelegt, sowie in den Werken: «Handbuch der Experimentalphysiologie der Pflanzen» ( Lpz. 1865),
«Lehrbuch
der Botanik» (ebd. 1868; 4. Aufl. 1874) und u. dgl. «Vorlesungen über Pflanzenphysiologie»
( ebd. 1882; 2. Aufl. 1887). Auch schrieb er eine «Geschichte
der Botanik vom 16. Jahrh. bis 1860» (Münch. 1875). Seine «Gesammelten Abhandlungen über Pflanzenphysiologie»
erschienen Leipzig 1892‒93 (2 Bde.).