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gegen diese Wahl zu bewegen, auf die unbedingte Verneinung des bestehenden Zustandes in Bulgarien. [* 2] Am fuhr Alexander III. mit seiner ganzen Familie nach Kopenhagen. [* 3] Hier wurden dem Zaren Aktenstücke vorgelegt, die ihm beweisen sollten, daß Fürst Bismarck im Widerspruch zu seinen offiziellen Erklärungen insgeheim eine russenfeindliche Politik in Bulgarien treibe. Als jedoch Fürst Bismarck den Zaren, der sich 18. Nov. auf der Durchreise nach Petersburg [* 4] einige Stunden in Berlin [* 5] aufhielt, in einer Audienz nachgewiesen hatte, daß jene Aktenstücke gefälscht seien, war wenigstens ein erträgliches Verhältnis zwischen Rußland und Deutschland [* 6] wiederhergestellt.
Gleichwohl schob Alexander III. die Erwiderung des Besuchs, den ihm Kaiser Wilhelm II. bald nach seinem Regierungsantritt in den Tagen des 19. bis in Petersburg gemacht hatte, bis zum Okt. 1889 hinaus. Der an diesem Tage erfolgte Gegenbesuch bewirkte jedoch keine Änderung in der polit. Stellung R.s. Die glänzende Aufnahme des Kaisers Wilhelm durch den Sultan bei seinem Besuche in Konstantinopel [* 7] (2. bis die hieraus erfolgte Stärkung des Selbstgefühls der Türkei [* 8] auch Rußland gegenüber und das intimere Verhältnis, in das die Pforte, ohne daß polit. Abmachungen getroffen wären, zu der Politik der Dreibundmächte trat, wurden von Rußland als eine Niederlage empfunden. Da auch England, ohnehin R.s Rival in Asien, [* 9] sich immer entschiedener dem Dreibunde annäherte, so blieb Rußland als einziger Verbündeter im Kriegsfalle Frankreich übrig.
Rußland setzte daher die niemals unterbrochenen Rüstungen [* 10] mit Eifer fort. schon zu Anfang des J. 1888 hatte es an seiner Westgrenze 8½ Armeekorps aufgestellt, während Deutschland und Österreich [* 11] zusammen nur 5½ Armeekorps an ihren Ostgrenzen stehen hatten. Diese starke russ. Truppenmacht wurde im Laufe des J. 1888 noch um 2 Infanteriedivisionen und 1 Kavalleriedivision und 1889 wieder um je eine Division beider Waffengattungen verstärkt; im April 1890 wurde auch die Finanzgrenzwache militärisch organisiert und vermehrt.
Zugleich mit dieser durch die Schwierigkeiten einer russ. Mobilmachung bedingten Truppenanhäufung an den Westgrenzen, der 1889 in Angriff genommenen Vermehrung der strategischen Bahnen im Westen sowie des Fahrparks der Weichselbahn und der südöstl. Bahnen, erfolgten Maßregeln zur Verstärkung [* 12] der gesamten russ. Armee. Im Juli 1888 wurde die Gesamtdienstzeit im Heer von 15 auf 18 Jahre erhöht, während gleichzeitig das jährliche Rekrutenkontingent eine Erhöhung um 15000 Mann erfuhr. Ein Ukas vom 13. Nov. vermehrte sodann die Zahl der 15 bestehenden Linienkorps um drei neue, die aus den überschüssigen Divisionen der alten Korps gebildet werden sollten. Dazu kam 1889 die Umwandlung der 20 Schützenbataillone im europ. Rußland in ebenso viele Regimenter zu 2 Bataillonen, die Bildung einer zweiten kombinierten Kosakendivision und die Erhöhung der Feldartilleriebrigaden von 6 auf 8 Batterien mit je 8 Geschützen.
Zu einem wirklichen Kriege mit Deutschland kam es zwar nicht, wohl aber zu einem Zollkriege. Nachdem 1890 die russ. Schutzzölle um 20 Proz. erhöht worden waren, begannen Febr. 1893 Verhandlungen mit Deutschland über einen Handelsvertrag. Als der Abschluß sich verzögerte, suchte Rußland 20. Juli durch Zollzuschlag von 50 Proz. auf deutsche Importartikel die deutsche Regierung zum raschern Abschluß zu drängen. Die deutscherseits 25. Juli hiergegen ergriffenen Maßnahmen schienen jedoch bald eine besonnene Stimmung in Petersburg hervorzurufen, und bald darauf begannen wiederum Verhandlungen, die zum Abschluß führten.
Der Reichstag genehmigte den Vertrag 16. März; 20. März wurde derselbe im Reichsgesetzblatt veröffentlicht. Den beiderseitigen Unterthanen wird im Handels- und Gewerbebetriebe das Vermögensrecht und gegenüber der Justiz und Verwaltung eine gleichmäßige Behandlung mit den eigenen Reichsangehörigen gewährleistet. Der gegenseitige Verkehr soll durch keinerlei Einfuhr- oder Ausfuhrverbote gehemmt werden. Eine Ausnahme ist nur für Gegenstände des Staatsmonopols zulässig. Russ. und deutsche Boden- und Gewerbeerzeugnisse genießen bei Verbrauch, Lagerung, Wiederaus- und Durchfuhr die Meistbegünstigung. Der Vertrag hat zunächst 10 Jahre Gültigkeit. Die Kündigungsfrist nach dieser Zeit ist einjährig. In R.fand der Vertrag allgemeinen Beifall.
Trotz der ablehnenden Haltung R.s befestigte sich die Regierung des Prinzen Ferdinand in Bulgarien unter der energischen Leitung Stambulows, und die wiederholten, von den russ. Panslawisten angezettelten Verschwörungen ließen die Sympathien für Rußland mehr und mehr schwinden, wenn es andererseits auch noch immer eine starke russenfreundliche Partei im Lande gab. Diese erlangte sogar einen großen Erfolg, indem sie Mai 1894 die Entlassung Stambulows durchsetzte, der hauptsächlich einer Annäherung mit Rußland widerstrebte.
Seitdem wird von bulgar. Seite alles versucht, um eine Versöhnung mit Rußland herbeizuführen. In Serbien gewann Rußland, als nach der Abdankung König Milans die russisch gesinnten Radikalen die herrschende Partei wurden, die Stellung, die es in Bulgarien vergebens erstrebte. Der Einfluß der geschiedenen Königin Natalie und die Proklamation der gegen Österreich und die Türkei gerichteten großserb. Ideen durch den Metropoliten Michael bei der Gedenkfeier der Schlacht auf dem Amselfelde (27. Juni) vollendeten diese Schwenkung der serb. Politik. Die Krönungsfeier des jungen Königs Alexander, zu der kein diplomat. Vertreter geladen war und nur der russ. Gesandte Persiani auf Befehl des Zaren erschien, sowie der Toast des Königs auf den Zaren brachten das Vasallenverhältnis Serbiens zu Rußland zum Ausdruck. Im Juli 1891 besuchte Alexander den Zaren in Petersburg; doch lockerten sich später die Beziehungen. (S. Serbien.) Nikola von Montenegro, [* 13] der «einzige aufrichtige Freund» R.s, fiel 1892 beim Zaren in Ungnade, weil er eine russ. Anleihe in «ein Gnadengeschenk des Kaisers verwandeln» wollte. Nun wurde der Versuch gemacht, Rumänien zu gewinnen; doch neigte der König Karl mehr zum Anschluß an den Dreibund.
In seiner asiat. Politik machte Rußland, dem hier nur England gegenüberstand, langsam, aber beständig Fortschritte. Die Einverleibung des Gebietes der Teke-Turkmenen bahnte Rußland den Weg nach Merw; unterwarfen sich die Turkmenenstämme von Merw. Das unterworfene Gebiet umfaßte 40000 Zelte und 280000 E. Etwa 1500 Familien verließen das Land und wandten sich nach Afghanistan. [* 14] Dort arbeitete eine russ.-engl. Grenzregulierungskommission, um eine feste Grenze zwischen Afghanistan und dem russ. Gebiet zu ¶
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vereinbaren. Inzwischen fand ein Zusammenstoß der von dem General Komarow befehligten Russen mit den Afghanen statt, die in die Flucht geschlagen wurden. Daraus entwickelten sich lange Verhandlungen zwischen Rußland und England, und es wurden bereits Kriegsrüstungen gemacht. Doch war das Friedensbedürfnis zu groß und allgemein, so daß man sich einigte, den Sulfikarpaß als nordwestlichsten Punkt von Afghanistan anzuerkennen. Am hielten die Russen ihren Einzug in das ihnen von dem afghan. Grenzgebiet zugesprochene Pendschdeh und setzten dort eine russ. Verwaltung ein. Am 14. Juli wurde die vom Kaspisee nach Merw führende Eisenbahn dem Verkehr übergeben und von da drei Heerstraßen an die afghan. Grenze gebaut.
Zur Beilegung von russ.-afghan. Grenzstreitigkeiten wurden in Petersburg Unterhandlungen zwischen russ. und engl. Bevollmächtigten eröffnet, die 20. Juli zu einem Vertrage führten, welcher Rußland gegen Verzicht auf das von ihm beanspruchte Merutschek das wertvollere Gebiet zwischen den Flüssen Kuschk und Murghab zusprach. Das am Amu-darja gelegene afghan. Gebiet von Kerki wurde, angeblich wegen Niedermetzelung bucharischer Beamten durch Afghanen, durch russ. Truppen besetzt. Im Aug. 1891 erschien eine aus 600 Mann Militär bestehende russ. «Erforschungsexpedition» auf dem Pamirplateau; 1892 rückte der russ. Oberst Janow weiter vor und besiegte die Afghanen bei Somatasch Die Engländer, die ihre Herrschaft in Indien bedroht glaubten, suchten Rußland durch Unterhandlungen fern zu halten. Im Okt. 1893 nahm der Emir Abd ur-Rahman eine brit. Gesandtschaft feierlich in Kabul auf und verkündete seinem Volk, daß mit England alle streitigen Fragen erledigt seien.
Für den erkrankten Staatssekretär von Giers übernahm Sommer 1892 Schischkin zeitweilig die auswärtigen Geschäfte. Er band sofort mit der Türkei an und forderte die rückständige Zahlung von 165000 Pfd., die Durchfahrt durch die Dardanellen für russ. Kriegsschiffe, die aus dem Schwarzen ins Baltische Meer fahren, und die Einsetzung des vom Zaren erwählten Katholikos der armenischen Kirche Khrimian, der einige Jahre vorher mit der türk. Regierung in Streit geraten und nach Jerusalem [* 16] verbannt worden war.
Nach längern Verhandlungen wurde Khrimian als Haupt aller Armenier in Etschmiadzin gesalbt (Okt. 1893). Im Herbst 1894 verbreiteten sich Nachrichten über Grausamkeiten der türk. Behörden gegen die Christen in Armenien, die England und Rußland veranlaßten, an der Kommission zur Untersuchung der Verhältnisse teilzunehmen. Mit Persien [* 17] entstand 1888 ein Konflikt. Während einer zeitweiligen Abwesenheit des russ. Gesandten am pers. Hofe, Fürsten Dolgorukij, hatte der engl. Gesandte Sir Wolfs bei dem Schah die freie Schiffahrt für alle Nationen auf dem Flusse Karun, die aber ausschließlich für England von Nutzen war, und die Verweigerung der Einrichtung eines russ. Konsulats in Meschhed durchgesetzt.
Da aber Persien R.s Macht mehr fürchtete als die Englands, so wurde sehr bald die Zurücknahme jener Verweigerung und eine starke Beschränkung des Handels auf dem Karunflusse von russ. Seite erlangt. Ferner wurde 1892 das einer engl. Gesellschaft überlassene Tabaksmonopol auf russ. Einwirkung aufgehoben, dagegen erhielt der Russe Poljakow 1893 die Erlaubnis zum Bau einer Eisenbahn vom Kaspischen Meer nach Teheran, und ein Landstrich in Chorassan wurde im Austausch mit Hissar und Abbasabad an Rußland abgetreten.
Auch in Korea hatte England nachgeben und das von ihm besetzte Port-Hamilton räumen müssen, nachdem Rußland der chines. Regierung zugesichert hatte, daß es in diesem Falle Korea nicht angreifen werde. Doch die Bestrebungen R.s, Korea seinem Einflusse zu unterwerfen, hörten deshalb nicht auf. Im Herbst 1888 schloß Rußland einen Handelsvertrag mit Korea, der Rußland wesentliche Vergünstigungen zusicherte, und die russ. Regierung drang auf vollständige Unabhängigkeit der Halbinsel von China. [* 18]
Ein 1888 mit Japan abgeschlossener Handelsvertrag verlieh den russ. Unterthanen das Recht, sich überall in Japan niederzulassen, wogegen die Konsulargerichte aufgehoben wurden und die russ. Staatsangehörigen künftig der Gerichtsbarkeit der in Japan zu errichtenden gemischten Gerichtshöfe unterworfen sein sollten. Mit den Vereinigten Staaten [* 19] schloß Rußland 1887 einen Auslieferungsvertrag ab, der polit. Mörder auch zu den gemeinen Verbrechern rechnete, die als solche ausgeliefert werden sollten.
Am hatte Rußland mit der Römischen Kurie eine Konvention abgeschlossen, worin die Wiederherstellung der russ. Botschaft im Vatikan [* 20] und die Begnadigung der administrativ verschickten poln. Bischöfe festgesetzt und dem Staate die Oberaufsicht über die röm.-kath. Seminarien, namentlich das Recht der Kontrolle des Unterrichts in der russ. Sprache [* 21] und das Recht des Veto gegen die Anstellung mißliebiger Seminarlehrer seitens der Bischöfe zuerkannt wurde.
Zum russ. Gesandten im Vatikan wurde Butenjew ernannt. Dieser wurde aber schon 1884 wieder zurückgerufen, weil der Papst eine Deputation Griechisch-Unierter empfing und von derselben eine mit 1500 Unterschriften versehene Adresse entgegennahm, in welcher über den von der orthodoxen Geistlichkeit auf sie geübten Druck geklagt wurde. In dieser Entgegennahme der Adresse sah die russ. Regierung eine Einmischung in innere russ. Verhältnisse. Erst 1888 wurden die Verhandlungen zwischen Rußland und dem Vatikan wieder angeknüpft.
Von dem Nuntius Galimberti und dem russ. Botschafter Fürsten Lobanow in Wien [* 22] wurden die Vorfragen erledigt und sodann ein außerordentlicher russ. Gesandter, Iswolskij, 10. Nov. vom Papste und vom Kardinalstaatssekretär Rampolla empfangen. Die mehrmals ins Stocken geratenen Verhandlungen führten 1889 hinsichtlich der Frage der Wiederbesetzung der kath. Bischofssitze zu einer Verständigung und Juni 1894 zur Einsetzung Iswolskijs zum Ministerresidenten beim päpstl. Stuhl. Der Papst bemühte sich sogar allen Ernstes, eine Versöhnung der griech. und röm. Kirche herbeizuführen.
Die innere Politik R.s war vielfach von der Richtung der äußern bedingt. So war die erwähnte Heeresverstärkung eine Folge sowohl der gespannten Beziehungen zu den mitteleurop. Mächten als auch der Absicht R.s, bei etwa eintretenden europ. Verwicklungen die Gunst des Augenblicks für sich voll ausnutzen zu können. Die russ. Kriegsflotte im Schwarzen Meere, welche 120 Kriegsschiffe, darunter 7 Panzerschiffe [* 23] und 16 Torpedos [* 24] zählte, wurde im Mai 1886 um zwei weitere Kriegsdampfer vermehrt, deren Stapellauf der Kaiser beiwohnte. Durch Ukas vom wurde die im Berliner Vertrag [* 25] beschlossene Freihafenstellung Batums aufgehoben und die Stadt trotz des Einspruchs ¶