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oder die Große Armee zu einer Schlacht zu bewegen. Als Bennigsen hinter der Schlesischen Armee unbemerkt nach Böhmen [* 2] gelangt war, wandte sich Blücher durch einen geschickt verdeckten Marsch rechts und erzwang durch das Treffen bei Wartenburg (s. d.) 3. Okt. den Elbübergang. Auch die Nordarmee überschritt 4. und 5. Okt. diesen Fluß, während die Hauptarmee aus Böhmen westwärts ab über das Erzgebirge nach Sachsen [* 3] marschierte. Im Rücken der Franzosen streiften schon einzelne Korps: so namentlich Tschernytschew (s. d.), der 1. Okt. dem Königreich Westfalen [* 4] ein Ende machte.
Napoleon hatte Murat mit einem Teil des Heers entsendet, um den Marsch der Hauptarmee der Verbündeten aufzuhalten; er selbst verließ Dresden [* 5] 7. Okt. mit den übrigen Streitkräften und unternahm einen Vorstoß bis Düben, um die Schlesische Armee anzufallen, kehrte jedoch schnell um, als diese auswich, und wandte sich nach Leipzig, [* 6] wo er von den drei vereinigten Armeen 16. bis 18. Okt. eine so entscheidende Niederlage erlitt (s. Leipzig, Bd. 11, S. 66), daß er sich zu schleunigem Rückzug aus Deutschland [* 7] gezwungen sah.
Schon vorher hatte sich Bayern [* 8] 8. Okt. im Vertrage von Ried Österreich [* 9] angeschlossen;
der ganze Rheinbund löste sich auf;
die vertriebenen Fürsten kehrten in ihre Länder zurück;
der König von Sachsen wurde als Kriegsgefangener nach Berlin [* 10] geführt.
Eine energische Verfolgung des Sieges hätte dem Kriege vielleicht schon jetzt ein Ende gemacht; aber die Verbündeten irrten über den Weg, den Napoleon eingeschlagen hatte, und folgten ihm auf einem andern. Napoleon setzte seinen Rückzug ohne Aufenthalt fort und schlug die Bayern unter Wrede bei Hanau [* 11] (s. d.) 30. Okt. Kaum 90000 Mann brachte er über den Rhein zurück. Die Garnisonen der noch von den Franzosen besetzten Festungen mußten nach und nach kapitulieren. Während die Hauptarmee und die Schlesische Armee an den Rhein rückten, wurde von der Nordarmee, die sich gegen Hamburg [* 12] und die Dänen wandte, das preuß. 3. Korps (Bülow) zur Befreiung Hollands entsendet. Dänemark [* 13] schloß nach der Niederlage von Sehestedt, 10. Dez., den Frieden zu Kiel [* 14] und trat Norwegen [* 15] gegen Schwedisch-Pommern ab.
B. Der Feldzug in Frankreich von 1814. Die Verbündeten begannen den Winterfeldzug mit über 300000 Mann, denen Napoleon nicht entfernt soviel entgegenzusetzen hatte. Nach dem Operationsplan sollte die verbündete Hauptarmee durch die Schweiz [* 16] in Frankreich einrücken, die Richtung auf Paris [* 17] nehmen und ein Korps unter Bubna gegen Lyon [* 18] entsenden, um später Verbindung mit Wellington zu suchen, der nach der Schlacht bei Vittoria in Frankreich eingedrungen war. Die Schlesische Armee sollte vom Mittelrhein her vorrücken und sich mit jener zwischen Seine und Marne vereinigen, um gemeinschaftlich gegen Paris zu operieren.
Seit dem geschah der Rheinübergang der Hauptarmee bei Basel, [* 19] in der Neujahrsnacht 1814 der Blüchers bei Caub und Mannheim. [* 20] Marmont und Macdonald, die am Mittel- und Niederrhein die Grenze besetzt gehalten hatten, zogen sich zurück, auch Mortier, nachdem er bei Bar-sur-Aube 24. Jan. gegen einen Teil der Hauptarmee gefochten hatte. Napoleon hatte gegen 60000 Mann bei Châlons-sur-Marne zusammengezogen und sich 25. Jan. dorthin begeben, um zunächst Blücher anzugreifen. Er erlangte zwar 29. Jan. bei Brienne einigen Vorteil; aber Blücher, aus der Hauptarmee verstärkt, schlug ihn 1. Febr. bei La Rothière (s. d.), worauf Napoleon nach Troyes zurückging.
Die Verbündeten, anstatt ihn energisch zu verfolgen, trennten sich nun. Blücher wandte sich gegen die Marne, Châlons wurde genommen und der Marsch auf Paris angetreten, während Schwarzenberg gleichzeitig längs der Seine vorgehen sollte. Aber dieser verzögerte seinen Vormarsch, und so konnte sich Napoleon, der bereits seinem Gesandten auf dem Friedenskongreß zu Châtillon-sur-Seine (s. Chatillon 2) alle Vollmacht gegeben hatte, mit ganzer Macht auf die getrennt marschierende Schlesische Armee werfen, die er 10. bis 14. Febr. in einer Reihe von Gefechten bei Champaubert, Montmirail, Château-Thierry und Etoges (s. d.) schlug und zum Rückzüge nach Châlons nötigte, wo sich die Korps der Schlesischen Armee am 17. nach einem Verluste von 14000 Mann und 30 Geschützen wieder vereinigten.
Jetzt wandte sich Napoleon gegen die Hauptarmee, die unter Gefechten mit Oudinot und Victor langsam vorgerückt war, schlug Wittgenstein 17. Febr. bei Nangis, den Kronprinzen von Württemberg [* 21] am 18. bei Montereau und zwang auch sie zum Rückzuge. Derselbe wurde auf Troyes unternommen, um wieder mit Blücher Verbindung zu suchen. Die Verbündeten schlossen 1. März eine engere Allianz zu Chaumont (s. d.), nachdem Blücher schon wieder, rechts abmarschierend, die Offensive ergriffen und dadurch den Erfolg des ganzen Feldzugs gerettet hatte. Er hatte Marmont und Mortier schon 27. Febr. wieder über die Marne gedrängt, ließ aber von deren Verfolgung ab, als er Napoleons Anmarsch erfuhr, und wich diesem über die Aisne aus, um sich mit Bülow und Wintzingerode zu vereinigen.
Diese hatten 2. März Soissons genommen und stießen am 4. zu Blücher. Napoleon warf zwar am 7. Sacken bei Craonne zurück, wurde jedoch 9. und 10. März bei Laon von Blücher geschlagen. Wiederum ließ er Marmont und Mortier gegen diesen stehen und warf sich abermals auf die Marschlinie der Hauptarmee, die nach dem Gefecht bei Bar-sur-Aube 27. Febr. ungefähr wieder so weit wie vier Wochen vorher vorgerückt war. Unterwegs zersprengte er bei Reims [* 22] 13. März das Korps des russ. Generals Saint-Priest, wurde aber in der Schlacht bei Arcis-sur-Aube am 20. von Schwarzenberg zurückgeschlagen und faßte nun den Plan, die rückwärtigen Verbindungen der feindlichen Heere nach dem Rhein zu unterbrechen, um deren Vordringen auf Paris aufzuhalten.
Die Verbündeten, denen ein aufgefangener Brief Napoleons an die Kaiserin seinen Plan enthüllt hatte, sandten ihm indes nur 5000 Pferde [* 23] unter Wintzingerode nach, der ihn einige Tage mit Geschick täuschte, und setzten ihren Marsch auf Paris fort. Bei La Fère Champenoise wurden 25. März die Marschälle Napoleons geschlagen, und die Schlacht von Paris (s. d., Bd. 12, S. 906 a) 30. März zwang die Hauptstadt zur Kapitulation. Napoleon eilte herbei, doch zu spät. Der Senat hatte ihn bereits 2. April für abgesetzt erklärt, seine Marschälle sagten sich von ihm los, und so verzichtete er am 11. auf den Thron. [* 24] Er erhielt als Souverän die Insel Elba, wo er 4. Mai landete. In Italien [* 25] hatte sich zwar der Vicekönig behauptet, aber Lyon war von Bubna und Bordeaux [* 26] von Wellington besetzt worden, der noch 10. April Soults festes Lager [* 27] bei Toulouse [* 28] erstürmte. Ein Waffenstillstand wurde geschlossen, und Ludwig XVIII. zog 4. Mai in Paris ein. Der erste Pariser Friede (s. d.) wurde 30. Mai unterzeichnet. ¶
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C. Der Feldzug von 1815 in den Niederlanden und Frankreich. Während der Wiener Kongreß (s. d.) über die Neuordnung von Europa [* 30] beriet, schiffte sich Napoleon in Elba heimlich ein, landete bei Antibes und zog 20. März, nachdem die ihm entgegengeschickten Truppen zu ihm übergegangen waren, in Paris ein. Seine Friedensanträge bei den verbündeten Monarchen scheiterten jedoch. Diese sprachen vielmehr die Acht über ihn aus und stellten sogleich eine engl.-niederländ. Armee von 100000 Mann unter Wellington und eine preußische von 120000 Mann unter Blücher in den Niederlanden gegen ihn auf, während die Streitkräfte aller europ. Staaten in Bewegung gesetzt wurden.
Murat hatte sich wieder mit ihm verbunden, aber dieser wurde von den Österreichern 2. und 3. Mai bei Tolentino, 16. bei Mignano am Garigliano geschlagen und mußte aus Neapel [* 31] fliehen. Napoleon begab sich nach Abhaltung des Maifeldes zur Armee, die 125000 Mann stark an der Nordgrenze versammelt war, griff 15. Juni plötzlich Blüchers Vorhut bei Charleroi an und warf sie zurück. Seine Absicht war, zwischen die beiden feindlichen Heere einzudringen und sie einzeln zu schlagen.
Blücher vereinigte von seiner Armee drei Korps (Zieten, Pirch, Thielmann, die vierte unter Bülow war noch zurück) und nahm im Vertrauen auf die von Wellington zugesagte Hilfe in ungünstiger Stellung bei Ligny (s. d.) den Kampf auf, wurde aber, da diese ausblieb, 16. Juni von Napoleon geschlagen, der gleichzeitig durch Ney die Engländer bei Quatre-Bras (s. d.) angreifen ließ. Napoleon gab Grouchy Befehl, den Preußen, [* 32] die er im Abmarsch gegen Osten glaubte, zu folgen, während sie nordwärts nach Wavre marschiert waren, um mit Wellington vereint den Kampf wieder aufzunehmen.
Dieser hatte 18. Juni eine vorteilhafte Stellung bei Waterloo [* 33] (s. d.) genommen, aus der ihn Napoleon trotz aller Anstrengungen nicht verdrängen konnte; gegen Abend, als die Kräfte beiderseits erschöpft waren, erschien Blücher in der rechten Flanke der Franzosen und entschied den Sieg. Zu spät dachte Napoleon an den Rückzug, der bald zur allgemeinen Flucht wurde. Eine beispiellos energische Verfolgung, durch Gneisenau geleitet, machte die Niederlage zugleich zur Entscheidung des Krieges.
Weder Grouchys geschickter Rückzug nach dem glücklichen Gefecht bei Wavre 18. Juni gegen Thielmann, noch der Überfall von Versailles [* 34] 2. Juli, wo zwei preuß. Husarenregimenter durch Exelmans aufgerieben wurden, noch Rapps und Suchets Widerstand am Oberrhein und im Süden konnten den Ausgang ändern. Napoleon hatte 22. Juni dem Throne entsagt und sich 15. Juli in Rochefort den Engländern ergeben, worauf er als Kriegsgefangener nach St. Helena gebracht wurde. Paris, wo Davout befehligte, kapitulierte 3. Juli, die franz. Armee mußte hinter die Loire zurückgehen; am 7. rückten die Verbündeten in die Hauptstadt ein; am 9. hielt Ludwig XVIII. seinen Einzug. Der zweite Pariser Friede (s. d.) wurde 20. Nov. geschlossen.
Aus der reichhaltigen Litteratur über diesen Krieg sind hervorzuheben: Chambray, Histoire de l'expédition de Russie (3 Bde., Par. 1824);
Buturlin, Histoire militaire de la campagne de Russie en 1812 (2 Bde., ebd. 1824);
Ségur, Histoire de Napoléon et de la grande armée pendant 1812 (2 Bde., ebd. 1824 u. ö.);
die beiden letztern überholt durch Bogdanowitsch, Geschichte des Feldzugs im J. 1812 (deutsch, 3 Bde., Lpz. 1863);
Fain, Manuscrit de 1812 (2 Bde., Par. 1827);
Danilewski, Geschichte des vaterländischen Krieges von 1812 (deutsch, 4 Bde., Riga [* 35] 1840);
Beitzke, Geschichte des russ. Krieges im J. 1812 (Berl. 1856);
Bernhardi, Denkwürdigkeiten aus dem Leben des kaiserlich russ. Generals von Toll (2. Aufl., 4 Bde., Lpz. 1865);
Plotho, Der Krieg in Deutschland und Frankreich 1813 und 1814 (3 Bde., Berl. 1817; Band [* 36] 4 u. d. T.: Der Krieg des verbündeten Europa gegen Napoleon i. J. 1815, ebd. 1818);
Londonderry, Narrative of the war in Germany and France in 1813 and 1814 (Lond. 1830; deutsch, 2 Bde., Weim. 1836);
(Müffling), Zur Kriegsgeschichte von 1813 und 1814 (2 Bde., Berl. 1824);
ders., Betrachtungen über die großen Operationen und Schlachten [* 37] von 1813 und 1814 (ebd. 1825);
Norvins, Histoire de la campagne de 1813 (2 Bde., Par. 1834);
Damitz (von Grolman), Geschichte des Feldzugs von 1814 im östl. und nördl. Frankreich (4 Bde., Berl. 1842);
Charras, Histoire de la guerre de 1813 en Allemagne (Lpz. 1866; deutsch ebd. 1867);
Beitzke, Geschichte der deutschen Freiheitskriege (4. Aufl., von P. Goldschmidt, 2 Bde., Brem. 1881-83);
Odeleben, Napoleons Feldzug in Sachsen i. J. 1813 (Dresd. 1816; 2. Aufl. 1840);
Georg von Schimpff, 1813. Napoleon in Sachsen (ebd. 1894);
Wiehr, Napoleon und Bernadotte im Herbstfeldzug 1813 (Berl. 1893);
von Quistorp, Geschichte der Nordarmee im J. 1813 (3 Bde., ebd. 1894);
Jomini, Précis politique et militaire de la campagne de 1815 (Par. 1839);
Siborne, History of the war in France and Belgium in 1815 (2 Bde., Lond. 1848);
Charras, Histoire de la campagne de 1815. Waterloo (2 Bde., Brüss. 1858; 6. Aufl., Par. 1869; deutsch Dresd. 1858);
Chesney, Waterloo-Vorlesungen (2. Aufl., englisch, französisch und deutsch, Lond. und Berl. 1869);
von Ollech, Geschichte des Feldzugs von 1815 (Berl. 1876);
Quinet, Histoire de la campagne 1815 (2. Aufl., Par. 1867);
Gardner, Quatrebras, Ligny and Waterloo (Boston [* 38] 1882).