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16 ist katholisch ebenso wie der Thronfolger; deren Nachfolger griechisch-orthodox. Die Großjährigkeit des Königs tritt mit dem vollendeten 18. Lebensjahre ein. Die Volksvertretung besteht aus einem Senat und einer Deputiertenkammer (120 und 183 Mitglieder). Die Wähler si nd in drei Elektoralkollegien geteilt:
1) Wähler, die eine bestimmte Grundsteuer zahlen, 2) städtische Wähler, die direkte Staatssteuern über 20 Frs. zahlen, und Angehörige der freien Berufe, 3) alle übrigen Steuerzahler, die zum Teil indirekt wählen müssen. Auch für die Senatoren bestehen zwei Kollegien. Alle Abgeordnete beziehen Diäten; Senatoren werden auf acht, Deputierte auf vier Jahre gewählt. Die Staatsverwaltung zerfällt in acht Ministerien: Inneres, Justiz, Kultus und Unterricht, Finanzen, Krieg, Ackerbau und Handel, öffentliche Arbeiten, Äußeres.
Die Kontrolle über die Verwaltungsrechnungen führt ein oberster Rechnungshof. Die Eisenbahnen, die Post und die Telegraphen, [* 2] das Tabak- und Salzmonopol, das Sanitätswesen, das Statistische Amt, die Staatsdruckerei bilden besondere Generaldirektionen. Rumänien [* 3] ist administrativ in 32 Distrikte und 227 Bezirke geteilt, mit 3013 Gemeinden, darunter 72 städtischen. Dem Distrikt steht ein Präfekt, dem Bezirk ein Unterpräfekt vor. Das Budget für 1894/95 weist in Einnahmen und Ausgaben 203,1 Mill. Lëi auf.
Einnahmen sind: 31,9 Mill. direkte, 57,1 Mill. indirekte Steuern, 48,7 Mill. Tabak-, Salz-, Karten- und Zündhölzchenmonopole, 29,1 Mill. Domänen, 14,2 Mill. Lëi Netto-Einnahmen der Eisenbahnen u.s.w. Unter den Ausgaben erfordern: Zinsen und Amortisation der öffentlichen Schuld 70,2 Mill., Krieg 41,3, Finanzverwaltung 25,5, Kultus und Unterricht 25,2, innere Verwaltung 19,4, öffentliche Arbeiten 6,3, Justiz 5,7, Domänen 5,5, Äußeres 1,7 Mill. Lëi. Die öffentliche Schuld betrug 1076 Mill. Lëi. Mit Ausnahme von 31,6 Mill. nicht amortisierbarer aber rückkäuflicher 5prozentiger Rente wird die Schuld durch jährliche Amortisation getilgt: zwei Anleihen im Betrage von 26 ½ Mill. Lëi bis 1899, eine Eisenbahnschuld von 51 ¼ Mill. Lëi bis 1910, der Rest zwischen 1912 und 1938.
Das Wappen hat das schwarz und weiß quadrierte Mittelschild des Hauses Hohenzollern; [* 4]
das erste blaue Feld des Hauptschildes zeigt einen gekrönten goldenen Adler, [* 5] im Schnabel ein silbernes Kreuz, [* 6] in den Klauen Schwert und Scepter;
im rechten Obereck eine goldene Sonne [* 7] (Walachei): das zweite rote Feld einen goldenen Stierkopf mit goldenen Hörnern, dazwischen einen goldenen Stern, in der linken Oberecke einen goldenen Halbmond (Moldau);
das dritte rote Feld einen aus einer Königskrone halb herausgewachsenen doppelschwänzigen goldenen Löwen, [* 8] zwischen seinen Pranken einen goldenen Stern vorhaltend (die kleine Walachei);
das vierte blaue Feld zwei unten mit den Köpfen gegeneinander gekehrte goldene Delphine (die untere Donau).
Schildhalter sind zwei Löwen, auf einer goldenen Arabeskenverzierung stehend, um welche sich ein blaues Band [* 9] mit «Nihil sine Deo» schlingt. Die Landesfarben sind Blau, Gelb, Rot vertikal gestreift. (S. Tafel: Flaggen [* 10] der Seestaaten, Bd. 6, S. 862.) Es bestehen zwei Orden: [* 11] der 1877 gestiftete Stern von Rumänien (s. d.) und der 1881 gestiftete Kronenorden (s. d.).
Heerwesen. Jeder diensttaugliche Rumäne ist militärpflichtig, im stehenden Heere 3, im Territorialheere 4 und 5 Jahre; nach Ablauf [* 12] der Dienstzeit in der Reserve bis zum 30., in der Miliz bis zum 36., im Landsturm bis zum 46. Jahre. Das Staatsgebiet ist (mit der Dobrudscha) in 5 Armeekorpsbezirke und 8 Militärdivisionen eingeteilt. Die Verteidigung lehnt sich an zwei Festungswerke: die Befestigungslinie Focşani-Galatz mit Namoloasa als Mittelpunkt, armiert mit drei Reihen Schumannscher Panzertürme, und das in einem Umkreise von 60 km von 18 Forts mit drehbaren Panzertürmen umgebene Bukarest. [* 13]
Seit der Organisation im J. 1888 umfaßt das Heer 33 Infanterieregimenter zu 3 Bataillonen, 4 Jägerbataillone, 16 Kavallerieregimenter (Kalaraşi) zu 4 Schwadronen, 12 Regimenter Feldartillerie zu 6 Batterien, 4 Regimenter reitende Artillerie zu 6 Batterien, 2 Regimenter Belagerungsartillerie zu 3 Batterien, 2 Genieregimenter zu 3 Bataillonen, 1 Bataillon Pioniere, 4 Schwadronen Train, 1 Regiment Gendarmerie zu 2 Compagnien und 2 Schwadronen, 4 Sanitäts-, 5 Verwaltungs- und 3 Handwerkercompagnien. Es bestehen außerdem 1 Militärarsenal, 3 Militärschulen, 1 Genie-, 1 Artillerie- und 1 Kavallerie-Offizierschule, 1 höhere militär. Bildungsanstalt, 14 Militärhospitäler. Die etatsmäßige Friedensstärke der Armee betrug (1893) 2988 Offiziere, 367 Beamte, 117000 Soldaten, 8405 Pferde [* 14] und 400 Kanonen. Die etatsmäßige Kriegsstärke wird auf 150000 Mann geschätzt. Die Flotte (der Donau und des Schwarzen Meers) bestand (1893) aus 1 Kreuzer, 2 Avisos, 5 Kanonenbooten, 4 Kanonenschaluppen, 7 Schleppdampfern, 5 Torpedobooten und 6 Dampfbarkassen.
Kultus, Unterricht und Rechtspflege. Die orthodoxe Landeskirche hat sechs Bistümer und zwei Metropolitanstühle; sie ist selbständig von einer durch den Metropoliten-Primas von Bukarest präsidierten Synode verwaltet. Für Priesterbildung bestehen sechs Seminare. Zahlreich sind die Klöster. Die Katholiken haben seit 1882 ein Erzbistum in Bukarest. Der Unterricht ist überall unentgeltlich. Es gab aber 1894 nur 3626 Elementarschulen, 12 siebenklassige Lyceen und 1 siebenklassiges Real-Lyceum, 18 vierklassige Gymnasien und 11 vierklassige Real-Gymnasien, 10 höhere und 11 professionelle Mädchenschulen, 1 höhere und 3 untere landwirtschaftliche Schulen, 5 Handelsschulen, 2 Industrieschulen, 6 Normalschulen für Schullehrer und 3 für Schullehrerinnen, 2 Waiseninstitute, 1 Veterinärschule, 2 Malerschulen, 2 Musikkonservatorien und 2 Universitäten. Wichtige Bildungsinstitute besitzt Bukarest. Für die Justiz besteht ein Kassationshof, vier Appellhöfe, in jedem Distrikt ein Gerichtshof erster Instanz und mehrere Bagatellgerichte. Kriminal- und Preßsachen kommen vor die Geschworenengerichte. Das Verfahren ist durchweg mündlich und öffentlich. Der Code Napoléon gilt als Zivilgesetzbuch. Rumänien hat 70 Spitäler, 5 Irrenanstalten, 2 Gebär- und 2 Findelhäuser.
Das Zeitungswesen ist jungen Datums. Die ersten Versuche zur Gründung eines Blattes in rumän. Sprache [* 15] wurden gegen 1830 gemacht, wo ¶
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17 Heliade Radulescu den «Currier românescu» (1828–48),
dann den «Currier de ambe sexe» (1843–48) zu Bukarest begründete, zwei einflußreiche Zeitschriften, welche als die Zeichen der beginnenden Umgestaltung nach dem Vorbild westl. Civilisation zu betrachten sind. Wertvoll durch Mitteilung geschichtlicher Dokumente war das von Laurianu und Balcescu 1845 begonnene «Magasinul istoricu pentru Dacia». In späterer Zeit war unter den Bukarester Blättern besonders der «Românul» (seit 1857),
das täglich erscheinende Organ der liberalen Partei, von Bedeutung, die jedoch seit dem Tode C. A. Rosettis (1885) abnahm. In der Moldau begann die litterar. Bewegung etwas später. 1840 erschien die «Dacia literara» von Cogalniceanu, Alexandri und Negruzzi, 1841 die «Archiva Romanesca» von Cogalniceanu. Aus späterer Zeit ist die erst zu Jassy, dann in Bukarest erscheinende Revue «Convorbiri literare» hervorzuheben. Unter den täglich erscheinenden Blättern sind folgende hervorzuheben: Nationalliberal sind «Voinţa Natională», «Românul», «Naţionalul», «Gazeta Poporuluĭ», «La Patrie»;
konservativ: «Timpul», «Constituţionalul», «Ţara», «Lupta», «L’Indépendance roumaine»;
socialistisch: «Lumea noua».
Wichtige Zeitschriften: «Analele Academieĭ», «Convorbiri literare», «Ateneul», «Revista nouă», «Archiva din Jaši», «Jiul», «Lumina pentru toţi» und die «Economia naţională». Geschichte. (Für die ältere Geschichte vgl. Moldau und Walachei.) Mit dem Pariser Frieden beginnt die neuere Geschichte R.s. Durch denselben wurde das russ. Protektorat in den Donaufürstentümern aufgehoben und durch die Garantie der Nichtintervention der Großmächte ersetzt, der Moldau der südl. Teil (Ismail, Kagul, Bolgrad) Bessarabiens zuerteilt und zugleich bestimmt, daß die Bevölkerung über die künftige Gestaltung ihrer Staaten durch eigene, die gesamten Interessen des Landes vertretende Volksversammlungen (Diwans ad hoc) unter Aufsicht einer Kommission der Großmächte befragt werden solle. Die Hospodare (Ghika und Stirbei) wurden 1857 durch provisorische Statthalter (Kaimakams) ersetzt: Balsch und nach dessen Tode Nikolaus Bogorides in der Moldau, Alexander Ghika in der Walachei. Die Diwans erklärten (19.und als Hauptwünsche beider Länder: die Achtung der durch die alten Verträge mit der Pforte verbrieften Rechte der Fürstentümer und deren Neutralität sowie ihre Vereinigung zu einem konstitutionellen Staate unter einem erblichen Fürsten aus einer europ. Dynastie. In der darauf folgenden Pariser Konvention vom regelten die Großmächte die rumän. Verfassungsfragen, indem sie die Höhe der der Pforte zu zahlenden Tribute, die Wahl zweier Landesfürsten und ein neues Wahlgesetz für die Deputiertenkammern festsetzten. Die Zusammengehörigkeit der beiden Länder erhielt ihren Ausdruck in einer permanenten Centralkommission zu Focşani, welche die gemeinsamen Gesetze ausarbeiten sollte.
Unter dem Vorsitze von provisorischen Regierungen fand 1859 durch die neuen Volksvertretungen die Fürstenwahl statt, und zwar wurde in beiden Ländern der Oberst Alexander Cusa (s. d.) gewählt (17. Jan. in Jassy, 5. Febr. in Bukarest), nachdem er sich zuvor urkundlich verpflichtet hatte, die Vereinigung der Fürstentümer zu Gunsten eines fremden Fürsten zu verwirklichen. Auf Empfehlung der Vertragsmächte erteilte die Pforte ihm Okt. 1859 die Investitur. Sogleich stellten sich die aus der neuen Verfassung entspringenden Schwierigkeiten heraus: der Landesfürst hatte zu regieren mit zwei Ministerien, zwei Deputiertenkammern und einer Centralkommission, die fern von den beiden Residenzen in einer dritten Stadt ihren Sitz hatte.
Dazu kam ein fortwährender Hader um die Macht, woraus häufige Ministerwechsel und ebenso häufige Kammerauflösungen folgten. Nach längern Verhandlungen genehmigte die Pforte endlich die zeitweilige Vereinigung der Fürstentümer, die Aufhebung der Centralkommission, ein gemeinsames Ministerium und eine gemeinsame Deputiertenkammer. Am wurde durch den Fürsten die Gründung des einheitlichen Staates Rumänien proklamiert. Unter dem Kabinettspräsidium des hochkonservativen Barbu Catargiu trat die erste einheitliche Kammer in Bukarest zusammen. Am wurde Barbu Catargiu beim Verlassen der Kammer meuchlings erschossen.
Die nun folgenden Ministerien vermochten sich nicht zu halten gegen die immer mehr überhandnehmende Maitressen- und Günstlingswirtschaft, und Cusa suchte endlich seine Rettung in einem Staatsstreich, indem er die Kammern auflöste und eigenmächtig ein der Napoleonischen Verfassung nachgebildetes sog. Statut mit zwei Kammern erließ. Die Genehmigung dieses Aktes durch die Pforte und die Mächte erfolgte im Juli desselben Jahres. Kraft [* 17] der unumschränkten Gewalt, die Cusa vom 14. Mai bis ausübte, oktroyierte er mehrere wichtige Gesetze: das Civil- und Kriminalgesetzbuch, Gesetze für Gerichtsorganisation, Gemeinde- und Distriktsverwaltung, für Pensionswesen, für das Unterrichtswesen sowie für den Belagerungszustand.
Die wichtigste Reform war die der grundherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, wodurch die seit dem 16. Jahrh. herrschende Robotpflichtigkeit der Bauern aufgehoben und 406898 Bauernfamilien zu Grundeigentümern gemacht wurden. Mutwillige Verschwendung zerrüttete aber die Finanzen, Mißernten und Hungersnot verschlimmerten noch die Lage, und es kam zur Einstellung der notwendigsten Zahlungen. Diese Umstünde sowie die Verwahrlosung der Verwaltung veranlaßten allgemeine Unzufriedenheit und führten endlich zu einer Verschwörung, die Cusa (11.) stürzte.
Auf Vorschlag einer sofort gebildeten provisorischen Negierung (Golescu, Haralambie, Lascar Catargiu) wählten beide Kammern noch an demselben Tage einstimmig den Grafen von Flandern, Bruder des Königs von Belgien, [* 18] zum Fürsten. Als dieser die Wahl ablehnte, ordnete die Regierung, im Einvernehmen mit Napoleon III., eine Volksabstimmung über die Berufung des Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen an, die 14. bis 20. April die fast einstimmige Wahl des Prinzen zur Folge hatte und 13. Mai durch die neugewählte Deputiertenkammer bestätigt wurde. Fürst Karl hielt 22. Mai seinen Einzug in Bukarest und beschwor die neue liberale, der belgischen nachgebildete Verfassung 12. Juli. Die Großmächte erkannten die neue Ordnung der Dinge im Laufe des Jahres an.
Die Thronbesteigung Karls I. war für R.s Schicksale entscheidend. Bald traten zwei Parteien scharf gegeneinander auf: die Bojaren, die in der Änderung der bestehenden Verhältnisse und in den konstitutionellen Freiheiten eine Gefahr für ihre Macht erblickten, und die Nationalliberalen, die voll ¶