bei der dortigen
Universität mit einer
Schrift über «Die platonische Ästhetik» und begründete 1838 mit
Echtermeyer die (in
Leipzig
[* 2] erscheinenden) «Halleschen Jahrbücher für
deutsche Kunst und Wissenschaft», die in Hegelscher
Tendenz das bedeutendste litterar.-kritische und philos. Organ der Zeit wurden. Infolge von Censurschwierigkeiten begab
sich Ruge 1840 nach
Dresden
[* 3] und verwandelte die «Halleschen Jahrbücher»
in «Deutsche
[* 4] Jahrbücher» (ohne die
Namen der Herausgeber),
deren polit. und religiöse
Tendenz jetzt immer radikaler wurde.
Ende 1842 erfolgte die Unterdrückung der «Jahrbücher» durch die sächs.
Regierung. Ruge wandte sich nun nach
Paris.
[* 5] In «Zwei Jahre in
Paris» (2 Bde., 1845) spricht er sich über
seine
Stellung zum
Socialismus ausführlich aus. 1846 begann er die Herausgabe seiner «Gesammelten
Schriften» (10 Bde., Mannh.
1846‒48),
die unter anderm auch die 1839 zuerst herausgekommene Sammlung «Der Novellist»
enthalten. Inzwischen war Ruge nach Zürich
[* 6] übergesiedelt und hatte sich mit J.
Fröbel an dem Litterarischen Comptoir buchhändlerisch
beteiligt. Als der Deutsche
Bund diese Firma verbot, kehrte Ruge nach
Leipzig zurück und gründete dort 1847 das
«Verlagsbureau», welche Firma 1851 von der sächs.
Regierung ebenfalls verboten wurde. An der
Bewegung von 1848 beteiligte sich N. im demokratischen
Sinne und gab in
Leipzig «Die
Reform» heraus.
Für
Breslau
[* 7] in die Nationalversammlung gewählt, gründete er in
Frankfurt
[* 8] die äußerste Linke. Da ihm
die Verhandlungen die demokratische
Bewegung nicht gehörig zu beschleunigen schienen, begab er sich im Juli nach
Berlin
[* 9] und
leitete dort «Die
Reform» als das Organ der Linken der
Berliner
[* 10] Nationalversammlung. Die Maßregeln vom hatten jedoch
die Unterdrückung des
Blattes und die
Ausweisung seiner Redacteure zur Folge. 1849 begab er sich nach
London
[* 11] und bildete hier mit Ledru-Rollin, Mazzini, Daracz und Bratiano das «Europäische
demokratische
Komitee für die
Solidarität der Partei ohne Unterschied der
Völker».
Später zog er sich aus dem Centralkomitee zurück. Seit 1852 lebte Ruge inBrighton als «visiting tutor»
an verschiedenen Schulen. Nach der nationalen Umgestaltung der deutschen Verhältnisse 1866 und 1870 sprach sich Ruge publizistisch
in
Briefen an deutsche
Zeitungen vielfach für
Bismarcks Politik aus und bezog seit Febr. 1878 vom
DeutschenReich, dessen
Aufrichtung
ihn mit der preußischen Politik versöhnte, einen Ehrensold von jährlich 3000 M. Er starb in
Brighton.
Von seinen
Schriften sind etwa noch zu nennen: «Poet.
Bilder aus der Zeit» (2 Bde., Lpz. 1847
u. 1848),
«Polit.
Bilder aus der
Zeit» (2 Bde., ebd. 1847
u. 1848),
seine Memoiren u. d. T. «Aus früherer Zeit»
(4 Bde., Berl. 1862‒67),
«Reden über
Religion, ihr Entstehen und
Vergehen» (ebd. 1869; neue Ausg. 1875),
«Wanderbuch, 1825‒73,
gedichtet von
Arnold Ruge»
(Ausgabe für Nordamerika,
[* 13] Lpz. 1874),
«Geschichte unserer Zeit» (ebd. 1881),
die beiden
Tragödien«Schill und die Seinen»
(Stralsund
[* 14] 1830) und «Die
neue Welt», «Zwei Doppelromane in dramat.
Form: Marie Bluntfield. Der Probekuß» (1865) und die histor. Erzählung
«Bianca della Rocca» (unter dem
Pseudonym Durangelo,
Berl. 1869). Auch veröffentlichte eine vorzügliche deutsche
Übersetzung der
«Briefe
des
Junius» (3. Aufl., Lpz. 1867).
«Arnold
R.s Briefwechsel und Tagebuchblätter aus den J. 1825‒80» gab Nerrlich heraus (2 Bde.,
Berl. 1886).
Sophus, Geograph, geb. zu Dorum im
Lande Wursten (Hannover),
[* 15] studierte 1850‒54 in Göttingen
[* 16] und
Halle,
[* 17] war 1859‒70 an der Handelsschule, 1870‒74 an der Annenschule zu
Dresden thätig und wurde 1874 ord. Professor der
Geographie und Ethnographie
[* 18] an der
Technischen Hochschule daselbst. Er arbeitet besonders über Geschichte
der Erdkunde.
[* 19]
Außer Programmschriften veröffentlichte er die 2.
Auflage von
Peschels «Geschichte der Erdkunde»
(Münch. 1878),
im Mittelalter die pflichtmäßige
Anzeige von
Verbrechen durch Zeugen (testes synodales,
Rügezeugen) in den
geistlichen, durch die Schöffen und Bauernmeister in den weltlichen Gerichten, sodann die so angezeigten
Verbrechen selbst. Auch bezeichnete man als Rüge nur geringere, mit bloß bürgerlichen, nicht peinlichen
Strafen zu belegende
Vergehen, zu deren Aburteilung selbst unter der Herrschaft des schriftlichen und heimlichen
Verfahrens in vielen deutschen
Ländern, z. B. Hannover,
Württemberg,
[* 23]
Sachsen, sich Überreste der alten Gemeindegerichte in periodisch stattfindenden
Rügegerichten
erhalten hatten. Im
Entwurf des
Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes waren Feld- und Forstrügegerichte
und Polizeirügegerichte für geringere
Übertretungen als besondere Gerichte zugelassen. Dieselben sind vom
Reichstag gestrichen;
dagegen ist durch §. 3 des Einführungsgesetzes zur Strafprozeßordnung der Landesgesetzgebung vorbehalten, ein besonderes
Verfahren ohne Schöffen für Forst- und Feldrügesachen anzuordnen.
Deutschlands
[* 24] größte
Insel, in der Ostsee gelegen, wird von dem Festlande, mit dem sie wahrscheinlich einst
zusammenhing, durch den
RügenschenBodden (s.
Bodden) und den nur 2,46 km breiten
Strelasund getrennt und bildet mit den vorliegenden
Eilanden einen
Kreis
[* 25] im preuß. Reg.-Bez.
Stralsund, hat 967,65 qkm und (1890) 45185 (22090 männl., 23095 weibl.)
E., 2
Städte, 73 Landgemeinden und 247 Gutsbezirke. (Hierzu eine Karte: Rügen.) Der größte Längendurchmesser von S. nach
N. beträgt 49 km, die
Breite
[* 26] von W. nach O. etwa 45 km. Die
Insel zeichnet sich durch ihre zerrissene Gestalt aus.
Auf allen Seiten ist das
Meer tief eingedrungen und bildet eine Menge größerer und kleinerer Binnenwasser,
Wieke und
Bodden (s. d.) genannt. Durch diese sind auf allen Seiten Halbinseln entstanden,
die zum
Teil durch ganz schmale
Landengen (wie Schaabe zwischen Jasmund und
Wittow) miteinander oder mit dem
Kern der
Insel selbst
(wie SchmaleHeide) zusammenhängen. So streckt sich gegen N. die Halbinsel
Wittow mit dem
VorgebirgeArkona
(s. d.), gegen
NO. Jasmund (s. d.), gegen SO. Mönkgut oder
Mönchgut mit den
VorgebirgenThiessower Hövd
¶
mehr
und Nord Perd, besonders bekannt durch die eigenartigen Gebräuche seiner Bewohner. Im NW.
liegt die Fischerinsel Hiddensee, etwas südöstlicher die breitere InselUmmanz (s. d.) und gegen SW. Zudar, eine sehr fruchtbare
Halbinsel. Putbus gegenüber liegt die kleine Insel Vilm. Rügen ist
im W. eben, erhebt sich im Innern, und die Nordostküsten bestehen meist aus schroffen, steilen Kreidewänden.
(S. Stubbenkammer.) Die bedeutendste Anhöhe im Innern, das «Auge
[* 28] des Landes», ist der Rugard bei der Hauptstadt Bergen
[* 29] (s. d.).
Die Insel hat nur kleine Bäche, dagegen mehrere Seen.
Der Boden ist, einige Sandstriche und einige Torfmoore abgerechnet, sehr ergiebig und liefert viel Getreide
[* 30] und Raps, namentlich auf Wittow. Sehr wichtig ist auch die Viehzucht,
[* 31] die kerniges Schlachtvieh und Pferde
[* 32] liefert, sowie die
Fischerei,
[* 33] namentlich der Heringsfang. Schöne Eichen- und Buchenwaldungen sind vorhanden, jedoch nicht ausreichend für den
Holzbedarf. Die Bewohner sind gute Schiffer, Lotsen und Fischer. Neben Bergen sind wichtig Garz, Putbus und
Sagard.
Bemerkenswerte Dörfer sind Altenkirchen auf Wittow und Saßnitz auf Jasmund; letzteres mit Crampas sowie Binz, Lohme, Göhren
und Sellin sind besuchte Seebäder. (S. die Einzelartikel.) Eine Eisenbahn von Altefähr, Stralsund gegenüber, geht über Bergen,
wo eine Linie nach Putbus-Lauterbach abzweigt, nach Saßnitz. Verschiedene Dampfschiffslinien vermitteln den Verkehr von Stralsund,
Greifswald
[* 34] und Stettin
[* 35] nach Rügen, das seiner landschaftlichen Schönheiten wegen von zahlreichen Reisenden besucht wird.