forlaufend
1051
zuCoburg, studierte in Erlangen, [* 2] Bonn [* 3] und Berlin, [* 4] habilitierte sich 1845 zu Jena [* 5] und wurde 1852 außerord., 1867 ord.
Professor der deutschen Philo- logie in Vrcslau, wo er, durch Krankheit viel ge- hemmt, bis zu seinem Tode, wirkte. Bedeutender als seine histor.
Arbeiten, unter denen die «Kulturgeschichte des deutschen Volks in der Zeit des Übergangs aus dem Heidentum in das Christentum» (Bd. 1 u. 2, Lpz. 1853-54) genannt sei, war seine unvollendete «Geschichte der neuhoch- deutschen Schriftsprache» (Bd. 1 u. 2, ebd. 1875). Sein «Entwurf einer systematischen Darstellung der schles. Mundart im Mittelalter» (neuer Abdruck, Paderb. 1878) ist einer der ersten Versuche einer histor.
Dialektgrammatik. Seinen kritischen Aus- gabenmittelhochdeutscher Dichter (unter andern Tho- masins «Welscher Gast», Quedlinb. 1851) fehlte die kritische Schärfe;
verdienstlicher waren die er- klärenden «König Nother» (Lpz. 1872) und «.yeliand» (ebd. 1876). -
Vgl. A. Sohr und A. Reifserscheid, Heinrich Rückfalltyphus (3 Bde., Wenn. 1877-80).
Rückfahrkarten, s. Eisenbahnfahrkarten und Eisenbahntarife (Bd. 5, S. 890 a). Rückfall, Recidiv, die Wiederkehr der Erschei- nungen einer Krankheit, nachdem dieselbe wirklich ! oder scheinbar schon beseitigt war.
Außer den wirk- lichen N. (z. B. wenn ein Krätzkranker nach seiner Heilung durch das Anlegen seiner nicht gereinigten Kleider sich wieder aufs neue mit Krätzmilden an- steckt) gehören hierher die viel häusigern Fälle, wo eine Krankheit durch schubweises Fortschreiten des Prozesses Verschlimmerungen erleidet, wie dies häusig bei der Tuberkulose, der Krebvkrankheit, der Syphilis, den Geisteskrankheiten stattfindet.
Ist die Wiederkehr der Krankheitssymptome im Wesen der betreffenden Krankheit begründet, so sprickt man von einem Relaps (Fieberrelaps);
am häusigsten sind derartige Rückfalltyphus beim Rückfalltyphus (s. d.). Rückfall, im Etrafrccht die Wiederholung des- selben oder eines gleichartigen Verbrechens nack vorausgegangener Bestrafung des Verbrechers wegen der frühern Übertretung (die Verurteilung ohne ganze oder teilweise Verbüßung genügt nicht, doch steht dieser die Begnadigung gleich).
Die neuern Strafgesetzgebungen der deutschen Einzelstaaten er- kannten den Rückfalltyphus ziemlich allgemein als einen ^traf- schärfungsgrund au;
das Deutsche [* 6] Strafgesetzbuch heschränkt ihn jedoch auf die Fälle Raub, Diebstahl, Hehlerei und Betrug;
auch in den Zoll- und Steuer- gesetzeu kommt er als Erschwcruugsarund vor.
Die Rückfallsstrafe des Deutschen Strafgesetzbuchs fällt fort, wenn das neue Delikt erst 10 Jahre später be- gangen wird.
Die Feststellung der Rückfälligkeit gehört zu den Aufgaben der Kriminalstatistik (s. d.). Durch sie soll die Zahl und Bedeutung derjenigen Klasse von Menschen nachgewiesen werden, welche, nach dem Ausdrucke Merkels, dargetban hat, daß sie unter den Bedingungen bürgerlicher Freiheit ein nützliches, ja ein mit dem Wohle der andern ver- trägliches Leben nicht zu führeu vermag, und der gegenüber es sich nicht sowohl um die Findung einer erhöhten Kriminalstrafe als vielmehr um ein socia- les Problem handelt.
Die Existenzbedingungen der rückfälligen Verbrecher müssen entsprechend ihrer Individualität und dem Sicherheitsintcresse der Gesellschaft gestaltet werden.
Von diesen Ge- sichtspunkten aus haben neuere Strafrechtsschulen (s. Kriminalanthropologie und Internationale kri- minalistische Vereinigung) den Versuch gemacht, den Gewohnheitsverbrecher im Gegensatz zu dem Gelcgenbeitsvcrbrcchcr grundsätzlich eincr abwei- chenden Behandlung zu unterziehen und für den unverbesserlichen Gewohnheitsverbrecher insbeson- dere die, in ihrer Dauer einstweilen nicht beschränkte, Unterbringung in Anstalten mit angestrengter Ar- beit vorzuschlagen.
Die Sache ist von praktischer Bedeutung, denn die Zahl der Rückfälligen ist in fortdauernder Zunahme begriffen.
Nach der Kri- minalstatistik des Dcutscheu Reichs, welche mit 1882 beginnt, ist das Zahlenvcrhältnis derjenigen Verurteilten, welche bereits früher eine Freiheits- strafe verbüßt hatten, zu den Verurteilten überhaupt folgendes gewesen: 1882: 23Vroz.,1883: 24,iProz., 1884: 24,6 Proz., 1885: 25,4 Proz., 1886: 26 Proz., 1887: 26,6 Proz., 1888: 26,9 Proz. -
Vgl. Merkel, Lehrbuch des Deutschen Strafrcchts (Stuttg. 1889); Sichart, Die Bestrafung des Rückfalltyphus nach Deutschem Reckt sin der «Zeitschrift für die gesamte Strafrechts- wissenschaft», Bd. 10, Verl. 1890).
Rückfallfieber, s. Rückfalltyphus.
Rückfalltyphus, Rückfallsieb er, 1xpnu5 r6cui'i'6N3, I'6di'i3 rocui-lLiiä (engl. I^klHpLillß tsvLi'), eine epidemisch auftretende, typhusähnliche Infektionskrankheit, die in Rußland, namentlich in Petersburg, [* 7] 1864 und 1865 zahlreiche Opfer forderte.
Anfänglich wurde sie für eine ganz neue Krankheitsform gehalten, doch fand man bald dar- auf, daß schon früher ähnliche Epidemien an ver- schiedenen Orten beobachtet worden waren: so namentlich in Dublin [* 8] (1739), dreimal in Edin- burgh (1817,^1842 und 1847);
1847 war sie in Lon- don und in Schlesien [* 9] aufgetreten.
In der neuesten Zeit hat sie wiederholt in Ruhland gewütet und hat sich außerdem, aber mehr sporadisch, über Teile von Teutschland und England ausgebreitet. In Öster- reich und Deutschland [* 10] sind namentlich in Prag, [* 11] Wien, [* 12] Breslau, [* 13] Leipzig, [* 14] Dresden [* 15] und Berlin von 1868 an kleinere Epidemien vorgekommen.' Daö Krankheitsbild des Rückfalltyphus besteht vorzugsweise in starken und lange anhaltenden Fieberanfällen mit nachfol- genden heftigen Gliederschmerzen, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Kräfteverfall.
Charakteristisch und unterscheidend von andern Fiebersormen ist die lange Tauer de^ Fieberanfalls (durchschnittlich 5- 7 Tage) und die beträchtliche völlig fieberfreie Zwi- schenzeit (meist 6-8 Tage), die zwischen dem ersten und einem zweiten Anfall gelegen ist.
Diese Zwi- schenzeit ist so groß, daß der Kranke bei den gelin- dern Erkrankungvformen sich oft schon genesen glaubt, ehe sich der zweite, gewöhnlich kürzere An- fall wiederholt, selten tritt der Anfall mehr als zweimal ein.
Die Temperatur während des Fieber- ansallö erreicht gewöhnlich 40 - 41" 0.;
die Ent- fieberung am Ende des Anfalls erfolgt in der großen Mehrzahl der Fälle kritisch, d. h. plötzlich und unter reichlichem Schweiß.
Der Tod kann während des Fieberansalls oder nachher infolge der bedeutenden Entkrästung erfolgen.
Die Sterblichkeit schwankt in den verschiedenen Epidemien ungefähr zwischen 2 und 7 Proz. der Erkrankungsfälle.
Die Ursache des Rückfallfiebers wurde von Obermeier 1873 in einer Spirochütensorm (schrau- benförmiges Vakterium) gefunden, die, lebhast be- weglich, zur Zeit derFieberansälle in großen Massen im Blut des Kranken auftritt (spirock^w 0d6i-- 1116161-1, s. Tafel: Bakterien, [* 1] Fig. 4).
Teilungs- oder Sporenbildungsvorgänge sind an derselben noch nicht sicher beobachtet worden, auch konnte man ¶