Später zum Grafen erhoben, legte er sein Lehramt nieder, trat 1840 in den Staatsrat, ward 1845 Gesandter
an der Kurie, wo er insbesondere in der Jesuitenfrage geschickt vermittelte.
Bei Pius Ⅸ., dessen Wahl er gefördert hatte,
außerordentlicher Gesandter, ward er von der republikanischen Regierung Frankreichs abgesetzt, aber unmittelbar
darauf von Bologna als Vertreter der gemäßigten, nationalen und liberalen Anschauungen in die röm. Kammer gewählt.
Nach
Mamianis Sturz von Pius Ⅸ. mit der Bildung eines Kabinetts beauftragt, übernahm er selbst das Innere und vorderhand
auch Polizei und Finanzen, wurde aber schon nach zwei Monaten, auf der Treppe zur Cancelleria,
dem damaligen Kammergebäude, erdolcht. Rosifloren ist Verfasser bedeutender rechts- und staatswissenschaftlicher
Werke: «Traité du droit pénal» (3 Bde., Par.
1829; 2. Aufl. 1855),
«Traité du droit constitutionnel français» (2 Bde.,
ebd. 1839);
sehr bemerkenswert ist auch seine Einleitung zu Malthus’ «Essai sur le principe
de population» (ebd. 1845) und seine Bemerkungen zu Ricardos «Œuvres complètes» (ebd. 1847).
–
Vgl. Garnier, Notices sur
la vie et les travaux de Rosifloren (Par. 1849);
J. Hübner-Saladin, Rosifloren en Suisse de 1816–33 (ebd. 1849);
Franc.
Bertolini, Rossi nella storia del risorgimento italiano (Bologna 1889, und in den «Memorie critiche del risorgimento italiano»,
Mail. 1889);
H. d’Ideville, L’ambassade du comte Rosifloren et les débuts du pontificat de Pius Ⅸ (Par. 1885);
ders., L’assassinat
du comte P. Rosifloren (ebd. 1885).
1) Kreis im südwestl. Teil des russ. Gouvernements Kowno, im SW. an Ostpreußen grenzend, im Gebiet des
Niemen und seiner Zuflüsse Dubissa, Swenta, Jura u. a., hat 6474,2 qkm, 241000 E., meist
Litauer; Ackerbau, Fuhrwesen, wenig Industrie. – 2) Rossiény, litauisch Rosejnej in deutschen Chroniken Rossigen, Ruschigen und
am häufigsten Rasseyne, Kreisstadt im Kreis Rossiény, an der Rossienka, hat (1894) 11967 E., meist Juden, 1 russ., 1 kath., 1 evang.
Kirche, 6 israel. Betschulen; Handel über Jurburg und Tauroggen nach Preußen.
Gioachino Antonio, ital. Opernkomponist, geb. zu
Pesaro in den Marken (daher «der Schwan von Pesaro» genannt),
kam als Kind nach Bologna, wo seine Mutter am Teatro Civico als Primadonna
buffa Engagement fand. Hier studierte er Musik und machte sich seit 1810 durch eine Anzahl von Opern, wie «Tancredi» und «L’Italiana
in Algeri», die er für Venedig komponiert hatte, schnell berühmt. Er nahm 1815 ein Engagement für Neapel
als Musikdirektor und Compositeur beim Impresario Barbaja an. 1816 ging zu Rom das Meisterstück seiner Jugend, der heitere «Barbiere
di Seviglia» erst unter Zischen, bei der nächsten Aufführung mit großem Applaus über die Bühne.
Hieran reihten sich 1816 noch die hübsche Buffooper «La
Gazzetta» und «Otello» (Neapel),
1817 «La Cenerentola» (Rom),
«La gazza ladra» (Mailand) und «Armida» (Neapel),
1818 «Adelaida
di Borgogna» (Rom),
«Mosè in Egitto» (Neapel),
«Adina, o il califfo di Bagdad» (Lissabon) und «Ricciardo e Zoraide» (Neapel),
1819 «La
donna del
lago» (Neapel) und «Ermione», 1820 «Bianca e Faliero» (Mailand) und «Maometto secondo» (Neapel),
1821 «Matilda
di Shabran» (Rom) und «Zelmira» (Neapel). ^[]
Infolge der Revolution von 1821 verließ der Impresario Barbaja auf einige Zeit Neapel und wandte sich mit seinen besten Kräften
nach Wien, wo auch Rossini Ende 1821 anlangte. Auf dem Wege dahin hatte er sich mit Barbajas Primadonna
Isabella Colbrand (gest. 1845) verheiratet. In Wien wurden Rossini und seine Werke vom Publikum mit Enthusiasmus aufgenommen, und
seine Opern machten einen um so größern Eindruck, weil sie durch Barbajas Truppe in der vollendetsten Weise ausgeführt wurden.
In Venedig brachte er 1823 «Semiramide» zur Aufführung,
die nur eine laue Aufnahme fand, was ihn bestimmte, fortan nichts mehr für Italien zu komponieren. Im Nov. 1823 ging er über
Paris nach London, führte darauf die Direktion der Italienischen Oper in Paris anderthalb Jahre ohne Erfolg, brachte auch während
dieser Zeit nur die Gelegenheitsoper «Il viaggio a Reims»
(1825 zur Krönung Karls Ⅹ.) als neues Werk zur Ausführung. Er erhielt sodann den Titel als erster Compositeur des Königs
und Inspecteur du chant en France und widmete seine Thätigkeit fortan der Großen (franz.) Oper.
Dies bewirkte bei ihm eine ähnliche Umwandlung, wie früher bei seinem Landsmann Piccini, dem Rivalen
Glucks, indem er mehr als bisher auf das Dramatisch-Charakteristische sehen, seine Melodien schlichter und weniger üppig
in den Fiorituren halten, die Orchester- und Chorkräfte zu größerer Bedeutsamkeit verwenden mußte u. s. w.
Zunächst gestaltete er in dieser Weise zwei seiner ältern Opern um: «Maometto secondo» und «Mosè
in Egitto», die 1826 und 1827 mit Erfolg über die Bühne gingen.
Dann erst unternahm er die Komposition eines original-franz. Librettos, des «Comte Ory», der 1828 mit großem Beifall gegeben
wurde. 1829 folgte «Guillaume Tell», neben dem «Barbier von Sevilla» sein bestes Werk, aber auch der Schlußstein seiner Thätigkeit
als Opernkomponist. Rossini besaß die Überwindung, im Alter von noch nicht 40 J. sich mit den bis dahin errungenen
Lorbeeren zu begnügen und mit dem Werke zu enden, das er wohl schwerlich überboten hätte. Später veröffentlichte er
nur noch ein «Stabat mater» (1832; erweitert 1841) und verschiedene kleinere Kompositionen. Nach der Aufführung des «Tell»
lebte er meist in Bologna, ging 1848 nach Florenz, 1855 wieder nach Paris, wo er auf seinem Landsitze
zu Passy starb. Seine Überreste wurden im Frühjahr 1887 von Paris, wo sie 1868 auf dem Friedhof Père-Lachaise beerdigt worden
waren, nach Florenz gebracht und dort am 3. Mai in der Kirche Sta. Croce beigesetzt.
Rossini verlieh der ital. Oper frisches Leben. Er fand neue Formen, gab das frühere einfache (Secco-) Recitativ auf und setzte dafür
durchkomponierte recitativische Scenen, was dann von Spätern bis zur modernen Gestalt der Oper weiter gebildet wurde. Seinen
unmittelbaren Vorgängern gegenüber zeigte er sich blühender und geistreicher in der Melodik und Harmonik,
glänzender und üppiger in der Orchestrierung sowie kräftiger und pointenreicher in der Rhythmik, war aber stilistisch
und der Form und dem Geist der Dichtungen gegenüber viel nachlässiger als die Meister des 18. Jahrh. Hierdurch wirkte er auf
die weitere Entwicklung der Oper verderblich.
mehr
Auch stört er die rein musikalische Wirkung seiner Kompositionen durch häufige Trivialitäten. Die Stärke und der Hauptreiz
seiner Musik liegt in den Melodien: mit diesen bezauberte er seine Zeitgenossen und übt im «Tell» und «Barbier von Sevilla»
noch jetzt dieselbe Wirkung aus. –