Von Bearbeitungen der röm. Litteraturgeschichte sind zu nennen:
Bähr, Geschichte der
[* 2] Römische Litteratur (Bd.
1-3 und Bd. 4 in 3 Abteil.,
zum
Teil in 4. Aufl., Karlsr. 1837-73);
Münzen,
[* 4] s.
Numismatik^[= # (vom griech. nómisma, lat. numisma, Münze), Münzkunde, die Wissenschaft, welche das Studium ...] und
Tafel: Münzen II.
Religion. Die
Religion der
Römer,
[* 5] wie sie in der Litteratur der klassischen und nachklassischen Zeit überliefert
ist, erscheint als
Kopie der griechischen. Allein hinter und unter dieser Form liegt eine anders geartete nationale
Religion, die teils aus den Bräuchen des
Kultus, teils aus den schriftlichen und inschriftlichen Zeugnissen der ältern Zeit,
teils aus den Mitteilungen der röm. Archäologen, wie
Varro, und den ihr archäol.
Wissen größtenteils direkt oder indirekt
aus ihm schöpfenden
Schriften röm.
Grammatiker und christl.
Kirchenlehrer, wie des
Augustinus, zu erkennen
ist.
Tiefes Religionssystem zeigt sich als analog den Religionsvorstellungen der verwandten italischen
Völker, weiterhin aber zwar
als der gemeinsamen indoeurop.
Wurzel
[* 6] entsprossen, jedoch infolge der größern Nüchternheit und geringern geistigen Produktivität
der
Italiker ziemlich weit abstehend sowohl von der ind. als der griech.
Religion. Wie die alte Priesterordnung und der alte röm. Festkalender
zeigen, standen an der
Spitze der röm. Götterwelt einst
Janus,
[* 7]
Jupiter,
Mars,
[* 8]
Quirinus und
Vesta;
Janus, der Gott jedes Beginnens
und ursprünglich wohl der erste der
Götter, der erst allmählich diesen Platz an den Himmelsgott
Jupiter abtrat, neben dem
wieder die weibliche Himmelsgöttin Juno steht;
endlich
Vesta, die Göttin des heiligen Herd- und Opferfeuers, das, wie es in jedem Hause
für die Hausgenossenschaft entzündet wird, so inmitten der Stadt für den
Staat ewig erhalten wird;
in zweiter Linie folgen
dann die
Götter der Saaten und ihres Ertrags,
Saturnus und Consus, die der
Blumen und
Früchte,
Flora und
Pomona, die
Götter von Feld und
Wald, Faunus und Silvanus,
[* 9] wie die Göttinen ^[richtig: Göttinnen] der
Mutter Erde und ihres
Segens,
Ops,
Tellus, Fauna,
Bona Dea, Maja, die Göttin der Viehweiden und Herden,
Pales, der Gott des Wassers und
der See, Neptunus, und die Gottheiten der
Quellen und
Flüsse,
[* 10] der Gott des
Feuers,
Vulcanus.
Sehr bald scheint auch die Schützerin
des Handwerks und Gewerbfleißes Minerva ihren Kult in
Rom
[* 11] erhalten zu haben, während der Handelsgott Mercurius erst später
unter griech. Einflüsse eine
Stelle neben ihr erhielt. Als allgemeine Gewalten werden dann im Hause,
wie in der Stadt, die
Penaten, die
Götter der Vorräte, die Laren, die Schutzgötter der Familien und des
Staates, und die
Genien der einzelnen
Menschen, namentlich des Hausherrn, verehrt, während die Gestorbenen als
Manen eine
Stelle im
Kultus haben.
Neben diesen
Göttern, in denen die allgemeinsten
Beziehungen des
Menschen zur Natur und zu sich selbst
ihren
Ausdruck finden,
giebt es nun aber ein weit ausgedehntes und seinem Princip nach ins
Unendliche ausdehnbares
System von
Göttern, bestehend nicht aus persönlichen menschenähnlich gedachten Wesen, sondern aus
Begriffen,
Abstraktionen von allen
möglichen physischen und moralischen Mächten, Einflüssen, Thätigkeiten, Gefühlen, Eigenschaften,
kurz von allem, was das Leben eines nüchternen Ackerbauvolks bewegt. So giebt es
Götter der Naturerscheinungen, der Saaten,
der
Früchte in allen Stadien der
Entwicklung, des
Glücks und Unglücks, der Gesundheit und
Krankheit, der
Angst und der Freude,
Geburts- und Todesgötter für jeden einzelnen
Moment von der Empfängnis an,
Götter und Göttinnen der
Ehre, des Verstandes, der Keuschheit u. s. w. Zu plastischer Gestaltung ihrer
Götter sind die
Italiker, denen eine nationale
Sagenpoesie mangelte, nur durch griech. Einfluß über
Sicilien und Unteritalien oder durch die
Etrusker gelangt, während
sie selbst ursprünglich dieselben nur unter
Symbolen, in
Steinen, Lanzen, gewissen
Tieren u. s. w. verehrten.
Das Gefühl des
Menschen diesen
Göttern gegenüber ist das des Gebundenseins (religio) durch sie in jedem
Moment des Lebens.
Mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit wird dafür gesorgt, daß ihnen das Gebührende genau geleistet wird. Eine sachverständige
Priesterschaft, deren Mittelpunkt die Pontifices (s.
Pontifex) bilden, sorgt dafür, daß die
Götter nachBegriffen
und
Namen in der richtigen Ordnung angerufen werden, daß man weiß, welchen
Begriff man in jeder
Lage des Lebens zu Hilfe rufen
muß.
Diese Priesterschaft bestimmt die Sühnmittel in Unglücksfällen, sie ordnet die
Tage des Jahres nach ihrer religiösen
Beziehung,
indem sie den
Kalender schafft, der nicht bloß den Wechsel der Mondphasen anzeigt, sondern auch die Festtage
und Werktage scheidet und angiebt, an welchem
Tage welchem
Gotte dieses und jenes Opfer gebracht werden soll, an welchem auch
Volksversammlungen stattfinden dürfen, welcher
Tag günstig und welcher ungünstig sei. Aus dem Fluge der
Vögel,
[* 12] den Himmelserscheinungen
und anderm bestimmt die Auguraldisciplin (s.
Augurn) den Willen der
Götter hinsichtlich dessen, was der
Mensch unternehmen will, und diese Disciplin wäre geeignet gewesen, das ganze öffentliche und Privatleben in hemmender
Weise zu beherrschen, wenn nicht die Subtilität der
Kennzeichen und die rationalistische, ja jurist.
Auslegung des Verhältnisses des
Menschen zu den
Göttern erlaubt hätte, daß man die
Kennzeichen sah oder
übersah. In der Familie und im
Staate ist ein seinen Grundformen nach einfacher, aber mit ängstlicher Sorgfalt zu beobachtender
und in Äußerlichkeiten aufgehender Kult (sacra privata und publica) eingerichtet, dessen genaue und richtige Besorgung
unter der
Aufsicht der Pontifices steht und der sich auch neben allen
Veränderungen, die mit den religiösen
Vorstellungen der
Römer vorgingen, in
Übung erhielt, wenn auch die, die ihn übten, seinen
Sinn nicht mehr verstanden.
Diese
Veränderungen begannen freilich sehr früh. Nicht erst im 2. Jahrh.
v. Chr., sondern schon unter den Tarquiniern begannen
griech.
Götter mit
Bilderdienst Eingang zu finden. In vollstem
Maße aber wurde die einheimische
Religion
nach der griechischen umgeformt im 2. und 1. Jahrh.
v. Chr., im Zusammenhang mit dem allgemeinen Hellenisierungsprozeß, dem
die
Römer in jener
Periode sich unterwarfen.
Jupiter und Zeus,
[* 13] Juno und Hera,
[* 14] Minerva und
Athena,
¶
Kulte auf, für die in den Decemviri (früher Duoviri, zuletzt Quindecimviri) sacris faciundis (s. Decemvirn) ein eigenes Kollegium
bestand, wenn sie nicht, wie die Bacchanalien, sitten- und staatsgefährlich schienen, so daß die Religion
der Römer in der Kaiserzeit ein wirres Gemisch aller polytheistischen Götter und Kulte bildete. Die über die ganze röm.
Welt zerstreuten Inschriften dieser Zeit bieten ein anschauliches Bild dieser Zustände. Augustus bemühte sich zwar, auch auf
religiösem Gebiete die nationalen Elemente zu erhalten und in den Vordergrund zu stellen, aber dem unaufhaltsamen
Gang
[* 34] der Völkermischung gegenüber ohne Erfolg. In der spätern Kaiserzeit verschwindet aus der praktischen Religionsübung
des Volks der altröm. Gehalt immer mehr, die orient. Kulte der Isis,
[* 35] der großen Göttermutter (s.
Kybele),
[* 36] des Mithras mit ihren geheimnisvollen Versprechungen und mystischen Sühngebräuchen treten an ihre Stelle, bis sich
im 4. Jahrh. der endgültige Sieg des Christentums vollzieht.
Marquardt in Becker-Marquardts «Handbuch der röm. Altertümer», Bd. 4 (Lpz.
1856), und umgearbeitet in Marquardt und Mommsen, Handbuch der röm. Altertümer, Bd. 6 (ebd. 1878; 2. Aufl.,
besorgt von Wissowa, ebd. 1885);
Boissier, La religion romaine d'Auguste aux Antonins (2 Bde.,
Par. 1874);
Réville, La religion à Rome sous les Sévères (ebd. 1886; deutsch von G. Krüger, Lpz. 1888);