Staats- und
Krondomänen und kleinern außerordentlichen Einnahmen leisteten die
Provinzen eine
Grund- (tributum soli) und
Kopf-
oder Gewerbesteuer (tributum capitis), alle Reichsteile eine fünfprozentige Erbschaftssteuer, einprozentige
Kauf- und Auktionssteuer
und vierprozentige Sklavenverkaufssteuer. An Hauptkassen für diese Erträge wurden errichtet außer dem alten, als Senatskasse
weiter bestehenden aerarium Saturni das aerarium militare (6 n. Chr.
als Pensionskasse für ausgediente
Soldaten gestiftet), der fiscus Caesaris, die von kaiserl. Hausbeamten verwaltete Hauptstaatskasse,
und das patrimonium Caesaris, die kaiserl. Privatkasse. Als oberste Finanzbeamte fungierten
die unmittelbar vom
Kaiser ernannten procuratores. Revision der Listen erfolgte zunächst aller 5, später aller 15 Jahre.
- Das
Diocletianisch-Konstantinische Kaisertum centralisierte das ganze
Finanzwesen noch stärker.
An der
Spitze standen der comes sacrarum largitionum (Finanzminister) und der comes rerum privatarum (Haus- und Domänenminister)
mit zahlreichen Unterbeamten und Steuerkassen (thesauri) neben der Staatshauptkasse und Hauptdomänenkasse (das aerarium
Saturni wird Stadtkasse). Die Grundsteuer wurde reformiert (sorgfältige Katastrierung und
Abschätzung,
Zahlung inNaturalien),
daneben bestand unter anderm eine Gewerbesteuer (chrysargyron), auch erhielten sich noch die alte einprozentige Auktionssteuer
und die
Zölle (commercia). - Zu allen
Zeiten haben neben den Staatssteuern noch ziemlich bedeutende Kommunallasten bestanden.
Das Sakralwesen der
Römer
[* 2] ist in vielen Punkten noch wenig geklärt. Der öffentliche Gottesdienst war peinlich genau geregelt,
stand aber unter, nicht neben oder gar über dem
Staate; die Sage schrieb seine Einführung König
Numa zu. Die Priester sind
Staatsdiener mit besondern Ehrenrechten,
Insignien, und meist mit Grundbesitz ausgestattet. Oberpriester, d. h. nach röm.
Auffassung der
Vertreter des
Rechts der
Götter auf Verehrung für den dem
Staate geleisteten Schutz, ist
in der Königszeit der König, in der Republik der
Pontifex maximus, der Vorsteher des vornehmsten Priesterkollegiums der
Pontifices (s.
Pontifex).
Ihm unterstehen namentlich auch der
Erbe des alten Königstitels, der rex sacrorum, die Einzelpriester bestimmter
Götter,
die Flamines und die den Staatsherd hütenden vestalischen
Jungfrauen.
Außer dem Kollegium der Pontifices
gab es noch die der Epulonen (Opferanrichter), der Fünfzehnmänner für den Opferdienst
(quindecim viri sacris faciundis),
welche die Sibyllinischen
Bücher (s. d.) bewahrten, der
Augurn, der ursprünglich nicht zur offiziellen Priesterschaft gehörigen
Haruspices, der mit den völkerrechtlichen Funktionen betrauten Fetialen, der Salier, der Luperci, der Sodales Titii, der
Arvalbrüder.
Das Kaisertum hat die röm. Staatsreligion und ihre Einrichtungen sorgsam
bewahrt und verteidigt, sie sogar direkt wiederzubeleben versucht. Dennoch dringen bei dem nicht streng exklusiven Charakter
der röm.
Religion (eine Fortsetzung des schon früh bemerkbaren Erweiterungsprozesses) eine ganze Reihe neuer, namentlich
orient. Kulte auch in den Staatskult ein. Als neuer nationaler Kult ist von Bedeutung der
Kultus der verstorbenen
Kaiser (divi), für den eine Anzahl Priesterkollegien (sodales
Augustales, Claudiales u. a.) und Opferpriester (Flamines) geschaffen
wurden. (S.
Römische Religion.)
[* 3]
Das
Gerichtswesen steht in enger
Beziehung mit der
Entwicklung des röm.
Rechts. Die Gerichtsgewalt ist ein
Teil des
Imperiums
und wird dementsprechend ursprünglich vom König ausgeübt, dem als Hilfsbeamte die quaestores parricidii
zur Seite stehen. Sie geht nominell, aber durch die Provokation (s. d.) stark
eingeschränkt, auf die Konsuln über, bis 367
v. Chr. das richterliche imperium einem besondern
Beamten, dem
Prätor, überwiesen
wird. Für die Ausübung der Gerichtsgewalt scheidet das röm. Rechtswesen schon früh
zwischen judicia privata (Civilprozessen) und judicia publica (Kriminalprozessen). Im Kriminalprozeß urteilte während der
altern Republik das in den
Komitien versammelte
Volk unter Vorsitz der quaestores parricidii oder bei Hochverratsprozessen
der für diesen Zweck besonders gewählten duoviri perduellionis. Im 2. Jahrh.
v. Chr. wurden für bestimmte, häufig wiederkehrende
Vergehen
(Erpressungen,
Amtserschleichung, Giftmord u. s. w.) besondere ständige Geschworenengerichtshöfe
(quaestiones perpetuae) eingesetzt, gewöhnlich unter Vorsitz eines
Prätors.
In der Kaiserzeit kam dafür teils der von den Konsuln vor dem Senat geführte Prozeß, teils die kaiserl.
Kabinettsjustiz auf. Der Civilprozeß wurde von einem vorsitzenden Oberbeamten, also gewöhnlich dem
Prätor, eingeleitet.
Das
Urteil sprachen entweder von beiden Parteien bestellte Einzelrichter (judices, arbitri) oder Richterkollegien:
die decemviri litibus judicandis (s.
Decemvirn), die Centumviri (s. d.) und die Recuperatores (s. d.).
In der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit (Adoption, Freilassung u. s. w.)
handelte der
Prätor allein.
Die
Geschworenen für den Kriminal- wie für den Civilprozeß wurden der allgemeinen Richterliste entnommen, die zuerst nur
aus Senatoren, seit
Gracchus aus den Rittern, dann aus Senatoren und Rittern, endlich Senatoren, Rittern
und Ärartribunen zusammengestellt wurde.
Außer der Kriminal- und Civiljurisdiktion gab es noch die in Sachen eines Privaten
gegen die Gemeinde besonders von Censoren und
Ädilen nach selbständigem
Urteil ausgeübte sog. Administrativgerichtsbarkeit.
Kunst. Die Geschichte der Römische Kunst läßt sich in zwei große
Abschnitte teilen. In der ältern
Periode, deren
untere Grenze durch die seit dem zweiten
Punischen Kriege beginnende Ausbreitung der röm. Herrschaft
über
Italien
[* 5] hinaus bezeichnet wird, ist der Einfluß der
Etruskischen Kunst (s. d.) der herrschende. Der Reichtum an Kunstwerken
in
Rom
[* 6]
war in dieser Zeit nicht groß und die
¶
mehr
Überlieferung beruht, abgesehen von vereinzelten Überresten architektonischer Monumente und von Werken der Kleinkunst,
deren Kenntnis namentlich den vor wenigen Jahren gemachten Gräberfunden am Esquilin verdankt wird, im wesentlichen auf litterar.
Nachrichten. Der zweite Abschnitt umfaßt die letzte republikanische Zeit und die Kaiserzeit. Der Charakter dieser Periode
wird bestimmt durch den Einfluß der griech. Kunst. Mit der Eroberung der
östl. Länder gelangten ungeheure Schätze griech. Kunstwerke als Kriegsbeute nach Rom, Kunstliebhaberei und Sammelleidenschaft
erwachten; Rom wurde jetzt das, was ein Jahrhundert vorher die Hauptstädte der hellenistischen Reiche gewesen waren, ein Centrum
und eine Pflegestätte der griech. Kunst. Sowohl die Architektur wie die Plastik und Malerei dieser Zeit
schließen unmittelbar an die hellenistische Kunst an und führen deren Formensprache weiter. Hierzu die Tafeln: Römische Kunst
I (Chromotafel: Augustus), II und III.
Die großen öffentlichen Bauwerke wurden aus Quadern, die ohne Mörtelverband gefügt wurden, hergestellt; daneben bediente
man sich für die Privathäuser einer Konstruktion aus Holz
[* 10] und Luftziegeln. Bis gegen das Ende der Republik
hin wurde der Lehmziegelbau festgehalten. An seine Stelle tritt mit dem letzten vorchristl. Jahrhundert der Backsteinbau,
und in Verbindung damit, für die Bekleidung der Ziegelwände, die Verwendung von Marmor, an dessen Stelle für anspruchslosere
Bedürfnisse bemalter Stuck genügte.
Wie in den Anlagen der Privathäuser, so entfaltete sich noch mehr in denen der öffentlichen Bauten nach
der Augusteischen Zeit hin ein immer reicherer Luxus und im Zusammenhang mit den großen Aufgaben bildete die Architektur in
dieser Periode ihren großen Stil aus. Sie schließt sich darin an die Vorbilder der hellenistischen Architektur an, giebt aber
allem eine freiere Ausgestaltung und fördert vieles erst zur eigentümlichen Entwicklung, so vor allem
die Bogen- und Gewölbekonstruktion, in der sie an Großartigkeit der Leistungen (Pantheon und Basilika
[* 11] des Maxentius) mit der
Kunst aller Zeiten wetteifert. Neben den Bogen
[* 12] und Kuppeln behielt man die griech. Säulen,
[* 13] Gebälke und Giebel (s. Tafel: Römische Kunst
II,
[* 7]
Fig. 1 u. 3) der dekorativen Wirkung wegen bei, schaltete in freier Auswahl mit den Gliedern der verschiedenen
Systeme, bildete das Alte um, erweiterte es und schuf unbekümmert um den Verlust des einheitlichen Charakters neue Bildungen,
wie das Kompositenkapitäl
[* 14] (s. d.).
Augustus leitete mit seiner Bauthätigkeit, die unter anderm den damals noch freien Campus Martius (s.
Marsfeld) zu einer architektonischen Prachtanlage umschuf, eine Periode der größten Unternehmungen ein. Es folgten die Kaiserpaläste
auf dem Palatin (Domus Augustana, Domus Tiberiana); Neros Name ist mit der ungeheuren Anlage
des Goldenen Hauses und mit dem
nach dem Brande erstehenden Neubau der Stadt verknüpft. Unter Titus fällt die Erbauung des Kolosseums
(s. d. und Tafel: Rom I,
[* 7]
Fig. 3). Das Forum
[* 15] des Trajan mit seiner noch aufrecht stehenden Säule (s. Taf. I,
[* 7]
Fig. 4) als Mittelpunkt,
die Anlagen des Hadrian in und außerhalb der Stadt, unter denen die Tiburtinische Villa, voll Nachahmungen berühmter griech.
und ägypt. Gebäude, die ausgedehnteste ist, die Bauten des AntoninusPius und Marc Aurel (s. Antoninus,
Marcus Annius Verus) schließen die Blüte
[* 16] der röm. Architektur ab. Unter den Nachfolgern hört die Baulust nicht auf: die Riesenanlage
der Caracalla-Thermen zu Rom (s. Tafel: Bäder I,
[* 7]
Fig. 1) und andere große Bauten, namentlich in den östl.
Provinzen, sind sprechende Zeugnisse dafür. Aber von der Zeit des Diocletian an macht sich bei aller
Großartigkeit, die die röm. Architektur in der Bewältigung des Technischen und Mechanischen beibehält, ein fortschreitender
Rückgang bemerklich. Bei dem zunehmenden Mangel eigener neuer Erfindung greift die Benutzung des aus älterer Zeit Vorhandenen,
wie sie z. B. am Triumphbogen des Konstantin (s. Tafel: Rom I,
[* 7]
Fig. 2) auffallend hervortritt, immer mehr
um sich. Mit der Wiederverwendung alten Materials befaßt sich auch in weitem Umfange die sich zu dieser Zeit entwickelnde
christl. Baukunst.
Unter den noch vorhandenen Werken der röm. Architektur sind Überreste öffentlicher Bauten nicht nur in
Rom (s. Tafel: Rom II), sondern in den Provinzen zahlreich vertreten. Darunter sind viele nicht in der ursprünglichen Gestalt,
sondern in dem durch spätere Umbauten veränderten Zustand erhalten, so z. B. der hervorragende
Kuppelbau des Pantheon (s. d. und Tafel: Rom I,
[* 7]
Fig. 1), das, von Agrippa angelegt, seine jetzige Gestalt im 2. Jahrh.
gewonnen hat. Weitaus die meisten unter den erhaltenen Bauwerken sind Nutzbauten, in denen die röm.
Architektur ihre Hauptleistungen aufweist, während der Tempelbau zurücktritt.
Die Tempel sind in der Regel als rechteckige Gebäude, die aus dem umsäulten, offenen Pronaos und der geschlossenen Cella bestehen,
angelegt. Aber neben den rechteckigen kommen auch Rundtempel (Pantheon und Herculestempel in Rom, Vestatempel
in Rom, zu Tivoli [s. Tafel: Römische Kunst II,
[* 7]
Fig. 2]), neben den einfachen auch Doppeltempel (Tempel der Venus und Roma an
[* 17] der Via Sacra in Rom) vor. Ein Unterbau trägt den Tempel, nicht wie in der griech. Architektur auf allen
Seiten, sondern meist nur an der Frontseite stufenförmig gebildet und hier in der Regel zu einer großen Freitreppe erweitert.
Je nach der Wahl der Säulenordnung
[* 18] (dorisch-toscanisch, ionisch, korinthisch) richten sich die Formen und Verhältnisse des
Bauwerkes. Am häufigsten wurde die korinth.
Ordnung verwendet, deren künstlerische Ausgestaltung sich an hervorragenden Bei spielen aus den verschiedensten
Zeiten (Tempel des Mars
[* 19] Ultor, Säulen vom Castor- und Polluxtempel und vom Vespasianstempel am Forum, Tempel der Faustina u. a.)
verfolgen läßt. Für den Eindruck des Ganzen war die reiche, in Marmor, Granit oder bemaltem Stuck durchgeführte Ausstattung
des Äußern und Innern von wesentlicher Bedeutung. Entschiedener als in den Tempeln prägt sich der röm.
Charakter in den Nutzbauten aus, am einfachsten und strengsten in den Stadtmauern, Straßen-, Thor- und Brückenanlagen, die
schmucklos und schlicht in der Form, aber sehr dauerhaft in der Ausführung sind,
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