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950 Die nationalröm. Überlieferung hat diesen Krieg mit allerhand patriotischen Sagen (von Horatius Cocles [s. Horatier], Mucius Scävola [s. Mucier], Clölia [s. d.]) ausgeschmückt, in Wahrheit verlief er unglücklich; Rom [* 2] geriet unter Porsennas Herrschaft. Erst als die weiter südwärts vordringenden Etrusker durch die von den Cumäern unterstützten Latiner bei Aricia entscheidend geschlagen waren, vermochten wohl die Römer [* 3] die Fremdherrschaft abzuschütteln.
Aber ihre beherrschende Stellung in Latium war verloren; die Latiner zeigten sich sogar feindlich. Es bedurfte wieder des Kampfes und eines großen Sieges, der angeblich 499 oder 496 am See Regillus ausgefochten wurde, um ein neues, auf Gleichberechtigung beider Mächte gestelltes Bündnis mit den Latinern zu schließen (493), dem 486 auch die Herniker von den westl. Vorbergen des Apennin beitraten. Nach dem Latinersieg war es auch zu einer entscheidenden Umwandlung im Innern gekommen: die andauernde Kriegsnot und die Kriegslast hatten einen argen Notstand unter der freien Bauernschaft, dem Kern der Plebs, hervorgerufen;
der hohe Zinsfuß, das auf persönliche Haftbarkeit des Schuldners gegründete Schuldrecht drückten schwer. So schärften sich die Gegensätze zwischen dem herrschenden Patriciat und der Plebs und führten 494 (?) zur Auswanderung des plebejischen Heers nach dem Mons [* 4] sacer nördlich von der Stadt.
Hier konstituierte sich die Plebs durch feierlichen Schwur als eigene Gemeinde mit eigenen Oberbeamten, den Tribuni plebis (s. Tribun). Der Senat gab nach, erkannte diese Organisation der Plebs an (s. Menenius Agrippa), und diese kehrte zurück; sie versammelte sich fürderhin, wenn nötig, gesondert, in welcher Formation, ist zunächst nicht ganz klar. Mit diesen Ereignissen steht auch wohl die Einteilung des gesamten röm. Gebietes in 4 städtische und 16 ländliche Tribus in Zusammenhang, bald nachher wurde noch die 21. dazugefügt.
Die Grundlage für eine Gleichstellung der beiden innerhalb des röm. Staates bestehenden Gemeinden war damit gewonnen. In den bald ausbrechenden Kämpfen mit den Rom benachbarten Volskern, Äquern, Fidenaten, Vejentern stehen Patricier und Plebejer treu zusammen. Immerhin blieb der Gegensatz bestehen und brach zeitweise durch; die sagenhafte Geschichte vom Coriolanus (s. d.) wird mit einem Restaurationsversuch gegen die Abmachungen mit der Plebs in Verbindung gebracht; der plebejische Adlige Spurius Cassius, der 486 das erste Ackergesetz zu Gunsten der Plebs beantragt, wird verurteilt.
Die Ackerfrage ist vor allen brennend. Die hochherzige Aufopferung des lange verhaßten Patriciergeschlechts der Fabier, auf eigene Hand [* 5] Veji (s. d.) zu besiegen und damit Land für die Plebs zu schaffen (477), blieb erfolglos. Der Ständekampf verschärfte sich von neuem. Da man in der Ackerfrage nicht vorwärts kam, suchte man auf anderm Gebiet etwas zu erreichen: 472 setzte Publilius Volero die Umgestaltung der Versammlungen der Plebs in die Tributkomitien (s. Komitien) und die Wahl der plebejischen Magistrate in diesen durch. 462 begann der Tribun Terentilius Arsa die Agitation für die Aufzeichnung des Landrechts, aber erst 451 wurde zu diesem Zweck eine Kommission von zehn Männern (Decemvirn, s. d.) mit absoluter gesetzgeberischer Vollmacht (Konsulat und Tribunal wurden suspendiert) eingesetzt, die 450 zehn Gesetzestafeln vollendete; sie wurden 449 mit zwei weitern Tafeln als Zwölftafelgesetz (s. Zwölf Tafeln) veröffentlicht. In demselben Jahre aber wurden die Decemvirn, die den Versuch machten, sich widerrechtlich im Amte zu behaupten, nach der Tradition durch eine zweite Secession der Plebs beseitigt, das Konsulat mit seinem Gegenstück, dem Tribunat, wiederhergestellt und mittels der valerisch-horazischen Gesetze (s. Valerier) die Rechte der Tribunen und der Plebs gefestigt und erweitert.
Von nun an gewinnt die Plebs, durch Parteiungen innerhalb der Patricier gefördert, eine Position nach der andern: 445 die Ehegemeinschaft mit den Patriciern durch das canulejische Gesetz, in demselben Jahre die Konzession, daß statt der Konsuln außerordentlicherweise auch Militärtribunen mit konsularischer Gewalt gewählt werden könnten aus beiden Ständen, 421 den Zutritt zur Quästur. 366 gelangte schließlich nach der gewöhnlichen Tradition durch die licinisch-sextischen Gesetze (s. Licinier) das Konsulat in die Hände der Plebejer. Auch die vom Konsulat losgelösten Amter der Censur (seit 443?) und Prätur (366) wurden bald den Plebejern zugänglich. 300 erhielten sie endlich durch das ogulnische Gesetz die Berechtigung zur Bekleidung der letzten wichtigen Priestertümer des Augurats und Pontifikats. 339 (oder spätestens 287) wurden die Beschlüsse der Tributkomitien als gültig für das ganze Volk erklärt.
Trotz dieser heftigen innern Bewegungen, neben denen noch Versuche, die Alleinherrschaft zu begründen, von der allerdings hierin ziemlich unzuverlässigen Tradition gemeldet werden (486 Spurius Cassius, 460 Herdonius, 439 Spurius Mälius, 384 M. Manlius), trotz mancher Mißerfolge nach außen, ist die röm. Macht doch stetig wachsend siegreich vorgeschritten. Nach langen Kämpfen (411–396) ward durch Furius Camillus (s. d.) endlich die alte Feindin Veji bezwungen, glückliche Kriege gegen Äquer, Volsker u.a. reihten sich an. Kurz darauf, 390 oder wahrscheinlicher 388, ist allerdings eine der furchtbarsten Katastrophen über Rom hereingebrochen durch den Einfall der Gallier.
Unter ihrem Führer Brennus (s. d.) schlugen sie die Römer an der Alia, besetzten die Stadt bis auf das Kapitol und konnten nur durch schwere Kriegsbuße zum Abzug bestimmt werden. Zweimal noch haben sich danach die Gallier gezeigt, sind aber 349 durch die vereinigten Römer und Samniter entscheidend zurückgeschlagen worden (s. Gallien, Bd. 7, S. 492). Rom stützt sich durch Bündnisse: 358 wird der alte Bund mit den Latinern erneuert, 354 der mit den Samnitern geschlossen, die durch die gallische Katastrophe wieder übermütigen Gegner werden gezüchtigt, die neu erworbenen Gebiete 387 in vier neue Tribus geteilt und durch Militärkolonien gesichert. 358 kommen abermals zwei Tribus hinzu.
Rom breitete seine Herrschaft auch in Etrurien weit aus und ging 348 und 343 mit Karthago [* 6] neue Handelsverträge ein. Das Verhältnis der Römer zu ihren samnitischen Verbündeten ist nicht ganz klar; die Überlieferung erzählt von einem großen (dem ersten Samniter-) Kriege 343–341, scheint aber verwirrt (s. Samniter). Unmittelbar darauf zogen Römer und Samniter wieder vereint gegen die Latiner und Campaner (340–338). Die Römer siegten, Latium und Campanien wurden unmittelbar dem röm. Staate angegliedert.
Die zweite Periode der Republik (338–265 v.Chr.) hat im Innern keine so großen Umgestaltungen hervorgerufen wie die vorausgehende, sie ¶
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er-951 hält ihr Gepräge durch die äußere Ausbreitung der römischen Herrschaft bis zur Einigung Italiens. [* 8] Die freigebige Verteilung des Bürgerrechts stärkte die Bürgerschaft (318 und 299 wurden zwei neue Tribus eingerichtet); namentlich ist für umfassende Bürgerrechtsverleihungen die Censur (310 oder 312) des Appius Claudius, desselben, der die erste Wasserleitung [* 9] (Aqua Appia) und die erste Landstraße nach Rom (Via Appia) anlegte, bekannt geworden.
Die ärmern Bürger fanden in den auch weiter zur Sicherung der röm. Oberherrschaft angelegten Kolonien ein Unterkommen. Entsprechend stieg die Macht der Volksversammlung, in der jetzt überwiegend die höhern Offiziere des Bürgerheers (tribuni militum, später auch duoviri navales) gewählt wurden, auch der Einfluß der Volkstribunen auf die Entwicklung des Staatslebens wuchs. Die Beamtenschaft rekrutierte sich seit dem Ausgleich der Stände nicht mehr so überwiegend aus den Patriciern, sondern aus den wohlhabenden Familien überhaupt; aber sehr bald bildete sich wieder ein kleiner abgeschlossener Kreis, [* 10] aus dem die Bewerber hervorgingen, und in den man nur ungern einen Neuling (homo novus) aufnahm; an Stelle des Geburtsadels trat ein Beamtenadel, die Nobilität (s. Nobiles).
Der Schwerpunkt [* 11] des Staates wird aus dem Patriciat in den Senat verlegt. Den ersten großen Krieg nach der Niederwerfung der Latiner mußten die Römer mit den Samnitern führen. Sie sahen wohl den Zusammenstoß voraus und sicherten sich 336 durch einen 30jährigen Frieden mit den Galliern den Rücken. Den nächsten Anlaß dieses sog. zweiten Samniterkrieges (327–304) bildete der deutlich ausgesprochene Wille Roms (Besetzung von Fregellä im Liristhal und Angriff auf das von Samnitern bewohnte Neapel), [* 12] die Samniter nicht an dem neuerrungenen Herrschaftsgebiet, vor allem an Campanien, teilnehmen zu lassen.
Hier, in Apulien und Samnium selbst spielte sich der Kampf vorzüglich ab. Das Kriegsglück schwankte hin und her; 321 erlitten die Römer eine empfindliche Niederlage durch die Gefangennahme eines ihrer Heere in den Caudinischen Pässen. Nach einer kleinen Kampfpause erhielten aber die Römer das Übergewicht; sie gewannen die Unterstützung der den Samnitern stammverwandten Lucaner und sicherten rasch und energisch die eroberten Gebiete durch Kolonien (Luceria, Interamna).
Die Hilfe, die dagegen die Samniter durch die Etrusker und die meisten der kleinen mittelital. Stämme erhielten, blieb ohne Wirkung. 308 wurde der letzte Widerstand der Etrusker gebrochen, 305 fiel die Hauptstadt der Samniter, Bovianum. 304 kam es zum Frieden, der Rom die Herrschaft in Mittelitalien verbürgte. Während aber die Römer die neuen Erwerbungen wieder durch neue Militärstraßen (nach der Via Appia, die nordwärts nach Etrurien führende Via Flaminia und die ostwärts durch das Marserland laufende Via Valeria) und neue Kolonien (Alba [* 13] Fucentia, Carseoli) zu festigen suchten, brach der (sog. dritte) Samniterkrieg mit Samnitern, Galliern und Etruskern, denen sich auch die Lucaner anschlossen, von neuem los. Er gestaltete sich für die Römer zunächst nicht glücklich, bis 295 durch die Schlacht von Sentinum in Umbrien die Macht der Koalition gebrochen wurde. 290 wurde der Friede geschlossen.
Schon im Jahre vorher (291) hatten die Römer in Apulien festern Fuß und eine 20000 Mann starke Kolonie nach Venusia gelegt. Sie wurden mit dieser Ausdehnung [* 14] ihres Gebietes notwendig tiefer in die unterital. Verhältnisse hineingezogen. Die Griechenstädte rangen hier mit den sie immer wieder bedrängenden Bergstämmen der Bruttier und Lucaner, und nur mit auswärtiger Hilfe hatten sie sich behauptet. Tarent war unter ihnen noch die wehrhafteste und vornehmste Stadt, eine Art Vormacht; mit ihr geriet Rom wegen des Schutzes von Thurii, das in Tarent und Rom Hilfe gesucht hatte, in Konflikt (282). Die alten Feinde vom letzten Samniterkriege her: Samniter, Lucaner, Bruttier, ergriffen wieder gegen Rom die Waffen. [* 15]
Dennoch war das Bürgerheer siegreich; erst als Tarent den als berühmten Feldherrn bekannten König Pyrrhus (s. d.) von Epirus herbeirief, wurde die Lage für Rom ernster. Aber den schweren Niederlagen bei Heraklea in Lucanien (280) und bei Asculum in Apulien (279) folgte 275 der Sieg bei Maluentum (Benevent), das 268 eine starke Kolonie erhielt; Pyrrhus räumte Italien [* 16] und 272 ward Tarent erobert. Bis zum J. 265 brach Rom den letzten Widerstand in Unteritalien und festigte seine Herrschaft, die nun teils unmittelbar, teils mittelbar (Bundesgenossenschaft unter Roms Führung) das ganze Italien im damaligen Sinne von den Nordabhängen des Apennin südwärts bis zur Sicilischen Meerenge umfaßte.
Auch die dritte Periode der Republik (265–133 v. Chr.) steht im Zeichen des Kampfes nach außen; sie zieht die Konsequenzen der italischen Herrschaft und begründet Roms Weltherrschaft, ist zugleich der Höhepunkt der speciell ital.-röm. Geschichte. Die vorausgehenden Kriege hatten den ohnehin kriegerischen Sinn des röm.-ital. Volks gestählt und geschult, die Taktik der hellen. Zeit hatte ihm nicht standzuhalten vermocht. Daneben dehnten sich trotz der schweren Zeiten Handel und Verkehr aus; 269 beginnt in Rom die Silberprägung.
Die unmittelbare Berührung mit dem Gebiet (Sicilien) der letzten großen Handelsmacht des westl. Mittelmeers, [* 17] Karthago, mußte notwendig zu einem Entscheidungskampfe zwischen beiden Staaten führen, und er ist erfolgt in den drei sog. Punischen Kriegen (s. d.; 264–241, 218–201,149–146). Rom hat nach schweren und schwankenden Kämpfen gesiegt und seinen Gegner schließlich erbarmungslos vernichtet. Der Sieg über Karthago bedeutete die Herrschaft im Westen des Mittelmeers, über Sicilien, Sardinien, [* 18] Corsica, [* 19] den größten Teil von Spanien [* 20] und Nordafrika.
Außerdem hatten die Römer kurz vor dem zweiten Punischen Kriege die Po-Ebene (Gallia cisalpina) erobert und bald nach dem dritten in Südgallien (Gallia Narbonensis) festen Fuß gefaßt und damit ihren Besitz abgerundet, auch gegen die Illyrer und ihre Königin Teuta hatten sie siegreich gefochten. Die röm. Provinzialverwaltung begann sich allmählich zu entwickeln (s. Provinz). Zu den Erwerbungen im Westen kamen nach dem zweiten Punischen Kriege Eroberungen im Osten. Dort bestanden noch die Diadochenreiche Macedonien, von dem Griechenland [* 21] abhängig war, Syrien, das über ganz Vorderasien herrschte, und Ägypten; [* 22] alle zwang Rom nach und nach in seine Herrschaftssphäre. Macedonien wurde nach den Kriegen mit König Philipp V. 200–197 (Schlacht bei Kynoskephalä) und Perseus, [* 23] Philipps Sohn, 171–168 (Schlacht bei Pydna) noch in dieser Periode dem Römischen Reiche als Provinz ¶