das
Becken eines uralten Seegrundes zwischen dem
Fränkischen und Schwäbischen Jura, der Thalkessel der Wörnitz
im bayr. Reg.-Bez.
Schwaben, nördlich von der Donau, an der württemb. Grenze. Das Ries ist eine äußerst fruchtbare Ebene,
in der die
Städte Nördlingen
[* 2] und Öttingen und eine große Zahl betriebsamer Dörfer liegen. Die Einwohner
haben sich in
Sitte und
Tracht vielfach ihre Eigenart bewahrt. Melchior Meyr (s. d.) hat in seinen
«Erzählungen aus dem Ries» seine
Heimat und ihre Bewohner geschildert. –
Vgl. Monninger, Das Ries und seine Umgebung (Nördl.
1893).
oder
Riese,
Adam, bekannt durch sein Rechenbuch, geb. 1492 zu
Staffelstein in
Franken, lebte
als Bergbeamter und Rechenmeister zu
Annaberg
[* 3] im sächs.
Erzgebirge und starb daselbst Er verfaßte die ersten
methodischen
Anweisungen zur praktischen
Rechenkunst in
Deutschland:
[* 4] ein kleineres Werk, u. d. T. «Rechenung auff
der linihen» (zuerst Erf. 1522, vielleicht schon 1518),
und ein größeres: «Rechenung (nach der lenge) aufs
der Linihen vnd Feder» in vier
Abteilungen (zuerst Erf. 1525);
Seine
Bücher wurden bis Mitte des 17. Jahrh, oft wieder aufgelegt und standen in solchem Ansehen,
daß der
Ausdruck «nach
Adam Ries» als sprichwörtliche Bekräftigung für die Richtigkeit von Rechenexempeln
diente. Ein
Denkmal wurde ihm 1893 in
Annaberg errichtet. – Auch
Adam R.’ drei
Söhne,
Abraham, Isaak und
JakobRies, verfaßten
arithmet.
Schriften.
Ferd., Klaviervirtuos und
Komponist, geb. zu
Bonn
[* 5] als der Sohn des dortigen
KonzertmeistersFranz Ries (geb.
1755, gest. 1846), studierteMusik in
Wien
[* 6] bei
Beethoven, war 1805 in
Paris,
[* 7] machte bis 1812 Kunstreisen
und wandte sich 1813 nach
London,
[* 8] wo er eine geachtete
Stellung einnahm. Seit 1824 wohnte er in
Godesberg bei
Bonn auf seiner
Besitzung. Er starb in
Frankfurt
[* 9] a. M. Zu
Aachen
[* 10] und anderswo dirigierte er mehrmals Musikfeste,
wobei er neue Oratorien («Der
Sieg des
Glaubens» 1834, «Die
Anbetung der Könige» 1837) aufführte; auch mehrere
Opern («Die
Räuberbraut» 1829, «Liska» 1831) erschienen von ihm. Seine
Kompositionen, meist instrumentaler Natur, lassen eigentliche
Schöpferkraft vermissen; den größten Erfolg hatte er mit den für
Klavier geschriebenen
Stücken.
Sein
BruderHubertRies, Violinist, geb. ging aus der Violinschule
Spohrs hervor, wirkte seit 1836 als königl.
Konzertmeister in
Berlin.
[* 11] Seine Bedeutung liegt auf pädagogischem Gebiet; er veröffentlichte
eine vortreffliche Violinschule, Etüden, Duette, 50 Intonationsübungen,
Studien u.s.w. Er starb in
Berlin.
Huberts jüngster Sohn
FranzRies, geb. zu
Berlin, Violinist und
Komponist, hat sich durch vier
sehr wirksame
Suiten für
Violine und viele Lieder bekannt gemacht, mußte aber seinem
Beruf als Künstler, durch ein Handnervenleiden
gezwungen, entsagen. Er lebt in
Berlin.
hat (1890) 9389 E., darunter 378 Katholiken und 21 Israeliten, in Garnison das Feldartillerieregiment Nr.
32, Postamt ersterKlasse mit Zweigstelle,
Telegraph,
[* 15] Fernsprecheinrichtung, eine große Elbbrücke aus
Sandstein und
Eisen,
[* 16] 1876–78 an
Stelle der durch Hochflut zerstörten erbaut, 2
Kirchen, 1 Kapelle, altes Rathaus im Renaissancestil,
früher Nonnenkloster, höhere
Knaben- und Mädchenschule, gewerbliche Fortbildungs-, Schiffer- und Handelsschule, Stadtbibliothek,
Stadt- und Johanniterkrankenhaus, Knabenrettungs-, Armenhaus,
Sparkasse, Spar- und Vorschußverein,
Kanalisation, Wasserwerk,
Gasanstalt, Schlachthof, große Quaianlagen und einen Verkehrs- und Winterhafen.
Die Industrie erstreckt sich auf
Blech- und Röhrenwalzwerk (Zweiganstalt von Lauchhammer, s. d.), Dampfsägewerke,
Fabriken für Parkettfußboden, Wagen,
Stühle und
Sofas, Marmorwaren, Leim, Öl, Küchengeräte, Seife und landwirtschaftliche
Maschinen, Dampfschleiferei, Kunstmühle, Lumpensortier- und Exportanstalt, bedeutende Schiffswerft und umfangreiche
Sandsteinindustrie. Riesa ist der bedeutendste Elbumschlagplatz
Sachsens, der Verladeplatz für überseeische
Güter von und nach
Bayern,
[* 17] sowie
Stapel- und Handelsplatz für Heringe, Petroleum (Tankanlagen der amerik. Petroleumgesellschaft),
Holz,
[* 18]
Schiefer,
Kohlen,
Düngemittel, Getreide,
[* 19] Roheisen, Marmorwaren und Sandsteine.
besonders eingerichtete Ländereien, welche dazu dienen, die
Abwässer gewerblicher
Anlagen oder städtische
Kanalabwässer zu reinigen, ehe diese den öffentlichen Flußläufen zugeleitet werden.
Gleichzeitig können die in den
Abwässern
stets enthaltenen Düngerstoffe (insbesondere
Stickstoff und
Phosphorsäure) auf diesem Wege für die
Landwirtschaft nutzbar
gemacht werden. Jedoch ist nicht der landwirtschaftliche Nutzen in erster Linie für die
Anlage von Rieselfelder, die zuerst von Chadwick 1836 ernstlich
angeregt und von Latham für die engl. Stadt Croydon praktisch angewendet wurde, maßgebend gewesen,
sondern vor allem das Bedürfnis der Verhütung von
Flußverunreinigungen (s. d.) durch die genannten
Abwässer. Rieselfelder können
jedoch nur da angelegt werden, wo in der Umgebung der gewerblichen
Anlagen oder
Städte geeignetes
Terrain vorhanden ist.
Rieselung - Riesen
* 20 Seite 63.867.
Insbesondere sind bei der Beurteilung eines zur Rieselfelderanlage bestimmten
Terrains zu beachten die Gefällsverhältnisse,
die Zusammensetzung und Filtrierfähigkeit des
Bodens, die klimatischen Verhältnisse u. a. m. Im speciellen Falle, wenn es
sich um
Anlagen von Rieselfelder handelt, ist häufig auch von entscheidender Bedeutung, ob das Abwasser mit natürlichem
Gefälle oder unter künstlichem Druck den Rieselfelder zugeleitet werden kann oder muß,
ob der zur
Berieselung
erforderliche
Boden bereits kultiviert ist oder nicht, denn dadurch gestalten sich die Kosten der ganzen
Anlage erheblich verschieden.
Bezüglich der Gefällsverhältnisse ist zu berücksichtigen, ob Großkultur auf Ackerland und Wiese, welche großes Gefälle
(4–5 Proz.), oder Gartenkultur, welche wegen der üblichen wiederholten
Bodenlockerung sowie der kürzern Berieselungsdauer geringere Flächengefälle erheischen, betrieben werden soll. Die
¶
mehr
Filtrierfähigkeit des Bodens ist am besten bei Sand und sandigem Lehm, so daß von diesen gebildetes Terrain besonders geeignet
ist. Doch können auch andere Bodenarten durch Tiefkultur und Drainage
[* 21] für Rieselfelder brauchbar gemacht werden. Das Klima hat insofern
Einfluß, als der Winter die Berieselung erschwert; sehr kalte Gegenden bieten daher der Rieselfelderanlage
gewisse Schwierigkeiten. Die Größe der Rieselfelder bemißt sich in erster Linie nach der Größe der Abwassermenge und nach deren
voraussichtlichem Wachstum, ferner nach dem Berieselungssystem und nach der Art der in Aussicht genommenen Bodenkultur. In
England rechnet man, daß zur Reinigung der Abwässer von 1000 Einwohnern 10 Acres Land nötig sind. Nach
König soll man für 60–80 Einwohner 1 ha Rieselfelder verfügbar haben. Thatsächlich erhält 1 ha Rieselfelder die
Abwässer von 270 Einwohnern in Berlin, von 870 in Edinburgh, 750 in Bedford, 307 in Rugby, 300 in Croydon.
In Berlin, das eine vortreffliche Rieselanlage besitzt, betrug 1891 die Gesamtfläche der in Betrieb
gesetzten Rieselfelder 4450 ha; nach völligem Ausbau der Kanalisationsanlage sollen 7614 ha Rieselfelder benutzt werden. Die jährlich auf die
Rieselfelder Berlins gelangende Wassermenge kommt (einschließlich der Regenmenge) einer Wasserschicht von 2,1 m Höhe (auf die ganze
Fläche) gleich.
Die Systeme der Berieselung sind: Oberflächenberieselung, bei welcher mit Hang- oder Rückenbau das Wasser
als Schicht über die ganze Fläche fließt;
Beetsystem, bei welchem das Wasser zwischen eingerichteten Beeten so geführt
wird, daß es nur an die Wurzeln, nicht an die Pflanzen selbst gelangen kann;
Überstauung, durch welche große eingedämmte
Flächen durch wiederholte Berieselung mit einer kräftigen Schlammschicht überzogen werden;
Gersons System,
welches das Rieselwasser in gußeisernen, frostfrei gelegten Röhren
[* 22] heranführt und durch kleine Hydranten in angelegte Bassins
leitet;
Untergrundberieselung, bei welcher das Rieselwasser in ein Drainröhrensystem geleitet wird, aus welchem das Wasser
aussickert und mit den Wurzeln der Pflanzen in Berührung kommt.
In Deutschland, wo die Berieselung im Winter wegen des Gefrierens des Bodens zum Teil unterbrochen werden
muß, bevorzugt man das Bassinsystem; doch kann man durch Furchung des Riesellandes auch eine kontinuierliche Berieselung während
des Winters fortführen. Kultiviert wird auf den Rieselfelder hauptsächlich Gras, besonders Raygras, aber auch andere
Futterpflanzen, Kohl, Rüben, ferner Gemüse und sonstige Gartengewächse, Kartoffeln, ja selbst Getreide
und Obst.
Der Betrieb der Rieselfelder erfordert viel Umsicht und Aufmerksamkeit; die Verteilung des Wassers, die Regelung der Berieselungsintensität,
die Wahl der Kulturen, die Verwertung der Erträgnisse erfordert die Arbeitskräfte gut vorgebildeter Landwirte. Diese sind
entweder Inspektoren der Rieselfelder, oder die Rieselfelder werden an Fachleute verpachtet.
Den Inspektoren sind sog. Rieselwärter beigegeben, welche nach ganz bestimmten Instruktionen
zu arbeiten haben. Die Berieselung selbst geht in folgender Weise vor sich: Aus dem Sammelkanal oder Druckrohr (letzteres ist
nötig, wenn die Abwässer auf die Rieselfelder gepumpt werden) gelangt das Abwasser in Bassins oder Staugräben, setzt dort die
Hauptmasse der gröbern Sinkstoffe, die dann von Zeit zu Zeit ausgehoben und als fester Dünger verwertet werden, ab, wird
dann in
kleinere Gräben oder Röhren verteilt und schließlich über die Rieselfelder geleitet. Hier werden die suspendierten Bestandteile
mechanisch zum größten Teil abfiltriert, beim Durchsickern des Wassers durch den Boden werden die gelösten
Bestandteile teils vom Boden absorbiert, teils von den Wurzeln der Pflanzen aufgenommen, und so vollzieht sich eine vollständige
Reinigung des Abwassers. Das gereinigte Abwasser wird in einem Drainnetz gesammelt und durch größere offene Wassergräben
den nächsten Wasserläufen zugeführt.
Wie die organischen Stoffe, Stickstoff, Phosphorsäure und Kali vom Boden in beträchtlichen Mengen absorbiert
werden, so werden auch die Bakterien, welche das Abwasser von Städten in unzählbaren Mengen enthält, fast völlig aus diesem
entfernt. Diese letztere Reinigung der Abwässer ist mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Verbreitung von Krankheitskeimen
durch die städtischen Abwässer besonders hoch anzuschlagen.
Die Anlage von Rieselfelder ist nicht überall möglich, außerdem auch sehr kostspielig. Auch
ist die Rentabilität der Rieselfelder hinsichtlich der landwirtschaftlichen Produkte sehr gering, namentlich zu Anfang.
In annähernden Zahlen haben die seit 1882 eingerichteten Rieselfelder Berlins 1886 zum erstenmal einen Überschuß von 0,5 Proz. des
Anlagekapitals gegeben, der seitdem langsam wächst.
Vom hygieinischen Standpunkte sind die Rieselfelder mit Rücksicht auf die durch sie ermöglichte
rasche Beseitigung aller Schmutzstoffe aus den Städten, deren Unschädlichmachung sowie die Verhütung der nachteiligen Flußverunreinigungen
sehr zu empfehlen. Nachteile sind nicht bekannt. Die Bewohner der Rieselfelder sind, wie aus den Statistiken der engl. Städte und namentlich
Berlins hervorgeht, in keiner Weise gefährdet. Höchstens werden sie durch den Geruch der sich an der Oberfläche
absetzenden und faulenden Sinkstoffe und des Inhalts der größeren Staubassins im Sommer zeitweise etwas belästigt. Ausgedehntere
Rieselfelder besitzen außer BerlinBreslau,
[* 23] Danzig,
[* 24] Zürich,
[* 25] Paris sowie zahlreiche engl. Städte.