forlaufend
Sitzungs-860
Periode des Reichstags zu Kremsier auf die Seite der Liuken über.
Nach dem Erscheinen des Oktober- diploms (1860) trat er mit seinem Schwiegervater Palacky offen an die Spitze der böhm. National- partei (s. Czechen) und stellte als Deputierter zum österr.
Reichsrate ein föderalistisches Programm auf. 1868 unterzeichnete er mit die Deklaration des böhm. Staatsrechts und der czech. nationalen For- derungen.
Von 1863 bis 1879 blieben die czcch. Abgeordneten, in «Passivitätspolitik» verharrend, dem Reichsrat sowie dem böhm. Landtag fern, bis Riehl, von denIungczechen gedrängt, zuerst mit seinen Genossen in den böbm.
Landtag und nach der über- nabme der Geschäfte durch Taaffe auch in den Reichsrat eintrat, um dort als einer der Führer der Majorität und als Stütze der Negierung zu wirken. An seinem 70. Geburtstag wurde ihm ein Nationalgeschenk von 100000 Fl. überreicht. In letzter Zeit wurde R.s Einfluß von den liberalen Iungczechen stark in den Hintergrund gedrängt, und als er selbst bei der vernichtenden Niederlage, die die Altczechen 1891 bei den Rcichsratswahlen erlitten, nicht wiedergewählt wurde, zog er sich fast ganz von dem polit.
Leben zurück. Riehl veröffentlichte in czcch. Sprache [* 2] die Schriften «Über immaterielle Güter und deren Bedeutung für die Nationalökonomie» (Prag [* 3] 1850),
«Die Industrie und der Fortschritt ihrer Produktion in ihrer Einwirkung auf die Wohlfahrt und Freiheit des Volks» (ebd. 1860), «Böhmen, [* 4] Land und Volk» (ebd. 1863).
1859 be- gründete er mit Kober den «slovnik n^i^n^», eine böhm. Nationalencyklopädie, von deren Leitung er jedoch nach einigen Jahren zurücktrat. 1860 schrieb er von Nizza [* 5] aus zahlreiche Aufsätze für den «I^oi'ä» in Brüssel, [* 6] die u. d. T. «1^68 81av68 ä'^u- tlic'iiL» (Par. 1860) gesammelt erschienen.
Rieger
, Maximilian,
Germanist, geb. zu
Darmstadt,
[* 7] studierte in Gießen,
[* 8] Berlin
[* 9] und Heidelberg,
[* 10] wurde 1853 Privatdocent in Gießen, 1856 in Basel,
[* 11] lebt seit 1858 in
Darmstadt und auf seinem Landsitze bei
Alsbach an der
Bergstraße.
Neben kritischen Ausgaben mittelhochdeutscher Dich- tungen («Walther von der Vogclweide», Gieß. 1862, mit Wackernagel; «Leben der heil. Elisabeth», in der «Bibliothek des Litterarischen Vereins», Stuttg. 1868) hat sich Riehl namentlich durch metrische Arbeiten ausgezeichnet (in Plönnies' Kuorunausgabe und in der «Zeitschrift für deutsche Philologie», Bd. 7) und «Klinger in der Sturm- und Drangperiode» (Darmst. 1880) dargestellt.
An der Revision der Lutherschen Bibel [* 12] hat er philologisch mitgearbeitet.
Unter dem Pseudonym Utis veröffentlichte er eine Sammlung von Novellen und Märchenspielcn, den «Neuen Phan- tasus» (2 Bde., Lpz. 1886),
aus dem die bekannte Novelle «Der falsche Vaurat» (Franks, a. M.
1877) auch separat erschien. Rieger
sburg,
Burg bei Feldbach (s. d.). Riego y Nunez (spr. nunjeds), Nafaeldcl,span.
General, geb. zu Oviedo, kämpfte seit 1808 gegen die Franzosen und befand sich eine Zeit lang als Gefangener in Frankreich.
Der infolge der Mihregierung Ferdinands VII. (s. d.) im Heere ent- standenen revolutionären Bewegung schloß sich Riehl an und rief die Cortesverfafsung von 1812 aus.
Mehrere Truppenkorps solgten dem Beispiel.
Nachdem der König die Konstitution von 1812 anerkannt hatte, wurde Riehl zum Generalkapitän von Aragonien ernannt, aber dieser Stelle im Sept. 1821 wieder enthoben. 1822 wurde er zum Depu- tierten bei den Cortes erwählt, die ihn zum Prä- sidenten wählten.
Beim Einrücken der Franzosen in Spanien [* 13] 1823 wurde er von Ferdinand VII. unter Ballesteros zum zweiten Befehlshaber des Heers ernannt.
Als Vallesteros die Kapitulation mit den Franzosen abgeschlossen hatte, trat Riehl nicht bei;
von den Franzosen gedrängt, muhte er Malaga [* 14] räumen, wurde in der Sierra Morena von Bauern erkannt und den Franzosen überliefert, die ihn 21. Sept. an die fpan.
Behörden abgaben. Er wurde in Madrid [* 15] gehenkt.
Die «Riego-Hymne» spielt noch heute die Rolle einer span. Marseillaise. -
Vgl. Miguel del Riego, Nemoirg ok tk6 lils of Riehl knä big tamil^ (Lond. 1824);
Nard und Piral, Viäa milit^r 6 politica äs 15. (Madr. 1844).
Riehl, Wilh. Heinr. von, Kulwrh'chorilcr und Novellist, geb. zu Biebrich, [* 16] studierte in Marburg, [* 17] Tübingen, [* 18] Gießen und Bonn [* 19] Theo- logie, Philosophie und Geschichte und wandte sich dann wieder nach Gießen, um sich hier vorzugs- weise dem Studium der Kultur- und Kunstgeschichte zu widmen. Er ging 1845 als Mitredacteur der «Oberpostamtszeitung» nach Frankfurt, [* 20] von wo er 1847 nach Karlsruhe [* 21] übersiedelte.
Hier beteiligte er sich an der «Karlsruher Zeitung» und gab mit Christ den «Bad. [* 22] Landtagsboten» heraus. 1848 begrün- dete er zu Wiesbaden [* 23] die «Nassauische Zeitung», die er fast drei Jahre redigierte.
Anfang 1851 folgte er einem Rufe an die «Allgemeine Zeitung» nach Augsburg. [* 24] 1853 wurde er vom König MaximilianII. von Bayern [* 25] zum Professor an der Universität Mün- chen ernannt.
Seit 1862 ist Riehl Mitglied der Mün- chener Akademie. 1880 wurde Riehl mit dem bayr. Kronenordcn der persönliche Adel verliehen;
1885 wurde er, unter Beibehaltung seiner Professur, zum Direktor des Bayrischen Nationalmuseums und zum Generalkonservator der Kunstdenkmäler und Alter- tümer Bayerns ernannt. N. veröffentlichte zu- nächst «Die bürgerliche Gesellschaft» (Stuttg. 1851 u. ö.),
dann «Land und Leute» (ebd. 1853 u. ö.), die «Familie» (ebd. 1855 u. ö.) und «Wanderbuch» (ebd. 1869 u. ö.),
welche vier Werke zusammen zur «Naturgeschichte des Volks» vereinigt wurden. Derselben Richtung seiner Studien gehören von seinen spätern Arbeiten an die «Kulturgeschichtlichen Novellen» (Stuttg. 1856 u. ö.),
«Geschichten aus alter Zeit» (2 Bde., 1862-64),
«Neues Novellenbuch» (1867 u. ö.),
die «Kulturstudien aus drei Jahrhun- derten» (2 Bde., Stuttg. 1859 u. ö.),
«Die Pfälzer» (2. Aufl., ebd. 1852),
eine im Auftrage des Königs Maximilian verfaßte ethnogr.
Skizze, und die «Kul- turgeschichtlichen Charakterköpse» (1. u. 2. Aufl., ebd. 1891-92).
Seit 1859 leitete auch die von König Maximilian angeregte «Vavaria», eine ein- gehende gcogr.-cthnogr.
Schilderung des bayr. Staates, die 1868 in fünf Bänden zur Vollendung gelangte.
Als Früchte seiner musikalischen Studien veröffentlichte er: «Hausmusik» (Stuttg. 1855; 2. Aufl. 1859) und zweite Folge «Neue Lieder für das Haus» (Lpz. 1877),
eine Sammlung für sein eigenes Haus komponierter Lieder, insbesondere aber die vortrefflichen «Musikalischen Charakter- köpfe» (Bd. 1-3, Stuttg. 1852-78u. ö.),
eine Reihe kunsthistor.
Skizzen, die die Geschichte der Musik in ihrer Verbindung mit der allgemeinen Kulturgeschichte zeigen sollen.
Von 1870 bis 1880 redigierte Riehl das von F. von Raumer begründete «Histor. Taschenbuch» (Leipzig). [* 26]
Von R.s übrigen Schriften sind zu nennen: «Die deutsche Arbeit» ¶