4) vorsätzliche Verhinderung oderStörung des Gottesdienstes oder einzelner gottesdienstlicher Verrichtungen
einer im
Staate bestehenden
Religionsgesellschaft durch Erregung von Lärm oder Unordnung in einer
Kirche oder in einem andern
zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte
(Strafe überall Gefängnis bis zu drei Jahren). Hierzu ist zu bemerken:
1)
Beschimpfung ist mehr als
Beleidigung, eine grobe, durch Roheit gekennzeichnete Kundgebung der Verachtung;
3) zu den zu religiösen Versammlungen bestimmten Orten kann auch ein Kirchhof gehören, auf welchem herkömmlich
bei
Beerdigungen religiöse Handlungen vorgenommen werden. Im weitern
Sinne wird zu den auch der Fall gerechnet, wenn jemand
unbefugt eine
Leiche aus dem Gewahrsam der dazu berechtigten
Personen wegnimmt, ingleichen wenn jemand
ein
Grab zerstört oder beschädigt oder wenn an einem
Grabe beschimpfender
Unfug verübt wird
(Strafe: Gefängnis bis zu zwei
Jahren und fakultativ Ehrverlust). Die Grabmälerzerstörung oder
Beschädigung wird als Sachbeschädigung, die unbefugte
Wegnahme von Leichenteilen als
Übertretung bestraft und das Abpflücken von
Blumen, die auf einGrab gepflanzt
sind, kann als Felddiebstahl bestraft werden, wenn der Kirchhof gartenähnlich angelegt ist.
Das geltende Österr.
Strafgesetz von 1852 verpönt in §. 122 b die
Störung einer im
Staate bestehenden Religionsübung und
straft denjenigen, welcher durch entehrende
Mißhandlung an den zum Gottesdienst gewidmeten Gerätschaften oder sonst öffentlich
der
Religion Verachtung bezeigt
(Strafe: Kerker von sechs
Monaten bis schweren Kerker von zehn Jahren).
Außerdem sind ähnliche Bestimmungen über Verspottung religiöser Gebräuche und Einrichtungen (aber auch
Lehren) in §. 303 gegeben
wie in §. 166 des
Deutschen Strafgesetzbuches.
Bei denBeratungen des dem österr. Abgeordnetenhause 1889 vorgelegten Strafgesetzentwurfs haben sich bezüglich der
Bestimmungen über Religionsdelikte Meinungsverschiedenheiten ergeben; insbesondere hat die Bestimmung, daß auch der, welcher
den
Glauben an Gott zu zerstören sucht, mit Zuchthaus bestraft werden solle, zu Bedenken Veranlassung gegeben. Die übrigen
Bestimmungen des
Entwurfs lehnen sich an das geltende Gesetz von 1852 an.
(lat. religiosi), in der Rechtssprache die Ordensgeistlichen
oder die Mitglieder solcher
Orden,
[* 3] welche lebenslängliche Gelübde abgelegt haben
(Regulierte). Sie können nach Gemeinem
Recht von Ablegung des Klostergelübdes an nur noch dem
Kloster
erwerben und dürfen weder unter Lebenden noch von
Todes wegen
verfügen. Nach neuern Landesgesetzen dürfen sie dem
Kloster nicht mehr als höchstens eine bestimmte
Summe zuwenden (summa pragmatica); in Ansehung des übrigen Vermögens waren sie als bürgerlich tot anzusehen, vgl.
z. B. Bayr. Amortisationsgesetz vom Preuß.
Allg. Landr. II, 11, §. 1199 fg.; Mainzer Verordnung von 1737 u. a. Bestritten ist,
ob der Religiose durch
Austritt aus dem
Kloster die volle Rechtsfähigkeit wiedererlange.
Allgemein angenommen wird dies von den Ordenspersonen,
die infolge der
Säkularisationen im Anfange des 19. Jahrh. aus den
Klöstern ausschieden. Eine gleiche Wirkung haben das preuß.
Gesetz vom und das hess. Gesetz vom über Aufhebung der geistlichen
Orden mindestens nicht ausgesprochen.
Jedenfalls hat der
Austritt aus dem
Kloster mit Bewilligung des Landesherrn
(Preuß. Allg. Landr. II, 11, §. 1175) oder Genehmigung
der Kirchenbehörden eine solche Wirkung. Ob der
Übertritt zu einer andern Konfession dieselbe Wirkung hat, ist ebenfalls
nicht unzweifelhaft. Das Sächs.
Bürgerl. Gesetzb. §. 30 und der
Code civil kennen solche
Beschränkungen
nicht. Der Deutsche
[* 4]
Entwurf hat zwar im allgemeinen die Rechtsfähigkeit der Religiosen anerkannt, aber die landesgesetzlichen Erwerbbeschränkungen
aufrecht erhalten (Motive I, 25; Motive zum Einführungsgesetz, S. 168-170; an letzterm Orte ist eine eingehendere
Darstellung
des geltenden
Rechts beigefügt).
Das Österr.
Bürgerl. Gesetzbuch bestimmt im §. 573, wann Klostergeistliche befugt sind, letztwillig
zu verfügen, und in den §§. 591 fg., daß sie in der Regel nicht Zeugen bei der Errichtung von
Testamenten sein dürfen.
Das Kunstgewerbe schuf in dieser Hinsicht, häufig in Form
einer
Kirche, wertvolle
Stücke;
so befindet sich ein berühmtes Reliquiarium des heil. Servatius aus dem 12. Jahrh.
im Schatze der Servatiuskirche zu Maastricht,
[* 5] wertvolle silberne Reliquienschreine im Domschatz zu
Aachen.
[* 6]
(lat., d. h. Überbleibsel), in der Kirchensprache
die Überreste von den Leibern der
Heiligen oder von Sachen, die mit diesen in unmittelbarer Berührung
waren.
Schon seit
Gregor d. Gr. schrieb man den Reliquien heilsame Wirkungen zu, und die gottesdienstlichen
Versammlungen an den Gräbern der Märtyrer und
Heiligen arteten immer mehr in Verehrung ihrer Gebeine aus.
AlleKirchen und
Klöster wurden mit zahlreichen Reliquien ausgestattet, und noch gegenwärtig muß in der kath.
Kirche jeder
Altar
[* 7] eine Reliquie in sich schließen. Der
Protestantismus hat den Reliquiendienst verworfen, in der röm.- und
griech.-kath.
Kirche steht er aber noch heute in
Blüte.
[* 8] Die gottesdienstliche Verehrung der Reliquien ist bedingt durch deren kirchliche
Anerkennung
(Approbation); diese und die dazu erforderliche Prüfung, wofür ausführliche Vorschriften bestehen, ist
in der röm.-kath.
Kirche Sache einer besondern, 1699 eingesetzten
Kongregation (s. d.) von Kardinälen in
Rom.
[* 9]