Glaubenslehren und Kultusgebräuchen. Die religiöse Vorstellungsthätigkeit, die als solche noch keineswegs als religiöses
«Erkennen» bezeichnet werden darf, zeigt stets das Bestreben, mit der Gottesvorstellung
zugleich auch in irgend welchem
Umfang eine Weltanschauung zu entwerfen, folgt aber hierbei zunächst lediglich den Eingebungen
der subjektiven Stimmung und Auffassungsweise und pflegt diese mit besonderer
Energie geltend zu machen,
denkt z. B. Gott nicht, wie er
an sich ist, sondern wie er um der Wünsche des religiösen
Subjekts willen sein müßte.
Diejenige Religion, welche eine von objektiven
Gesichtspunkten geleitete Revision und Kritik ihrer Vorstellungsprodukte erträgt,
ohne sich aufzulösen und unterzugehen, zeigt darin die Gesundheit und Wahrheit ihres Standpunktes oder
Princips, darf sich aber auch der
Thatsache nicht verschließen, daß ihre
Vorstellungen der geschichtlichen
Entwicklung unterliegen
und nur allmählich von subjektiv und mythologisch gearteten
Bestandteilen sich läutern, ohne daß darum die Religion selbst sich
zu ändern braucht.
4) Das Wöllnersche Religionsedikt, von König
Friedrich Wilhelm II. von
Preußen
[* 8] erlassen und von seinem Minister
Wöllner (s. d.)
verfaßt, das den Geistlichen jede
Abweichung von den
Bekenntnisschriften in
Lehre
[* 9] und Predigt bei
Strafe der Amtsentsetzung
verbot (wieder aufgehoben 1797 durch
Friedrich Wilhelm III.).
Konfessionsfreiheit, das
Recht jedes
Staatsbürgers, sich ohne Schmälerung der polit. und bürgerlichen
Rechte einer beliebigen oder auch gar keiner Religionsgemeinschaft anzuschließen. (S.
Glaubensfreiheit.)
eine Reihe von
Verträgen zur Sicherstellung der
Rechte der evang.
Stände lm
DeutschenReiche. Der erste
ist der dem
KaiserKarl V. durch Türkengefahr, Franzosenkrieg und Mißhelligkeiten mit dem Papste abgenötigte
Nürnberger Religionsfriede (1532), der protestantischerseits 23. Juli unterzeichnet und von dem
Kaiser2. Aug. in
Regensburg
[* 10] bestätigt wurde.
Durch diesen Frieden erhielten die
Protestanten nichts, als was sie schon thatsächlich besaßen, und dies nicht gewisser,
als sie es schon hatten, der
Kaiser aber alles, was er wünschte, nämlich die Versicherung, daß er nicht
angegriffen werden würde.
Zufolge desselben sollte von beiden Seiten kein Reichsstand wegen seiner
Religion und Kirchengebräuche
angefochten werden; die bischöfl. Gerichtsbarkeit wurde in
Beziehung auf
Glauben und Gottesdienst der
Evangelischen aufgehoben,
die freie
Auswanderung der
Unterthanen der
Religion wegen gestattet; endlich sollte dieser Friedstand stets fest und unverbrüchlich
gehalten werden, auch wenn durch kein
Mittel ein Religionsvergleich zu stande käme. Nur zwei Punkte veranlaßten noch einen
Streit: der sog. Geistliche
Vorbehalt (Reservatum ecclesiasticum, s. d.) und die Frage, ob die evang.
Unterthanen der geistlichen Fürsten
Religionsfreiheit genießen sollten.
Kaiser Ferdinand entschied, daß sie von ihrem
Glauben
und Gottesdienst nicht gedrungen, sondern bis zur christl. Vergleichung der streitigen
Religion in Ruhe gelassen werden sollten.
Mit diesen Bestimmungen über die beiden streitigen Punkte wurde der Friede mit dem
Reichsabschied veröffentlicht.
Die reform.
Kirche erhielt erst im Westfälischen Frieden (s. d.) mit der lutherischen
gleiche
Rechte. -
Vgl. Ranke, Zur deutschen Geschichte.
Vom Religionsfriede bis zum Dreißigjährigen
Kriege (3. Aufl., Lpz. 1888); Ritter,
Der
Augsburger Religionsfriede (im «Histor.
Taschenbuch», ebd. 1882).
Das kanonische
Recht kennt den
Begriff Religionsgesellschaften nicht; was außerhalb «der
Kirche» an religiösen
Bildungen steht, ist lediglich dem kirchlichen
Strafrecht verfallen. Nicht anders ist das Rechtsverhältnis nach der
Reformation.
Erst durch die seit
Friedrich d. Gr. principiell anerkannte
Toleranz in Religionssachen wird die
Bildung von selbständigen
Religionsgesellschaften außerhalb der großen
Kirchen möglich. Vollen
Durchbruch aber gewann das Toleranzprincip doch erst
im 19. Jahrh. Jetzt ist die
Bildung von Religionsgesellschaften, selbstverständlich im
Rahmen der Staatsgesetzgebung, in wohl allen deutschen Einzelstaaten
verfassungsgemäß freigegeben und von
Reichs wegen ist den Einzelstaaten als zwingende Vorschrift (Gesetz vom
die Unabhängigkeit der bürgerlichen und staatsbürgerlichen
Rechte vom Religionsbekenntnis vorgeschrieben.
Eine Ausnahmestellung nehmen schon seit sehr früher Zeit die
Juden ein;
dabei blieb es auch das ganze Mittelalter hindurch,
wenn auch unter vielfachen Schwankungen und Kämpfen über den sog. «Judenschutz»;
im 19. Jahrh. erhielten die
Juden allenthalben das volle Staatsbürgerrecht, in
Württemberg
[* 14] selbst die
Anerkennung als «Landeskirche». Im weitern
Sinne fallen unter den
Begriff Religionsgesellschaften heute auch die Landeskirchen;
die Ausprägung des
für diese geltenden
Rechts ist aber auch heute noch zum größten
Teile eine besondere, auf der histor.
Entwicklung beruhende.
Unter den übrigen Religionsgesellschaften unterscheiden die meisten Gesetzgebungen solche mit und ohne
Korporationsrechte,
d. i. selbständige jurist. Persönlichkeit. In
Preußen und Oldenburg
[* 15] ist für den Erwerb der letztern
ein Gesetz erforderlich, in
Bayern
[* 16] und
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