Die vornehmsten Reichspartei waren die drei geistlichen und die übrigen weltlichen
Kurfürsten.
Zur Erlangung der Reichsstandschaft war der
Besitz eines reichsunmittelbaren Fürstentums, einer dergleichen
Graf- oder Herrschaft, die Einwilligung des
Kaisers und die Zustimmung des betreffenden Kollegiums (s.
Reichstag) erforderlich.
Über diefranzösischenReichspartei s. Étatsgénéraux.
czech. Zákupy, Stadt im Gerichtsbezirk
Niemes der österr. Bezirkshauptmannschaft
Böhmisch-Leipa in
Böhmen,
[* 4] am Zwittebach, der durch die Polzen zur
Elbe fließt, und an der Linie
Böhmisch-Leipa-Niemes der Österr.
Staatsbahnen,
[* 5] hat (1890) 1136, als Gemeinde 1769 deutsche E. und eine Zuckerfabrik im
VorortNeu-Reichstadt (139 E.). Die alte
Dekanalkirche ist 1500 umgebaut und 1860 renoviert. Das Schloß ist nach dem
Brande von 1573 hergestellt, 1683 durch den
Herzog
Julius
Heinrich von
Sachsen-Lauenburg erweitert. Es hat 200 Gemächer, darunter einen Thronsaal, eine Schloßkapelle
und einen großenPark. – Reichstadt kam mit den damit vereinigten Herrschaften an die Kurfürsten von
Bayern
[* 6] und 1805 an den Erzherzog
Ferdinand, den nachherigen
Großherzog von
Toscana.
Napoleon
FranzJosephKarl,
Herzog von, der einzige Sohn des
Kaisers Napoleon I. aus seiner zweiten
Ehe mit
Maria Louise (s. d.) von
Österreich, geb. zu
Paris,
[* 10] empfing bei seiner
Geburt den
Titel eines
KönigsvonRom.
[* 11] Vergebens versuchte Napoleon, ehe er die Entsagungsakte unterzeichnete, seinem
Sohne die
Thronfolge
zu sichern. Während der gestürzte
Kaiser nach Elba ging, führte man seinen Sohn nach Schönbrunn bei
Wien.
[* 12] Maria Louise
erhielt durch denVertrag von
Fontainebleau 1814 das Herzogtum Parma mit dem
Rechte, es an ihren Sohn zu
vererben.
Nach der
Niederlage bei Waterloo
[* 13] dankte Napoleon zu Gunsten seines
Sohnes ab, den er zugleich als
Kaiser Napoleon II. proklamierte
freilich ohne jeden Erfolg. Als Maria Louise im
Frühjahr 1816 nach Parma zog, blieb ihr
Sohn in
Wien unter der Obhut seines Großvaters, des
KaisersFranz. Infolge eines zu
Paris geschlossenen
Vertrags der
verbündeten Mächte verlor der Prinz sein
Erbrecht auf
Parma an
KarlLudwig, den Sohn der Königin Maria Luise von
Etrurien,
dagegen wurden ihm von demKaiserFranz für den Todesfall des
Großherzogs Ferdinand III. von
Toscana die
Herrschaft Reichstadt und die sog. pfalzbayr.
Domänen in
Böhmen zugesichert. Mit dem 12.
Geburtstage erhielt er ein Fähnrichspatent, 1828 wurde er Hauptmann, 1830 Major; 1831 erhielt
er als
Oberstlieutenant ein
Bataillon im Regiment Gyulai. Er betrieb besonders militär.Studien mit unermüdlichem
Eifer. Im April 1832 zeigten sich bei dem Prinzen die ersten
Spuren der
Lungenschwindsucht, die so reißende Fortschritte machte,
daß er zu Schönbrunn starb. Bei der Thronbesteigung
Kaiser Napoleons III. wurde der
Herzog von Reichstadt als Napoleon
II. unter den franz.
Souveränen mitgezählt. –
Vgl. außer den
Schriften von Montbel (Par. 1833),
Lecomte
(1842), Guy (1853) und
Saint-Félix (1853) noch
Graf von Prokesch-Osten,
Mein Verhältnis zum
Herzog von Reichstadt (Stuttg. 1878).
im altenDeutschenReiche Bezeichnung für die Versammlungen der Reichsstände (s. d.).
Alle Inhaber königl.
Ämter hatten der Ladung des
Kaisers zum Reichstag in der Stadt, die er bestimmte, zu entsprechen. Seit
Rudolf
von Habsburg erschienen auch die
Städte regelmäßig auf dem Reichstag. Diese hatten, nach den Reichsgrundgesetzen und dem Herkommen,
als Reichskörper mit dem
Kaiser die gemeinschaftliche Ausübung aller Hoheitsrechte, die nicht an die Landesherren übergegangen
waren und mit
Ausschluß der kaiserl.Reservate.
Alle von der
Entscheidung des
Kaisers und des
Reichs abhängenden Angelegenheiten konnten nur auf dem Reichstag verhandelt werden. Früher
erschien der
Kaiser persönlich auf den Reichstag, in spätern
Zeiten ließ er sich durch seinen Prinzipalkommissarius, der ein Reichsfürst
war, repräsentativen Charakter und einen die
Geschäfte leitenden Konkommissarius zur Seite hatte, vertreten.
Kurmainz, als Reichserzkanzler in
Deutschland,
[* 14] war Direktor der Reichsversammlung.
Die reichsständischen Gesandten überreichten ihre Beglaubigungsschreiben sowohl dem Prinzipalkommissarius als dem Kurfürsten
von Mainz,
[* 15] bei welchem letztern sich auch die auswärtigen Gesandten legitimierten. In
Abwesenheit des Reichserzkanzlers vertrat
ihn sein Direktorialgesandter.
Alles an den Reichstag. Gerichtete ging an den Kurfürsten von Mainz und wurde
von der mainzischen Kanzlei den übrigen
Kanzlisten in die Feder diktiert, später gewöhnlich gedruckt verteilt, was die
Diktatur hieß. Die Verhandlungen geschahen in drei Kollegien (Reichskollegien), nämlich:
1) in dem Kurfürstenkollegium, wo Kurmainz die
Stimmen sammelte und die seinige an
Sachsen
[* 16] abgab;
2) in dem fürstl. Kollegium (Reichsfürstenrat), welches sich in die weltliche und die geistliche
Bank teilte (s. Fürstenbank). Die Reichsgrafen hatten in diesem Kollegium keine Virilstimmen,
sondern waren in die wetterauische, schwäb., frank, und westfäl. Grafenbank, von welchen
jede nur eineStimme(votum curiatum) hatte, geteilt. So auch die Reichsprälaten oder
Äbte, Pröpste und
Äbtissinnen, die sich in die schwäb. und rhein.
Bank teilten und zusammen nur zwei
Stimmen hatten. Das Direktorium in dem
Fürstenkollegium führten abwechselnd der Erzbischof von
Salzburg
[* 17] und der Erzherzog von
Österreich. Im ganzen wurden hier 100
Stimmen
(94 Viril-, 6 Kuriatstimmen) geführt;
3) in dem reichsstädtischen Kollegium, welches sich
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Die Reichsstadt, wo der Reichstag gebalten wurde, hatte das Direktorium
und jede Reichsstadt eine Stimme auf dem Reichstag Regelmäßig entschied in späterer Zeit die Stim- menmehrheit, nicht aber in
Religions- und solchen Sachen, welche Rechte der einzelnen Reichsstände be- trafen. (S. t^0rpii8 6vanF6iicuin.)
Jedes der drei reichsständischen Kollegien faßte seine Beschlüsse be- sonders.
Hierauf suchte man durch Relation und Kor-
relation die Beschlüsse der Kollegien in Übereinstim- mung zu bringen, und wenn dies geschehen, wurde der so zu stände
gebrachte Beschluß dem Kaiser als Reichsgutachten (collciuLnin imperii) übergeben.
Ein solches war also
nicht vorhanden, wenn auch nur ein Kollegium nicht zugestimmt hatte.
Erhielt es durch ein kaiserl. Ratifikations- oder Vestätigungs-
dekret Gesetzeskraft, so hieß es Reichsschluh oder Reichskonklusum.
Der Kaiser konnte die Ratifikation ganz oder teilweife versagen,
aber an dem Inhalt nichts ändern, auch die fehlende Zustim- mung eines der drei Kollegien nicht ergänzen.
Nach erfolgter
Unterschrift der Reichsbeschlüsse wurden dieselben bekannt gemacht und den Reichsgerichten znr Einregistrierung und Nachachtung
mitgeteilt.
Manche Angelegenheiten wurden auch durch or- dentliche oder außerordentliche Reichsdcputationen beitlich (Einkammersystem)
organisiert ist.
Der Reichstag besteht aus 397 Mitgliedern, welche in einzel- staatlich abgegrenzten Wahlkreisen, die auf Gesetz
beruhen, gewählt werden. - Auf durchschnitt- lich 100000 E. (nach der Volkszählung von 1807) entfällt ein Abgeordneter.
Der Reichstag tritt all- jährlich zusammen und wird vom Kaiser berufen. Die Legislaturperiode
dauerte früher 3 Jahre, ist aber durch Gesetz vom auf 5 Jahre verlängert worden.
Die Beschlußfassung
erfolgt durch absolute Stimmenmehrheit.
Beschlußfähig ist der Reichstag, wenn mindestens die Hälfte seiner Mit- glieder, also
mindestens 199, anwesend sind.
Die Mitglieder des N. sind Vertreter des gesamten Volks und an Instruktionen nicht gebunden.
Sie erhalten keine Diäten und genießen das Privileg der Redefrei- heit (s. d.).
Auch darf kein Mitglied des Reichstag ohne dessen Genehmigung während der Sitzungsperiode zur
Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn er bei Ausübung der That oder am nächsten Tage ergriffen wird.
Die
Neichstagsabgeordneten gruppieren sich in verschiedene Fraktionen (s. d.), deren zur Zeit (1895) 10 im R. bestehen.
Zusammensetzung
des Reichstags bei Beginn der Legislaturperioden: Namen der Parteien 1871 1874 1877 1878 1881 1884 1887 1890 50 22 40 59 50 78 80 73 38 33 38 57 28 28 41 20 29 3
- - - - - - 110 155 141 109 47 51 99 42 44 49 35 20 4000 07 32 00 57 91 93 94 100 99 98 100 13 14 14 14 18 10 13 10 2 9 12 9 12 24 11 35 -
1 4 3 9 7 - 10 4 4 4 10 10 11 4 11 - 15 15 15 15 15 15 10 1 1 1 1 2 1 1 1 -
- - - _ - 1 5 - - - - - - 2 2 (Deutsch-) Konservative Partei Deutsche Neichspartci (Freikonservativ)
Liberale Reichspartei Nationallibcrale Partei z 110 Liberale Vereinigung l f^/'^, / Freisinnige Fortschrittspartei
j ^mug. ^ Vereinigung Vultspa'rtt'i' Centrum. Polen Socialdemokraten Volkspartei Welsen Elsaß-Lothringer Dänen Dentschsociale
Reformpartei Unbestimmt 72 28 53 13 24 90 19 44 11 7 8 1 10 (s. d.) besorgt.
Die Reichsversammlung hatte das Recht, Gesetze zu geben, aufzuheben und auszulegen, Krieg und Frieden zu beschließen, Gesandte
anzu- nehmen und zu schicken, Bündnisse und Verträge zu schließen u. s. w. In Rücksicht der zu unternebmen-
den Reichskriege, worüber die Beratschlagung durch ein kaiserl. Kommissionsdekret vorgeschlagen
wer- den mnßte, entschied Mehrheit der Stimmen' auch die Stände, welche in einen beschlossenen Reichs- krieg nicht gewilligt
hatten, mußten nach Maßgabe der Reichsmatrikcln ihre Kontingente stellen.
Seit 1603 blieb der Reichstag zu
Regcnsbnrg permanent.
Jetzt erschienen die Fürsten überhaupt nicht mehr in Per- son, sondern ließen sich durch Gesandte
vertreten. In dem heutigen DeutschenReiche ist Reichstag der Name der gemeinsamen Repräsentation des deut- schen Volks, welche hervorgeht
aus allgemeinen, geheimen, direkten Wahlen (s. Wahlrecht) und ein- Während der Legislaturperiode kann
die Auf- lösung des Reichstag durch den Kaiser unter Zustimmung des Bundesrats erfolgen;
die Neuwahlen müssen innerhalb 00, die
Einberufung innerhalb 90 Tagen vom Zeitpunkt der Auflösung an erfolgen.
Ohne Zustimmung des Reichstag darf die Vertagung desselben
die Frist von 30 Tagen nicht überschreiten und während dcrsclben Session nicht wiederholt werden. Der
Reichstag übt mit dem Bundesrat (s. d.) gemeinsam das Recht der Gesetzgebung aus und hat dabei das Recht der Initiative. (Über die
Art der Beratung eines Gesetzes im N. s. Gesetzentwurf.) Der jähr- lich aufzustellende Neichshaushaltsetat
sowie die Aufnahme von Reichsanleihen unterliegen feiner Genehmigung.
Ebenso bedürfen Verträge mit frem-
den Staaten, die sich auf Gegenstände beziehen, die der Reichsgesetzgebung unterworfen sind, wie z. B.
Handelsverträge, seiner Zustimmung. Außerdem
¶