die von den Führern der Opposition 1847 und 1848 in mehrern
StädtenFrankreichs veranstalteten
Festmahle, wobei in Reden und
Toasten die Gebrechen des herrschenden Regierungssystems aufgedeckt und als Rettungsmittel
Reform
und
Ausdehnung
[* 3] des
Wahlrechts verlangt wurde. Auf ein verjährtes Gesetz von 1790 gestützt, suchte die Regierung diese Reformbankette zu
verbieten; aber trotz des Verbots trafen die Führer der Linken Anstalten zu einem neuenReformbankett,
das im 12.
Arrondissement von
Paris
[* 4] abgehalten werden sollte. Als die Regierung militär. Maßregeln dagegen traf,
erhob sich das erregte
Volk und führte nach erbittertem Straßenkampfe den
Sturz des Königtums herbei. (S.
Frankreich, Bd.
7, S. 104.)
eine jede
Bill in England, mit der eineReform beabsichtigt wird; in engerm
Sinne versteht
man darunter eine der Parlamentsreformbills von 1832, 1867 und 1884/85.
In den Jahrhunderten ihres Bestehens war die engl.
Parlamentsverfassung, soweit sie eine Vertretung des
Volks gewähren sollte, ihrem Zweck immer mehr entfremdet worden. Viele
Wahlorte waren zu verfallenen Flecken herabgesunken, während aufblühende Welthandelsplätze, wie Leeds,
[* 5] Birmingham,
[* 6] Manchester,
[* 7] ohne
Vertreter blieben.
Die sog. «nomination boroughs» standen entweder
unter dem Einfluß der
Krone und der großen adligen Grundherren, oder die wenigen
Wähler verkauften ihre
Stimme. Eine Besserung
dieser Zustände war unerläßlich; aber ein halbes Jahrhundert lang sträubten sich die Bevorrechtigten dagegen. 1770 schlug
zuerst Chatham eine
Vermehrung der Grafschaftsvertreter vor; gründlicher ging Wilkes 1776 zu Werke. Nach
mehrern andern
Vorschlägen brachte William Pitt 1782 den maßvollen
Antrag ein, zunächst nur einen Prüfungsausschuß zu
ernennen, drang aber nicht durch und gab nach einem erneuten Versuch den Reformplan ganz auf.
Tor unermüdlichste Vorkämpfer der Parlamentsreform wurde darauf Grey; aber seine und seiner Freunde
wiederholte
Anträge fielen schon im
Unterhaus. 1820 nahm Lord
Russell den
Kampf auf; aber wenn das
Unterhaus den maßvollsten
Vorschlägen zustimmte, so wies das Oberhaus auch diese ab. Die
Bewegung, die infolge der franz. Julirevolution (1830) auch
England ergriff, ließ die populären Forderungen anschwellen, doch wurde ein neuer
Antrag des alten
ReformersGrafen Grey 1831 von den Lords abgelehnt, und erst ein dritter
Entwurf wurde Gesetz.
Durch diese erste Parlamentsreform wurden die 56 kleinsten Wahlflecken beseitigt, andere erhielten statt zwei nur einen
Vertreter;
bisher unvertretene
Städte wurden je nach ihrer
Große durch einen oder zwei
Abgeordnete vertreten und
ebenso wurde die Vertreterzahl der größern
Grafschaften erhöht. Die ganz willkürlichen städtischen Wählerkorporationen
wurden beseitigt; jeder
Besitzer oder Mieter einer im Wahlort befindlichen Wohnung oder eines sonstigen
Gebäudes von 10 Pfd.
St. Zinswert wurde
Wähler. Auf dem
Lande war der Census abgestuft nach der Form des
Besitzes, ob freies
Eigen,
Erbpacht, lange oder kurze Zeitpacht. Die Wählerzahl, die zuvor etwa 400000 betragen hatte, war ungefähr verdoppelt
worden; den
Ausschlag gaben jetzt im
Unterhause die mittlern
Klassen der
Bevölkerung.
[* 8]
Zwanzig Jahre ruhte nach diesem
Abschluß die Reformfrage, bis sie Lord
Russell mit neuen Verbesserungsvorschlägen, die
aber nicht zur Ausführung gelangten, 1852 und 1854 wieder in
Fluß brachte. Ihr energischster Wortführer wurde Disraeli
(s.
Beaconsfield), der Unterhausführer im konservativen
Kabinett Derby, der seine
Bill dem
Unterhause vorlegte. Am 15. Juli fand
sie im
Unterhause, 6. Aug. im Oberhause
Annahme und erhielt 15. Aug. durch königl.
Bestätigung Gesetzeskraft.
Die zweite Reformbill 1867 gab jedem ein Jahr in einer Stadt ansässigen und steuerzahlenden
Householder und auf dem
Lande jedem Inhaber,
sei es Mieter oder
Besitzer, eines Gutes von 12 Pfd. St. Zinswert das
Wahlrecht. Der nicht selbständige Aftermieter in der
Stadt mußte eine Wohnung von 10 Pfd. St. Zinswert haben. Das Ergebnis war eine
Vermehrung der
Wähler um etwa 2 Millionen; die arbeitende
Bevölkerung der
Städtewar in weitestem
Kreise
[* 9] herangezogen worden,
mehr als auf dem
Lande; dafür aber waren 33 Stadtvertreter gestrichen, 25 neue Grafschaftsvertreter geschaffen worden. Das
Unterhaus stand auf bedeutend verbreiterter demokratischer Grundlage.
Reformburschenschaft -
* 10 Seite 63.695.
Über kleinere
Reformen, wie Einführung der geheimen
Wahl, schritt man fort zur dritten
Reform von 1884/85 unter dem liberalen
Ministerium
Gladstone in der «Representation of people
Act» von 1884 und dem Gesetz über die Verteilung der Wahlbezirke von 1885. Radikal
wurde mit der althistor. Verteilung der Vertretung aufgeräumt, und an ihre
Stelle traten nach festländischem
Vorbild Wahlkreise nach der Bevölkerungszahl, deren jeder einen
Vertreter stellt. Auch die Ausgleichung der Wählerzahl zwischen
städtischen und ländlichen
Bezirken ist gerechter: nach der zweiten
Reform wählten durchschnittlich 70800 Grafschaftswähler
gegenüber 41200 städtischen einen
Abgeordneten, jetzt durchschnittlich 52800 gegenüber 52700. Auch das
Wahlrecht ist
gleichmäßiger, wenn auch die Form des «Wohnhaus-Wahlrechts» beibehalten
wurde. Der höchste Census auf dem
Lande beträgt gleich dem städtischen nur 10 Pfd. St. Zinswert des Gutes bei einjähriger
Ansässigkeit. Die
Wahl ist geheim und
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