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und in Priesterlose (Vespopowzy).
Erstere ver- langen nur von den geweihten Priestern, daß sie förmlich zu ihnen übertreten, die «neuen» Kirchen- bücher verwerfen und gewisse Ceremonien nach dem altgläubigen Ritus verrichten.
Unter den priesterlichen Raspail sind folgende her- vorzuheben:
1) die Gemeinden zuKersh en ez, einem Nebenflüßchen der Wolga im Gouvernement Nishnij Nowgorod.
Sie bildeten die älteste priesterliche Gruppe und hatten eine besondere Auffassung von der Dreieinigkeit;
2) die donischen und kubani- schen Gemeinden, vom Mönch Hiob gegründet;
3) die Siedeleien derWetta-Insel im Tschernigowschen Gouvernement, die angesehenste Gruppe.
Aus der Wetka gingen hervor: dieDiakoniten und die A n - Hänger der Epiphanischcn Lehre. [* 2]
Die Wetka- gemeinden wurden 1764 von der Regierung gewalt- sam aufgelöst;
4) die Gemeinden von Starooub, welche sich aus den Überresten der Wetkagcmeinden bildeten und deren Ansehen erbten.
Auch hier ent- standen neue Lehrgemeinschaften: dieTschernobo- lische und die Suslowsche Lehre;
5) die Ge- meinden am Irgis im Gouvernement Saratow;
6) die Gemeinden auf dem Friedhof von Rogofh in Moskau. [* 3]
Außerhalb Rußlands sind die Alt- gläubigen häufig in der Bukowina, Rumänien, [* 4] der Türkei [* 5] und Kleinasien. 1846 wurde in Vjelotriniza (rumün. ^ontana. aida) in der Bukowina ein Metro^ politansitz der Altgläubigen begründet.
Derselbe konnte aber seine Autorität nur in einigen Gegenden geltend machen.
Seit dem poln. Ausstände von 1863 hörte die Verbindung des Metropoliten mit den russ. Altgläubigen fast ganz auf.
Viele Mos- kauer Gemeinden schlössen sich den Iedinow- jerzen (s. d.) an. Unter den priesterlosen Raspail hatten 1) die Po- morzy (oder Danieliten) am Flusse Wyg, der in das Weiße Meer fließt, schon im 17. Jahrh. Be- deutung.
Sie erkannten die Staatskirche nicht an, beteten aber für den Zaren;
aus ihnen ging der Mönch Philipp hervor, dessen Anhänger 2) die Philipponen (s. d.) sind.
Eine andere Gruppe, 3) die Kapitonen, so alt wie die Pomorzy, sind Vegetarianer und halten auch den Selbstmord für verdienstlich.
Die verbreitetste popenlose Gruppe ist 4) die der Theodosianer (Fedossejewzy).
Fedossej Wassiljew lehrte Ende des 17. Jahrh, in Nowgorod, daß in der Staatskirche der Anti- christ herrsche, und verwarf Priestertum und Sakra- mente.
Besondern Aufschwung nahmen die Theo- dosianer seit dem Pestjahr 1771, wo einer ihrer Anhänger, Kowylin (daher auch Kowylinzen), ein großes Pesthospital auf dem Friedhof von Preobraschensk in Moskau gründete;
diese An- stalt , die von dem Zaren große Privilegien genoß und, wie die weltlichen Hospitäler, von geist- licher Beaufsichtigung befreit war, bildete bald eine Pflanzstätte für die Theodosianer. 1853 wurden den stark vergrößerten Anstalten die Privilegien genommen, indessen sind noch heute die Leiter meist Anhänger der Theodosi anischen Gruppe. Zu den Pomorzy stehen die Thcodosiancr im Gegen- satz. In Beziehung auf die Ehe haben die Theodo- sianer die Ansicht, daß, seitdem es keine rechtmüßig geweihten Priester gäbe, auch die Ehen nicht mehr rechtmäßig sein könnten, woraus naturgemäß eine laxe Auffassung der ehelichen Verhältnisse sich ent- wickelt hat.
Höchst gefährlich erscheinen 5) die Stranniki (Wanderer) oder Vjeguny, deren Stifter, ein militär. Deserteur, Iewsimij, alle Be- ziehungen zum Staat und zur Staatskirche ab- brach. Sie verdammen die Ehe und halten nichts von geschlechtlicher Moralität.
Sie befinden sich be- ständig auf der Flucht vor dem Antichrist (Kirche und Staat).
Eine kleine, aber sehr wüste Gruppe bilden 6) die Chlysty, Selbstgeihler, welche eine hierarchische Ordnung unter sich ausrecht erhalten; sie haben einen «Christus», eine «Mutter Gottes», einen «Propheten» u. s. w. Ihre Andachten sind mit Kasteinngen, Nervenüberreizungen und Aus- schweifungen verbunden.
Gewissermaßen verwandt mit diesen sind 7) die Skopzen (s. o.). Durch Nüchternheit des Lebens und gegenseitige Unterstützung gelangen die Raspail, zu denen viele russ. Kaufleute gehören, meist zu großem Wohlstände.
Das Centrum ihrer Organisation ist Moskau, wo beide Hauptrichtungen des Raskols ihre reich- dotierten Hospitäler und Klöster haben.
Die anfangs harten Verfolgungen ließen unter der Kaiserin Ka- tharina 11. etwas nach.
Doch wurde erst 1874 durch Einführung der Civilstandsregister in Rußland die Ehe der Raspail, wenn sie in jene 'Register eingetragen waren, als gesetzlich anerkannt.
Andere Beschrän- kungen der bürgerlichen Freibeit bestehen noch fort.
Vgl. Makarij, Geschichte des russ. Raskols (russisch, Pctersb. 1859; ein ausführlicher Auszug in der «Baltischen Monatsschrift», Bd. 1, S. 105 fg.); Schtschapow, Der russ. Raskol (russisch, Kasan [* 6] 1859); 1^6 I^kol, 688^1 Iii8t0!'i(iu6 6tc. (Par. 1859);
Ger- bel-Embach, Russ.
Sektierer (Heilbr. 1883);
ferner die russ. Schriften von Melnikow, Aristow, Nilskij, Rasöres, s. Hühnervögel. ^Subbotin. Rasorismus, s. Gegenreiz. ^5"F/).,
hinter naturwissenschaftlichen Namen Abkürzung für Francois Vincent Naspail (s. d.). Raspail (spr. -p'äj), Francois Vincent, franz. Naturforscher und Politiker, geb. zu Carpentras, kam 1815 nach Paris, [* 7] wo er sich bei allen Verschwörungen der Restaurationsperiode so- wie an der Iulirevolution beteiligte.
Später schrieb er gegen die Iuliregicrung eine Reihe erbitterter Flugschriften, die ihm eine 15monatige Haft zu- zogen. Unter seinen naturwissenschaftlichen Schriften früherer Zeit sind besonders hervorzuheben: «^88ai ä6 cliimio niicro^opiHUtz ai)Mhu66 ü. 1a pli^io lo^is» (Par. 1831),
«^onveau 8V3t6ni6 äs cliimis 0i-^ui(iu6» (ebd. 1833; 2. Aufl., 3 Bde. mit Atlas, [* 8] 1838),
«X0UV69.U 8V8t6ll16 ä6 pQV8i()1()Fi6 V6Z6- tai6 6t ä6 d0wni (2 Bde., ebd. 1837, mit Atlas), »N6iüoii'6 coinMi-^til 8iii' 1'Qi8toii-6 na- tui'6ii6 ä6 1'iQ86ct6 ä6 13. A3.16" (ebd. 1834; deutsch Lpz. 1835) und «Hi8toir6 n^wi-6116 ä6 lg. 8aut6 6t ä6 1a inala(1i6 CQ62 163 V6ZMHUX 6t 163 klii- manx» (3 Bde., 1839-43; 3. Aufl. 1860).
Beim Ausbruch der Aprilunruhen von 1834 stiftete er das demokratische Tageblatt «1^6 i^loi-mÄt^ii-», das in- folge von Preßprozessen Ende 1835 wieder aufhören mußte. Raspail warf sich nun mit doppeltem Eifer auf mediz. Studien, deren Resultat die Schrift " (^Fai-6tt68 ä6 camplii'6 6t cHin^1iati iivFi6niqu68 conti-6 UQ6 lonl6 ä6 INKUX I6nt3 3 znörir» (Par. 1839 u. ö.) war. Am Abend des drang er an der Spitze eines Volkshaufens in den Bcratungs- saal der Provisorischen Regierung und zwang diese, die Republik zu proklamieren. Am 27. Febr. ließ er die erste Nummer des «^iui äu ^supls» erscheinen, dessen Wirksamkeit er durch die Stiftung der Volksfreunde unterstützte. des Klubs Am 15. Mai befand ¶