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Grund dessen sowie des preuß. Ausführungsgesetzes vom und des Gesetzes vom ist das Land in 13 Oberlandesgerichtsbezirke, und diese ihrerseits wieder in Landgerichts- und weiter in Amtsgerichtsbezirke eingeteilt (s. Gericht und Gerichtsverfassung). Oberster Gerichtshof für P. ist das Reichsgericht in Leipzig [* 2] (s. Reichsgericht, Amtsgerichte, Landgericht, Oberlandesgerichte).
Verwaltung. Der preuß. Staat ist zum Zwecke der innern Verwaltung in 12 Provinzen eingeteilt (s. Tabelle, S. 387 und die Einzelartikel der Provinzen); besondere Verwaltungsbezirke bilden die Stadt Berlin [* 3] und die Fürstentümer Hohenzollern. [* 4] Die Provinzen zerfallen in Regierungsbezirke (36 mit Berlin und Sigmaringen), diese in Kreise [* 5] (1894 im ganzen 549, davon 59 Stadtkreise, d. h. größere, einen Kreis [* 6] für sich bildende Städte); den untersten Verwaltungsbezirk bilden die Gemeinden (1894: 1265 Stadtgemeinden, 36715 Landgemeinden, 16482 Gutsbezirke).
Die Organe der allgemeinen Landesverwaltung sind der Oberpräsident, der Regierungspräsident und der Landrat, denen besondere Organe der Selbstverwaltung (s. unten) zur Seite stehen. An der Spitze der Provinz steht der Oberpräsident (s. d.). Derselbe vertritt in der Provinz die obersten Staatsbehörden und das Staatsinteresse, verwaltet unter der gesetzlich geordneten Mitwirkung des Provinzialrats die über die ganze Provinz sich erstreckenden Angelegenheiten, führt die Aufsicht über die Verwaltungsbehörden und ist in Kommunal- und Polizeisachen Beschwerdeinstanz; er ist Vorsitzender des Medizinal- und des Provinzialschulkollegiums, Mitglied des Staatsrats, königl. Kommissarius beim Provinziallandtag, nimmt die staatliche Kirchenaufsicht und eine Reihe besonderer Geschäfte wahr. - Den Regierungspräsidenten nebst den: Bezirksausschuß liegt die Verwaltung aller innern Landesangelegenheiten innerhalb des Bezirks ob, für welche nicht besondere Behörden geschaffen sind. Die alte Regierungseinteilung in drei Abteilungen ist einer Zweiteilung (Abteilung für Kirchen- und Schulsachen und für direkte Steuern, Domänen und Forsten) gewichen, nachdem die Geschäfte der Abteilung des Innern dem Regierungspräsidenten allein übertragen sind, welchem hierbei ein zugleich das Bezirksverwaltungsgericht bildender Bezirksausschuß zur Seite steht. - Die Funktionen des Landrats, der unmittelbar unter der Regierung steht, erstrecken sich auf alle Verwaltungsangelegenheiten, zu deren Wahrnehmung die Regierung eines Verwaltungsorgans in den Kreisen bedarf; seine Wirksamkeit umfaßt innerhalb seines Kreises materiell dieselben Dinge wie die der Regierung. Er führt in Verbindung mit den: unter seinem Vorsitz stehenden Kreisausschuß nicht allein die Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung, sondern auch die der Kreiskommunalverwaltung;
in letzterer Beziehung ist er auch Vorsitzender des Kreistags.
Der Kreisausschuß (in Stadtkreisen der Stadtausschuß) bildet zugleich das Verwaltungsgericht erster Instanz. - Die örtlichen Organe der Kreisverwaltung sind die Amtsvorsteher, die Bürgermeister (Rheinland), Distriktskommissare (Posen) [* 7] u. s. w., sowie die Vorstände der Stadtgemeinden, Landgemeinden und Gutsbezirke.
Die Selbstverwaltung ist durch die Städteordnung vom für die Städte, durch die Kreisordnung (s. d.) vom sowie die daran anschließende Gesetzgebung für die Kreise und Provinzen in die breitesten Bahnen gelenkt worden. Den kommunalen Verbänden (Provinzen, Kreisen und Gemeinden) sind nicht allein wichtige Verwaltungszweige selbständig übertragen, sondern es ist ihnen auch die Mitwirkung bei der allgemeinen Verwaltung zugestanden.
Das unterste Glied [* 8] in dem Organismus der Selbstverwaltungskörper ist die Gemeinde, gleichzeitig ein wirtschaftlicher und polit. Verband; [* 9] dieselbe verwaltet ihre Angelegenheiten durch selbstgewählte Organe unter Aufsicht des Staates und der höhern Selbstverwaltungsorgane. Die Verwaltungsregeln sind in Städte- und Landgemeindeordnungen (s. Gemeindeordnung und Städteordnung) festgestellt. In den Städten ist der Grundsatz voller Selbstverwaltung vollständig durchgeführt.
Mit dem an der Spitze der Verwaltung stehenden Bürgermeister (in größern Städten Oberbürgermeister) bilden Beigeordnete und andere besoldete oder unbesoldete Räte den Magistrat;
alle Mitglieder desselben werden in der Regel auf 12 oder 6 Jahre von der Gemeindevertretung erwählt, unterliegen aber der Bestätigung durch die Bezirksregierung (in großen Städten zum Teil durch den König);
nur in Neuvorpommern ergänzt sich der Magistrat durch Kooptation, und der Bürgermeister wird vom König ernannt;
auch Hannover [* 10] hat eine besondere Städteordnung, und in Hessen-Nassau [* 11] (außer Frankfurt [* 12] a. M.) und Hohenzollern-Sigmaringen besteht nur eine Gemeindeordnung für Stadt- und Landgemeinden.
Den rhein. Städten fehlt der Magistrat; an seiner Stelle ist der Bürgermeister für die Verwaltung verantwortlich und deputiert die Beigeordneten zu verschiedenen Geschäften. Als Vertretung der Bürger dient allenthalben die Stadtverordnetenversammlung (s. Gemeinderat), die nach dem Dreiklassenwahlsystem (s. d.) gewählt wird.
Über die seit (in Schleswig-Holstein [* 13] seit 1893) gültige Landgemeindeordnung für die sieben östl. Provinzen s. Gemeinderecht. An der Spitze der Gemeindevertretung steht der Gemeindevorsteher (Schulze), ihm zur Seite die Schössen (Geschworenen, Gerichtsmänner). In den westfäl. Landgemeinden mit eigenem Haushalt bilden die Rittergutsbesitzer und 6-18 gewählte Gemeindeverordnete die Gemeindeversammlung, die den Vorsteher auf 6 Jahre wählt; in den rheinischen besitzen diese Befugnis die Meistbeerbten und die denselben gleichstehenden Gemeindeberechtigten, und mit dem Vorsteher teilt sich ein aus 6-30 Mitgliedern bestehender Gemeinde- oder Schöffenrat in die Geschäfte.
Die aus mehrern Gemeinden zusammengesetzten westfäl. Ämter werden von einem ernannten Amtmann verwaltet, dem die aus Rittergutsbesitzern, Gemeindevorstehern und gewählten Abgeordneten gebildete Amtsversammlung zur Seite steht; ähnlich ist die Organisation der rhein. Bürgermeistereien; unter dem Einfluß der bureaukratischen Amtmanns- und Bürgermeisterei-Einrichtung hat sich hier allerdings die kommunale Selbstthätigkeit weniger entwickelt (franz. Maire- und Präfektursystem). Den 1866 erworbenen Landesteilen sind abweichende Gemeindeordnungen teils belassen, teils neu verliehen worden. Auch in Hohenzollern gelten noch die frühern Landesgesetze.
Behufs Verwaltung der Polizei und Wahrnehmung anderer öffentlicher Angelegenheiten wird in den östl. Provinzen (mit Ausnahme von Posen) und ¶
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in Schleswig-Holstein jeder Kreis, mit Ausschluß der Städte, in Amtsbezirke (s. d.) geteilt.
In der Provinz Posen bestehen für die ländliche Ortspolizeiverwaltung an Stelle der Amtsvorsteher Distriktskommissarien. Dieselben haben auf dem Lande und in den kleinern Städten die Verwaltung der Ortspolizei und teilweise auch die Geschäfte des Ortsvorstandes und sind gleichzeitig auf dem Gebiet der allgemeinen Landesverwaltung Organe des Landrats.
Der nächsthöhere Kommunalverband und Hauptträger der Selbstverwaltung ist der Kreis (s. Kreisordnung.) Den Kreisen sind neben dem Besteuerungsrecht noch besondere Dotationen und gewisse Einkünfte überwiesen (Gesetze vom und Die Städte über 25000 E. bilden besondere Stadtkreise (s. oben) oder können solche bilden; die Pflege der Selbstverwaltung liegt bei ihnen vorwiegend auf dem Gebiete der Gemeindeverwaltung; nur in den Stadtausschüssen und deren verwaltungsgerichtlicher Zuständigkeit ist ein darüber hinausgehendes Element enthalten.
Der zwischen Kreis und Provinz siebende Regierungsbezirk ist kein Kommunalverband oder Selbstverwaltungskörper; in Hessen-Nassau bilden jedoch die Regierungsbezirke ebenfalls Kommunalverbände. Über den Bezirksausschuß s. d.
Die Provinzen stellen die obersten Glieder [* 15] der kommunalen Selbstverwaltung dar. Nachdem bereits 1867 den neuen Provinzen eine von der veralteten ständischen Verfassung der alten Provinzen abweichende Vertretung der Provinzangehörigen unter Aufgabe der Bevorrechtung des Grundbesitzes verliehen war, erfolgte durch die Provinzialordnung (s. d.) vom und die Umbildung der Provinzen je zu einem mit den Rechten einer Korporation ausgestatteten Kommunalverband zur erweiterten Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten.
Der Provinzialverband baut sich auf den Kreisverbänden auf, sein kommunaler Inhalt war zuerst hauptsächlich durch das Dotationsgesetz vom bestimmt. Die Vertretung der Provinzialangehörigen erfolgt in dem von den Kreistagen gewählten Provinziallandtag, welcher über besondere Provinzeinrichtungen und Verfassungsangelegenheiten Provinzialstatuten und Reglements zu erlassen befugt ist, die Grundsätze sür die Vermögensverwaltung der Provinz bestimmt, die steuerlichen und andern Leistungen für Provinzialzwecke verteilt, den Provinzialhaushalt feststellt u. s. w., das Petitionsrecht besitzt und auf Erfordern der Regierung Gutachten über Gesetze und sonstige Gegenstände abgiebt.
Die Verwaltungsorgane der Provinzialverwaltung sind der vom Provinziallandtag gewählte Provinzialausschuß und der Landesdirektor oder Landeshauptmann (in Hannover Landesdirektorium), welch letzterer das ausführende Organ ist und der Bestätigung des Königs unterliegt. Abweichend von dem analogen Institut des Kreisausschusses ist im Provinzialausschuß die Kommunalverwaltung nicht mit der Landesverwaltung verbunden. Letzterer dient dagegen der Provinzialrat, in welchem auch das Laienelement vertreten ist.
Ihre abschließende Gestaltung hat die mit der Kreisordnung von 1872 begonnene große Verwaltungsreform gefunden in dem Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom und dem Gesetz über die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbehörden vom (dazu Neuredaktion der Kreisordnung vom der Provinzialordnung vom Landgemeindeordnung vom Die in P. sonst noch vorkommenden kommunalständischen Verbände sind Ständekörperschaften ehemals selbständiger Landschaften, welche nur ihre eigene Vermögensverwaltung und solche Angelegenheiten ihres landschaftlichen Bezirks verwalten, bei denen eine Kollision mit der allgemeinen Provinzialverwaltung ausgeschlossen ist; ihre Bedeutung als Selbstverwaltungskörper im gewöhnlichen Sinne des Wortes ist gering.
Finanzwesen. Die Staatsschuld ist überwiegend produktive Anlageschuld, neuerdings vermehrt durch Anlage und Ankauf von Eisenbahnen. Die Staatsschuld (Schuldkapital) betrug 1806: 159, 1820: 354, 1847: 387, 1866: 776, 1878 einschließlich der neuen Landesteile 1097, 1885: 3901, 1894: 6371,5, 1895: 6353,9 Mill. M.; die Verzinsung (1895/96) 241231246, die Tilgung 36232814 M. Auf Staatsschuldscheine entfielen 29711700 M. Dem gegenüber steht aber ein bedeutendes Vermögen an baren Mitteln, Domänen, Forsten, Gebäuden, Eisenbahnen, industriellen Anlagen u. s. w. Für das Finanzjahr 1895/96 sind die Bruttoeinnahmen auf 1899473497 M. veranschlagt; darunter sind etatsmäßige Einnahmen 1865173497 M., außeretatsmäßige extraordinäre Einnahmen 34300000 M. Einnahmequellen sind vorzugsweise die Domänen und Forsten (nach Abzug von 7719296 M. für die Civilliste des Königs) mit 83459724 M. (darunter 41032130 M. Betriebs-, Erhebungs- und andere Kosten, die zur Ermittelung der etatsmäßigen Nettoeinnahme abzuziehen sind), die direkten Steuern mit 161553900 (14332100), die indirekten Steuern mit 68022000 (31825300), die Lotterie mit 82462400 (72708800), die Seehandlung mit 1985000, die Bergwerke, Hütten [* 16] und Salinen mit 119836444 (108924767), die vom Staat verwalteten Eisenbahnen mit 983854891 (575460299) M., die allgemeine Finanzverwaltung mit 302951722 und die Einnahmen aus einzelnen Zweigen der Staatsverwaltung mit 94640744 M. Die Summe aller Ausgaben ist veranschlagt auf 1837214103 M., darunter Betriebs-, Erhebungs- und Verwaltungskosten 844083186, Dotationen und Beiträge zu den Ausgaben des Reichs 606165435, Verwaltungsausgaben des Staatsministeriums 6409606 (einschließlich 2812962 M. der Ansiedelungskommission für Westpreußen [* 17] und Posen), des Finanzministeriums 75760354, des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten des Justizministeriums 94071000, des Ministeriums des Innern 53880145, des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten 17657268, des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten 107701153 M., ferner 62259 394 M. einmalige oder außerordentliche Ausgaben. Infolge der nunmehr zu Ende geführten Steuerreform umfassen die direkten Steuern seit nur noch die Einkommensteuer, die Ergänzungs- (Vermögens-) Steuer, die Steuer vom Gewerbebetrieb im Umherziehen (Hausiergewerbe), die Eisenbahnabgabe (s. Eisenbahnsteuer), die Fortschreibungsgebühren und Strafbeträge sowie die besonders geordneten direkten Steuern in Hohenzollern, welche auf 298000 M. veranschlagt sind.
Die zuerst für 1892/93 veranlagte Einkommensteuer, welche infolge des Gesetzes vom 24. Juni 1891 ¶