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Refor-A. Die Verteilung des Religionsbekenntnisses auf die einzelnen Provinzen:
Provinzen | Einwohner überhaupt | Männliche | Weibliche | Evangelische | Katholiken | Andere Christen | Israeliten | Andere u. unbekannt |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Ostpreußen | 1958663 | 935895 | 1022768 | 1675792 | 257159 | 11141 | 14411 | 160 |
Westpreußen | 1433681 | 702522 | 731159 | 681195 | 717532 | 13158 | 21750 | 46 |
Stadt Berlin | 1578794 | 759623 | 819171 | 1352559 | 135407 | 10669 | 79286 | 873 |
Brandenburg | 2541783 | 1256712 | 1285071 | 2431307 | 89910 | 6572 | 13775 | 219 |
Pommern | 1520889 | 741629 | 779260 | 1476300 | 27476 | 4788 | 12246 | 79 |
Posen | 1751642 | 839658 | 911984 | 542013 | 1164067 | 1149 | 44346 | 67 |
Schlesien | 4224458 | 1999700 | 2224758 | 1921216 | 2247890 | 7142 | 48003 | 207 |
Sachsen | 2580010 | 1273692 | 1306318 | 2383561 | 183233 | 4888 | 7949 | 379 |
Schleswig-Holstein | 1219523 | 617430 | 602093 | 1190793 | 21807 | 2833 | 3571 | 519 |
Hannover | 2278361 | 1137008 | 1141353 | 1970091 | 287476 | 5320 | 15112 | 362 |
Westfalen | 2428661 | 1240494 | 1188167 | 1152985 | 1250603 | 5673 | 19172 | 228 |
Hessen-Nassau | 1664426 | 809241 | 855185 | 1156457 | 455477 | 7625 | 44543 | 324 |
Rheinland | 4710391 | 2358035 | 2352356 | 1295673 | 3351864 | 14391 | 47234 | 1229 |
Hohenzollern | 66085 | 31466 | 34619 | 2507 | 62917 | - | 661 | - |
Zusammen | 29957367 | 14703105 | 15254262 | 19232449 | 10252818 | 95349 | 372059 | 4692 |
B. Muttersprache und Religionsbekenntnis der Bevölkerung:
Muttersprachen | Überhaupt | Evangelische | Katholiken | Sonstige Christen | Israeliten | Andere und unbekannt |
---|---|---|---|---|---|---|
Deutsch | 26438070 | 18468665 | 7509953 | 89807 | 365357 | 4288 |
Litauisch | 121345 | 117503 | 3434 | 304 | 95 | 9 |
Polnisch * | 2977951 | 358994 | 2613629 | 2120 | 3170 | 38 |
Wendisch | 67967 | 65092 | 2789 | 74 | 9 | 3 |
Czechisch | 76078 | 8794 | 67082 | 19 | 176 | 7 |
Wallonisch | 11058 | 213 | 10828 | 5 | 7 | 5 |
Holländisch | 40959 | 9348 | 30638 | 214 | 741 | 18 |
Friesisch ** | 48827 | 48259 | 199 | 277 | 83 | 9 |
Dänisch | 139399 | 138835 | 137 | 344 | 66 | 17 |
Russisch | 2523 | 551 | 1090 | 21 | 856 | 5 |
Englisch | 10299 | 6607 | 954 | 2035 | 659 | 44 |
Französisch | 6643 | 2378 | 4059 | 50 | 142 | 14 |
Schwedisch | 5984 | 5891 | 50 | 17 | 24 | 2 |
Italienisch | 5315 | 149 | 5132 | 15 | 19 | - |
Spanisch | 702 | 227 | 447 | 7 | 14 | 7 |
Portugiesisch | 255 | 91 | 145 | 2 | 15 | 2 |
Andere Sprachen | 3992 | 852 | 2252 | 38 | 626 | 224 |
Zusammen | 29957367 | 19232449 | 10252818 | 95349 | 372059 | 4692 |
* Hierunter befanden sich 105754 meist evang. Masuren, davon 2755 Katholiken, 1017 sonstige Christen und 190 Israeliten; ferner 55540 meist kath. Kassuben, davon 1434 Evangelische, 4 sonstige Christen und 11 Israeliten.
** Unter den mit fries. Muttersprache Aufgeführten sprechen nur etwa 25000 wirklich Friesisch (im Westen der Provinz Schleswig-Holstein), die übrigen plattdeutsch.
mierte, 10252807 Katholiken, darunter 1360 Griechisch- (Orientalisch-) Katholische, 95349 andere Christen, darunter 4514 Angehörige der Brüdergemeine, 13833 Mennoniten, 23969 Baptisten, 3232 Methodisten und Quäker, 16081 Apostolische (Irvingianer), 929 Deutsch-Katholische, 7304 Freireligiöse und 20273 Dissidenten sowie 372058 Israeliten. Die Verteilung auf die Provinzen zeigt obige Übersicht A. -
Vgl. Konfessionskarte des Deutschen Reichs.
Gebürtigkeit. Von den 1890 ortsanwesenden Einwohnern (einschließlich Helgoland) waren geboren 28961011 in P., darunter 16100034 in der Zählgemeinde, ferner 740296 im übrigen Deutschland, 66897 in Österreich und Liechtenstein, 5097 in Ungarn und Bosnien, 53715 in den Niederlanden, 43040 in Rußland und Finland, 19244 in Dänemark, 8954 in Schweden und Norwegen, 8481 in Großbritannien und Irland, 31988 im übrigen Europa, 18644 in außereurop. Ländern und auf See oder unbekannten Geburtslandes.
Staatsangehörigkeit. Nach der Zählung 1890 waren 29789346 Reichsangehörige, 46348 Österreicher, 2846 Ungarn, 34392 Niederländer, 31339 Dänen, 10347 Russen, 7414 Briten, 6507 Norweger und Schweden, 6096 Schweizer, 4932 Belgier, 4379 Italiener, 1708 Franzosen, 2074 andere Europäer, 5066 Angehörige der Vereinigten Staaten, 1250 andere Nichteuropäer und 1137 ohne Angabe der Nationalität.
Muttersprache. Bei Gelegenheit der Volkszählung hat im preuß. Staate zum erstenmal eine allgemeine Aufnahme der Muttersprache der Bevölkerung stattgefunden. Da neben der Volkssprache (Muttersprache) als dem wichtigsten Mittel zur Erkennung der Stammeszugehörigkeit insbesondere das Religionsbekenntnis in Frage kommt, so ist in obiger Übersicht D das letztere gleichzeitig mit berücksichtigt worden.
Vgl. außerdem die Artikel: Deutsche Mundarten und die Karte dazu, ferner Deutsche Sprache und Deutsches Volk.
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Wohnort. Das Königreich hatte (1890) 54126 bewohnte Orte (einschließlich 1212 Städte und 51 im Stande der Städte vertretene Flecken und Landgemeinden). Hierunter waren 16 Orte (Großstädte) von 100000 und mehr E. mit 3979886 E.;
82 (darunter 76 Mittelstädte) von 20000 bis unter 100000 E. mit 2890117 E.;
463 (darunter 319 Kleinstädte) von 5000 bis unter 20000 E. mit 4141166 E.;
1165 (darunter 506 Landstädte) von 2000 bis unter 5000 E. mit 3500171 E.;
zusammen in 1726 Wohnorten 14511340 und in 52400 (darunter 346 Städte) unter 2000 E. 15446027 Ortsanwesende.
Die Städte mit mehr als 50000 E. sind im Artikel Deutschland und Deutsches Reich (Bd. 5, S. 123 b) ausgezählt. In den nordöstl. Gebietsteilen wohnt die Bevölkerung ganz überwiegend in ländlichen Orten und kleinen Städten. Faßt man die Größenklassen der Wohnorte noch mehr zusammen, als vorher geschehen, so lebten 1890 in Ostpreußen in ländlichen Orten 76,5 Proz., in Land- und Kleinstädten 14,1, in Mittel- und Großstädten 9,4;
in Westpreußen 70,7, 17,6 und 11,7;
in Posen 75,4, 18,3 und 6,3;
im Reg.-Bez. Oppeln 66,9, 27,0 und 6,1;
in den Reg.-Bez. Breslau und Liegnitz 62,2, 18,5 und 19,3 Proz.
Bewegung der Bevölkerung. Die Zahl der Geburten betrug (1893) einschließlich der Totgeborenen (39043, darunter 17053 weibliche) 1195273 oder (bei einer mittlern Bevölkerungszahl von 31024765 am Ende des J. 1893) 38,9 auf 1000 Lebende (Geburtsziffer), die Zahl der Sterbefälle einschließlich der Totgeborenen 785520, darunter 377870 weibliche, oder 25,3 auf 1000 Lebende (Sterbeziffer), die der Eheschließungen 248348 oder 16,0 auf 1000 Lebende (Heiratsziffer).
Die Geburtsziffer (ohne Berücksichtigung der Totgeborenen) war im Mittel der J. 1867-93: 39,7 und ist seit 1875, wo sie den höchsten Stand mit 42,8 erreichte, allmählich herabgegangen. Die Sterbeziffer betrug im Mittel derselben Jahre 27,2, war am höchsten 1872 mit 31,1 und hat sich seitdem regelmäßig vermindert. Die mittlere Heiratsziffer derselben Jahrzehnte war 16,8, am höchsten 1872 und ist seitdem merklich gefallen. In den Städten ist die Geburtsziffer durchschnittlich etwas niedriger, in den J. 1872, 1874, 1877-79 indes höher gewesen als auf dem platten Lande, 1876 waren beide gleich.
Die Heiratsziffer dagegen war sowohl durchschnittlich wie auch in jedem einzelnen Jahre in den Städten größer als auf dem platten Lande. Dasselbe war mit Ausnahme der J. 1888 und 1890 bei der Sterbeziffer der Fall, jedoch ist der Unterschied in den letzten Jahren ganz unbedeutend gewesen. Die rein landwirtschaftlichen und die mit poln. Bevölkerung stark durchsetzten Provinzen Westpreußen, Posen und Ostpreußen haben die höchsten Geburtsziffern, 1883/92: 44,6, 43,5, 41,6;
auch Schlesien, Sachsen und Westfalen zeichnen sich in gleichem Sinne aus, während Hessen-Nassau mit 32,9, Schleswig-Holstein und Hannover mit 33,8 und Hohenzollern mit 32,7 in entgegengesetzter Richtung hervorragen;
die Sterbeziffer war in demselben Zeitraum in Schlesien 29,8, in Ostpreußen 29,0 und in Westpreußen 27,9, ein Satz, hinter dem Berlin mit 24,1 zurückbleibt, was, in Anbetracht der besondern Verhältnisse der Großstadt, ein günstiges Zeichen für ihren Gesundheitszustand ist;
mit sehr niedrigen Sterbeziffern stehen Schleswig-Holstein (21,5), Hannover (22,5) und Hessen-Nassau (22,8) obenan.
Dem Geschlecht nach sind von 1000 Geborenen im Mittel mehrerer Jahre rund 515 männliche und 485 weibliche, und bei den Gestorbenen ist der mittlere Anteil des männlichen Geschlechts mit 525 von je 1000 noch größer, woraus sich schließlich die obenerwähnte stärkere Vertretung des weiblichen Geschlechts in der Bevölkerung ergiebt. Die unehelichen Kinder machen im Mittel etwa 7,6 Proz. aller Geborenen aus; sie sind mit 8,8 Proz. am häufigsten bei evang. und mit 2,7 Proz. am seltensten bei jüd. Müttern, während von kath. Müttern 5,6 Proz. unehelich geboren werden.
Die westl. Provinzen, aber auch Posen, weisen die wenigsten unehelichen Geburten auf. Unter 1000 Geborenen sind ungefähr 25 Mehrlingskinder und unter 1000 Entbindungen etwa 987 Einzelgeburten. Unter 1000 neuvermählten Personen befanden sich durchschnittlich 2,8 Männer und 96,7 Frauen von unter 20 J., 679 Männer und 705 Frauen von 20 bis 30 J., die übrigen in höhern Altersstufen; ferner 866 Junggesellen und 913 Jungfrauen, 128 Witwer und 80 Witwen, 6 geschiedene Männer und 6,3 geschiedene Frauen.
Unter 1000 neugeschlossenen Ehen waren durchschnittlich 618,4 rein evangelische, 295 rein katholische, 1,3 rein dissidentische, 10,6 rein jüdische und 70,5 Mischehen. Die verhältnismäßig große Zahl von Mischehen wird als ein Beweis für die Verträglichkeit der Religionsgemeinschaften untereinander, vom speciell kirchlichen Standpunkte aber als ein Schaden anzusehen sein und ist vom populationistischen Standpunkte ebenfalls nicht günstig zu beurteilen; denn in P. wenigstens sind die Mischehen durchweg weniger fruchtbar als die rein konfessionellen, am wenigsten die christlich-jüdischen, welche letztere so wenig Kindern das Leben geben, daß eine lediglich aus dergleichen Mischpaaren bestehende Bevölkerung sehr bald aussterben müßte.
Beruf. Nach der Berufszählung von 1882 waren unter der auf 27287860 festgestellten Gesamtbevölkerung 10120813 (37,1 Proz.) Erwerbsthätige aller Art, 886177 (3,2) Dienstboten für häusliche Dienste, 15575375 (57,1) Angehörige, die überhaupt nicht oder nur nebensächlich erwerbend thätig waren, und endlich 705495 (2,6) berufslose Selbständige und Anstaltsinsassen. Dem Hauptberufe der Erwerbsthätigen nach gliedert sich die Bevölkerung mit Einrechnung der Angehörigen und der im Haushalte bei den betreffenden Erwerbsthätigen Dienenden folgendermaßen: Gruppe A. Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei 11904407 (43,63 Proz.) der Gesamtbevölkerung;
Gruppe B. Industrie einschließlich Bergbau und Bauwesen 9393750 (34,42);
Gruppe C. Handel und Verkehr einschließlich Gast- und Schankwirtschaft 2725344 (9,99);
Gruppe D. Lohnarbeit wechselnder Art und häusliche Dienstleistungen (Aufwartefrauen u. dgl.) 690892 (2,53);
Gruppe E. Staats-, Gemeinde-, Kirchen- u. s. w. Dienst und sog. freie Berufsarten 1305657 (4,79);
Gruppe F. Berufslose Selbständige und Anstaltsinsassen 1267810 (4,64 Proz.).
Nach dem Anteil der Bevölkerung an den einzelnen Berufsgruppen zu urteilen, ist P. noch überwiegend auf das Gedeihen der Landwirtschaft angewiesen, erst in zweiter Linie steht die gewerbliche Thätigkeit, die allerdings seit 1882 einen großartigen Umfang gewonnen hat. Überwiegend landwirtschaftlich thätig ist die Bevölkerung der Provinzen Posen (64,67 Proz.), Ostpreußen (64,39), Westpreußen (60,55) und Pommern (54,51), die in dieser Richtung alle andern Gebietsteile des Deutschen Reichs, selbst Südbayern,
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Mecklenburg und Oldenburg überragen. Dem gegenüber waltet in Berlin, im Rheinland (mit Hohenzollern) und in Westfalen die Industrie so sehr vor, daß diese Gebietsteile nächst dem Königreich Sachsen die industriereichsten Deutschlands sind; 54,29, 47,31 und 46,80 Proz. der Bevölkerung jener Provinzen gehören mit ihrem Hauptberufe der Industrie an. Berlin, Schleswig-Holstein, Hessen-Nassau, Rheinland und Hannover zeichnen sich durch größeres, Berlin sogar sehr starkes Auftreten der Handels- und Verkehrsgewerbe aus.
Wohlstandsverhältnisse. Betrachtet man die Ergebnisse der Steuerlisten für 1893/94 nach Landesteilen sowie nach Stadt und Land, so ergiebt sich eine große Überlegenheit der Städte und des Westens sowie ein besonders weites Zurückbleiben des Nordostens, der Provinzen Ost- und Westpreußen, Pommern und Posen. Während die Städte 11,94 Mill. E. (etwa 40 Proz.) der Gesamtbevölkerung nachwiesen, zählte man unter den physischen Personen Eingeschätzte mit einem ermittelten (nicht veranlagten) Einkommen von:
Mark | Eingeschätzte in den Städten | Proz. der Einw. | Eingeschätzte auf dem Lande | Proz. der Einw. |
---|---|---|---|---|
900-3000 | 1204589 | 10,09 | 955872 | 5,27 |
3000-9500 | 193831 | 1,62 | 69775 | 0,38 |
9500-100000 | 44862 | 0,38 | 9270 | 0,05 |
Über 100000 | 1284 | 0,01 | 295 | 0,002 |
Zusammen | 1444566 | 12,10 | 1035212 | 5,70 |
Obwohl also die Bevölkerung des platten Landes rund um die Hälfte größer war als die städtische, blieb sie in allen Einkommensklassen ziffernmäßig weit hinter der städtischen zurück, und zwar namentlich in den höchsten. Es zeigt sich unter anderm, daß in den Städten die Personen mit «großem Einkommen» verhältnismäßig genau so häufig sind wie auf dem Lande diejenigen mit mittlerm bis gutem, nämlich mit 0,38 Proz. der Seelenzahl. Von den 1579 Personen mit «sehr großem» Einkommen fielen 472 auf Berlin: letzteres zählte viel mehr «sehr große» Einkommen als die sieben östl. Provinzen zusammen mit einer zehnmal so großen Bevölkerung.
Landwirtschaft und Viehzucht. Die Landwirtschaft hat infolge der Stein-Hardenbergschen Gesetzgebung im 19. Jahrh. einen bedeutsamen Aufschwung genommen. Die grundlegenden gesetzgeberischen Maßnahmen sind folgende: 1807 wurde die Erbunterthänigkeit aufgehoben, 1811 und 1861 die Ablösbarkeit der Grundlasten gegen eine billige Entschädigung ausgesprochen, die Parzellierung und Zusammenlegung der Besitztümer gestattet, 1821 die Teilung der Gemeinheiten unter gewissen Bedingungen verordnet, 1850 die Lehen in freies Eigentum verwandelt und die Ablösung der Grundlasten durch Errichtung von Provinzial-Rentenbanken erleichtert, 1861 die ungleich verteilten Grundsteuern mit Entschädigung der Neubesteuerten neu reguliert u. s. w. Die freie Verfügung und Teilbarkeit des Grundeigentums ist indessen auch nicht ohne nachteilige Folgen geblieben und hat infolge der gleichen Erbteilung zur Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes und zur Gefährdung des mittlern Bauernstandes geführt.
Den hierdurch drohenden Gefahren sucht die preuß. Gesetzgebung durch Wiedereinführung oder Begünstigung der frühern bäuerlichen Erbrechte zu begeben. (S. Höferecht.) Andern Maßnahmen zur Hebung der Landeskultur, wie der Ordnung des landwirtschaftlichen Kreditwesens, der Deichverbände und Wassergenossenschaften zu Ent- und Bewässerungszwecken u. s. w., der Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften, des Viehseuchenwesens, des landwirtschaftlichen Unterrichts- und Versuchswesens, der Meliorationen u. a., bei denen Staat (8 Generalkommissionen, s. d.) und Selbstverwaltungskörper mitwirken, verdankt Land- und Forstwirtschaft reiche Förderung.
Zur Wahrung der Interessen der Landwirtschaft besteht in jeder Provinz (mindestens) ein vom Staat organisierter und mit reichen Geldmitteln unterstützter landwirtschaftlicher Lokalverein, an dessen Stelle in neuester Zeit die Landwirtschaftskammer treten soll. Zur Beratung landwirtschaftlich wichtiger Fragen wird das Landes-Ökonomiekollegium (s. d.) alljährlich durch den Minister einberufen. Die Landwirtschaft bildet trotz der großartigen Entfaltung der Industrie noch heute die Hauptgrundlage des nationalen Wohlstandes;
auf ihr Gedeihen sind 40-45 Proz. aller Familien direkt angewiesen;
1882 wurden in P. 3040196 Haushaltungen oder 56 Proz. aller Familienhaushaltungen ermittelt, von denen aus überhaupt Landwirtschaft betrieben wurde;
davon bewirtschafteten 614000 nur Anbauflächen von unter 20 a, die übrigen 2427000 mit über 20 a Anbaufläche hängen mehr oder minder von der Landwirtschaft unmittelbar ab. Im ganzen herrscht der kleinere und mittlere Betrieb vor, der Großbetrieb nur in den ostelbischen Provinzen. Es wurden (1882) 1456724 Landwirtschaftsbetriebe (d. i. 2,2 Proz.) mit unter 1 ha landwirtschaftlich benutzter Fläche, 1178625 (19,8) mit 1-10 ha, 384408 (46,3) mit 10-100 ha und 20439 (31,7 Proz.) mit mehr als 100 ha ermittelt;
der Prozentsatz des Großbetriebes erbebt sich in Westpreußen auf 47,1, in Posen auf 55,3 und in Pommern bis auf 57,4, fällt aber in Hohenzollern auf 2,6, in Rheinland auf 2,7, in Westfalen auf 4,8, in Hessen-Nassau auf 6,7 und in Hannover auf 6,9. Nach dem Anteil an der bewirtschafteten Fläche haben den stärksten Bauernstand (Wirtschaftsfläche 10-100 ha) die Provinzen Schleswig-Holstein (72,2 Proz.), Hannover (63,3), Westfalen (57,8), Ostpreußen (51,i) und Sachsen (50).
Die bestellte Fläche (vgl. Karte der Landwirtschaft [* ] im Deutschen Reiche, Bd. 5, S. 124) und die darauf erzielte Erntemenge betrug 1893:
Fruchtarten | Bestellte Fläche ha | Erntemenge t | Erntemenge auf 1 ha kg |
---|---|---|---|
Weizen | 1201085 | 1795228 | 1495 |
Roggen | 4562314 | 5312056 | 1164 |
Spelz | 16329 | 16567 | 1015 |
Gerste | 855926 | 975628 | 1140 |
Hafer | 2576173 | 2068758 | 803 |
Kartoffeln | 2075558 | 20668747 | 9958 |
Hülsenfrüchte* | 632276 | 386130 | 611 |
Wiesenheu | 3272647 | 5308942 | 1622 |
Klee (Heu) | 1101759 | 1736425 | 1576 |
Raps, Rübsen u. s. w. | 71614 | 78395 | 1095 |
Zuckerrüben | 312367 | 7559674 | 24201 |
Futterrüben | 225178 | 3632863 | 16133 |
Tabak | 4806 | 10303 | 2144 |
Hopfen | 3182 | 1476 | 464 |
* Erbsen, Ackerbohnen, Wicken, Lupinen.
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Von der Gesamtfläche kamen (1893) 17606290 ha (d. i. 50,5 Proz.) auf Acker- und Gartenland, 3272647 (9,4) aus Wiesen, 2208275 ha auf Weiden und Hutungen, 1583480 auf Öd- und Unland, 20393 auf Weinberge, 8192505 (23,5 Proz.) auf Forsten und Holzungen, 341946 auf Haus- und Hofräume, 1629006 auf Wege, Gewässer u. s. w.
Im J. 1893 wurden insgesamt 30239 Ernteschäden (10104 mehr als 1892) ermittelt, darunter 25929 (85,8 Proz.) durch Elementar- und Witterungsereignisse, 1157 (3,8) durch Pflanzenkrankheiten und schädliche Pflanzen (meist Meltau und Rost), 3149 (10,4 Proz.) durch schädliche Tiere (meist Mäuse) und 4 durch andere Ursachen. In wärmern Landstrichen ist die Obstzucht sehr beträchtlich; Wein wird auf 17257 ha, und zwar besonders am Rhein und der Mosel, an der Saale und Unstrut sowie in Schlesien gebaut.
Die Ertragsfähigkeit der einzelnen Kulturarten ist sehr verschieden, der Gesamtertrag der Weinernte stellt sich (1893) aus 23314199 M. Der Grundsteuerreinertrag (s. Grundkataster, Grundsteuer) des Ackerlandes wechselt in P. von 9,2 M. pro Hektar in Ostpreußen, 10,2 in Posen und 10,8 in Westpreußen, über 19,2 in Schlesien (Staatsdurchschnitt 18,2) bis zu 30,3 in der Rheinprovinz und 31,2 in Sachsen;
derjenige der Gürten von 19,4 in Ostpreußen bis zu 68,4 in Rheinland (Durchschnitt 40,7);
derjenige der Wiesen von 11,1 in Ostpreußen bis 29,1 in Rheinland (Durchschnitt 18,4);
derjenige der Holzungen von 1,8 in Westpreußen bis 11,8 in Schleswig-Holstein (Durchschnitt 4,9) u. s. w. Dem entsprechend sind auch die durchschnittlichen Erträge pro Hektar in den einzelnen Provinzen sehr ungleich. Im Durchschnitt der J. 1883-92 wurden auf den Kopf der Bevölkerung 50 kg Weizen u. s. w., 136 Roggen, 37 Gerste, 3,6 Buchweizen, 13 Erbsen und Bohnen und 503 kg Kartoffeln gewonnen.
Gleich dem Ackerbau liefert auch die Viehzucht einen erheblichen Teil ihrer Erzeugnisse in das Ausland ab; die Einfuhr überwiegt jedoch die Ausfuhr. Einen hohen Ruf hat sich besonders die Pferdezucht erworben. Auf die Erhaltung und Vervollkommnung guter Rassen wirken die Hauptgestüte Graditz, Trakehnen und Veberbeck vorteilhaft ein, und aus den ebenfalls vom Staate unterhaltenen 17 Landgestüten werden Hengste alljährlich im Lande verteilt, um die Stuten der Pferdebesitzer gegen ein niedriges Sprunggeld zu decken; derartige Bedeckungen fanden (1892) 126346 statt, aus denen 68188 lebende Fohlen geboren wurden.
Auch die regelmäßigen Remontemärkte zur Ergänzung des Heeresbedarfs tragen zur Belebung der Pferdezucht bei. Vor allen andern Landesteilen zeichnet sich in dieser Beziehung die Provinz Ostpreußen aus. Am wurden im Königreich gezählt 2534702 Häuser (Gehöfte) mit Viehstand und 3297663 viehbesitzende Haushaltungen (Hauswirtschaften), und in denselben 2653644 Pferde, darunter 400176 Fohlen unter 3 Jahren, 8500 Zuchthengste und 75392 Militärpferde, ferner 220 Maultiere, 4355 Esel, 9871381 Stück Rindvieh, darunter 173681 Bullen (Zuchtstiere) und 5 687 460 Kühe, 10109544 Schafe, darunter 1058177 Merinos, 7725456 Schweine, 1964009 Ziegen und Ziegenböcke (einschließlich Lämmer) sowie 1253855 Bienenstöcke. Das Lebendgewicht des Rindviehs betrug 2913862500, 3456512700, d. i. 333,46 und 350,15 pro Stück;
das Lebendgewicht der Schweine 1892: 542261269 kg, d. i. 70,19 kg pro Stück.
Verkaufswert der verschiedenen Viehgattungen:
Viehgattungen | Verkaufswert 1883 überhaupt M. | pro Stück M. | 1892 überhaupt M. | pro Stück M. | |
---|---|---|---|---|---|
Pferde | 1124533500 | 465,19 | 1238817271 | 466,84 | |
Maultiere und Maulesel | 130517 | 220,47 | 56596 | 257,25 | |
Esel | 515805 | 80,02 | 302765 | 69,52 | |
Rindvieh | 1701565300 | 194,82 | 1952850579 | 197,83 | |
Schafe | 222952300 | 15,11 | 157399764 | 15,57 | |
Schweine | 311462200 | 53,52 | 439061536 | 56,83 | |
Ziegen | 25369000 | 15,09 | 31348986 | 15,96 | |
Bienenstöcke | - | - | 18641066 | 14,87 |
Unter den Erzeugnissen der Rindviehzucht haben die holstein. und fries. Rinder großen Ruf. Wegen der Konkurrenz der Wolle aus Australien, dem Kapland und Südamerika wird seit Jahren mehr Gewicht auf Erzeugung von Fleischschafen gelegt, und im ganzen befindet sich die Schafzucht im Rückgang.
Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei. Im J. 1893 waren von der Gesamtfläche des Landes 8192505 ha (23,5 Proz. der Gesamtfläche) beforstet, gegen 8153947 ha (23,4) im J. 1883, und zwar nahmen Krön-, Staats- und Gemeindeforsten um 109283 ha zu, Instituts-, Genossenschafts- und Privatforsten um 70725 ha ab. Die waldreichsten Regierungsbezirke des Staates sind Frankfurt (mit 698115 ha Waldbestand) und Potsdam (619802) mit 8,5 Proz., ihnen schließen sich an Liegnitz (499473) mit 6,1 Proz., Marienwerder (392 851) mit 4,8, Cassel (391942) und Königsberg (389096) mit 4,7, Oppeln (384138) mit 4,6 und Posen (345832) mit 4,2 Proz. Am wenigsten Forsten haben Stralsund (59032) mit 0,7, Stade (42920) und Sigmaringen (38403) mit 0,5 und Aurich (7478 ha) mit 0,1 Proz. Der größte Teil der Forsten befindet sich im Privatbesitz (4331512 ha oder 52,9 Proz.); der Staat besitzt 2464757 ha (30,1), die Gemeinden 1025525 (12,5), die Genossenschaften 222364 (2,7), die Stiftungen 83101 (1) und die Krone 65246 ha (0,8 Proz.). Staatsforsten (30,1 Proz. der sämtlichen Forsten) befinden sich vornehmlich in Brandenburg, Ost- und Westpreußen;
Gemeindeforsten (12,5) in Rheinland und Hessen-Nassau;
Genossenschaftsforsten (2,7) in Hannover;
Stiftungsforsten (1,0) in Brandenburg und Schlesien;
Privatforsten (52,9) in Schlesien, Brandenburg und Westfalen;
Kronforsten (0,8) in Brandenburg.
Von der Waldfläche waren 2664156 ha Laubholz, darunter 329112 ha Eichen, 305802 Birken, Erlen und Aspen (Espen), 1065177 Buchen und sonstiges Laubholz, 323123 Eichenschälwald und 26569 ha Weidenheeger, und 5528349 ha Nadelholz, darunter 4346089 Kiefern, 898301 Fichten und Tannen und 20681 Lärchen.
Der Abschuß an jagdbarem Wild belief sich (1885/86) auf 2987671 Stück Haarwild und 4573634 Stück Federwild im Werte von 8750783 und 3073313 M. Unter dem Haarwild befanden sich 14986 Rotwild, 8586 Damwild, 109 702 Rehwild, 9391 Schwarzwild, 2373499 Hasen, 314116 Kaninchen, 85247 Füchse, 626 Wildkatzen, 10954 Marder, 27149 Iltisse. 23593 Wiesel und 592 Seehunde. Von dem Federwild sind zu nennen: 397 Stück Auerwild, 6036 Birkwild, 2252 Haselwild, 2521868 Rebhühner, 102839 Wachteln,
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139628 Fasanen, 41299 Waldschnepfen, 52011 Bekassinen, 270071 Wildenten, 1295702 Krammetsvögel und 119320 Falken, Habichte, Sperber, Weihen und Bussarde. Die Jagdnutzung wird auf etwa 8,8 Mill. M. jährlich veranschlagt. 1892-93 wurden 196 774 Jagdscheine ausgegeben, darunter 4900 unentgeltlich.
Die Fischzucht ist durch Schongesetze, durch Verpflanzung edler Fischarten u. s. w. neuerdings sehr gehoben worden. Die Seidenzucht ist nicht bedeutend, am meisten noch in Brandenburg, Schlesien und Pommern.
Bergbau, Salinen- und Hüttenwesen. P. ist sehr reich an Mineralien. Der fossile Bernstein der Ostseeküste ist nur örtlich von einiger Wichtigkeit, außerordentlich umfangreich dagegen tritt der Abbau roher Mineralien auf. Man bricht Marmor in Schlesien und andern Provinzen, brennt Kalk namentlich in Oberschlesien, gewinnt Porzellanerde bei Wettin in der Provinz Sachsen, Pfeifen- und Walkererde in Mittelschlesien und Nassau, Gips und Schwerspat in Sachsen, Farberden in Hessen-Nassau, Schlesien, Sachsen und der Rheinprovinz, bearbeitet Lavamühlsteine in der Rheinprovinz, Bausteine aller Art in verschiedenen Gebirgen des Landes u. s. w. In der Industrie der Steine und Erden waren (1882) 179 369 Erwerbsthätige, einschließlich der Angehörigen 479117 Personen beschäftigt.
Der Bergbau und Salinenbetrieb, welcher 1893 auf 1830 Werken in Haupt- und Nebenbetrieben mit einer durchschnittlichen Belegschaft von 365684 Köpfen betrieben wurde, lieferte (1893) 92314123 t Bergwerksprodukte zu 572274337 M. und 468139 t Salinenprodukte zu 24067944 M. Unter erstern waren 67 657844 t Steinkohlen (440,337 Mill. M.). Sie kommen in der Rheinprovinz an der Saar (s. Saarkohlenbecken), nördlich von der Eifel (Jude- und Wurmrevier) und am besten und reichlichsten im Gebiet der untern Ruhr vor; der Kohlenreichtum der Provinz Westfalen liegt im Ruhrgebiet (s. Rheinisch-Westfälisches Kohlenbecken) und an den Vorbergen des Teutoburgerwaldes, der Hannovers am Teister und im Fürstentum Osnabrück, der der Provinz Sachsen im Becken von Wettin und der Schlesiens im Niederschlesischen Steinkohlenbecken (s. d.) und im Oberschlesischen Steinkohlenbecken (s. d.). Braunkohlen, deren Förderung sich auf 17553482 t zu 44,453 Mill. M. Wert belief, finden sich zwar in den meisten Provinzen, größere Mengen liefern indes nur Sachsen, Brandenburg, Niederschlesien und die Reg.-Bez. Köln und Cassel.
Unermeßliche Lager von Steinsalz besitzt die Provinz Sachsen im Staßfurter Becken und bei Erfurt; hier und zu Stetten in Hohenzollern wurden 233892 t zu 914341 M. Wert gefördert, wovon fast neun Zehntel ohne Umsiedung in den Verbrauch gelangen. Die reichen Salzlager in Brandenburg, Posen und SchleswigHolstein sind noch nicht oder nur versuchsweise in Angriff genommen worden. Daran schließen sich 450269 t Kainit zu 6,48i Mill. M., andere Kalisalze 546462 t zu 6,481 Mill. M., etwas Bittersalze und reiner Boracit.
Die Gesamtproduktion von Mineralsalzen betrug 1396 211 t zu 15818512 M. Die Erzgewinnung umfaßte: Eisenerz 4007899 t (24,146 Mill. M.), besonders in den Reg.-Bez. Koblenz, Arnsberg, Oppeln, Wiesbaden, Hildesheim und Osnabrück;
Zinkerz 787049 t (14,280 Mill. M.), hauptsächlich in Oberschlesien;
Bleierz 162533 t (13,469 Mill. M.) in den Bezirken Aachen, Oppeln, Wiesbaden, Hildesheim u. s. w.;
Kupfererz 584226 t 118,112 Mill. M.), hauptsächlich in der Grafschaft Mansfeld;
Silber- und Golderz 12 t (74660 M.) bei Clausthal;
Kobalterze (33967 M.) im Casseler Bezirk;
Nickel-, Arsenik- und Manganerze 41419 t (489137 M.);
Schwefelkies 110099 t (772297 M.), hauptsächlich im Bezirk Arnsberg, und sonstige Vitriol- und Alaunerze.
Die gesamte Erzgewinnung belief sich aus 5693932 t im Werte von 71380793 M. Die Salzgewinnung aus wässeriger Lösung u. s. w. beschäftigte 106 Werke mit 3796 Mann, welche neben Alaun (108870 M.), schwefelsaurer Thonerde (788477 M.), schwefelsaurer Kalimagnesia (1103168 M.) und Glaubersalz (1222519 M.) vorzugsweise schwefelsaures Kali (3387071 M.), Chlorkalium (10383749 M.) und Kochsalz (6829061 M.) produzierten. Die Gesamtgewinnung von Salzen aus wässeriger Lösung betrug 468139 t zu 24067944 M. Wert.
Sehr ausgedehnt ist auch der Hüttenbetrieb. Die Metalldarstellung aus Erzen und Schlacken, außer der hüttenmäßigen Verarbeitung von Roheisen, wurde 1893 auf 288 Werken mit einer mittlern Belegschaft von 38 890 Köpfen vorgenommen; in der gesamten Hüttenindustrie waren 132732 Personen thätig. Aus 11700383 t Erz, Schlacken und andern Materialien wurden 4198921 t Metall und andere Hüttenprodukte im Werte von 268361856 M., außerdem Edelmetalle und Kadmium im Werte von 31173682 M. erzeugt, so daß die gesamte Hüttenproduktion (ohne die weitere hüttenmüßige Roheisenverarbeitung) sich auf 299535538 M. belief. Es betrug die Produktion an Roheisen 3539 702 t von 164475478 M.Wert, an Zink in Blöcken 142773 t von 47224266 M., an Blei in Blöcken und Kaufglatte 88414 t von 17225185 M., an Block- und Rosettenkupfer nebst Kupferstein 21539 t von 20443835 M., Silber 276645 kg von 29097011 M., an Gold 739 kg von 2054827 M., an Nickel nebst Nickelkupfer und Nickelspeise 896 t von 3321848 M., an Schwefelsäure 387306 t von 11911040 M., an Vitriol 11935 t von 882564 M., an Schwefel 1871 t von 190638 M., dazu etwas Kadmium, Mangan, Zinn, Kobaltfarben, Antimon und Arsenikalien. Äußerst umfangreich ist die hüttenmäßige Verarbeitung des Roheisens, namentlich in der Rheinprovinz, in Westfalen, Schlesien und im Saargebiet und die preuß. Eisenindustrie gehört mit zu der ersten der Welt. (S. auch Deutschland und Deutsches Reich, Bd. 5, S. 127 fg.)
Mit Mineralquellen ist besonders der Reg.-Bez. Wiesbaden gesegnet (Homburg, Wiesbaden, Ems, Schlangenbad, Langenschwalbach, Soden u. s. w.), ferner der Reg.-Bez. Cassel (Nenndorf, Schwalheim), die Provinzen Rheinland (Aachen, Kreuznach, Neuenahr), Schlesien (Warmbrunn, Salzbrunn, Flinsberg, Reinerz, Landeck) und teilweise auch andere.
Industrie und Gewerbe. Hauptsitze der Gewerbthätigkeit sind die großen Städte, die Thäler im Stromgebiet des Rheins, die Reg.-Bez. Aachen, Düsseldorf, Arnsberg, der nördl. Teil des Mindener Bezirks, der Süden Hannovers, der Südwesten Sachsens, die Lausitz und die Vorlandschaften der Sudeten. Mit Ausschluß der vom Bergbau, Hütten- und Salinenbetriebe sowie von der Torfgräberei lebenden Bevölkerung gehörten 1882 nach dem Hauptberuf der Erwerbsthätigen 8266925 Personen (30,3 Proz. der Gesamtbevölkerung) der Industrie mit Einschluß des Bauwesens an.
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Ausschließlich der Handels- und Verkehrsgewerbe, aber einschließlich des Bergbaues und der Hüttenindustrie wurden 1245362 Haupt- und 137171 Nebenbetriebe gezählt;
von erstem befanden sich 201 im Besitz des Staates oder Reichs, 403 in dem von Gemeinden, 2215 in dem von Gesellschaften und Genossenschaften, 16783 in demjenigen mehrerer Gesellschaften und 1225760 im Besitz einzelner Personen;
92 Hauptbetriebe beschäftigten mehr als 1000, 1062 zwischen 201 und 1000, 4399 zwischen 51 und 200, 20765 zwischen 11 und 50, 29997 zwischen 6 und 10, 1189047 weniger als 5 Personen;
unter letztern waren 768510 Betriebe einzelner Personen ohne Gehilfen und ohne Motorenbenutzung, die somit die einfachste Form des handwerksmäßigen Betriebes darstellen.
Als Inhaber und Geschäftsleiter sind 891731 männliche und 321125 weibliche Personen, als kaufmännisch und technisch gebildetes Personal 70066 männliche und 1401 weibliche Personen, als Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter 1910652 männliche und 288160 weibliche Personen bezeichnet. Die Gesamtzahl von 3483135 in der Industrie Beschäftigten verteilt sich auf die Gewerbegruppen: Kunst- und Handelsgärtnerei mit 28247, Fischerei und gewerbsmäßige Tierzucht mit 21114, Bergbau, Hütten- und Salinenwesen und Torfgewinnung mit 359177, Industrie der Steine und Erden mit 216931, Metallverarbeitung mit 285112, Herstellung von Maschinen, Werkzeugen und Apparaten mit 200528, chem. Industrie mit 36722, Herstellung von Heiz- und Leuchtstoffen mit 24399, Textilindustrie mit 428543, Papier- und Lederindustrie mit 117210, Industrie der Holz- und Schnitzstoffe mit 253925, Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln mit 393105, Gewerbe für Bekleidung und Reinigung mit 741142, Baugewerbe mit 331338, polygraphische Gewerbe mit 35970, künstlerische Betriebe für gewerbliche Zwecke mit 7672. Die Hauptsitze der Baumwollspinnerei und -Weberei finden sich im Rheinland und Schlesien, für Wolle bei Aachen und in der Niederlausitz, für Leinen bei Bielefeld und in Schlesien, für Seide in Krefeld und Elberfeld-Barmen.
Die Maschinenindustrie ist neben Berlin meist in den größern Städten konzentriert. Große Schiffswerften finden sich in Stettin, Danzig, Elbing und Kiel, Lokomotivfabriken in Berlin, Cassel, Linden bei Hannover, Bredow bei Stettin, Düsseldorf, Elbing und Königsberg; Waggonbauanstalten in Köln, Breslau, Görlitz, Düsseldorf, Königsberg. Besonders entwickelt ist die Herstellung von Eisenwaren (Kleineisenindustrie) im Reg.-Bez. Arnsberg mit namhafter Ausfuhr.
Für Thon- und Porzellanwaren sind in erster Linie Rheinland, Schlesien und Sachsen zu nennen, für Glas Schlesien, Saarbezirk, Rheinland, Sachsen und Hannover, für Ziegeleien Brandenburg und die östl. Provinzen, für Papiere Schlesien, Rheinland, Sachsen und Hannover, für Leder der Bezirk an der Nahe, für Möbel Berlin, für Pianoforte die größern Städte, für Chemikalien Staßfurt, Berlin, Köln, Hannover, für Kleider und Wäsche namentlich Berlin. Über die Verbreitung der einzelnen Industriezweige s. auch Deutschland und Deutsches Reich (Bd. 5, S. 130 fg.) nebst Karte sowie die Artikel der Industrien, über Gewerbekammern s. Handels- und Gewerbekammern.
Dem bedeutenden Umfange des Bergbaues und der Industrie entsprechend ist auch die Menge der im Gebrauch befindlichen motorischen Kräfte sehr groß; 1882 wurden 60817 Hauptbetriebe ermittelt, welche motorische Kräfte verwendeten.
Es bestanden zu Anfang der
Jahre | Feststehende Dampfkessel | -maschinen | Bewegliche Dampfkessel | Schiffsdampfkessel | -maschinen |
---|---|---|---|---|---|
1885 | 41421 | 38830 | 9191 | 1211 | 1048 |
1890 | 48538 | 46554 | 12822 | 2046 | 2007 |
1894 | 55605 | 57224 | 14880 | 1934 | 1726 |
Die Zahl der beweglichen Dampfmaschinen (Lokomobilen) belief sich 1885 auf 8990, 1894 auf 14425 Maschinen.
Noch bedeutender hat sich die Leistungsfähigkeit dieser Maschinen gesteigert, wie sich aus folgenden Zahlen ergiebt:
Anfang | Zahl der Pferdestärken der feststehenden Dampfmaschinen | beweglichen Dampfmaschinen | Schiffs-Dampfmaschinen |
---|---|---|---|
1885 | 1221884 | 83000 * | 101349 |
1894 | 2172250 | 147130 | 219769 |
* Bei 68 beweglichen Dampfmaschinen war die Leistungsfähigkeit nicht bekannt.
Einer Zunahme der Zahl der feststehenden Dampfmaschinen seit 1885 um 47,4 Proz., der beweglichen Dampfmaschinen (deren Leistungsfähigkeit ermittelt werden konnte) um 61,9 und der Schiffsmaschinen um 64,7 Proz. steht eine Vermehrung der Pferdestärken der bezüglichen Maschinen um 77,8, 77,3 und 116,8 Proz. gegenüber. Diese erheblichere Vermehrung der Pferdestärken erklärt sich daraus, daß an Stelle kleiner Maschinen mit der Zeit größere und stärkere getreten sind, sowie daraus, daß die Fortschritte in der Bauart und Dampfausnutzung auf die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Dampfmaschinen in besonderm Grade eingewirkt haben.
Seit 1891 hat die in P. zur Gewinnung von elektrischem Strom verwendete Dampfkraft ebenfalls eine erhebliche Zunahme erfahren; die Anzahl der bezüglichen feststehenden und beweglichen Dampfmaschinen hob sich nämlich von 983 mit 49489 Pferdestärken zu Beginn des J. 1891 auf 1199 mit 66803 Pferdestärken zu Anfang 1892 und auf 1407 mit 76045 Pferdestärken zu Anfang 1893, und zwar dienten der Erzeugung von elektrischen Strome:
Jahre | Ausschließlich Maschinen | mit Pferdestärken | Zugleich andern Zwecken Maschinen | mit Pferdestärken |
---|---|---|---|---|
1891 | 794 | 39610 | 189 | 9879 |
1892 | 944 | 53292 | 255 | 13511 |
1893 | 1218 | 66528 | 189 | 9517 |
Von den 1218 Maschinen im J. 1892 entwickelten 1089 Maschinen mit 48 692 Pferdestärken Strom nur zur Beleuchtung, 14 Maschinen mit 1286 Pferdestärken solchen nur zur Kraftübertragung; bei 94 Maschinen mit 15336 Pferdestärken wurde der Strom gleichzeitig beiden Zwecken dienstbar gemacht, während 21 Maschinen mit 1214 Pferdestärken Elektricität zu galvanoplastischen, elektrolytischen, chem. und andern Zwecken erzeugten.
Handel. Der Handel mit nichtpreuß. Ländern ist ein Bestandteil des Handels des Zollvereins und mangels besonderer preuß. Erhebungen nicht
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nachzuweisen. Er hat aber einen sehr bedeutenden Umfang. Für den Außen- und Binnenhandel, mit Einschluß des Kredithandels, aber ohne die Hausiergewerbe, wurden 1882 im ganzen 260769 Hauptbetriebe mit 492720 darin beschäftigten Personen und außerdem 88787 nebensächlich betriebene Handelsgeschäfte gezählt; von den Hauptbetrieben hatten 85157 je 1-5 Gehilfen, 7231 dagegen 6 und mehr Gehilfen, von letztern 141 sogar mehr als 50 Personen. Die im Hauptberuf vom Handel lebende Bevölkerung (Erwerbsthätige, Angehörige und Dienstboten) bezifferte sich auf 1256099 oder 4,6 Proz. der Gesamtbevölkerung.
Haupthandelsplätze für den Binnen- und Außenhandel sind Berlin, Königsberg, Danzig, Stettin, Posen, Breslau, Magdeburg, Hannover, Altona, Frankfurt a. M., Köln, Barmen, Elberfeld, Krefeld, auch Frankfurt a. O.; der Binnenhandel blüht außerdem in vielen größern Städten. In 2663 Orten finden neben den Wochenmärkten mehr als 13000 größere und kleinere Märkte und Messen statt, darunter bedeutende Wollmärkte in Berlin, Breslau, Königsberg, Posen, Landsberg a. W., Stralsund, Hildesheim, Hannover, Paderborn und Cassel. Regelmäßige Börsenversammlungen bestehen an den größeren Handelsplätzen, worunter die zu Berlin und Frankfurt a. M. von europ. Bedeutung, zeitweilige Industriebörsen an verschiedenen Orten, Messen zu Frankfurt a. M., Frankfurt a. O. und neuerdings zu Berlin.
Das Münzwesen ist durch die Reichsgesetze vom und das Maß- und Gewichtssystem durch die Maß- und Gewichtsordnung vom geordnet. (S. auch Deutschland und Deutsches Reich, Bd. 5, S. 138 fg.)
Das Bank- und Kreditwesen ist vielseitig ausgebildet. Bezüglich der Notenbanken hat die Reichsgesetzgebung einheitliche Ordnung geschaffen und es besteht in P. außer der Reichsbank (s. Reichsbank, Deutsche) zur Zeit (1895) nur noch die Frankfurter Bank (gegründet 1854, Aktienkapital 18 Mill. M.) als Notenbank. (S. Privatnotenbanken.) Rentenbanken zur Beförderung der Ablösungen der Reallasten (Gesetze vom über die Errichtung von Rentenbanken und vom betreffend die Wiederzulassung der Vermittelung der Rentenbanken zur Ablösung der Reallasten) bestehen in Königsberg i. Pr., Berlin, Stettin, Posen, Breslau, Magdeburg und Münster (s. Bodenrentenbanken), Landeskulturrentenbanken (s. d.) in Posen, Breslau und Kiel.
Die Provinzialhilfskassen sind errichtet zu dem Zwecke, gemeinnützige Anlagen und Anstalten, Gemeindebauten, Tilgung von Gemeindeschulden, Grundverbesserungen und gewerbliche Unternehmungen durch Darlehen zu erleichtern, den Geldverkehr überhaupt und das heilsame Sparkassenwesen zu fördern. Die 14 bestehenden haben ihren Sitz in Königsberg, Danzig, Berlin (Hilfskasse für den kommunalständischen Verband der Neumark und Kurmärkische Hilfskasse), Lübben, Stettin, Posen, Breslau, Görlitz, Merseburg, Stendal, Münster, Wiesbaden und Düsseldorf. Aus den Meliorationsfonds sollen in der Regel nur kleinern Grundbesitzern Darlehen in mäßiger Höhe zum Zwecke von Verbesserungsanlagen gewährt, Unterstützungen nur ausnahmsweise gegeben werden; doch können bei einzelnen Fonds auch Gemeinden und Korporationen Zuwendungen erhalten. Es bestehen 10 derartige Fonds, von denen die für die Provinzen Westpreußen und Rheinland mit den entsprechenden Provinzialhilfskassen vereinigt sind.
Landschaftliche Kreditinstitute mit voller oder teilweiser Staats-, Provinzial-, Kommunal- oder ständischer Garantie sind die Hannoversche Landeskreditanstalt, die Landeskreditkasse zu Cassel, die Nassauische Landesbank in Wiesbaden und das königl. Kreditinstitut für Schlesien in Breslau. Landschaftliche Gegenseitigkeits-Grundkreditinstitute sind die sog. Landschaften (s. d.). Die landschaftlichen und kommunalständischen Darlehnskassen sind mit den landschaftlichen Kreditinstituten im Zusammenhang siebende und von denselben im wesentlichen mitverwaltete Bankgeschäfte unter staatlicher Kontrolle und mit beschränktem oder weiter gehenden Befugnissen ausgestattet; hiervon bestehen 11. Die 12 Hypothekenbanken (s. Bodenkreditbanken) sind die Deutsche Hypothekenbank (1872 gegründet; Aktienkapital 5 Mill. M.), Norddeutsche Grundkreditbank (1868; 4,5 Mill. M.), Pommersche Hypotheken-Aktienbank (1866; Jan. 1894: 6 Mill. M.), Preußische Bodenkredit-Aktienbank (s. d.), Preußische Central-Bodenkredit-Aktiengesellschaft (s. d.), Preußische Hypotheken-Aktienbank (s. d.), Preußische Hypotheken-Versicherungs-Aktiengesellschaft (1862; 15, mit 10,5 Einzahlung) und die Deutsche Grundschuldbank (1886; 6), sämtlich in Berlin; ferner die Frankfurter Hypothekenbank (1862; 12) und der Frankfurter Hypotheken-Kreditverein (1867; 4,8) in Frankfurt a. M., die Schlesische Bodenkredit-Aktiendank (1872; 10,2 Mill. M.) in Breslau und die National-Hypotheken-Kreditgesellschaft (1870; eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht) in Stettin.
Von den außerdem bestehenden 45 Aktienbanken haben 14 ihren Sitz in Berlin; die ältesten sind der A. Schaafhausensche Bankverein (1848 gegründet; Aktienkapital 48 Mill. M.) zu Köln, die Bank des Berliner Kassenvereins (1850; 9 Mill. M.) und die Bank für Handel und Industrie (s. d.) in Darmstadt und Berlin; die Disconto-Gesellschaft (s. d., 1851; 75 Mill. M.) und die Berliner Handels-Gesellschaft (s. d.), sämtlich in Berlin. Die 8 Maklerbanken, welche sämtlich in Berlin ihren Sitz haben, sind der Börsen-Handelsverein (1872 gegründet), der Berliner Maklerverein (1877), die Maklerbank (1877), die Börsenkommissionsbank (1879), die Landwirtschaftliche Bank (1880), Effekten-Maklerbank (1881), Getreide-Maklerbank (1881) und die Fonds-Maklerbank (1882).
Versicherungswesen. Die Versicherungen auf den Lebens- und Todesfall haben seit Zulassung vieler miteinander konkurrierenden Gesellschaften in hohem Maße zugenommen. Mit den verschiedenen Zweigen der Lebens-, Renten- und Unfallversicherung befaßten sich in P. (1890) überhaupt 55 preußische, andere deutsche und außerdeutsche Gesellschaften und Anstalten. Versichert waren insgesamt bei Lebensversicherungen (s. Lebensversicherung) 741646 Personen mit einer Summe von 1192495729 M., d. i. durchschnittlich 2956 M. auf eine Person. Bei deutschen gegenseitigen Gesellschaften waren versichert 184402 Personen (24,9 Proz.) mit 793,401 Mill. M., bei deutschen Aktiengesellschaften 519954 Personen (70,1 Proz.) mit 1179,278 Mill. M., bei außerdeutschen Gesellschaften 37290 Personen (5 Proz.) mit 219,16 Mill. M.; hiervon auf Todesfall versichert 722751 Personen mit 2172,978 Mill. M.
Das Lebensversicherungsgeschäft der einzelnen Gesellschaften verteilte sich 1890 folgendermaßen:
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Versicherungsarten | Auf Todesfall versicherte Personen (Policen) | Versicherungssumme an Kapital Tausend Mark | Ausgezahlte Versicherungskapitalien | Gesamte Prämieneinnahme |
---|---|---|---|---|
Kapitalversicherung auf Todesfall überhaupt | 722751 | 2172978 | 31577,7 | 78213,8 |
Versicherung von Begräbnisgeld | 99628 | 23914 | 474,1 | 605,6 |
Militärdienst-Versicherung | 68146 | 81069 | 62,1 | 3641,0 |
Sonstige Kapitalversicherung auf den Erlebensfall | 58406 | 134533 | 2174,9 | 5105,9 |
Sparkassen und Sparkassenversicherung | 25895 | 12996 | 4527,7 | 2893,2 |
Die private Unfallversicherung umfaßte (1890) 136190 Personen (gültige Policen);
das versicherte Kapital betrug 1748,804 Mill. M.;
ausgezahlt wurden 1457200 M.;
an Prämien eingenommen 5784300 M. Die Rentenversicherung ist ebenfalls nicht sehr entwickelt;
22006 Personen (Policen) waren mit 7328400 M. Rente versichert;
die Prämieneinnahme betrug 4903 400, die ausgezahlten Renten 4025900 M. Die Versicherung gegen Feuerschäden ist sehr umfangreich.
Die meisten Landesteile sind von früher her mit ständischen oder städtischen Feuersocietäten versehen, die lange gewisse Vorrechte neben bestimmten Pflichten besaßen, ihre Ausnahmestellung aber großenteils allmählich verloren. Die Versicherung von Mobilien haben einige Societäten erst in neuerer Zeit aufgenommen. Fast alle sind mit ähnlichen Anstalten anderer Staaten zu einem Verbände deutscher öffentlicher Feuerversicherungsanstalten mit dem Sitz in Merseburg zusammengetreten, und mehrere unter ihnen haben eine besondere Rückversicherung abgeschlossen, um Schwankungen in den Beitragssätzen möglichst zu vermeiden.
Bei 32 Anstalten dieser Art waren 1890 an Immobilien und Mobiliar 18929,3 Mill. M. mit durchschnittlich 1,52 Promille Beiträgen versichert. Ihnen reihen sich an: 244 auf eine Provinz beschränkte kleinere Verbände für Immobiliar- und Mobiliar-, auch außerdem teils für Getreide-, Vieh- und Mieten-Versicherung mit 2942,2 Mill. M., 7 andere Anstalten auf Gegenseitigkeit mit 2784,7 Mill. M., 25 deutsche Aktiengesellschaften mit 27228,1 Mill. M. und 8 nichtdeutsche Aktiengesellschaften mit 2752,9 Mill. M. Versicherungsbestand. Danach beläuft sich 1890 in P. die gesamte Versicherung gegen Feuersgefahr auf 54637,2 Mill. M. (S. Feuerversicherung.)
Die Versicherung gegen Hagelschäden betrieben nach dem «Deutschen Versicherungskalender für 1895» (Lankwitz, Groß-Lichterfelde) neben 3 außerpreußischen in P. selbst 4 Aktiengesellschaften, 15 größere und verschiedene örtlich beschränkte, kleinere Anstalten auf Gegenseitigkeit. Für Viehversicherung sind neben 10 größern preuß. Gesellschaften zahlreiche meist kleine Verbände thätig. Die See-, Fluß- und Landtransportversicherung ist bei dem bedeutenden Verkehr sehr umfangreich.
Der vorgenannte Kalender führt 13 Gesellschaften an, die mehrere Versicherungszweige betreiben, 35 reine Transportversicherungsgesellschaften und 18 Rückdeckungsgesellschaften für Transportversicherung. Am bedeutendsten ist das Geschäft der Düsseldorfer Gesellschaft, des Rheinisch-Westfälischen Lloyd in Gladbach, des Deutschen Lloyd in Berlin, der Deutschen Transportversicherungsgesellschaft daselbst, der Rhenania in Köln und des Neuvorpommerschen Schiffsversicherungsvereins in Stralsund.
Für Glasversicherung bestehen 13 Gesellschaften, darunter 3 gegenseitige Gesellschaften, 3 nur Glasversicherung betreibende Aktiengesellschaften und 7 Aktiengesellschaften, welche die Glasversicherung als Nebenzweig betreiben. Gegen Wasserschäden versichert die genehmigte Frankfurter Versicherungsgesellschaft gegen Wasserschäden (jetzt «Neptun»). Die Preußische Hypothekenversicherungsgesellschaft und die Norddeutsche Grundkreditbank in Berlin betreiben außer Bankgeschäften auch die Versicherung gegen Kündigung und Ausfall von Hypotheken. Spiegelglasversicherung gewähren die Brandenburgische, die Berlinische, die Hannoversche und die Kölnische Spiegelglasversicherungsgesellschaft, nebenbei auch einige andere Gesellschaften.
Die Brandverluste erreichten 1890 in der ganzen Monarchie die Summe von 58726018 M., 1775801 M. mehr als 1889. Davon entfielen auf größere Städte 9397230 M., auf kleinere Städte 8860296, auf Landgemeinden 31141149 und auf Gutsbezirke 9327343 M. Der Durchschnittsschaden, von dem je eine Besitzung durch Feuer betroffen wurde, stellte sich auf 1887: 2859, 1888: 2629, 1889: 2533, 1890: 2527 M.
Spar- und andere Kassen. Sparkassen wurden als Sammelpunkte und Nutzungsanstalten der kleinen Ersparnisse im ersten Viertel des 19. Jahrh. nur in geringer Anzahl von städtischen Behörden und Privatpersonen errichtet; seit dem Erlaß des Reglements vom nahm die Zahl der Gemeindesparkassen beträchtlich zu, und seit den fünfziger Jahren traten sehr viele Kreisanstalten dieser Art auf; zum Teil dienen sie gleichzeitig als Darlehnskassen. 1892-93 bestanden im Königreich 1445 Sparkassen mit insgesamt 3701 Sparstellen.
Darunter waren 608 städtische, 165 Kirchspiels-, Fleckens- und Landgemeindesparkassen, 363 Kreis- und Amtssparkassen, 6 Provinzial- und ständische und 303 Vereins- und Privatsparkassen. Das Einlagekapital betrug am Schlüsse des Rechnungsjahres 3406,678 Mill. M., die sich auf 5974782 Sparbücher (darunter fast 29,50 Proz. bis einschließlich 60 M.) verteilten; der Reservefonds belief sich auf 216,432 Mill. M. Von den zinsbar angelegten Beständen waren 1104,84 Mill. M. (29,71 Proz.) als Hypotheken auf städtische, 994,65 (26,74 Proz.) auf ländliche Grundstücke, 1076,57 (28,95 Proz.) in Inhaberpapieren mit Kurswert angelegt, 55,14 (1,48 Proz.) gegen Faustpfand, 153,38 (4,13 Proz.) auf Schuldscheine, 52,39 (1,41 Proz.) gegen Wechsel und 272,71 (7,33 Proz.) bei öffentlichen Instituten und Korporationen ausgeliehen.
Neben der in den J. 1884 und 1885 reichsgesetzlich geordneten Krankenversicherung und Unfallversicherung (s. d.) der Arbeiter wirken zahlreiche freie Vereine, welche ihren etwa 250000 Mitgliedern Unterstützung in Krankheitsfällen oder den Hinterbliebenen Begräbnisgeld gewähren.
Über die Invaliditäts- und Altersversicherung s. d.
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Für die Bergwerks- und Hüttenarbeiter besteben Zwangskassen seit Jahrhunderten bei einzelnen Werten oder in größern Bezirken, und zwar versichern diese Knappschaftskassen ihren rund 428500 Mitgliedern auch Invalidenpensionen und bieten verschiedene andere Vorteile. Ähnlich sind die mit Zuschußverpflichtung der Arbeitgeber ausgestatteten Fabrikarbeiter-Unterstützungskassen und Gesellenkassen für einzelne Anstalten und Berufszweige oder für die betreffenden Arbeiter innerhalb des Gemeindebezirks eingerichtet. An Krankenkassen, welche nach dem Reichsgesetz vom den Zwecken der Krankenversicherung dienten, bestanden (Ende 1892) 9447; dieselben hatten insgesamt 67048102 M. Einnahme, 63324787 M. Ausgabe, also Mehreinnahme 3723315 M.
Stand der Krankenkassen im J. 1892:
Kassenarten | Ende 1892 | Mitglieder am Schlusse des Jahres Überhaupt | Davon weibliche | Es kamen auf 100000 Einw. Kassen | 1000 E. Kassenmitglieder | eine Kasse Mitglieder |
---|---|---|---|---|---|---|
Gemeindekrankenversicherung | 1771 | 317666 | 66117 | 5,5 | 11,5 | 209,1 |
Ortskrankenkassen | 2932 | 1774653 | 345270 | 9,6 | 63,5 | 661,8 |
Betriebs-(Fabrik-)Krankenkassen | 3531 | 944131 | 154024 | 11,5 | 32,2 | 281,0 |
Baukrankenkassen | 73 | 10875 | 114 | 0,2 | 0,7 | 325,6 |
Innungskrankenkassen | 297 | 41867 | 2861 | 1,0 | 1,7 | 174,4 |
Eingeschriebene Hilfskassen | 787 | 288511 | 25674 | 2,5 | 9,8 | 383,8 |
Auf landesrechtlicher Vorschrift beruhende Hilfskassen | 56 | 14283 | 3713 | 0,2 | 0,5 | 265,4 |
Zusammen | 9447 | 3391986 | 597773 | 30,4 | 119,6 | 393,1 |
Hierzu kommen noch 74 Knappschaftsvereine (1971 Werke) mit 428494 Mitgliedern, so daß die sämtlichen 9521 Kassen 3820480 Mitglieder zählen. Verhältnismäßig schwach besetzt sind die Anstalten der ebenfalls hierher gehörigen Gewerkvereine (s. d.) nach Hirsch-Dunckerschem Muster. Die Pensionsverhältnisse der Staatsbeamten und der Lehrer sind gesetzlich geregelt, desgleichen die Sorge für die Hinterbliebenen der Civilbeamten und der Lehrer. Für die Beamten der Gemeinden und vieler großen Privatunternehmungen, sowie für die Werkstättenarbeiter und das untere Betriebspersonal der Eisenbahnen, besonders der Staatsbahnen, bestehen Pensionskassen mit Zuschüssen der Gemeinden oder Unternehmer (s. Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz). Von den nach Schulze-Delitzschen Grundsätzen arbeitenden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften gab es (Ende Mai 1894) in P. 5489 Vorschuß- und Kreditvereine, von denen 1038 einen Umsatz von 1518,8 Mill. M. berichteten; daneben bestanden viele Konsumvereine, Rohstoff-, Magazin-, Werk- und Baugenossenschaften.
Verkehrswesen. Der Verkehr hebt sich mit der wachsenden Industrie, dein Handel und dem weitern Ausbau der Verkehrsstraßen. 1882 waren im Land- und Wasserverkehr sowie in den hierher zu rechnenden Gewerben für Beherbergung und Erquickung 415988 Personen erwerbsthätig; mit Einrechnung der Angehörigen u. s. w. derselben lebten im ganzen 1349687 Bewohner der Monarchie unmittelbar vom Verkehr.
Land- und Wasserstraßen. In der Erbauung von Landstraßen (Chausseen) ist P. in der neuesten Zeit mit Aufwendung beträchtlicher Mittel (früher aus Staatsfonds, gegenwärtig aus Provinzial- und Kreisfonds) vorangegangen. Es giebt deren innerhalb der westl. Provinzen ungleich mehr als innerhalb der östlichen; sie gehören gegenwärtig, nachdem die Straßenbauangelegenheiten den Selbstverwaltungskörpern übertragen sind, entweder den Provinzialverbänden oder den Kreisen, nur wenige einzelnen Gemeinden oder Privatpersonen. P. hatte (1891) insgesamt 86526,5 km Chausseen, darunter 42350,2 Kreis-, 31826,6 Provinz- und Bezirks-, 10066,6 Gemeindechausseen. Die meisten Chausseen haben Schlesien (15699,9 km) und Hannover (12697,8 km); in beiden Provinzen überwiegen die Kreischausseen bedeutend (11713 und 6803 km); die wenigsten haben Hohenzollern (882 km) und Schleswig-Holstein. Unter 5000 km haben ferner Westpreußen, Pommern und Posen.
Der Verkehr auf den Wasserstraßen (Flüsse und Schiffahrtskanäle, s. d.) ist sehr beträchtlich und mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes immer mehr gestiegen, nachdem eine durchgreifende Regulierung der Wasserstraßen, der Bau leistungsfähiger Kanäle, eine Ermäßigung der Kanalgebühren und früher schon die Aufhebung der Flußzölle vorgenommen worden ist.
Binnenschiffahrt. Der Bestand an in P. beheimateten Fluß-, Kanal-, Haff- und Küstenschiffen belief sich (Anfang 1893) auf 14515 (darunter 860 Dampfschiffe), von 14249 wird die Tragfähigkeit auf 1896209 t angegeben; 1888 hatten 701 Dampfer Maschinen von 88202 indizierten Pferdestärken. Der Seeverkehr ist in einzelnen Hafenplätzen sehr umfangreich. P. besitzt, außer kleinern, 26 Häfen, in denen der Seeverkehr größere Bedeutung hat; dieselben sind: Memel, Königsberg, Pillau, Neufahrwasser (Danzig), Stolpmünde, Kolbergermünde, Swinemünde, Stettin, Wolgast, Stralsund, Saßnitz, Ohrt auf Fehmarn, Heiligenhafen, Neumühlen bei Kiel, Kiel, Holtenau, Flensburg, Sonderburg, Tönning, Altona, Harburg, Geestemünde, Wilhelmshaven, Emden, Leer und Papenburg.
In den meisten Artikeln dieser genannten Häfen ist der Umfang des Schiffsverkehrs angegeben. Am großen Weltverkehr nimmt das Land indessen einen seiner sonstigen Bedeutung nicht entsprechenden Anteil, da es sich vielfach der Vermittelung der Hansestädte, in den westl. Provinzen der Niederlande bedient. Anfang 1894 verfügte die preuß. Reederei über 2086 registrierte Seeschiffe mit 312439 Registertons Nettoraumgehalt und mit 11621 Mann Besatzung; darunter befanden sich 414 Dampfschiffe mit 166057 Registertons und 5163 Mann. Auf Ostpreußen
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fallen 18459, auf Westpreußen 30081, auf Pommern 86026, auf das Ostseegebiet Schleswig-Holsteins 79289, auf dessen Nordseegebiet 25156, auf das Elb- und Wesergebiet Hannovers 39540, au das Ems- und Jadegebiet 32736 Registertons.
Seeschiffahrt. Die Zahl sämtlicher in preuß. Häfen eingetroffenen Schiffe betrug (1893) 50061 mit einer Tragfähigkeit von 6503277 Registertons und einer Besatzung von 299643 Mann; darunter waren 22039 Dampfer mit 5290423 Registertons und 222410 Mann. 7741 Schiffe, darunter 1234 Dampfer, kamen in Ballast an. Die Zahl der aus preuß. Häfen ausgelaufenen Schiffe betrug 49850 mit 6509910 Registertons und einer Besatzung von 298954 Mann, darunter 21967 Dampfer mit 5301622 Registertons und 222244 Mann.
Über die Eisenbahnen in P. s. Preußische Eisenbahnen.
Über Post- und Telegraphenverkehr im Reichspostgebiet s. Deutschland und Deutsches Reich (Bd. 5, S. 145).
Unterrichts-und Bildungswesen. Der Elementarunterricht ist obligatorisch, die Schulunterhaltungspfiicht Sache der Gemeinden und Gutsherren u. s. w., denen der Staat in Fällen der Bedürftigkeit zu Hilfe kommt. Seit Erlaß des Schullastengesetzes vom sind alle Volksschulen in P. schulgeldfrei. Die Oberaufsicht über die Schulen nimmt der Staat für sich in Anspruch; die unmittelbare Aufsicht führen Deputationen und Kommissionen der Gemeinden nebst den Lokal- und den staatlich bestellten Kreisschulinspektoren, die höhere liegt den Bezirksregierungen ob. In den Landesteilen nichtdeutscher Zunge wird auf die Erlernung der deutschen Sprache seitens aller Schüler hingewirkt.
Von den schulpflichtigen und bildungsfähigen Kindern vermag sich nur ein verschwindender Bruchteil dem Unterricht zu entziehen, weshalb sich in der neuesten Zeit im Durchschnitt des Staates nicht mehr 2 Proz. der jährlich in das Heer eingestellten Rekruten, in vielen Landesteilen nicht einmal 2/10 Proz. ohne alle Schulbildung erweisen. Am günstigsten ist es um die Volksbildung in Hohenzollern, Schleswig-Holstein, Hannover, Berlin, Westfalen und Sachsen bestellt, am ungünstigsten in den östl. Grenzgegenden. Für die früheste Jugend bestehen viele Kindergärten und Kleinkinderbewahranstalten.
Das niedere und Mittelschulwesen 1891:
Art der Schulen | Schulen | Schüler | Lehrer | Lehrerinnen |
---|---|---|---|---|
Öffentliche Volksschulen | 34742 | 4916476 | 63237 | 8494 |
Öffentliche Mittelschulen und höhere Mädchenschulen | 550 | 131270 | 2997 | 1314 |
Privatschulen mit Volksschulziel | 495 | 21678 | 424 | 283 |
Privatschulen mit Mittelschulziel | 1134 | 80868 | 900 | 3159 |
Seminarübungsschulen | 176 | 19422 | - | - |
Schulen in Blindenanstalten | 15 | 635 | 55 | 19 |
Schulen in Taubstummenanstalten | 49 | 4080 | 390 | 24 |
Schulen in Idiotenanstalten | 34 | 1898 | 54 | 44 |
Schulen in Rettungshäusern | 141 | 6898 | 240 | - |
Schulen in Waisenhäusern | 72 | 5138 | 167 | - |
Zusammen | 37408 | 5188363 | 68464 | 13337 |
Zu den 81801 vollbeschäftigten Lehrkräften kommen ferner 7054 Hilfslehrer, 1101 Hilfslehrerinnen und 29764 Handarbeitslehrerinnen. Von den 5188363 Schulkindern sprachen nur polnisch 495023, polnisch und deutsch 78666, nur dänisch 23303, dänisch und deutsch 1883, nur litauisch 12665, litauisch und deutsch 6891, nur wendisch 10488, wendisch und deutsch 3094, nur kassubisch 3565, und nur sonst slawisch 11073. Die Gesamtkosten der öffentlichen Volksschulen (1891: 146225312 M.) wurden aufgebracht zu 67,26 Proz. (93350498 M.) durch Leistungen der Verpflichteten, zu 31,80 Proz. (46 495 831) aus Staatsfonds und zu 0,94 Proz. (1378983 M.) durch Schulgeld.
Auf 1000 Einwohner entfielen (1891) 4881,45 M. Volksschulunterhaltungskosten überhaupt und 3095,10 M. persönliche im besondern, davon 4492,81 und 2960,46 M. auf dem Lande; auf je einen Schüler kamen 29,74 M. überhaupt und 18,86 M. persönliche im besondern, davon 24,73 und 16,20 M. aus dem Lande. Eine Schule kostete durchschnittlich 4209 M.; 16687 M. in den Städten und 2644 M. auf dem Lande. Die öffentlichen Mittel- und höhern Mädchenschulen erforderten einen Aufwand von 11966637 M., darunter 5548759 M. Schulgeld und 204743 M. aus Staatsfonds. Eine Schule kostete durchschnittlich 21758 (höhere Mädchenschulen 26889) M., ein Schulkind 91,16 (123,27) M.
Fortbildungsschulen, Abend- und Sonntagsschulen, welche teils obligatorisch, teils freiwillig eingerichtet sind und erforderlichenfalls Staatsbeihilfen erhalten, sind über das ganze Land verbreitet und sorgen für Befestigung des in der Schule Erlernten hei der nicht mehr schulpflichtigen Jugend.
Die Heranbildung von Lehrern erfolgte (1892) in 111 staatlichen Lehrerseminaren (darunter 33 katholische und 4 paritätische) und 11 Lehrerinnenseminaren (5 und 2) mit 10133 männl. und 703 weibl. Zöglingen; außerdem bestanden 35 Präparandenanstalten mit 2305 Präparanden. Mit der Aussicht über die Lehrerbildungsanstalten und die höhern Schulen sind die Provinzialschulkollegien betraut.
Die Erziehung und Pflege der Waisenkinder ist durch die Vormundschaftsordnung vom geregelt und findet in Waisenhäusern und Familien statt. Die verwahrlosten Kinder finden seitens freier Vereine und kommunaler Rettungshäuser (auch in zwei staatlichen) erziehliche und unterrichtliche Versorgung; 1882 gab es deren 180. Die Zahl der solchen Anstalten oder Familien zur Zwangserziehung überwiesenen Kinder betrug 1892: 10837. Das Gesetz vom regelt die zur Hälfte auf Staatskosten erfolgende Zwangserziehung der Kinder von 6 bis 12 Jahren, welche sich im Zustande der Verwahrlosung befinden, durch Überweisung derselben an die Kommunal- oder Provinzialverbände, wofür ihnen und dem Staate (1892) 1415926 M. Ausgaben erwuchsen. Es wird beabsichtigt, in sämtlichen Landesteilen hierfür auch staatliche Besserungsanstalten zu errichten.
Über die höhern Schulen und Universitäten s. Deutschland und Deutsches Reich (Bd. 5, S. 156 u. 157). Technische Hochschulen bestehen zu Berlin-Charlottenburg, Hannover und Aachen, Forstakademien zu Eberswalde und Münden, Bergakademien zu Berlin und Clausthal, eine Landwirtschaftliche Hochschule zu Berlin, eine Landwirtschaftliche Akademie zu Poppelsdorf, Tierärztliche Hochschulen zu Berlin und Hannover, landwirtschaftliche Institute an den Universitäten Königsberg, Breslau, Halle, Kiel und Göttingen, Kunstakademien in Berlin, Königsberg, Düsseldorf und Cassel, Forstlehrlingsschulen zu Groß-Schönebeck und Prostau; ferner (1891-92) 10 Bergschulen, 27 Bergvorschulen, 16
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Landwirtschaftsschulen, 28 Ackerbauschulen, 81 landwirtschaftliche Winterschulen, 3 Wiesenbauschulen, 60 Garten- und Obstbauschulen; sowie 1 Lehrinstitut für Zuckerfabrikation, 1 Brennereischule des Vereins der Spiritusfabrikanten und 1 Brauereischule, Versuchs- und Lehranstalt für Brauer in Berlin, 17 Molkerei- und Haushaltungsschulen, 44 Hufbeschlag- und Lehrschmieden, 2 Imkerschulen (Fintel in Hannover, Flacht in Hessen-Nassau), 1 Kursus für Elementarlehrer behufs Ausbildung für ländliche Fortbildungsschulen (716) zu Weilburg, verschiedene Kurse für Seidenbau und Bienenzucht, 1 Hüttenschule, 1 Markscheiderfachschule, 5 höhere Webeschulen, 18 Baugewerk- oder Kunst- und Gewerkschulen, 1 Schule für Kunsttischlerei, 1 Schule für Korbflechterei, 1 Schule für Töpferei, 2 Lehranstalten für Kleineisen- und Stahlindustrie und Metallindustrie, die Fachklassen bei verschiedenen höhern Bürgerschulen u. s. w., ferner 20 Hebammenlehranstalten.
Für den Dienst im Heer und der Marine bestehen außer der Kriegsakademie, Marineakademie, den Kriegsschulen, Kadettenanstalten und Navigationsschulen (s. diese Artikel) 2 Militärknaben-Erziehungsinstitute, 6 Unteroffizier- und 2 Vorschulen, 1 Militärschießschule, 1 Artillerieschießschule, 1 Militärreitinstitut, 1 Oberfeuerwerkerschule, 1 Militärturnanstalt, 1 Lehrbataillon, 3 Militärlehrschmieden, Werft-, Schiffsjungenabteilungs-, Werftdivisions-, Matrosendivisionsschulen, 2 Maschinisten- und Steuermannsschulen sowie 1 Marineschule.
Erwähnung verdienen hier auch die private Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und das Rabbinerseminar für das orthodoxe Judentum zu Berlin, die Zeichenakademie zu Hanau, die Hochschule für Musik in Berlin und das Institut für Kirchenmusik in Berlin und Breslau. (S. Berlin, Bd. 2, S. 805 a.)
Ihnen reihen sich die Hoftheater zu Berlin, Hannover, Cassel und Wiesbaden, die königl. Museen und Bildergalerien an. Provinzielle und städtische histor. Museen und Archive, Altertums- und Kunstkabinette, Privat- und Stadttheater u. s. w. bestehen in großer Anzahl, wie auch viele Gesellschaften und Privatinstitute sich die Förderung von Künsten und Wissenschaften angelegen sein lassen. Die königl. Akademie der Wissenschaften, die Staatsarchive, die königl. Bibliothek zu Berlin, die Universitätsbibliotheken und große Landesbibliotheken u. s. w., das Geodätische Institut (s. d.) mit dem Centralbureau der internationalen europ. Gradmessung, das Astro-physikalische Observatorium bei Potsdam (s. d., S. 338 a), die Geologische Landesanstalt zu Berlin und viele andere öffentliche Institute dienen der Pflege der Wissenschaften. Eine unmittelbare praktische Richtung verfolgen die zahlreichen Gewerbevereine, während die seit etwa 1845 entstandenen Arbeiterbildungsvereine die Hebung des Arbeiterstandes bezwecken; daneben wirkt die Deutsche Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung mit zahlreichen Zweigvereinen in P.
Kirchenwesen. Für die kirchlichen Angelegenheiten ist zu unterscheiden zwischen den sog. Landeskirchen und den übrigen Religionsgesellschaften. Für alle Religionsgesellschaften ohne Ausnahme gilt der staatsrechtliche Grundsatz: daß sie dem staatlichen Oberaufsichtsrecht (sog. Kirchenhoheit), das ein wesentlicher Bestandteil der Staatsgewalt selbst ist, unterworfen sind. In einem besondern, historisch aus dem frühern Staatskirchentum entwickelten und durch das positive Recht geordneten Verhältnis steht der Staat zu den großen Landeskirchen, nämlich der evang. und der kath. Kirche.
Die oberbischöfl. Gewalt des Landesherrn bedingt einen unmittelbaren Zusammenhang des Staates mit der evang. Kirche. Die staatsbürgerlichen Rechte sind unabhängig vom religiösen Bekenntnis. Die staatlichen Organe in Kirchenaufsichtssachen sind der Minister der geistlichen Angelegenheiten, in den Provinzen die Ober- und die Regierungspräsidenten und die Kirchen- und Schulabteilungen der Bezirksregierungen gemäß den hierüber bestehenden specialgesetzlichen Vorschriften.
Oberste Behörde für die rein kirchlichen Angelegenheiten der evangelischen Landeskirche der ältern Provinzen ist der dem König unmittelbar untergeordnete Evangelische Oberkirchenrat zu Berlin, dessen Organe in den Provinzen die Generalsuperintendenten und die Konsistorien sind. Die äußere Ordnung und die Organe für die kirchliche Selbstverwaltung sind durch die Kirchengemeinde- und Synodalverfassnng geschaffen; diese Organe sind der Gemeindekirchenrat und die Gemeindevertretung, die Kreissynode, die Provinzialsynode und die Generalsynode. (S. Evangelische Kirchenverfassung und Oberkirchenrat.) In den neuen Provinzen führt der Landesherr das Kirchenregiment durch den Kultusminister und es bestehen dort ähnliche Selbstverwaltungseinrichtungen. In Hannover sind die Provinzialkirchenbehörden das luth.
Landeskonsistorium und die reform. Kirche (Konsistorium zu Aurich), in Frankfurt a. M. das luth. und das reform. Konsistorium, in Nassau das evang. Konsistorium zu Wiesbaden, im Reg.-Bez. Cassel das vereinigte evang. Konsistorium zu Cassel, in Schleswig-Holstein das evang.-luth. Konsistorium zu Kiel, sämtlich nicht dem Oberkirchenrat, sondern dem Kultusminister unterstellt. Die Konsistorialbezirke sind in 608 Kirchenkreise (Diöcesen, Superintendenturen, Inspektionen, Propsteien, Dekanate u. dgl.) und diese in Parochien eingeteilt. Die Gemeinde Nordstrand in Schleswig hängt dem holländ. Jansenismus an.
Die Angelegenheiten der Katholiken werden unter Staatsaussicht von einheimischen Bischöfen geleitet (Bulle De salute animarum vom Über die Einteilung in Erzbistümer und Bistümer s. Deutschland und Deutsches Reich (Bd. 5, S. 155).
Im J. 1872/73 bestanden in P. 914 kath. Ordensniederlassungen mit 8795 Mitgliedern, d. i. 3,57 Ordensleute auf 10000 E. und 10,64 auf 10000 röm. Katholiken. Die Zahl verminderte sich 1875 durch zahlreiche Auflösungen von Orden bis auf 596, hat sich aber stetig gehoben, besonders 1886 dadurch, daß 150 ausschließlich der Krankenpflege gewidmete Niederlassungen mit staatlicher Genehmigung neu errichtet wurden. Es waren vorhanden:
Jahre | Niederlassungen | Ordensleute |
---|---|---|
1886 | 746 | 7248 |
1888 | 934 | 9517 |
1890 | 1027 | 11217 |
1892 | 1146 | 13129 |
1893 | 1215 | 14044 |
Ende 1890 entfielen 3,74 Ordensleute auf 10000 E. und 10,94 auf 10000 Angehörige der röm.-kath. Kirche; bis Ende 1893 ist die Zahl um 25,2 Proz. gewachsen, während die gleichzeitige Zunahme der
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Bevölkerung etwas über 3 Proz. beträgt. Die durchschnittliche Mitgliederzahl der Ordensniederlassungen betrug 1872/73: 9,6, 1886: 9,7 und 1893: 11,5 Proz., ist mithin ebenfalls beträchtlich gestiegen.
Die Altkatholiken haben ihren eigenen Bischof in Bonn ohne abgegrenzten Sprengel. - Die Israeliten, deren Kultusangelegenheiten in den alten Provinzen durch Gesetz vom in den neuen Provinzen teils früher, teils später durch Landesgesetze geordnet sind, haben frei nebeneinander stehende Synagogengemeinden; nur in Hannover ist das israel. Konsistorium und in Cassel das Landesrabbinat Aufsichtsbehörde.
Über das kirchliche Leben liegen umfassende Nachrichten nicht vor. Nur bezüglich der evang. Landeskirche, welcher 64,41 Proz. der Gesamtbevölkerung angehören und welche 1890 über 15236 Kirchen und Kapellen und 9343 Pfarr- und sonstige geistliche Amtsstellen verfügte (1262 Evangelische auf eine Kirche, 2058 auf einen Geistlichen)/kann als Zeichen kirchlichen Lebens angegeben werden, daß von den lebend geborenen Kindern evang. Eltern 1876: 94,03, 1881: 95,21, 1884: 95,82 und 1886: 96,34, 1891: 96,63 Proz. kirchlich getauft, von rein evangelischen neu geschlossenen Ehen 1876: 86,44, 1881: 91,40, 1884: 92,76, 1886: 92,42 und 1891: 92,99 Proz. kirchlich eingesegnet worden sind. Im ganzen Staate und in allen Religionsgemeinschaften waren 1882 überhaupt 18102 Personen als Geistliche, Organisten und andere Kirchenbeamte hauptberuflich und 2851 nebenberuflich thätig, außerdem als Kirchendiener und dergleichen Dienstpersonal 2956 hauptberuflich und 2211 nebenberuflich.
Gesundheitswesen. Für die Gesundheitspflege sorgt ein reichliches Heilpersonal; 1887 waren 9284 approbierte Ärzte (1 auf 3054 E.), 19137 Hebammen (1 auf 1482 E.) und 2532 konzessionierte Apotheken (1 auf 11192 E.) vorhanden. 1891 bestanden 1441 öffentliche und private allgemeine Heilanstalten mit 75224 Betten, worin 468132 Kranke verpflegt wurden, ferner 204 (83 öffentliche und 121 private) Irrenanstalten mit 38233 Betten und 48691 Verpflegten, 70 Augenheil- und 120 Entbindungsanstalten. 1882 widmeten sich überhaupt 40887 Personen hauptberuflich und 3230 Personen nebenberuflich der Gesundheits- und Krankenpflege.
Verfassung. P. ist nach der Verfassungsurkunde vom eine konstitutionelle Monarchie, in der die gesetzgebende Gewalt von dem König und dem Landtag gemeinschaftlich ausgeübt wird. Die Krone vererbt sich im Haus Hohenzollern nach dem Recht der Erstgeburt im Mannsstamm und nach der agnatischen Linealfolge. Ist der König minderjährig oder zu regieren dauernd verhindert, so führt der nächste volljährige Agnat die Regentschaft. Die Angelegenheiten des königl. Hauses und des Hofstaates ressortieren vom «Ministerium des königl. Hauses, das dem Gesamtministerium nicht angehört, und vom Oberstkämmereramt. Zur persönlichen Erleichterung bei seinen Staatsgeschäften bedient sich der König eines Civil- und eines Militärkabinetts (s. d.). Neben den ihm als Deutschem Kaiser (s. d.) beigelegten Befugnissen übt der König in P. die vollziehende Gewalt, ernennt und entläßt die Minister und Staatsdiener, beruft und schließt die beiden Häuser des Landtags und darf das Haus der Abgeordneten auflösen; die Verkündigung und Ausführung der Gesetze steht ihm allein zu. Er hat das Recht der Begnadigung und Strafmilderung, der Verleihung von Orden und andern Auszeichnungen; er führt den Oberbefehl über das Heer, hat das Recht, Krieg zu führen und Frieden zu schließen, sowie die Führung der auswärtigen Angelegenheiten, doch sind, staatsrechtlich genommen, diese Rechte jetzt von dem König von P. aus den Deutschen Kaiser übergegangen. Handlungen der Regierungsgewalt, außer den Armeebefehlen und Akten des Königs, die er als oberster Träger des landesherrlichen Kirchenregiments vollzieht, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Ministers. Zu den öffentlichen Vermögensrechten des Königs zählt neben Steuer- und Portofreiheit die Krondotation (zur Zeit 15719296 M.).
Der Landtag besteht aus dem Herrenhaus und dem Haus der Abgeordneten; er hat das Recht der gesetzgeberischen Initiative, derZustimmung zu allen Gesetzen und gewissen Verträgen, übt die Kontrolle der Finanzverwaltung, nimmt Petitionen entgegen, kann von den Ministern Auskunft verlangen, Kommissionen zur Untersuchung von Thatsachen einsetzen und Adressen an den König richten. Er tritt alljährlich zwischen Anfang November und Mitte Januar zusammen. Das Herrenhaus besteht aus den großjährigen Prinzen des königl. Hauses, dem Haupte des fürstl.
Hohenzollernschen Hauses, 98 Vertretern des Adels mit erblicher Berechtigung, ferner den Inhabern der 4 großen Hofämter im Königreich P. (Ostpreußen: Landhofmeister, Oberburggraf, Kanzler, Obermarschall), 46 aus besonderm Vertrauen und 170 auf Präsentation vom König berufenen Mitgliedern. Zur Präsentation je eines Mitgliedes sind berechtigt: die Domstifter Brandenburg, Merseburg und Naumburg a. S.;
die 9 Landesuniversitäten;
die 8 Provinzialverbände der mit Rittergütern angesessenen Grafen;
11 adlige Familienverbände mit ausgebreitetem Grundbesitz;
48 Städte, denen dieses Recht vom König beigelegt wurde;
zur Präsentation eines oder mehrerer Mitglieder die 85 Verbände des alten und befestigten Grundbesitzes. 1894 ruhten 44 Stimmen.
Jedes Mitglied des Herrenhauses muß besonders vom König berufen werden, auch die Prinzen und erblichen Mitglieder. Das Haus der Abgeordneten zählt 433 in 256 ständigen Wahlbezirken gewählte Mitglieder. Die Wahl erfolgte früher alle 3, seit dem Gesetz vom alle 5 Jahre mittelbar durch Wahlmänner (je einer auf 250 Seelen), die in Urwahlbezirken seitens der über 24 Jahre alten, die bürgerlichen Rechte besitzenden, seit sechs Monaten in der Gemeinde wohnhaften und keine Armenunterstützung empfangenden Männer mittels öffentlicher Stimmabgabe erwählt wer- den; zur Wählbarkeit ist ein Alter von 30 Jahren erforderlich; die Urwähler sind in drei Abteilungen von gleicher Steuerleistung geteilt, wobei seit dem Gesetz vom nicht nur die Staatssteuern, sondern auch die direkten Gemeinde-, Kreis-, Bezirks- und Provinzialsteuern in Anrechnung kommen. (S. Dreiklassenwahlsystem.) Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses erhalten Tagegelder. Niemand kann gleichzeitig Mitglied beider Häuser sein. Das Herrenhaus ist bei Anwesenheit von 60, das Abgeordnetenhaus bei Anwesenheit der Mehrzahl seiner Mitglieder beschlußfähig.
Die Organisation der Staatsbehörden, die Bestimmung ihrer Zuständigkeit, Bezirke und Sitze steht als Bestandteil der vollziehenden Gewalt dem König zu. An der Spitze der Verwaltung steht
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das Staatsministerium, das vom Ministerpräsidenten und 9 Ressortministern gebildet wird. Demselben sind untergeordnet das Centraldirektorium der Vermessungen, der Disciplinarhof für nichtrichterliche Beamte, das Oberverwaltungsgericht, die Prüfungskommission für die höhern Verwaltungsbeamten, der Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte, die Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen, das Litterarische Bureau, der «Deutsche Reichs- und Preußische Staatsanzeiger» und die Redaktion der Gesetzsammlung. Dem Präsidenten sind die Generalordenskommission, die Staatsarchive und das Gesetzsammlungsamt unterstellt, selbständige Oberbehörden neben den Ministerien sind die Oberrechnungskammer (s. d.) und der evang. Oberkirchenrat (s. d.). Als beratende Körperschaft besteht zur Begutachtung von Verordnungen und Gesetzen der Staatsrat (s. d.).
Ressorts der Einzelministerien sind: die auswärtigen Angelegenheiten (vom Auswärtigen Amt [s. d.] des Deutschen Reichs versehen);
die Finanzen;
die geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (Kultusministerium);
Handel und Gewerbe (s. Handelsministerium);
die öffentlichen Arbeiten;
die innern Angelegenheiten;
die Justiz;
die militär. Angelegenheiten (s. Kriegsministerium);
die landwirtschaftlichen, Domänen-und Forstangelegenheiten.
Das Finanzministerium besteht aus drei Abteilungen: für das Etats- und Kassenwesen (I.) unter Leitung des Unterstaatssekretärs, für die direkten Steuern (II.) und für die indirekten Steuern und Zölle (III.), letztere beiden unter je einem Generaldirektor. Die Generalstaatskasse und Hauptbuchhalterei, die Seehandlung (s. d.), die Hauptverwaltung der Staatsschulden (s. d.) nebst dem königl. Leihamt sind dem Minister untergeordnet;
die Generaldirektion der Lotterie, die Münze zu Berlin und die amtliche Probieranstalt zu Frankfurt a. M., die allgemeine Witwenverpflegungsanstalt stehen unmittelbar unter der I. Abteilung;
unter der II. stehen ferner die Katasterbehörden;
unter der III. die Provinzialsteuerdirektion, das Erbschaftssteueramt und das Hauptstempelmagazin in Berlin.
Hauptaufgabe der Abteilungen aber ist die Centralverwaltung für die ganze Monarchie.
In die Geschäfte des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, welches 1878 vom Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten abgelöst wurde, teilen sich die vier Abteilungen 1) für die technischen Angelegenheiten der Verwaltung der Staatseisenbahnen;
2) für die Verkehrsangelegenheiten der Staatseisenbahnen;
3) für die Staatsaufsicht über die Privateisenbahnen und für allgemeine Verwaltungsangelegenheiten der Staatseisenbahnen;
4) für die Verwaltung des Bauwesens. Der durch Gesetz vom eingesetzte Landeseisenbahnrat (s. Eisenbahnbeiräte) und die Bezirkseisenbahnräte, beratende Körperschaften für die Staatseisenbahnverwaltung, gehören zum gemeinschaftlichen Ressort des Ministers der öffentlichen Arbeiten, des Ministers für Handel und Gewerbe und des Ministers für Landwirtschaft.
Dem Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, das in drei Abteilungen zerfällt, ist als eine begutachtende Sachverständigenkommission das Landes-Ökonomiekollegium (s. d.) beigegeben. Zu der I. Abteilung für landwirtschaftliche und Gestütangelegenheiten geboren neben jenem Kollegium die höhern landwirtschaftlichen Lehranstalten und Vereine, ebenso die technische Deputation für das Veterinärwesen und die königl. Tierarzneischulen, die landschaftlichen Kreditinstitute, das landwirtschaftliche Museum, die Deichverbände, Meliorationsgenossenschaften u. s. w., die Central-Moorkommission, die Staatsgestüte und das Ober-Landeskulturgericht, nebst den Auseinandersetzungsbehörden in den Provinzen zur Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse sowie zur Ausführung der Gemeinheitsteilungen (Generalkommissionen). Die II. Abteilung verwaltet die Domänen, die III. die Forst- und Jagdangelegenheiten sowie das forstliche Unterrichts- und Prüfungswesen (Forstakademien und Forst-Oberexaminationskommission).
Der Geschäftskreis des Kultusministeriums, welches seit 1817 in selbständiger Formation besteht, wird durch die drei Abteilungen für die geistlichen Angelegenheiten, für das Unterrichtswesen (seit 1882 in zwei Unterabteilungen zerfallend) und für die Medicinalangelegenheiten bezeichnet. Zum Ressort der III. Abteilung gehören die wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen, die technische Kommission für pharmaceutische Angelegenbeiten, die ärztlichen, pharmaceutischen u. s. w. Prüfungskommissionen, die Charité, die Hofapothekenkommission; zum Ressort der II. Abteilung die Akademie der Wissenschaften, die Akademie der Künste, das Astro-physikalische Observatorium, das Meteorologische Institut, die königl. Museen, die Nationalgalerie, das Rauch-Museum, die königl. Bibliothek, Sternwarte, der Botanische Garten, das Geodätische Institut, die Universitäten und technischen Hochschulen, die Provinzialgewerbeschulen, die wissenschaftlichen Prüfungskommissionen, die pädagogischen Seminare für höhere Schulen, die litterarischen u. s. w. Sachverständigenvereine, die Schulbehörden, die Unterrichtsanstalten, die Turnlehrerbildungsanstalt. Die I. Abteilung führt die Staatsaufsicht über die Kirchen und Religionsgesellschaften, die kirchliche Vermögensverwaltung, soweit hierfür besondere Rechtstitel bestehen; endlich die Angelegenheiten des landesherrlichen Kirchenregiments für die Provinzen Hannover, Hessen-Nassau, Schleswig-Holstein, während in den neun alten Provinzen hierfür der Oberkirchenrat (s. d.) besteht.
Centralstelle der allgemeinen Landesverwaltung, der Polizei-, Gemeinde-, ständischen und Armenangelegenheiten ist das Ministerium des Innern; auch hat dasselbe die äußern Anordnungen für die Reichs- und Landtagswahlen zu treffen sowie die oberste Civilinstanz für das Militärersatzgeschäft zu bilden. Zu seinem Ressort gehören die statist. Centralkommission, das Statistische Bureau, das Polizeipräsidium und das Oberverwaltungsgericht zu Berlin.
Als oberste Instanz für die Justizverwaltung dient das Justizministerium; die Vorstände der Gerichte und Staatsanwaltschaften sind Organe desselben. Eine Einwirkung auf die Rechtsprechung steht dem Justizminister nicht zu; neben der rein verwaltenden Thätigkeit ist seine Entscheidung vielmehr nur auf die Beschwerden über Disciplin, Geschäftsbetrieb und Verschleppungen beschränkt. (S. Justizverwaltung.) Unter dem Justizminister steht die für die ganze Monarchie eingesetzte Justizprüfungskommision. Die Verfassung der ordentlichen Gerichte ist reichsgesetzlich durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom geregelt. Auf