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Hörsälen und Sammlungen der beiden mediz. Fakultäten; die Irrenanstalt, das Allgemeine Krankenhaus, [* 2] das Krankenhaus der Elisabethinerinnen, die von Hlávka erbaute Gebäranstalt, das städtische Siechenhaus im sog. Karlshof mit dem got. Kuppelbau der Maria-Himmelfahrtskirche, die Krankenanstalt des Prager Handelsgremiums, das Militärkrankenhaus (ehemaliges Jesuitenkollegium) mit der St. Ignazkirche und das Franz-Joseph-Kinderspital, die beiden letztern auf dem Karlsplatz, dem größten Platz der Stadt, an dem ferner das sog. Neustädter Rathaus (Kriminalgerichtsgebäude) und das Gebäude der czech.
Polytechnischen Hochschule liegen. Sonstige Gebäude der obern Neustadt: [* 3] der neue städtische Bauhof, die czech. Staatsrealschule, die städtische höhere Mädchenschule, das deutsche Mädchenlyceum und die Gemeindeschulen bei St. Trinitas und am Hrádek die neue böhm.-slaw. Handelsakademie, die got. Pfarrkirchen zu St. Stephan und St. Adalbert, die alte Stiftskirche des Klosters Emaus, die got. Marienkirche in Slup und das neue städtische Bartholomäi-Armenhaus.
Die letzten zwei Bauten liegen schon unterhalb der steil aufsteigenden Citadelle des Wyšehrad, wo einst die sagenhafte Burg Libussas (s. d.) stand, mit der spätgot. Kollegiatkirche zu St. Peter und Paul und der neuen Propstei. Der neueste Stadtteil, Holešowitz-Bubna, in halbkreisförmiger und ebener Lage am linken Moldauufer, ist nur als Industrieort bemerkenswert, besitzt jedoch mehrere große Bauten, so die neue Gasanstalt, den neuen Viehhof (für Prag [* 4] und Vororte) u. a. Gemeindeverwaltung.
Die Stadt wird nach der erlassenen Gemeindeordnung (mit spätern Zusätzen und Linderungen) verwaltet von einem Bürgermeister (6000 Fl. Gehalt, 3000 Fl. Pferdepauschale), 2 Bürgermeisterstellvertretern (je 3000 Fl.). Die Stadtvertretung (Stadtverordnetenkollegium) zählt 90, der aus ihrer Mitte nach Stadtteilen gewählte Stadtrat 24 Mitglieder. Der Magistrat (6 rechtskundige Mitglieder, an deren Spitze der Bürgermeister steht) ist zugleich polit.
Behörde. Die öffentliche Sicherheit wird (soweit die Besorgung derselben nicht der Gemeinde oder dem Magistrate zusteht) durch die k. k. Polizeidirektion mit 12 Polizeikommissariaten besorgt, für Prag und 19 polit. Gemeinden mit etwa 400000 E. Ferner bestehen ein Feuerlöschkorps (98 Mann), ein Wasserwerk (jährliche Produktion etwa 8 Mill. cbm Flußwasser), 3 städtische und 1 Privatgasanstalt (jährliche Produktion 12,25 Mill. cbm), ein städtisches Elektricitätswerk, ein Viehhof und eine Centralmarkthalle. Die Neukanalisation der Stadt, die Anlage einer Wasserleitung, [* 5] sowie die Assanierung der Josefstadt und gewisser Teile der Alt- und Neustadt durch vollständigen Umbau u. a. sind geplant.
Finanzen. Die ordentlichen Einnahmen betrugen (1893) 7568015, die Ausgaben 8295579, die Gemeindeschuld samt jener des Schulfonds 17978964, das Reinvermögen 5471682 Fl. Unter den Ausgaben entfielen auf die Gemeindeverwaltung 624427, das Armenwesen 698775, das Schulwesen 1438485 Fl. In der städtischen Versicherungsanstalt (seit 1865) für Prag und Vororte betrugen (1893) die versicherten Summen 91,1 Mill., der Reservefonds 511795 Fl., in der städtischen Sparkasse (seit 1875) der Einlagenstand 47,3, Darlehnstand 3,7, Reservefonds 3 Mill. Fl. Letztere ist seit 1878 Pächterin der staatlichen Linienverzehrungssteuer.
Behörden. Prag ist Sitz des Statthalters, des Oberlandesgerichts, der Finanzlandesdirektion, einer Polizeidirektion, des Landesgerichts, dreier Bezirksgerichte, eines Handelsgerichts, der Finanzbezirksdirektion, eines Fürsterzbischofs mit Domkapitel und zweier Kollegiatkapitel, einer k. k. Post- und Telegraphendirektion für Böhmen, [* 6] einer Berghauptmannschaft sowie der Kommandos des 8. Korps, der 9. Infanterietruppendivision, der 17. und 18. Infanterie-, 8. Kavallerie- und 8. Artilleriebrigade.
Unterrichts- und Bildungsanstalten. Nachdem die im 13. Jahrh. bestehende höhere Schule wieder eingegangen war, erließ Karl IV. den Stiftsbrief für die Hochschule und organisierte sie nach dem Muster der Pariser Universität. 1366 gründete er das Collegium Carolinum für 12 magistri artium, welches 1383 durch Wenzel IV. ein eigenes Gebäude erhielt. Infolge von Maßregeln gegen die sog. Deutschen Nationen der Universität wanderten 1409 zahlreiche Lehrer und Studierende nach Leipzig, [* 7] Rostock, [* 8] Ingolstadt [* 9] und Krakau [* 10] aus. 1654 verband Ferdinand III. die Hochschule mit dem Jesuitenkollegium, und die Jesuiten errichteten für die ihnen übergebene Universität das Clementinum.
Infolge erheblicher Zunahme der Vorlesungen in czech. Sprache [* 11] trennte sich 1882/83 die böhm. Universität mit czech. Unterrichtssprache und drei Fakultäten ab, zu denen 1891/92 eine theologische hinzukam. Doch ist die Bibliothek im Verbande der deutschen Universität geblieben. Die deutsche Karl-Ferdinand-Universität hatte (1894) 155 Docenten und 1287 Studierende, die böhmische gleichnamige 150 Docenten und 2110 Studierende. Ferner hat die Stadt eine böhm. Kaiser-Franz-Joseph-Akademie der Wissenschaften, Litteratur und Kunst, 1890 von dem Baurat Hlávka gestiftet, eine königl. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften, eine Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen und eine deutsche Technische Hochschule, 1803 als Polytechnikum aus der Ingenieurschule entstanden. 1868 wurde die Abtrennung einer eigenen böhm. Technischen Hochschule mit czech. Unterrichtssprache beschlossen, und 1875 nahm der Staat beide Anstalten in seine Verwaltung. Die technischen Hochschulen hatten (1894) 47 und 70 Docenten und 244 und 417 Studierende.
An Schulen hat die Stadt (1894) 4 deutsche und 3 czech. Obergymnasien, 2 czech. Oberrealgymnasien, 2 deutsche und 1 czech. Oberrealschule, 1 czech. Mädchenmittelschule des Vereins Minerva, je 1 czech. und deutsche höhere Mädchenschule, je 2 Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten, 10 czech. und 2 deutsche Bürgerschulen, 34 Volksschulen, darunter 5 deutsche, 1 Kadettenschule, Malerakademie, 1 Konservatorium für Musik und 1 Taubstummeninstitut. An Privatanstalten bestehen 1 czech. Lehrerinnenbildungsanstalt, 2 deutsche Bürgerschulen und 14 Volksschulen, darunter 2 czechische, je 2 czech. und deutsche Musterschulen; ferner je 1 czech. und deutsche Handelsakademie, 1 Staatskunstgewerbeschule, Staatsgewerbeschule, Korbflechtschule, je 1 Lehranstalt des böhm. und deutschen Frauenerwerbsvereins u. a. In den Vororten zahlreiche Schulen.
Sammlungen. Den ersten Rang nehmen die wissenschaftlichen Institute und Sammlungen der Universität und der technischen Hochschulen ein, dann folgen die Sammlungen des Museums des Königreichs Böhmen, 1818 gestiftet, das Rudolfinum mit dem kunstgewerblichen Museum, ¶
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Konzertsaal, den Ausstellungen des Kunstvereins und der Bildergalerie der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde, das städtische Museum im kleinen Stadtpark und das böhm. Gewerbemuseum, 1873 von Vojta Náprstek gestiftet. Ferner besteht ein königl. Böhmisches Landesarchiv, 1862 gegründet, mit etwa 1000 Urkunden vom 12. bis Ende des 15. Jahrh., und eine Sternwarte. [* 13] Die Universitätsbibliothek zählt (1892) 211131 Bände, 3848 Handschriften und 1602 Urkunden, die Bibliothek des Böhmischen Museums 171500, die Bibliothek der beiden Technischen Hochschulen 23000, die Bibliothek des Landeskulturrats 32000, die des Gewerbevereins 39500, die Náprsteksche Bibliothek 40520 Bände.
In P. erschienen (1891) 208 Zeitungen und Zeitschriften, darunter 157 in czech. Sprache, und 642 czech. Originalwerke sowie 131 czech. Übersetzungen, ferner 164 deutsche Originalwerke und eine Übersetzung. Die wichtigsten Tagesblätter sind die «Bohemia» (s. d.),
die autonome «Politik», «Národni Politika», die altczech. «Hlas Národa», die amtliche «Prager Zeitung» mit ihren Beilagen, und die «Národni Listy» (s.d.). Wohlthätigkeitsanstalten. Prag besitzt 9 öffentliche Krankenhäuser mit 2261 Betten, 1 Landesirrenanstalt mit 1370 Betten, 5 Privat- und interne Krankenhäuser, 1 Gebär- und Findelanstalt, 2 Kinderspitäler, 1 städtisches und 5 Privat-Waisenhäuser, 2 städtische Armenhäuser und 1 städtisches Siechenhaus, 2 geistliche Pfründenanstalten, 6 israel.
Versorgungsanstalten, 1 Taubstummeninstitut und 1 Anstalt zur Versorgung erwachsener Blinder, 1 Privaterziehungsanstalt für blinde Kinder, 1 Idiotenanstalt, 2 Erziehungsanstalten für bestrafte und vernachlässigte Jugend, 1 Privat-Asylhaus, 1 Landeskorrektionsanstalt, je 1 städtisches Armenhaus in Karolinenthal und in Smichow, die Blindenversorgungsanstalt Francisco-Josephinum in Smichow, 16 städtische Kinderbewahranstalten und 1 private in Prag, 7 städtische und 1 private in den Vororten, 10 Krippenanstalten, 21 Asyle für arme Schulkinder.
An Theatern bestehen das Deutsche [* 14] Landestheater, das Neue deutsche Theater, das Böhmische Nationaltheater, ein czech. Theater [* 15] in Smichow, außerdem in der Stadt Königliche [* 16] Weinberge zwei Sommertheater (je ein deutsches und czechisches) und in Karolinenthal ein Theater Varieté.
Industrie und Handel. Hauptsitz der Industrie ist Holesowitz-Bubna, ferner die Vororte Smichow, Karolinenthal und Lieben, Hauptsitz des Handels die Altstadt. Es bestehen zahlreiche Brauereien und Mühlen, [* 17] Eisengießereien und Metallwarenfabriken, Baumwollspinnereien und Druckereien, Lohgerbereien, Handschuhfabriken und chem. Fabriken, sowie große Werkstätten der österr.-ungar. Staatseisenbahngesellschaft. Der Handel erstreckt sich hauptsächlich auf Zucker [* 18] (jährlicher Umsatz etwa 300 Mill. Fl.), Mühlen- und Rohprodukte, Manufakturwaren, Eisen, [* 19] Maschinen, Glas [* 20] und Glaswaren und Handschuhe.
Der Geldverkehr wird unterstützt durch eine Börse sowie durch die Filialen der Österreichisch-Ungarischen Bank, der Österreichischen Kreditanstalt, der Anglo-Österreichischen Bank, der Unionbank und des Bankvereins in Wien, [* 21] sowie durch die Landesbank, die Hypothekenbank des Königreichs Böhmen (1893: 112,75 Mill. Fl. Aktiva), die Landwirtschaftliche Kreditbank, die Živnostenská banka, die böhm. Escompte-, die böhm. Union-Bank und die Erste Pfandleih-Gesellschaft, ferner durch zwei Sparkassen und 26 Vorschußkassen.
Verkehrswesen. Prag hat sieben Bahnhöfe [* 22] und liegt an den Linien Wien-Brünn-Prag-Bodenbach (540 km) der Österr.-Ungar. Staatsbahn, Prag-Eger (239 km) und Prag-Hostiwitz (20 km) der Buschtiehrader Eisenbahn, Prag-Brüx-Moldau (163 km) der Prag-Duxer Bahn, Prag-Georgswalde-Ebersbach (198 km) der Böhm. Nordbahn, Prag-Pilsen-Furth i. Walde (191 km) der Böhm. Westbahn, Prag-Mittelwalde (209 km) der Österr. Nordwestbahn, Prag-Gmünd (186 km) und Prag-Modřan (16 km) der Österr.
Staatsbahnen. [* 23] Der gesamte Güterverkehr umfaßte (1892) 2493359 t, darunter 700894 t abgegangen. Der Wasserverkehr wird gefördert durch die Prager Moldau-Dampfschiffahrtsgesellschaft (1894: 13 Dampfer) und die Österr. Nordwestdampfschiffahrtsgesellschaft (1894: 41 Dampfer und 160 Frachtkähne). Zahlreiche Pferdebahnlinien (18,5 km) durchziehen die Stadt und verbinden dieselbe mit den Vororten. Die Stadt hat 10 Post- und Telegraphenämter, die (1892) 15284900 Briefe, 5672700 Postkarten, 882200 Warenproben, 3210000 Pakete ohne Wertangabe und 13427800 Zeitungsnummern beförderten. Der Wert der Geld- und Wertsendungen betrug 667 Mill. Fl., die Zahl der beförderten Depeschen 2814928. Das Stadtfernsprechnetz umfaßt 257 km Leitungen. Außerdem bestehen 10 unterirdische Telephonleitungen mit 2351 km Drahtlänge.
Vergnügungsorte und Umgebung. Öffentliche Promenadenplätze sind die Sophien- und die Schützeninsel, der auf der östl. Lehne des Laurentiusberges gelegene große Garten [* 24] der Hasenburg (300 m) mit Drahtseilbahn (400 m lang) aus der Stadt und einem Aussichtsturm des böhm. Touristenklubs, der Kaisergarten und die Choteksanlagen auf dem Hradschin und die Kronprinz-Rudolfs-Anlagen auf dem Belvedere, mit Drahtseilbahn und weiter Fernsicht; ferner am rechten Moldauufer die Anlagen auf dem Rudolfs- und Franzensquai, die Parkanlagen auf dem Karlsplatz, die Čelakowskýanlagen am neuen Nationalmuseum, der Große und Kleine Stadtpark, die Anpflanzungen auf dem Žižkaberge, die neuen Stadtparks in den Königlichen Weinbergen und in Smichow. Auch die schönen Gärten des Grafen Waldstein und der Fürsten Lobkowitz und Kinsky, letzterer in Smichow, und die der böhm. Gartenbaugesellschaft sind zugänglich, ebenso der große, dem Lande gehörige Park («Baumgarten») in Bubenč und der Stern- (Tier-) garten am Weißen Berge mit dem ehemaligen königl. Lustschloß, später Pulvermagazin, seit 1875 restauriert.
Geschichte. Prag entwickelte sich unter dem günstigen Einfluß seiner Lage und als Sitz der Herrscher Böhmens aus vier Burgflecken, von denen die jetzige Altstadt von jeher der bedeutendste war. Zu diesen Burgflecken gesellte sich M dem Ende des 11. Jahrh. auch eine deutsche Kolonie auf dem Boden der jetzigen untern Neustadt. Um 1235 erhielt die Altstadt deutsches Stadtrecht und Mauern, 1257 die Kleinseite (d.h. die kleine Stadt Prag im Gegensatz zur größern Stadt Prag = Altstadt), während der Hradschin schutzunterthänig blieb und in der Altstadt sich allmählich eine privilegierte Israelitengemeinde entwickelte (Judenstadt). Ottokar II. war eifrig bestrebt, Prag als Landeshauptstadt zu verschönern und zu vergrößern, und baute auch die Königsburg um. 1348 erhielten die Prager Städte einen neuen Zuwachs durch die Anlage der Neustadt, welche rasch ausgebaut und von ihrem Gründer, Kaiser Karl IV., mit Kirchen und ¶