geschaffene oder doch gänzlich umgestaltete Stellungen waren die des praefectus Aegypti, des vom Kaiser ernannten Vicekaisers
von Ägypten, ferner die des praefectus urbi, des Gouverneurs von Rom (seit Konstantin [330] giebt es auch einen in Konstantinopel),
des praefectus vigilum (des Polizeipräsidenten und Oberbranddirektors von Rom), des praefectus annonae (des Verpflegungsdirektors
für die Hauptstadt mit der Gerichtsbarkeit innerhalb seines Ressorts), endlich der Oberkassenbeamten: der zwei praefectiaerarii Saturni (der Senatshauptkasse) und der drei praefecti aerarii militaris (der kaiserl.
Pensionskasse). Über die Präfékt in Frankreich s. Präfekturen.
(frz. préfectures), in Frankreich die obersten Verwaltungsbehörden der Departements. Dieselben wurden
an Stelle der alten aus Gemeindewahlen hervorgegangenen Departementalverwaltungen durch Gesetz vom 28. Pluviôse
des J. VIII ins Leben gerufen, das vom Staatsoberhaupt zu ernennende und von diesem jederzeit absetzbare Präfekten (Préfets)
an die Spitze der Departementsverwaltung stellte. Den Präfekten wurden Generalsekretäre und, besonders für verwaltungsgerichtliche
Angelegenheiten, Präfekturräte (Conseils de Prefécture) beigegeben, letztere jetzt aus drei oder vier
und im Seine-Departement aus acht gleichfalls vom Staatsoberhaupt ernannten Mitgliedern bestehend.
Diese Einrichtung bildet noch jetzt die Grundlage der franz. Landesverwaltung; nur ist seitdem
den Präfekturen einerseits durch die sog. Decentralisationsdekrete vom und eine
die frühere bedeutend übersteigende, sehr umfangreiche Kompetenz verliehen, andererseits seit 1833 in
den Conseils généraux eine jetzt aus direkten allgemeinen Wahlen hervorgehende und durch Gesetz vom neu organisierte
Departementsvertretung (s. Departemental-Kommissionen) zur Seite gestellt worden.
Den Arrondissements stehen von der Regierung ernannte, jedoch mit sehr geringen Amtsbefugnissen versehene Unterpräfekten (Sous-préfets)
vor, neben denen als gewählte Vertreter die Conseils d’arrondissement fungieren. Gegen Entscheidungen
der Präfekturen ist das Ministerium und danach das Staatsoberhaupt, gegen Entscheidungen der Präfekturräte der Staatsrat Rekurs- und
Beschwerdeinstanz. In Paris und Umgebung ist die Polizeiverwaltung einem Préfet de police unterstellt.
In Elsaß-Lothringen sind durch Gesetz vom die Funktionen der Präfekten den Bezirkspräsidenten,
der Präfekturräte den Bezirksräten, der Conseils généraux den Bezirkstagen, der Unterpräfekten den Kreisdirektoren, der
Conseils d’arrondissement den Kreistagen, des Staatsrats dem kaiserl. Rat in Elsaß-Lothringen übertragen worden; durch
spätere Verordnungen ist die Kompetenz der Bezirkspräsidenten und Kreisdirektoren wesentlich anders als in Frankreich gestaltet
worden.
(lat.), Vorsilbe, in der Grammatik eine Silbe, die, einem Worte vorgesetzt, ein neues Wort mit veränderter Bedeutung
giebt, z. B. «stehen» – «verstehen»,
«Berg» – «Gebirge». (S. Ableitung.)
[* ] czech. Praha, Stadt mit eigenem Statut und Hauptstadt Böhmens, die drittgrößte Stadt der Österreichisch-Ungarischen
Monarchie, liegt 50° 5’ 19’’ nördl. Br. und 14° 25’ 17’’ östl. L. von Greenwich, in 186 m Höhe auf beiden
Seiten der hier 290 m breiten Moldau, in einem Thalkessel und an den Abhängen desselben und hat einen
Flächenraum von 13,79, einschließlich der Vororte von 30,50 qkm. Das Klima zeigt milde Winter und warme Sommer mit starken
Abweichungen vom normalen Mittel (+ 9,2° C.). Der mittlere Lustdruck beträgt etwa 744 mm, die durchschnittliche
Niederschlagsmenge 436 mm. (Hierzu ein Stadtplan nebst Verzeichnis der Straßen und öffentlichen Gebäude sowie ein Situationsplan
auf S. 349.)
Textfigur:
Bevölkerung. Die Stadt hatte 1818: 80754, 1837: 105529, 1846: 115436, 1857: 142588, 1869: 157713, 1880: 170521, 1890: 182530
(87426 männl., 95104 weibl.) E., darunter 6779 Militärpersonen, in 4274 Häusern
mit 36023 Haushaltungen. Von den Einwohnern entfallen auf die Altstadt 42332, Neustadt 75734, Kleinseite 20447, den Hradschin
5805, die Josefstadt 11535, auf die 1883 und 1884 einverleibten Stadtteile Wyšehrad und Holešowitz-Bubna 4546 und 15352 E.
Dem Religionsbekenntnis nach waren 161288 Katholiken, 3288 Evangelische und 17635 Israeliten; der Nationalität nach 146066
Czechen und 27125 Deutsche.
Die Zahl der Geburten betrug (1893) 7597, darunter 422 Totgeborene, der Eheschließungen 1945 und der Sterbefälle 6523 (darunter 2064 Ortsfremde).
Rechnet man zu der Einwohnerzahl noch die der benachbarten Vororte, welche durch wirtschaftliche Interessen mit Prag verbunden
sind, nämlich Karolinenthal (1890: 19540 E.), Smichow (32646), Königliche Weinberge (34531) und Žižkow
(41236), so erhält man eine Gesamtzahl von 310483 E. In Garnison liegen 1 Bataillon des 28. Infanterieregiments «Humbert I.,
König von Italien», je 3 Bataillone des 73. Infanterieregiments «Wilhelm Herzog von Württemberg», des 88. Infanterieregiments
«Freiherr von Teuchert-Kauffmann», des 91. Infanterieregiments «Ritter
von Fröhlich» und des 102. Infanterieregiments «Freiherr von Catty», das 22. Feldjägerbataillon, 1 Eskadron
des 7. Dragonerregiments «Herzog von Lothringen», das 8. Korpsartillerieregiment «Kaiser», die Divisionsartillerieregimenter
Nr. 23 und 24 und das Pionierbataillon Nr. 3.
Anlage, Brücken. Die Altstadt, Josefstadt, Neustadt und Wyšehrad breiten sich am rechten, die Kleinseite, der Hradschin und
Holešowitz-Bubna am linken Moldauufer aus. Wyšehrad, Kleinseite und Hradschin sind noch von Festungswerken
umgeben und haben eine hohe und ansteigende Lage. Über die Moldau führen 8 Brücken, darunter 2 Eisenbahnbrücken, und 2 Stege.
Die 1357–1507 erbaute, 1892 nach dem teilweisen Einsturz durch Hochwasser (1890) renovierte Karlsbrücke (497 m lang, 10 m
breit), mit 16 Bogen, ist auf beiden Seiten durch got. Brückentürme abgeschlossen, von denen der Altstädter
Turm (1451) mit Wappen und den Steinbildern Karls IV. und seines Sohnes
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mehr
Wenzels IV. geschmückt ist, und trägt 30 Standbilder und Gruppen von Heiligen (zum Teil aus dem 18. Jahrh.), darunter die
des heil. Johann von Nepomuk (1683 in Nürnberg gegossen); oberhalb die 1841 eröffnete Kaiser-Franz-Kettenbrücke (460 m lang).
Im N. von Prag führt die Franz-Josefs-Brücke (s. Tafel Hängebrücken II,
[* ] Fig. 3) nach Klein-Bubna. Die Palackýbrücke
(229 m) wurde 1818 vollendet. In der Moldau liegen die Hetzinsel, Sophieninsel, Schützen- und Judeninsel.
Plätze und Denkmäler. Auf dem Kreuzherrenplatz steht das Standbild Kaiser Karls IV., nach Hähnels Modell in Nürnberg gegossen
und 1848 bei der 500jährigen Jubelfeier der Universität errichtet; auf dem Franzensquai (1840) das Franzensmonument
(1845), ein got. Brunnen mit dem Reiterstandbild des Kaisers Franz I., nach dem Entwurf von Kranner, auf dem Jungmannsplatze
die Bronzestatue des czech. Gelehrten Josef Jungmann, nach dem Modell von Šimek, auf dem Karlsplatz das Denkmal des czech.
Dichters Vitĕzslav Hálek (gest. 1874) und auf dem Kleinseitner Ring das Radetzkydenkmal (1858), nach
Modellen von Em. und Josef Max von Burgschmiet in Nürnberg gegossen.
Karte: Prag (Situationsplan)
Kirchen und weltliche Bauten. Prag zählt 57 kath., 4 evang., 1 russ.
Kirche und 10 Synagogen.
Auf dem Hradschin, gleichsam Kapitol der Stadt, nimmt die erste Stelle die Domkirche St. Veit (im dritten
Hof der Burg) ein, ein Prachtwerk der Gotik, 1344 von Karl IV. begonnen, jedoch nur im Chor (74 m lang, 39 m hoch) 1385 von Peter
Parler von Gmünd vollendet und seit 1867 von dem 1859 gegründeten
Dombauverein restauriert, während das Schiff und der
zweite Turm sich noch im Bau befinden; in einer der 12 Kapellen des Umgangs das silberne Grabmal (30 Ctr.
Silber) des heil. Nepomuk; in der mit böhm. Edelsteinen und Wandmalereien verzierten Wenzelskapelle (1358–66) das Grabmal
des heil. Wenzel und in einem Turmgemach die böhm. Kroninsignien.
Im Mittelschiff steht das große Königsdenkmal aus Marmor und Alabaster, 1589 von Colin unter Kaiser Rudolf
II. für 32000 Dukaten angefertigt, das Erbbegräbnis der böhm. Könige, in welchem Karl IV., Wenzel IV., Ladislaus Posthumus,
Georg Podiebrad, Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II. ruhen. In demselben Burghof die St. Georgkirche, das größte
roman. Bauwerk in Böhmen, 916 von Wratislaw I. begründet und 1150–70 erneuert, mit dem Grabmal der
heil. Ludmila.
Von den übrigen fünf Kirchen des Hradschin sind von Bedeutung: die Loretokirche, der Casa Santa in Loreto nachgebildet (1661),
mit reichem Kirchenschatz, darunter eine Monstranz mit 6580 Edelsteinen;
die Kirche des Prämonstratenserstifts Strahow mit
dem Grabmal des Ordensstifters St. Norbert und des Generals von Pappenheim, endlich die demselben Stift
angehörige St. Rochuskapelle (1587).
Das reiche Stift Strahow, 1140 von Wladislaw II. gegründet, auf dem höchsten Punkte
des Hradschin, ist eins der großartigsten Klostergebäude, enthält eine Bibliothek (60000 Bände, Inkunabeln und 1000 Handschriften),
eine Bildergalerie und Wappensammlung (10000 Wappen). Weltliche Bauten des Hradschin: die königl.
Burg, ein großartiger Bau (110 m lang)
mehr
an Stelle der frühern, angeblich von der Fürstin Libussa begründeten, 1303 abgebrannten Burg, von Karl IV. begonnen, im südöstl.
Teil 1484–1502 von Wladlslaw II., in den übrigen Teilen meist im 16. und 17. Jahrh, von Ferdinand I., Rudolf II. und Matthias
erneuert und unter Maria Theresia 1757–75 vollendet. Seit dem J. 1848 bis zu seinem Tode wohnte Kaiser
Ferdinand I. nach seiner Verzichtleistung auf den österr. Thron mit seiner Gemahlin in der Burg. Dieselbe enthält 468 Zimmer, 108 Kabinette, 32 Vorzimmer, 103 Küchenräume,
zusammen 711 Räume mit 4 Sälen, wovon der Spanische Saal (1152 qm) der größte, der Wladislawische (68
m lang, 19 m breit, 13 m hoch, 1484–1502 erbaut, früher Turnier-, dann Huldigungssaal) der älteste ist.
Aus dem Fenster der alten Landstube ließ Graf Thurn die kaiserl. Statthalter Slawata (s. d.) und Martinitz (s. d.)
hinabwerfen. Nebenan ist das Theresianische Damenstift mit der got. Allerheiligenkirche und die neue
got. Dompropstei; im Schloßbezirk sind noch das alte Oberstburggrafenamt, das fürstl. Lobkowitzsche
Palais und im Schloßgarten das Belvedere, eine großartige Villa, 1536 von Kaiser Ferdinand I. für seine Gemahlin erbaut
(s. Tafel: Deutsche Kunst III,
[* ]
Fig. 4). Auf dem Hradschinerplatz steht das erzbischöfl.
Palais, das ehemals Toscanische Palais, jetzt dem Kaiser Franz Joseph gehörig, dann der altflorentin. Bau
des Rosenbergschen (jetzt fürstl. Schwarzenbergschen) Majoratshauses; am Loretoplatz das großartige Czerninsche Palais
(jetzt Franz-Josephs-Kaserne). Die 7 Kirchenbauten der Kleinseite gehören, mit Ausnahme des got. Teils der Malteserkirche,
dem 17. und 18. Jahrh. an, die St. Nicolauskirche (1673–1752) ist durch Größe, Reichtum und edeln
Stil, die Thomaskirche durch Altargemälde bemerkenswert.
Auf dem höchsten Punkte der Kleinseite und der Stadt überhaupt, dem sog. Laurenzberge (332 m ü. d. M., 139 m über der Moldau),
die St. Laurenzkirche mit einer Kapelle des heiligen Grabes und den Kreuzwegstationen von Führich. Unter den Adelspalästen
(meist auch aus dem 17. und 18. Jahrh.) zeichnen sich aus: das gräfl.
Waldsteinsche Palais, am gleichnamigen Platz, 1621–30 von Wallenstein erbaut, mit reicher Loggia und großem Garten, das
gräfl. Thunsche und gräfl.
Morzinsche Palais, das fürstl. Lobkowitzsche Palais mit Bibliothek (50000 Bände und viele seltene Handschriften), das gräfl.
Schönbornsche Palais, das gräfl. Nostitzsche Palais mit Gemäldegalerie, sowie das fürstl. Fürstenbergsche
Palais. Unter den öffentlichen Gebäuden (meist auch ehemalige Adelspaläste oder Klöster) sind zu nennen das Landhaus und
das Statthaltereigebäude, das Gebäude des Oberlandesgerichts und das Generalkommando auf dem Ring, die Gendarmeriekaserne
und das schöne (Staats-) Realgymnasium, dann der großartige Neubau der gräfl. Strakaschen Ritterakademie
und die Albrechtskaserne (1892).
In der Altstadt, welche ebenso wie die Kleinseite durch enge Gassen und hohe Gebäude ihren alten Ursprung bekundet, der Kreuzherrenplatz
mit dem schönen Kuppelbau der Kreuzherrenkirche im ital. Renaissancestil, dem fürstl. Colloredoschen
Palais und der zum Clementinum gehörenden marmorreichen Salvatorkirche; ferner auf dem neuen Rudolfsquai
das im Renaissancestil von Zitek und Schulz erbaute Künstlerhaus Rudolfinum (für Konzerte, Ausstellungen u. s. w.), sowie die
gegenüberliegende staatliche Kunstgewerbeschule
und die städtische Volksschule bei St. Franz; auf dem Marienplatz die Hauptfront
des 2 Kirchen, 2 Kapellen, eine ganze Häuserinsel mit 3 Thoren und 4 Türmen umfassenden Clementinums, von den Jesuiten
1518–1715 erbaut, das jetzt das erzbischöfl.
Seminar, die Universitätsbibliothek, die naturhistor. Sammlungen und die Hörsäle der theol. und philos. Fakultäten der
beiden Universitäten sowie die Sternwarte beherbergt; das im edeln Renaissancestil gehaltene gräfl. Clam-Gallassche Palais,
1701–12 von Fischer von Erlach erbaut; auf dem Altstädter Ring das Rathaus mit massivem Turm (1474), einer
Erkerkapelle (1381) und der berühmten Kunstuhr sowie mehrern Sälen, insbesondere dem neuen Sitzungssaal mit dem Kolossalgemälde
von Brožik, Huß vor dem Konzil zu Konstanz darstellend; auf demselben Platz das fürstl. Kinskysche Palais und die 1360 von
deutschen Kaufleuten begründete, 1460 von König Georg von Podiebrad ausgeführte Teynkirche, in der
der Astronom Tycho de Brahe (gest. 1601) begraben liegt, mit schönen Holzaltären und anderm Schnitzwerk, sowie
mit den Marmorstatuen der Slawenapostel Cyrillus und Methodius, und in der Nähe des Platzes der Kuppelbau der Niklaskirche
(für den russ. Gottesdienst) und die prot.
Salvatorkirche im got. Übergangsstil. Ferner der spätgot. Prachtbau des
sog. Pulverturms (1475–84) mit der Königshofer Kaserne (ehemals königl. Residenz), das Landesgerichtsgebäude, das deutsche
Landestheater, der alte Bau des Carolinums mit got. Erkerkapelle, Hörsälen für Juristen und dem Universitätsarchiv,
die neue städtische Sparkasse (1894), die Centralmarkthalle (1894 im Bau), das Schulgebäude bei St. Egydi, die got. St. Egydikirche,
die böhm. Sparkasse und am Ende des Quais die Altstädter Mühlen mit dem alten Wasserturm und einem neuen
Wasserwerk. – In der kleinen, engen Josefstadt (ehemals Judenstadt, jetzt mehr als zur Hälfte christlich) ist unter den
zahlreichen Synagogen nur die sog. Alt-Neuschule, die älteste Synagoge P.s (12. Jahrh.), und der neue Tempel
sowie der alte, seit 1780 nicht mehr benutzte Judenfriedhof bemerkenswert.
Die Neustadt, der größte Stadtteil, ist reich an monumentalen Bauten, darunter das prächtige böhm.
Nationaltheater, nach dem Brande von 1881 nach Ziteks Plänen im Renaissancestil von Schulz 1883 vollendet, auf dem Jungmannsplatz
die got. Kirche Maria-Schnee (1347), die höchste Kirche P.s;
auf dem Graben, der lebhaftesten Straße, die
Landesbank (1894 im Bau), daneben das deutsche Kasino;
ferner das schöne Gebäude der böhm. Hypothekenbank und die neue Fruchtbörse,
das ausgedehnte Postdirektionsgebäude und die Heinrichskirche mit dem freistehenden got. Glockenturm;
die spätgotische evang.
Clemenskirche sowie die got. St. Peterskirche;
im Stadtpark das Verwaltungsgebäude der Staatsbahnen,
in der Pflastergasse das der Nordbahn und in der Bredauer Gasse das der Buschtiehrader Bahn. An das Südwestende des Grabens
grenzt der 50–60 m breite, 682 m lange, elektrisch beleuchtete große Wenzelsplatz, an dessen oberm Ende der Kuppelbau
des neuen böhm. Nationalmuseums nach Plänen von Schulz, mit Bibliothek, Handschriften, histor. und naturhistor.
Sammlungen, sich erhebt; in der Nähe das neue deutsche Landestheater. Im obern (südl.) ansteigenden Teil der Neustadt befinden
sich beinahe sämtliche Heilanstalten samt den Kliniken,
mehr
Hörsälen und Sammlungen der beiden mediz. Fakultäten; die Irrenanstalt, das Allgemeine Krankenhaus, das Krankenhaus der Elisabethinerinnen,
die von Hlávka erbaute Gebäranstalt, das städtische Siechenhaus im sog. Karlshof mit dem
got. Kuppelbau der Maria-Himmelfahrtskirche, die Krankenanstalt des Prager Handelsgremiums, das Militärkrankenhaus (ehemaliges
Jesuitenkollegium) mit der St. Ignazkirche und das Franz-Joseph-Kinderspital, die beiden letztern auf dem
Karlsplatz, dem größten Platz der Stadt, an dem ferner das sog. Neustädter Rathaus (Kriminalgerichtsgebäude)
und das Gebäude der czech.
Polytechnischen Hochschule liegen. Sonstige Gebäude der obern Neustadt: der neue städtische Bauhof, die czech. Staatsrealschule,
die städtische höhere Mädchenschule, das deutsche Mädchenlyceum und die Gemeindeschulen bei St. Trinitas
und am Hrádek die neue böhm.-slaw. Handelsakademie, die got. Pfarrkirchen zu St. Stephan und St. Adalbert, die alte Stiftskirche
des Klosters Emaus, die got. Marienkirche in Slup und das neue städtische Bartholomäi-Armenhaus.
Die letzten zwei Bauten liegen schon unterhalb der steil aufsteigenden Citadelle des Wyšehrad, wo einst die sagenhafte
Burg Libussas (s. d.) stand, mit der spätgot. Kollegiatkirche zu St. Peter und Paul und der neuen Propstei. Der neueste Stadtteil,
Holešowitz-Bubna, in halbkreisförmiger und ebener Lage am linken Moldauufer, ist nur als Industrieort bemerkenswert, besitzt
jedoch mehrere große Bauten, so die neue Gasanstalt, den neuen Viehhof (für Prag und Vororte) u. a. Gemeindeverwaltung.
Die Stadt wird nach der erlassenen Gemeindeordnung (mit spätern Zusätzen und Linderungen) verwaltet von einem
Bürgermeister (6000 Fl. Gehalt, 3000 Fl. Pferdepauschale), 2 Bürgermeisterstellvertretern (je 3000 Fl.). Die Stadtvertretung
(Stadtverordnetenkollegium) zählt 90, der aus ihrer Mitte nach Stadtteilen gewählte Stadtrat 24 Mitglieder. Der Magistrat
(6 rechtskundige Mitglieder, an deren Spitze der Bürgermeister steht) ist zugleich polit.
Behörde. Die öffentliche Sicherheit wird (soweit die Besorgung derselben nicht der Gemeinde oder dem Magistrate zusteht)
durch die k. k. Polizeidirektion mit 12 Polizeikommissariaten besorgt, für Prag und 19 polit. Gemeinden mit etwa 400000
E. Ferner bestehen ein Feuerlöschkorps (98 Mann), ein Wasserwerk (jährliche Produktion etwa 8 Mill.
cbm Flußwasser), 3 städtische und 1 Privatgasanstalt (jährliche Produktion 12,25 Mill. cbm), ein städtisches Elektricitätswerk,
ein Viehhof und eine Centralmarkthalle. Die Neukanalisation der Stadt, die Anlage einer Wasserleitung, sowie die Assanierung
der Josefstadt und gewisser Teile der Alt- und Neustadt durch vollständigen Umbau u. a. sind geplant.
Finanzen. Die ordentlichen Einnahmen betrugen (1893) 7568015, die Ausgaben 8295579, die Gemeindeschuld samt jener des Schulfonds
17978964, das Reinvermögen 5471682 Fl. Unter den Ausgaben entfielen auf die Gemeindeverwaltung 624427, das Armenwesen 698775,
das Schulwesen 1438485 Fl. In der städtischen Versicherungsanstalt (seit 1865) für Prag und Vororte betrugen
(1893) die versicherten Summen 91,1 Mill., der Reservefonds 511795 Fl., in der städtischen Sparkasse (seit 1875) der Einlagenstand
47,3, Darlehnstand 3,7, Reservefonds 3 Mill. Fl. Letztere ist seit 1878 Pächterin der staatlichen Linienverzehrungssteuer.
Behörden. Prag ist Sitz des Statthalters, des
Oberlandesgerichts, der Finanzlandesdirektion, einer Polizeidirektion, des Landesgerichts,
dreier Bezirksgerichte, eines Handelsgerichts, der Finanzbezirksdirektion, eines Fürsterzbischofs mit
Domkapitel und zweier Kollegiatkapitel, einer k. k. Post- und Telegraphendirektion für Böhmen, einer Berghauptmannschaft
sowie der Kommandos des 8. Korps, der 9. Infanterietruppendivision, der 17. und 18. Infanterie-, 8. Kavallerie- und 8. Artilleriebrigade.
Unterrichts- und Bildungsanstalten. Nachdem die im 13. Jahrh. bestehende höhere Schule
wieder eingegangen war, erließ Karl IV. den Stiftsbrief für die Hochschule und organisierte sie nach dem Muster
der Pariser Universität. 1366 gründete er das Collegium Carolinum für 12 magistri artium, welches 1383 durch Wenzel IV.
ein eigenes Gebäude erhielt. Infolge von Maßregeln gegen die sog. Deutschen Nationen der Universität
wanderten 1409 zahlreiche Lehrer und Studierende nach Leipzig, Rostock, Ingolstadt und Krakau aus. 1654 verband Ferdinand III.
die Hochschule mit dem Jesuitenkollegium, und die Jesuiten errichteten für die ihnen übergebene Universität das Clementinum.
Infolge erheblicher Zunahme der Vorlesungen in czech. Sprache trennte sich 1882/83 die böhm. Universität mit
czech. Unterrichtssprache und drei Fakultäten ab, zu denen 1891/92 eine theologische hinzukam. Doch ist die Bibliothek im
Verbande der deutschen Universität geblieben. Die deutsche Karl-Ferdinand-Universität hatte (1894) 155 Docenten und 1287 Studierende,
die böhmische gleichnamige 150 Docenten und 2110 Studierende. Ferner hat die Stadt eine böhm. Kaiser-Franz-Joseph-Akademie
der Wissenschaften, Litteratur und Kunst, 1890 von dem Baurat Hlávka gestiftet, eine königl. Böhmische
Gesellschaft der Wissenschaften, eine Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen
und eine deutsche Technische Hochschule, 1803 als Polytechnikum aus der Ingenieurschule entstanden. 1868 wurde die Abtrennung
einer eigenen böhm. Technischen Hochschule mit czech. Unterrichtssprache beschlossen, und 1875 nahm der
Staat beide Anstalten in seine Verwaltung. Die technischen Hochschulen hatten (1894) 47 und 70 Docenten und 244 und 417 Studierende.
An Schulen hat die Stadt (1894) 4 deutsche und 3 czech. Obergymnasien, 2 czech. Oberrealgymnasien, 2 deutsche und 1 czech.
Oberrealschule, 1 czech. Mädchenmittelschule des Vereins Minerva, je 1 czech. und deutsche höhere Mädchenschule,
je 2 Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten, 10 czech. und 2 deutsche Bürgerschulen, 34 Volksschulen, darunter 5 deutsche, 1 Kadettenschule,
Malerakademie, 1 Konservatorium für Musik und 1 Taubstummeninstitut. An Privatanstalten bestehen 1 czech. Lehrerinnenbildungsanstalt, 2 deutsche
Bürgerschulen und 14 Volksschulen, darunter 2 czechische, je 2 czech. und deutsche Musterschulen; ferner
je 1 czech. und deutsche Handelsakademie, 1 Staatskunstgewerbeschule, Staatsgewerbeschule, Korbflechtschule, je 1 Lehranstalt
des böhm. und deutschen Frauenerwerbsvereins u. a. In den Vororten zahlreiche Schulen.
Sammlungen. Den ersten Rang nehmen die wissenschaftlichen Institute und Sammlungen der Universität und der technischen Hochschulen
ein, dann folgen die Sammlungen des Museums des Königreichs Böhmen, 1818 gestiftet, das Rudolfinum mit
dem kunstgewerblichen Museum,
mehr
Konzertsaal, den Ausstellungen des Kunstvereins und der Bildergalerie der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde, das städtische
Museum im kleinen Stadtpark und das böhm. Gewerbemuseum, 1873 von Vojta Náprstek gestiftet.
Ferner besteht ein königl. Böhmisches Landesarchiv, 1862 gegründet, mit etwa 1000 Urkunden vom 12. bis Ende des 15. Jahrh.,
und eine Sternwarte. Die Universitätsbibliothek zählt (1892) 211131 Bände, 3848 Handschriften und 1602 Urkunden,
die Bibliothek des Böhmischen Museums 171500, die Bibliothek der beiden Technischen Hochschulen 23000, die Bibliothek des Landeskulturrats
32000, die des Gewerbevereins 39500, die Náprsteksche Bibliothek 40520 Bände.
In P. erschienen (1891) 208 Zeitungen und Zeitschriften, darunter 157 in czech. Sprache, und 642 czech.
Originalwerke sowie 131 czech. Übersetzungen, ferner 164 deutsche Originalwerke und eine Übersetzung. Die wichtigsten Tagesblätter
sind die «Bohemia» (s. d.),
die autonome «Politik», «NárodniPolitika», die altczech. «Hlas Národa», die amtliche «Prager Zeitung» mit ihren Beilagen, und die «Národni Listy» (s.d.).
Wohlthätigkeitsanstalten. Prag besitzt 9 öffentliche Krankenhäuser mit 2261 Betten, 1 Landesirrenanstalt
mit 1370 Betten, 5 Privat- und interne Krankenhäuser, 1 Gebär- und Findelanstalt, 2 Kinderspitäler, 1 städtisches und 5 Privat-Waisenhäuser, 2 städtische
Armenhäuser und 1 städtisches Siechenhaus, 2 geistliche Pfründenanstalten, 6 israel.
Versorgungsanstalten, 1 Taubstummeninstitut und 1 Anstalt zur Versorgung erwachsener Blinder, 1 Privaterziehungsanstalt für
blinde Kinder, 1 Idiotenanstalt, 2 Erziehungsanstalten für bestrafte und vernachlässigte Jugend, 1 Privat-Asylhaus, 1 Landeskorrektionsanstalt,
je 1 städtisches Armenhaus in Karolinenthal und in Smichow, die Blindenversorgungsanstalt Francisco-Josephinum in Smichow, 16 städtische
Kinderbewahranstalten und 1 private in Prag, 7 städtische und 1 private in den Vororten, 10 Krippenanstalten, 21 Asyle für arme
Schulkinder.
An Theatern bestehen das Deutsche Landestheater, das Neue deutsche Theater, das Böhmische Nationaltheater, ein czech. Theater
in Smichow, außerdem in der Stadt Königliche Weinberge zwei Sommertheater (je ein deutsches und czechisches) und in Karolinenthal
ein Theater Varieté.
Industrie und Handel. Hauptsitz der Industrie ist Holesowitz-Bubna, ferner die Vororte Smichow, Karolinenthal
und Lieben, Hauptsitz des Handels die Altstadt. Es bestehen zahlreiche Brauereien und Mühlen, Eisengießereien und Metallwarenfabriken,
Baumwollspinnereien und Druckereien, Lohgerbereien, Handschuhfabriken und chem. Fabriken,
sowie große Werkstätten der österr.-ungar. Staatseisenbahngesellschaft. Der Handel erstreckt sich hauptsächlich auf Zucker
(jährlicher Umsatz etwa 300 Mill. Fl.), Mühlen- und Rohprodukte, Manufakturwaren, Eisen, Maschinen, Glas
und Glaswaren und Handschuhe.
Der Geldverkehr wird unterstützt durch eine Börse sowie durch die Filialen der Österreichisch-Ungarischen Bank, der Österreichischen
Kreditanstalt, der Anglo-Österreichischen Bank, der Unionbank und des Bankvereins in Wien, sowie durch die Landesbank, die
Hypothekenbank des Königreichs Böhmen (1893: 112,75 Mill. Fl. Aktiva), die Landwirtschaftliche Kreditbank, die Živnostenskábanka, die böhm. Escompte-, die böhm. Union-Bank und die Erste Pfandleih-Gesellschaft, ferner durch zwei
Sparkassen und 26 Vorschußkassen.
Verkehrswesen. Prag hat sieben Bahnhöfe und liegt an den Linien Wien-Brünn-Prag-Bodenbach (540 km) der Österr.-Ungar. Staatsbahn,
Prag-Eger (239 km) und Prag-Hostiwitz (20 km) der Buschtiehrader Eisenbahn, Prag-Brüx-Moldau (163 km) der Prag-Duxer Bahn,
Prag-Georgswalde-Ebersbach (198 km) der Böhm. Nordbahn, Prag-Pilsen-Furth i. Walde (191 km) der Böhm. Westbahn, Prag-Mittelwalde
(209 km) der Österr. Nordwestbahn, Prag-Gmünd (186 km) und Prag-Modřan (16 km) der Österr.
Staatsbahnen. Der gesamte Güterverkehr umfaßte (1892) 2493359 t, darunter 700894 t abgegangen. Der Wasserverkehr wird gefördert
durch die Prager Moldau-Dampfschiffahrtsgesellschaft (1894: 13 Dampfer) und die Österr. Nordwestdampfschiffahrtsgesellschaft
(1894: 41 Dampfer und 160 Frachtkähne). Zahlreiche Pferdebahnlinien (18,5 km) durchziehen die Stadt und verbinden dieselbe
mit den Vororten. Die Stadt hat 10 Post- und Telegraphenämter, die (1892) 15284900 Briefe, 5672700 Postkarten, 882200 Warenproben, 3210000
Pakete ohne Wertangabe und 13427800 Zeitungsnummern beförderten. Der Wert der Geld- und Wertsendungen
betrug 667 Mill. Fl., die Zahl der beförderten Depeschen 2814928. Das Stadtfernsprechnetz umfaßt 257 km Leitungen. Außerdem
bestehen 10 unterirdische Telephonleitungen mit 2351 km Drahtlänge.
Vergnügungsorte und Umgebung. Öffentliche Promenadenplätze sind die Sophien- und die Schützeninsel, der auf der östl.
Lehne des Laurentiusberges gelegene große Garten der Hasenburg (300 m) mit Drahtseilbahn (400 m lang) aus
der Stadt und einem Aussichtsturm des böhm. Touristenklubs, der Kaisergarten und die Choteksanlagen auf dem Hradschin und
die Kronprinz-Rudolfs-Anlagen auf dem Belvedere, mit Drahtseilbahn und weiter Fernsicht; ferner am rechten Moldauufer die Anlagen
auf dem Rudolfs- und Franzensquai, die Parkanlagen auf dem Karlsplatz, die Čelakowskýanlagen am neuen
Nationalmuseum, der Große und Kleine Stadtpark, die Anpflanzungen auf dem Žižkaberge, die neuen Stadtparks in den Königlichen
Weinbergen und in Smichow. Auch die schönen Gärten des Grafen Waldstein und der Fürsten Lobkowitz und Kinsky, letzterer in
Smichow, und die der böhm. Gartenbaugesellschaft sind zugänglich, ebenso
der große, dem Lande gehörige Park («Baumgarten») in Bubenč und der Stern- (Tier-) garten am Weißen Berge mit dem ehemaligen
königl. Lustschloß, später Pulvermagazin, seit 1875 restauriert.
Geschichte. Prag entwickelte sich unter dem günstigen Einfluß seiner Lage und als Sitz der Herrscher Böhmens aus vier Burgflecken,
von denen die jetzige Altstadt von jeher der bedeutendste war. Zu diesen Burgflecken gesellte sich M dem
Ende des 11. Jahrh. auch eine deutsche Kolonie auf dem Boden der jetzigen untern Neustadt. Um 1235 erhielt die Altstadt deutsches
Stadtrecht und Mauern, 1257 die Kleinseite (d.h. die kleine Stadt Prag im Gegensatz zur größern Stadt Prag =
Altstadt), während der Hradschin schutzunterthänig blieb und in der Altstadt sich allmählich eine privilegierte Israelitengemeinde
entwickelte (Judenstadt). Ottokar II. war eifrig bestrebt, Prag als Landeshauptstadt zu verschönern und zu vergrößern,
und baute auch die Königsburg um. 1348 erhielten die Prager Städte einen neuen Zuwachs durch die Anlage
der Neustadt, welche rasch ausgebaut und von ihrem Gründer, Kaiser Karl IV., mit Kirchen und
mehr
Klöstern geschmückt wurde. Auch die königl. Burg wurde von ihm neu aufgebaut, und 1344 der Grundstein zum Veitsdome, der
Kathedralkirche des auf seine Verwendung zum Erzbistum beförderten Prager Bistums, gelegt. Ihm dankt Prag auch die Gründung
der Universität (1348). In den Hussitenstürmen wurde 1419 die Kleinseite arg verwüstet und 1420 nach
der Schlacht auf dem Pankracer Felde die Burg Wyšehrad gänzlich zerstört. In demselben Jahre schlugen die Hussiten unter
ihrem Anführer Žižka den Kaiser Sigismund an dem nach jenem benannten Žižkaberge. 1424 mußte sich Prag während des zwischen
den Pragern und Hussiten ausgebrochenen Krieges an Žižka ergeben.
Die höchste Stufe der Macht und des Ansehens erreichten die Prager Städte in den Zeiten Georgs von Podiebrad
und der Könige der Jagellonischen Dynastie. Infolge der Beteiligung an der Erhebung der böhm. Stände im Schmalkaldischen
Krieg verloren jedoch die Prager Städte 1547 den weitaus größten Teil ihrer Privilegien und Güter. Einigen Ersatz hierfür
erhielt Prag dadurch, daß es bis 1618 die Residenz der kunstsinnigen Nachfolger Kaiser Ferdinands I., insbesondere Rudolfs II.
(1576-1612) und Matthias’ (1612-19), und sonach auch in gewisser Hinsicht der Mittelpunkt der habsburg.
Monarchie war. Der Dreißigjährige Krieg nahm durch den Fenstersturz der böhm. Statthalter (s. oben) seinen Anfang. Am kam
es auf dem eine Stunde westlich von Prag gelegenen Weißen Berge zur Schlacht zwischen Friedrich V. (s. d.) von der Pfalz und dem
Kaiser Ferdinand II., die jenem die Krone kostete und die Stadt in die Hände des Kaisers brachte. 1631 wurde Prag von den Sachsen
erobert, aber durch Wallenstein ihnen wieder entrissen. Am kam es hier zwischen dem Kaiser
und Kursachsen zum Frieden (Prager Frieden; s. Dreißigjähriger Krieg, Bd. 5, S. 505 a). 1648 verteidigten
die Bürger und Studenten Prag gegen Königsmark, der 15. Juli die Kleinseite eroberte; bevor er noch die Altstadt angreifen
konnte, wurde der Friede geschlossen. Im Österreichischen Erbfolgekriege wurde die Stadt von den Franzosen und
Bayern genommen, im Jan. 1743 aber wieder zurückerobert. An Friedrich d. Gr. übergab sie sich im Sept. 1744 durch Kapitulation.
Im Siebenjährigen Kriege schlug Friedrich d. Gr. am Žižkaberge den Prinzen Karl von Lothringen,
der sich nach Prag zurückzog und hier belagert wurde, bis ihn Dauns Sieg bei Kolin befreite.
Die vier Prager Städte wurden 1784 durch Kaiser Joseph II. zu einer einzigen vereinigt. Im Juli und Aug. 1813 fand zu Prag eine
Friedenskonferenz zwischen Österreich, Preußen und England mit Frankreich statt, die zu keinem Resultat
führte. Ende Mai 1848 trat hier ein allgemeiner Slawenkongreß zusammen, der bei dem mittlerweile 11. Juni ausgebrochenen slaw.-demokratischen
Aufstand auseinandergesprengt wurde. Die Altstadt und Neustadt wurden bei dieser Gelegenheit durch den Fürsten Windischgrätz
zwei Tage hindurch beschossen. Während des Deutschen Krieges von 1866 wurde die Stadt 8. Juli von den Preußen
besetzt und blieb es bis nach dem Frieden, welcher 23. Aug. (ratifiziert hier abgeschlossen wurde. Die wichtigsten
Bestimmungen dieses Prager Friedens, mit den Präliminarien von Nikolsburg wesentlich übereinstimmend, sind folgende:
Art. 2. Der Kaiser von Osterreich giebt seine Zustimmung zur Vereinigung des Lombardisch-Venetianischen
Königreichs mit dem Königreich Italien. Art. 4. Der Kaiser von
Österreich erkennt die Auflösung des bisherigen Deutschen Bundes
an und giebt seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Beteiligung Österreichs, erkennt ebenso das engere
Bundesverhältnis an, welches der König von Preußen nördlich von der Linie des Mains begründen wird,
und erklärt sich damit einverstanden, daß die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten,
dessen nationale Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde der nähern Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt, und
der eine internationale unabhängige Existenz haben wird.
Art. 5. Der Kaiser von Österreich überträgt auf den König von Preußen alle seine im Wiener Frieden vom erworbenen
Rechte auf die .Herzogtümer Holstein und Schleswig mit der Maßgabe, daß die Bevölkerung der nördl. Distrikte von Schleswig,
wenn sie durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gebe, mit Dänemark vereinigt zu werden, an Dänemark
abgetreten werden solle. (Dieser Zusatz wurde aber durch den in Wien zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn
abgeschlossenen Vertrag wieder aufgehoben.) Art. 6 betrifft den unveränderten Territorialbestand des Königreichs Sachsen.
Nach Art. 11 verpflichtet sich der Kaiser von Österreich, 40 Mill. Thlr. Kriegsentschädigung an den König von
Preußen zu zahlen: dafür übernimmt Preußen die an Österreich noch von Schleswig-Holstein zu zahlenden 15 Mill. Thlr. Kriegskosten
und bringt 5 Mill. Thlr. für freie Verpflegung der preuß. Armee in den von ihr occupierten österr. Landesteilen in Abzug,
so daß nur 20 Mill. Thlr. bar zu zahlen bleiben. Litteratur. Tomek, Geschichte der Stadt Prag (czechisch, 7 Bde.,
Prag 1855–85; deutsch, Bd. 1, ebd. 1856);
ders., Geschichte der Prager Universität (ebd. 1849);
ders., Dĕjepis mĕsta Prahy
(11 Bde., ebd. 1855–94);
ders., Starýmistopis Prahy (Bd. 1–5, ebd. 1866-75);
Ambros, Der Dom zu Prag (ebd. 1858);
Herold,
Malerische Wanderungen durch Prag (2 Tle., ebd. 1866–84);
Erben, Statistik der königl. Hauptstadt Prag (ebd.
1872);
Krebs, Die Schlacht am Weißen Berge bei Prag (Bresl. 1879);
Řivnač, Fremdenführer durch Prag und Umgebung (Prag 1884);
desgl. kurzgefaßt (2. Aufl., ebd. 1886);
Erben, Statist. Handbücher der königl. Hauptstadt Prag und der Vororte für die J.
1871–92 (22 Jahrg. in 13 Bdn.,
ebd. 1873–94);
Magnetische und meteorolog.
Beobachtungen an der k. k. Sternwarte zu Prag (ebd. 1891); Österr. Städtebuch (4.
Jahrg., hg. von der statist. Central-Kommission in Wien, Wien 1893); Verwaltungsberichte von Prag und Vororten für 1885–92 (4
Bde., Prag 1890–94).
Praga, der auf dem rechten Ufer der Weichsel gelegene Teil der Stadt Warschau (s. d.), mit dieser schon
seit dem 16. Jahrh, durch eine feste Brücke verbunden, war bis 1791 ein besonderes Städtchen. Prag bildete nach der Schlacht
bei Maciejowice das letzte Bollwerk der Polen, wo sie sich in einem befestigten Lager zusammenzogen (23000 Mann und 5000 bewaffnete
Bürger unter dem Oberbefehl Zajonczeks). Dasselbe
wurde von den Russen unter Suworow erstürmt,
wobei gegen 20000 Polen umkamen.