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liche, unter die Verwaltung staatlicher Organe gestellte Betriebseinrichtungen von unbedingter Regelmäßigkeit, Schnelligkeit, Billigkeit und unter Bewahrung des Briefgeheimnisses zu befriedigen. Überdies verlangt der internationale Charakter des Postwesen vielfache Vertragsabschlüsse, die unter Beachtung der Grundsätze des Völkerrechts aufzustellen sind und daher nur von den Staaten selbst vollzogen werden können. Auch in nationalökonomischer Hinsicht ist der staatliche Betrieb des Postwesen zweckmäßig, weil nur dadurch alle einzelnen Landesteile in gleicher Weise mit Posteinrichtungen bedacht werden können, deren Kosten eben von der Gesamtheit, d. h. dem Staate, zu tragen sind. Im Altertum fehlte es an Posten im jetzigen Sinn gänzlich; vielmehr mußte man sich jahrtausendelang zum Nachrichten- und Briefverkehr der Boten und Fußläufer bedienen. In Babylonien, Ägypten, [* 2] China, [* 3] Griechenland, [* 4] Rom und [* 5] ebenso bei den Inkas in Peru [* 6] bestanden Boteneinrichtungen, die naturgemäß anfänglich nur zur Beförderung der Regierungssachen und Befehle des Herrschers dienten, nach und nach aber auch für Privatzwecke Verwendung fanden.
Von den griech. Botenläufern (Hemerodromen) haben Deinosthenes aus Lacedämon, Philoneides sowie Pheidippus, der den 1200 Stadien (30 Meilen) langen Weg von Athen [* 7] nach Lacedämon in 24 Stunden durchlief, um den Einfall des Darius dorthin zu melden, endlich Ladas eine gewisse Berühmtheit erlangt. Cicero, Cäsar und Martial erwähnen der liburnischen Sklaven als tüchtiger Läufer und Briefboten in Rom (tabellarii, von tabella = Brieftäfelchen). Cäsar fand in Gallien Rufposten vor.
Die Einrichtung reitender Boten (s. Angaroi) bezeichnet einen großen Fortschritt für den Kurierdienst. Zumeist fand das Pferd [* 8] Anwendung, aber auch der Maultiere bedienten sich die Eilboten (Buch Esther 8, 10, 14). Später soll Antigonus bei den kleinasiat. Kriegszügen den Eilboten Dromedare gegeben haben, mit denen sie 1500 Stadien (37 Meilen) am Tage zurücklegen konnten. Zu größerer Schnelligkeit der Beförderung standen auf den in bestimmten Zwischenräumen errichteten Stationen frische Reittiere bereit (sog. Relais); Alexanders d. Gr. Boten machten den Weg von Prophthasia nach Ekbatana «auf schnell laufenden Kamelen» in 11 Tagen.
Den Römern blieb es, bei ihrer straffen Staatseinheit, vorbehalten, den postmäßigen Gebrauch des Pferdes nach dem Vorbild der Perser im Abendlande einzuführen. Die reitenden Kuriere Roms nannte man veredarii (auch diplomarii = mit Freipässen Versehene). Solche reitende Boten hat, nach Sueton, zuerst Cäsar aufgestellt (positi equites), um Kriegsnachrichten zu befördern. Mit dem Wachstum des röm. Weltreichs unter Augustus wurde es nötig, zu dem Reise- und Nachrichtenverkehr Wagen zu benutzen.
Der älteste röm. Wagen ist die rheda, ursprünglich zweiräderig, später vierräderig, auf der Cäsar große Strecken zurücklegte. Schneller und leichter als die rheda war das zweiräderige cisium; die carucca (Luxuswagen) und das carpentum (Päckereiwagen) waren vierräderig; zum Fortschaffen des Gepäcks der Soldaten dienten die clabulae oder clabularia vehicula (Leiterwagen). Augustus brachte die vorhandenen Beförderungsmittel von Reitern und Fuhrwerken in geordneten Zusammenhang; es ist dies der röm. Cursus publicus, bei dem zur Beförderung der Fuhrwerke Private herangezogen wurden.
Die große Zahl der Militärs, Staatsbeamten u. s. w., die auf Grund von kaiserl. Freipässen (diplomata und evectiones) mit dem cursus publicus sich befördern ließen, gestaltete diese Leistung zu einem schweren Frondienst der Landbewohner, der mit der Ausdehnung [* 9] des Reichs immer drückender wurde. Oberaufseher der röm. Staatspost war (im 3. Jahrh. n. Chr.) der praefectus praetorio, unter ihm als Leiter für die einzelnen Provinzen bestellt waren die praefecti vehiculorum, diesen waren zugeteilt die principes agentium in rebus, die praepositi und die curiosi (Kundschafter).
Die Postmeister (mancipes) hatten zugleich die Aufsicht über die an den einzelnen Stationen (mansiones) befindlichen Staatsgebäude (palatia und praetoria). Unter den mancipes standen als Stationsbeamte und Diener die stationarii und stratores (Stallaufseher), die carpentarii, Wagenmeister, und muliones und hippocomi, Maultier- und Pferdetreiber. Zwischen den mansiones waren (in der Regel sechs bis acht) mutationes, Pferdewechselstationen u. s. w. eingerichtet.
Die drückende Last der Frondienste wurde zeitweise von Kaiser Nerva gemildert, der den ital. Gemeinden die Gestellung der Fuhren für den cursus publicus erließ; dann von Hadrian, der einen Postengang aus fiskalischen Mitteln herstellte; danach dauerten diese Bedrückungen der Gemeinden, namentlich unter Commodus, Pertinax und Didius Julianus, fort. Die Mißbrauche waren schließlich, trotz aller Gesetze gegen den Wucher mit den diplomata. (326 Konstantins Verordnung De commercio angariarum interdicto), so schreiend geworden, daß Arcadius 401 allen, mit Ausnahme des praefectus praetorio, die Benutzung des cursus publicus verschloß.
Mehr und mehr ging letzterer dem Verfall entgegen. Die beiden letzten Gesetze über den cursus publicus, dasjenige unter dem Kaiser Leo I. (457-474), das die Aufhebung der Güter- und Gepäckpost, cursus clabularis, im Oströmischen Reiche verfügte, und die Lex Anastasiana, welche die Beschränkung auf bloße Reitposten (cursus velox) einführte, bereiteten den Untergang des einst so großartigen Beförderungsinstituts vor, der sich dann in den Stürmen der Völkerwanderung vollzog.
Offenbar war die röm. Staatspost mehr ein Regierungswerkzeug, doch hat sie vermöge der weiten Ausdehnung des röm. Weltreichs die Beziehungen Roms mit fremden Ländern erleichtert und gefördert. Selbst auf die Verbindungen zur See erstreckte sich die Wirksamkeit der röm. Staatspost; mit den Postschiffen konnten Nachrichten und Personen nach Afrika, [* 10] Kleinasien, Spanien [* 11] u. s. w. gesandt werden. Namentlich war der Hafen Roms, Ostia, der Hauptplatz der Postschiffe, wo der curator pugillationis et ad naves vagas, also der Hafen- und Seepostmeister, seinen amtlichen Sitz hatte.
Ebenso hatten Rhegium, Brundusium und Byzanz regen Seeverkehr. 562 versuchte Kaiser Justinian noch einmal den cursus publicus, in Gemeinschaft mit den Sassaniden, neu zu beleben, indessen ohne durchgreifenden Erfolg, zumal die alten herrlichen Basaltstraßen, die von Rom bis Byzanz und Antiochien, sowie nördlich bis zum Pictenwall in Schottland sich erstreckten, allmählich in Verfall gerieten. Erst Chlodwig hat im Frankenreiche die Ausnutzung der Gemeinden für den Vorspann zu Einrichtungen, die dem röm. cursus publicus ähnlich waren, wieder ins Werk zu setzen versucht. Karl d. Gr. rief insbesondere drei regelmäßige Kurse ¶
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ins Leben: von Autissiodurum (Auxerre), als dem Anfangspunkte, über Nevers, Limoges und Südfrankreich nach Spanien, ferner über Autun und Lyon [* 13] nach Italien [* 14] und endlich über Paris [* 15] und Aachen [* 16] nach Deutschland. [* 17] Auch Ludwig der Fromme erließ noch 823 eine Verordnung, die bestimmt, daß auf allen durch Gesetz zur Aufnahme des Kaisers und der kaiserl. Beamten verpflichteten Poststationen stets die nötigen Vorkehrungen zu treffen seien, Keime, aus denen später Ludwigs XI. von Frankreich (1461-83) Kurierposten und Eilboteneinrichtungen (maîtres coureurs) hervorgingen. Im Orient finden sich am Ende des 7. Jahrh. n. Chr. dic ersten Spuren regelmäßiger arab. Posteinrichtungen, als deren Schöpfer Chalif Moâwija (gest. 679) genannt wird. Zu jener Zeit hatte der Islam ein Gebiet erobert, das sich vom Indus bis nach Kairuan, von der Südspitze des Glücklichen Arabiens bis nach Armenien erstreckte. In einem so ausgedehnten Reiche waren Beförderungsanstalten eine polit. Notwendigkeit. Unter Chalif Abdulmelik (gest. 705) waren die wichtigsten Städte des Reichs durch Poststraßen verbunden; die wichtigste war die «heilige» Straße von Bagdad über Kufa nach Mekka. Es gab damals 930 Poststationen, die durchschnittlich 2 2/5 geogr. Meilen voneinander entfernt lagen.
Mit Hilfe aufgestellter Relais wurden Regierungsdepeschen, Beamte, ja selbst Truppen schnell befördert; ein Kurier legte in 24 Stunden 60 deutsche Meilen zurück. Trotz des Zerfalls des islamit. Weltreichs erhielten sich die postalischen Einrichtungen in den einzelnen Staaten, die sich aus den Trümmern des Chalifenreichs erhoben; so die Kurierposten des ägypt.-syr. Reichs unter Sultan Bibars (1260-77). Ähnliche Kuriereinrichtungen bestanden seit uralter Zeit in China und Japan; so berichtet Marco Polo, daß von Peking [* 18] aus regelmäßig Kuriere nach allen Teilen des Reichs ausgingen oder dahin zurückkehrten, und daß diese Staatskurierpost mit über 2000 Relaisstationen bereits seit der Han-Dynastie (3. Jahrh. v. Chr.) bestanden habe.
Während alle diese Einrichtungen durch das Bedürfnis der Centralisation der Regierungsmacht bedingt und ausschließlich zu Staatszwecken geschaffen waren, änderte der Charakter der Beförderungsanstalten für Nachrichten sich in der spätern Zeit insofern wesentlich, als die nun ins Leben tretenden Einrichtungen, die Botenanstalten des Mittelalters, durch ein mehr allgemeines Bedürfnis, zunächst der .Höfe und der geistlichen Korporationen, Universitäten, sodann aber durch die Initiative großer Handelsgesellschaften, also der Privaten, geschaffen wurden.
Zuerst richteten die Abteien und Klöster, die eines Nachrichtenaustausches mit den geistlichen Obern, andern Ordensbrüdern u. s. w. bedurften, einen Postdienst durch Klosterboten (meist Klosterbrüder selbst) ein. Zur Unterbringung der Klosterboten an Gebirgspässen und in sonstigen unwirtlichen Gegenden waren Mönchshospize begründet. Von den Universitäten ging die Pariser im 12. Jahrh. mit Errichtung eines Botendienstes durch Universitätsboten (messagers grands et petits) voran.
Die Botenposten waren durch Privilegien der franz. Könige, Philipps IV. des Schönen (1296) und Ludwigs X. (1315), geschützt und leisteten auch Privaten gute Dienste. [* 19] In einigen Gegenden Deutschlands [* 20] hatten die Metzger, die bei ihren Ankäufen von Schlachtvieh oft weite Reisen nötig hatten, die Aufgabe übernommen, für Vermittelung des Nachrichtenverkehrs zu sorgen (Metzgerposten); sie bestanden in einer gewissen Organisation selbst nach Gründung der Thurn und Taxisschen Posten, und Kaiser Rudolf II. erließ 1597 sogar ein Patent gegen die Mißbrauche der Metzgerpost.
Eine eigenartige Erscheinung, gewissermaßen die erste deutsche Staatspost, war das Postwesen des Deutschen Ritterordens. Von dem Hauptordenssitze, der 1274 gegründeten Marienburg, [* 21] aus standen alle Ordenskomtureien durch reitende Voten miteinander in Verbindung; letztere hießen Bryfsjongen, ihr Dienstlokal Bryffstall, die Pferde [* 22] Bryffwoyten. Daneben bestand noch ein Estafettendienst durch Wythinge (freie Grundbesitzer). Die Überbringung eines Briefs von Marienburg nach Rom durch besondere Boten kostete damals 10 M. (1 M. = 2 Dukaten), wogegen die Mönche, die unterwegs freie Zehrung hatten, für dieselbe Leistung nur 1 M. empfingen.
Etwa 1525 hörte diese Ordenspostanstalt auf. In gleicher Weise hatten die Fürsten und Höfe Boteneinrichtungen zur Beförderung ihrer Briefschaften hergestellt. Weit großartiger aber als diese vereinzelten Botenanstalten gestaltete sich im Mittelalter das Postwesen der zu Macht und Reichtum gelangten Städte. Straßburg [* 23] hatte bereits im 12. Jahrh. 24 Boten zur Verfügung des Bischofs gestellt, woraus sich allmählich die städtische Botenanstalt entwickelte. 1443 erschien daselbst eine Dienstanweisung, «Die Löffern», d. h. für die geschworenen Läuferboten.
Ebenso bestand in Köln [* 24] seit Anfang des 14. Jahrh. eine geordnete Botenanstalt; in Frankfurt [* 25] a. M. sind Botenbücher von 1385 vorhanden. Sehr ausgebreitet war das Botenwesen der Hansa, für das eine umfangreiche Botenordnung vom J. 1580 existiert; ihre Botenkurse erstreckten sich von Riga [* 26] über Königsberg, [* 27] Elbing, [* 28] Danzig, [* 29] Lübeck, [* 30] Hamburg [* 31] bis Köln, sodann von Hamburg über Magdeburg, [* 32] Braunschweig, [* 33] Dresden, [* 34] Prag [* 35] nach Wien, [* 36] und über Nürnberg, [* 37] Augsburg [* 38] nach Italien.
Als mit dem Beitritt des Rheinischen Städtebundes zur Hansa Nürnberg ein Hauptstapelplatz auf der großen Heerstraße nach Italien geworden war, schloß sich auch Leipzig [* 39] an und sandte seine Voten zu Fuß und zu Roß nach Nürnberg, Magdeburg, Berlin, [* 40] Hamburg, Dresden, Prag und Wien. In Frankreich hatte Ludwig XI. mittels Dekrets vom eine Regierungsbotenanstalt (maîtres coureurs unter einem grand maître) errichtet, deren Relais von 4 zu 4 Stationen über das ganze Land verbreitet waren; ebenso Spanien, zuerst unter Alfons X. (1252-84): mandaderos que traen mandaderias per cartas = Boten, die Auftrage durch Briefe besorgen, eine Einrichtung, die Ferdinand der Katholische vervollkommnete. In Italien war die Gesellschaft der corrieri di Venezia von Bedeutung.
Nicht minder hatten die Schweiz, [* 41] England, namentlich Eduard IV., als er im Kriege mit Schottland war (1481), sowie Heinrich VIII., sodann Kurfürst Albrecht von Brandenburg [* 42] (1486) und Herzog Albert zu Meißen [* 43] (1464-1500), ferner Karl V. und die Niederlande, [* 44] namentlich Flandern mit seinem blühenden Weltverkehr, ihre Postkurieranstalten. In Rußland wurde unter Iwan III. (1462-1505) die Personenbeförderung (ExtraPosten) eingeführt, unter Michael Feodorowitsch Romanow (1630) ein regelmäßiger Postenlauf eingerichtet und unter Alexej (1660) eine umfassende Organisation des Postwesen durch den Fürsten Pojarsky mit der ¶